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Mittwoch, Februar 27, 2013

Alte Bilder vom Reihenhaus

Es ist heute einfach an der Zeit, einmal ein dunkles Kapitel meiner Zeit in Taiwan zu offenbaren. Es ist jene Zeit von 2006-2011, als wir bei Jhongli ein Reihenhaut hatten. Schon oft hatte ich hier berichtet, wie sehr einige Nachbarn nervten, die kleptomanische zur linken, die Hundeleinen und meine damalige ausgesprochen hässliche Casio-Armbanduhr entwendet hatte (Gott sei Dank), die andere Dame, die ohne Tiere zu haben Kot in Eimern sammelte und zwecks Ackerbau und Viehzucht hinter unserem Küchenfenster ausgoss, der mysteriös verschwundene kleine Hund, der entweder (a) von Nachbarn gegessen worden ist (vgl. Hundemästerei in einem Nachbarsgarten, wie Hänsel- und Gretel im Käfig, nur ohne so schönes Ende) oder (b) von der kleptomanischen Nachbarin verkauft wurde oder (c) von einem freilaufenden bissigen Nachbarshund in Ponygröße totgebissen wurde. Der geneigte Leser möge diese Geschichten nicht verallgemeinern, die anderen Nachbarn waren sicher nett, wenn auch gefährlich, wenn sie volltrunken und ohne Licht am Wochenende die schmale Gasse entlang mit dem Toyota... OK, lassen wir das. Der Auszug war sicher das sinnvollste was wir tun konnten.

Tatsächlich unterscheidet sich so ein Reihenhaus auf dem Lande im Taiwan doch etwas von der Umgebung im niedersächsischen Flachland, auch wenn alles bis auf die paar Palmen (bald darauf abgeholzt) recht ähnlich aussah. Hier im Bild sind einige wenige Utensilien, mit denen wir in der Schlussphase den ein oder anderen Streit aus dem Wege gehen wollten. Irgendwer hatte sich über Hundegebell beschwert.

Tag und Nacht knallten Feuerwerkskörper dort in der Gegend, u.a. weil damit Brieftauben zum Formationsflug dressiert wurden. Die Brieftauben wurden übrigens immer wieder von merkwürdig hohen Türmen gestartet. Dagegen kann man etwas tun.

Meine Frau mahnte mich immer wieder zur Mäßigung aber ich gebe zu, nach dem erfolgreichen Vertreiben eines fliegenden Händlers, der neben mir sein Megaphon eingeschaltet hatte, doch möglicherweise mit dem Ankauf von einigen günstigen alten Fahrzeugen von einem benachbarten Schrottplatz etwas übertrieben zu haben.

Mehr oder minder. War auch recht schwierig in der Wohngegend Parkplätze für das viele Zeug zu finden.

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Sich in andere Kulturen zu integrieren ist halt nicht einfach, aber mit dem richtigen Blickwinkel aus dem Cockpit entwickelt man doch recht schnell Verständnis für einvernehmliche Lösungen.

 Marschflugkörper "Großer Darmwind II" vor unserem Haus aufgestellt.

Die Fahrzeuge zu betreiben ging dann doch etwas ins Geld, von wegen Schmieröl und Treibstoff.

Hier im Bild unser alter Opel Corsa (rechts hinten vor der Garage).


Letztlich war es doch eine schöne Zeit damals in Jhongli, man kann richtig wehmütig werden, wenn man die alten Bilder sieht.


Dienstag, Februar 26, 2013

Blog-Tipp: Taipeis MRT Hochbahn

Ein Blog-Tipp, das Taiwanblog Dunkelangst.org wirft einen Blick in Taipeis Metro: http://www.dunkelangst.org/2013/u-bahn/.
Wie sieht es dort aus? Mancher deutsche Leser würde sich sicher dunkle Gestalten, Drogenhändler etc. in dunklen Ecken vorstellen. Nun, das beschreibt recht gut die U-Bahn aus meiner Heimatstadt Hannover, wie ich sie noch in Erinnerung habe, mit der in Taipei hat das freilich NICHTS zu tun.

Montag, Februar 25, 2013

Other Expats are way cooler than me...

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Andere Expats sind viel cooler als ich...

Eine weitere der Geschichten aus Ximen, die die Umgebung auf meiner Fototour dort zu erzählen schien.

Babytuive Benutzeroberfläche

 Mein altes Motorola KZRZ oder wie das Ding heißt mit Tchibokarte für Deutschlandreisen. Konnte die Karte freilich nie benutzen, weil die Tchibo-§$%§$§§$$§§ mein Guthaben von 10 Euro sofort ohne Gegenleistung beschlagnahmt und die Karte gesperrt haben, wegen Nichtbenutzung im Jahre 2011. Man muss die Welt vor Tchibo warnen. Haben die eigentlich noch Kaffeebohnen im Kaffee? Oder der Tchibomann klingelt an der Haustür und beschlagnahmt die Kaffeepackung, wenn sie den gekauften Kaffee nicht sofort verwenden.


Junior hat am Wochenende mal wieder mein altes Motorola Klapphandy (welches ich immer noch als Smartphoneverweigerer benutze) als Spielzeug entdeckt, schließlich hatte ich es leichtfertigerweise an seinem Laufstall aus der Tasche gezogen, um damit kurz die Emails zu lesen, weil ein Computer gerade nicht greifbar war. Der Stress einer Datenverbindung war dem alten Klapphandy auch anzumerken - sofort sprang die Akkuladung auf 2/3, solche schwierigen Sachen regen das Handy immer so auf. Junior forderte dann mit ausgestrecktem Finger und fragenden (Aaaaah? Aaaaah?) Lauten das Handy ein. Verblüfft war ich, was er damit anstellte. Es gelang ihm nämlich zwei vernüftige Audiodateien anzulegen, als er brabbelnd und Tasten drückend damit herum lief, die ich auch aufheben werde, klingt doch sein erfreutes Kichern und Brabbeln ausgesprochen witzig. Außerdem schaffte er es verblüffenderweise, eine alte Audioaufnahme mit seinem Babygeschrei zu finden und abzuspielen - bestimmt schon ein halbes Jahr her oder länger. Das Babygeschrei versetzte ihn dann richtig in Verzückung, er lief strahlend und lachend mit dem schreienden Handy durch die Gegend und imitierte dann sein eigenes altes Babygeschrei. Was ihm ziemlich gut gelang - ist ja auch noch nicht so lange her. Schon verblüffend, wie er scheinbar zielsicher die Menüs bediente und diesmal deutlich sinnvollere Sachen machte mit seinem einen Lebensjahr als noch vor ein paar Wochen. Sicher ziellos gedrückt, aber eben immer wieder durch die Menüs gesurft - verblüffend. Als das Handy dann auch noch seine piepsende Batteriewarnung dazu spielte war Junior überglücklich und hat jetzt das Handy endgültig als optimales Spielzeug verbucht. Mit deutschem Sicherheitsdenken weiß ich natürlich, dass das wegen der Strahlung nicht gerade das ideale Spielzeug ist; allzu oft wird es also nicht vorkommen. Auch weil er Mamas Handy schon mal an der Trageschlaufe wie ein Lasso über dem Kopf geschwungen hat und dann hat fliegen lassen - Plexiglasbruch.
Auch sonst ist er viel aufmerksamer geworden; bei einer Folge vom "Mickymaus Klubhaus" auf DVD fing er fast an zu weinen, als der dicke fette Riese den Zufluss des Fischteichs blockierte durch seinen Mittagsschlaf. Wir haben diese Horrorstelle dann gemeinsam überstanden, er teilweise das Gesicht an meiner Schulter vergraben und ich ihm gut zuredend. Als Micky den Riesen mit einem Kochtopf geweckt hat, der reinste Horror für Junior!


Donnerstag, Februar 21, 2013

Frauenbilder*

Vorher...

...Nachher



*Oder: Die normative Kraft der Werbung in ostasiatischen Gegenwartskulturen (ist bestimmt auch der Titel irgendeiner Kulturpädagogenarbeit an der Uni Gütersloh, wenn die eine haben)

Mittwoch, Februar 20, 2013

Muffiges Essen

Gestern Abend war wieder Abteilungsfestessen. Nun schmeckt es hier meist in den Garküchen sehr gut, Marke Nudelsuppen und Teigtaschen, aber was die Taiwaner so in sich rein futtern, wenn sie gut essen gehen, das ist manchmal erschreckend. Nun finde ich ja meist auch in diesen Restaurants etwas zum Mitessen, mancher Fisch schmeckt mir auch und manches Fleischige, aber gestern gab es beim großen Festmahl in einem dieser Massenrestaurants, in dem man ab 5 Leuten überhaupt nur herein gelassen wird, für mich nichts genießbares. Gut, der tote silberschuppige auf der Seite liegende Fisch ging wohl, aber mein Appetit war vom vorherigen Horror schon völlig weg, so dass ich auch davon nicht gegessen habe. Es gab gallertartige braune halbtransparente dicke Würmer von Bratwurstformat, rohen Fisch und auch das gegrillte Schwein war praktisch nur Knochen, Sehnen und Fett, wie es die Taiwaner scheinbar gern mögen. Selbst lecker aussehende Teigtaschen, mit grünem Gemüsebrei gefüllt und lecker mit Mandeln dekoriert, hatten einen unglaublich muffigen Geschmack, so als ob sie ein halbes Jahr im feuchten Keller gelegen hätten. Die Hühner- und Borstenviehsuppe war wieder mal acht Stunden gekocht, wie meine Frau drauf hin wies. Nur genau da lag das Problem, alles war so ein breiiger fader Sud, der den Gaumen beleidigte - und dazu war das ganze Leid auch noch mit muffigem Geschmack versehen. Lecker!

 Taiwan: bekannt für seine exquisite Küche. Hier sind gleich mehrere im Bild. Die Küchen von Nachbarwohnungen (vergittert).

Die Kollegen futterten das Zeug jedoch begeistert in sich rein - ganz so, als sei es das Beste, was sie je gegessen hätten. Gut, ich weiß ja auch nicht, was es bei denen zu hause gibt. Schnell war auch das Örtchen zugeplastert mit herausgewürgten Essensresten, denn bei Tische kursierte etwas Alkohol. Wie die kräftigen Kerle von zwei am 10-Mann-Tisch kursierenden 0.7-Liter - Bier - Flaschen und dem bisschen Gao Liang-Schnaps in apothekerhaften Dosen so betrunken werden konnten, wird ihr enzymatisches Geheimnis bleiben. Ich ging den rituellen Dankestrünken, bei denen die Kollegen rumgehen in Gruppen und an allen Tischen anstoßen mit den Leuten mehr oder minder aus dem Wege. Die Kollegen haben das gerne, wenn ich dann mit Bier anstoße, sie machen das dann zehn Mal und finden es dann toll, wenn sie dann betrunken sind und ich nicht. Mit sehr kleinen Gläsern wohlgemerkt. Diesmal hatte ich ein daumennagelgroßes Schnapsglas, mit dem ich solchen Ansinnen aus dem Weg gehen konnte.
Mit dem Taxi in der Firma angekommen, sah ich eine neue Kollegin vom Vertrieb aussteigen, sich vorn über beugen und mit einer riesigen Fontaine ihren Mageninhalt von sich geben, wie ich das bislang nur im Film gesehen hatte. Ich bemerkte nur trocken, dass ich das Essen auch nicht mochte, aber die Kollegen meinten denn, es habe am Alkohol gelegen. Gut, wenn die Herren schon vom Ablesen des Etiketts betrunken werden, reicht bei den Damen wohl der Gedanke an eine Winzerei für einen kräftigen Rausch.

War also ein netter Abend, zu Hause habe ich mir erst mal ein Brot geschmiert.

Dienstag, Februar 19, 2013

Kaiserinnen im Palast

Nein, gemeint ist nicht ein Besuch von Schiegermutter und Gattin, sondern "Emperesses in the palace" ist der englische Titel der derzeitigen Lieblingsfernsehserie meiner Frau, einer Hong-Kong - Produktion, wie Google verriert. Diese Serie mit Mandarinchinesischem Ton im Taiwanfernsehen traktierte mich das ganze Chin. Neujahrsfest, denn bei uns lief sie von morgens bis abends im TV, sogar bis in die Nacht. Offenbar wurden alle Folgen am Stück wiederholt und mehrfach täglich ausgestrahlt. In Mandarin ohne Untertitel. Jedoch habe ich mir jetzt die Serie mit Untertiteln besorgt, ein Notkurs im Frauenverstehen sozusagen.


Das HongKong-TV möge mir das Grabschen eines Ausschnitts vom Fernsehplakat verzeihen. Man sieht es schon, die Damen sind nicht nur wegen ihrer verlängerten Fingernägel gefährlicher als ein Taifun mit gleichzeitigem Erdbeben. Mit Taiwanerinnen verheiratete werden hingen nur einfach ein paar Frauen im Bild erkennen, wir sind das gewohnt.
Bei der Serie geht es um den "Harem" eines Qing-Dynastie-Kaisers, ab 1722 beginnt die Geschichte. Offenbar bestand der "Hinterpalast" aus reinen Frauengemächern, in denen nicht nur die "Emperess Dowager", also die Kaiserin Mutter residiert, sondern auch die Kaiserin parallel mit diversen Mätressen, die hier im Bilde zu sehen sind (Kaiserin links, die anderen sind Mätressen). Offenbar war es üblich, dass der Kaiser gleich neben seiner Gattin diverse andere Frauen unterbrachte, was in der Pilotfolge, die ich gestern Abend mit etwas stakeligen englischen Untertiteln ("Big General, stay behind, Emperor know of your bad arm, gave cream for you") gesehen habe. Darunter die "Imperial Consort", also wohl die erste Mätresse des Kaisers (ganz rechts). In der Pilotfolge wird gleich eine "Preparing Consort" oder dergleichen ausgewählt, d.h. eine junge Edelfrau, die dem Kaiser einen vierten Sohn gebären soll - denn Kaiserin Mum hatte das dopplete Dutzend an Kindern des vorherigen Kaisers als Maß aller Dinge bezeichnet. Unser aktueller Serienkaiser hingegen sucht den Hinterpalast nur zögernd auf, angeblich wegen pressierender Regierungsgeschäfte, was wiederum den zutändigen Eunuchen wieder in Verzweifelung treibt, denn einer muss die Arbeit ja machen. Stelle ich mir Damen wie meine Gattin im Dutzend vor, es würde mich sicher eher in die Wälder als in den Hinterpalast treiben - eine ist liebreizend und charmant, aber ein Dutzend - Herr Jehmineh, das wäre sicher viel zu aufregend. Man kann sich vorstellen, wie in der Serie die Funken fliegen, wenn sich die konkurrirenden Damen zum Tee treffen.

Eine abstoßende Frauenrolle sicherlich, etwa müssen die Kandidatinnen für die Preparing Consort, die in einer Art "China sucht den Superstar"-Wettstreit vom Kaiser ausgewählt werden, auf rituelle Fragen antworten, wenn sie etwas gefragt werden. Etwa  "Liest Du Bücher?" ist mit "Nein, ich bin dumm und kenne nur die Tugenden einer Frau" zu beantworten.

Eine bizarre und ziemlich abstoßende Welt, kurios und erstaunlich, etwa wenn dem Kaiser seine aktuelle Bettgefährtin, die er offenbar über ein vom Eunuchen gereichtes Holzstäbchen auswählt, gleich eingewickelt ins Bett gelegt wird. Und man sieht in den weiteren Folgen den Kaiser so viel Haremsdamen im Garten schaukeln und zwischen den konkurrierenden Frauen hin und her rennen, dass ihm für Regierungsgeschäfte keinerlei Zeit bleiben wird. Man sieht von China sowieso nur den Palast und endlose Seidengewänder. Keine Bauern, keine Manufakturen, kein nichts. Ein Seidenlakenkaiser ohne Funktion außer der Reproduktion, so scheint es. Es wundert wenig, dass so ein dekadenter Apparat von den später eintreffenden Engländern zusammengeschossen wurde, während den "Soldaten" des Kaisers ihre nicht gepflegten Schießstöcke in der Hand explodiert sind. Trotzdem, im zehnten Ehejahr (Schluck) will ich mich nun mal den Interessen meiner Frau nähern und gucke daher tapfer die Serie - man kann sich im zweiten Jahrzehnt ja langsam näher kennenlernen ;-)

Notiz: Der Qing-Kaiser war ein Manchu und sprach gar nicht Mandarin, sagt Wikipedia. Das würde China-TV immer falsch darstellen. Na ja, ich kenne das von meiner Frau, ob man nun Deutsch, Englisch oder Marsianisch redet, das ändert sowieso nichts ;-)

Who the fuck is Markus Lanz?

Man merkt, dass man lange nicht mehr wirklich zu Hause war, von kurzen hektischen Trips in die alte Heimat abgesehen, wenn man die Karikaturen nicht mehr versteht. Im aktuellen STERN sehe ich gerade einen Herrn gezeichnet, der etwas komisch in einem Sessel sitzt, eine Frau steht daneben und fordert ihn auf sich nicht über andere Leute lustig zu machen (?) wie "Markus Lanz" und sich vernünftig hin zu setzen. Wer ist Markus Lanz? Wieso ist das komisch? Was soll das alles? Dabei fand ich früher die Cartoons von Til Mette so witzig. Wahrscheinlich sitzt Markus L., den Google als irgendeinen Moderator offenbart (schon vor meine Abreise 2004 hat er irgendwas bei RTL moderiert, nur muss man den gekannt haben?) immer irgendwie als hätte er was in der Gesäßtasche und macht sich über Leute lustig. Na, selber schuld wenn man RTL guckt.
Mir geht es jetzt mit den deutschen zeitgenössischen Karikaturen so wie mit alten aus der Kaiserzeit, die man manchmal irgendwo abgedruckt sieht. Da sitzt ein altmodisch angezogener Herr in einem Sessel, raucht lustige Kringel und liest eine Schlagzeile über einen mir gänzlich unbekannten Menschen, der im Reichstag Geld sparen will oder ähnliches und dann verlangt er von seiner Gattin eine Tasse Kaffee und ein Fischbrötchen oder etwas in der Art. Offenbar soll man sich dabei vor Vergnügen am Boden wälzen, wenn man wüsste, wie das alles zusammen hängt. Mir fehlt der Kontext und man merkt wie distanziert man von dieser Zeit ist.

 Der junge Mann fragt gerade, wer Markus Lanz ist.

Den Cartoon mit den zwei Anwälten an der Bar und dem Mann und der Frau und wo der eine Anwalt die Anwältin fragt, "darf mein Mandant ihrer Mandantin ein Kompliment machen?" hingegen verstehe ich. In Deutschland sei alles sexuelle Belästigung, man kriegt (hier besteht kein Zusammenhang) keine Kinder mehr und stirbt aus, alles kein Problem. In Taiwan tragen die Damen hingegen Ultramini und bücken sich jedenfalls hier im Büro laufend über die Schreibtische ihrer Kolleginnen, aber es gibt noch weniger Kinder. Klingt auch wieder wie eine Karikatur, wenn ich mir das bildlich vorstelle.
Ich mache mir erst mal einen Morgenkaffee....

Montag, Februar 18, 2013

Taiwanbuch: Jetzt in den Endspurt!

Ich gebe einfach mal die Email von Klaus Bardenhagen, dem in Taipei lebenden Reporter aus Deutschland hier direkt weiter: Das Crowd-Funding - Finanzierungsprojekt nähert sich dem Ende, damit das Projekt erfolgreich wird werden noch Beteiliger am Projekt gesucht! Ludigels Taiwanblog ist bereits unter den Unterstützern vertreten. Mitmachen, will sagen Unterstützer werden, ist daher jedem vom mir ans Herzen gelegt; insbesondere wenn man Taiwan gerne mal richtig publizistisch dargestellt sehen will, denn mal ehrlich, die meisten Deutschen denken bei Taiwan an Bambushütte, Prostituierte und Palmen*....

***Klaus' Email:***

Es geht in die Zielgerade: Zwei Drittel sind finanziert
11 Tage vor Schluss haben Unterstützer nun mehr als 1300 Euro zugesagt. Ich bin zuversichtlich, dass wir das 2000-Euro-Ziel erreichen können, brauche dazu aber weiter Ihre Hilfe: Streuen Sie den Link https://krautreporter.de/taiwanbuch so weit Sie können und erzählen Sie anderen Taiwan-Interessierten von diesem Projekt.
Mittlerweile nimmt der Inhalt des Buches mehr und mehr Gestalt an. Momentan plane ich u.a. Kapitel über diese Themen:
  • Taiwans Geschichte: Holländer, Japaner und die Republik China
  • Diplomatisch kaltgestellt: Deutschlands Taiwan- und Ein-China-Politik
  • Wandel durch Annäherung? Was Egon Bahr mir im Interview über Taiwan und China erzählt hat
  • Gift im Bubble Tea? Ein Trend-Getränk und deutsche Medien-Hysterie
  • Im toten Winkel: Warum Taiwan in deutschen Medien kaum vorkommt
  • Ex-Kolonialherren und Verbündete: Taiwans kompliziertes Verhältnis zu Japan
  • Alternde Gesellschaft, ausländische Pflegekräfte: Warum Taiwans Probleme uns bekannt vorkommen

***

* OK OK, mehr Palmen wäre nicht schlecht. Das andere bitte nicht.

***

Taiwan-Blogtip: Ein ehemals in Taiwan stationierter US-Airforce-Soldat hat nette Fotos aus den 60ern. Alles etwas militärlastig, aber trotzdem interessant, u.a. sieht man Straßenszenen und ein aus der VR-China desertiertes Flugzeug: http://taipeiairstation.blogspot.tw/2012/10/more-color-photographs-from-1962-1963.html http://taipeiairstation.blogspot.tw/2012/10/more-color-photographs-from-1962-1963_9.html

Magen? Hase!

Während des chinesischen Neujahrs hatte ich endlich einmal ausgiebig Zeit für Junior. Noch in seinem Kinderstuhl sitzend wollte ich ihm das Wort "Hase" beibringen und zeigte auf ein Naturlehrbuch und die mangaartige Darstellung eines Hasen. "Hase!" sagte ich immer wieder doch Junior sagte daraufhin "Magen!" und sah mich stolz und glücklich an. Wo hat er nur das Wort "Magen" her, frage ich mich. Er wächst ja in einem chinesischsprachigen Haushalt auf, wo er mitkriegt wenn Frau und ich Englisch sprechen und Deutsch kann nur von mir kommen, aber so viel über Magenprobleme hatte ich doch nicht geredet, oder? Ich machte mit den Händen eine Geste um Hasenohren anzudeuten und sagte noch ein paar Mal "Hase".
Junior schien das zu akzeptieren so weit. Als ich jedoch am Weggehen war, sah er mich fragend an, legte beide Hände an den Kopf, meine Hasenohrengeste imitierend und fragte mich: "Magen?"


Ein linguistisches Glanzstück gelang ihm jedoch beim Arzt, als er wegen seiner Erkältung im Wartezimmer saß mit uns, bei Mama auf dem Schoß und ganz fasziniert auf die Straße mit ihren vorbei fahrenden Autos guckte. Er drehte zu meiner Verblüffung mit seiner Hand meinen Kopf zur Fensterscheibe hin und sagte dabei: "Magen!"
"Hase?" fragte ich zurück und suchte die Scheibe und die Straße ab, ob irgendwo etwas hasenartiges sei, da mitten im städtischen NeiHu in Taipei, wo nirgends Grün zu finden ist. War aber nicht. Junior schob meinen Kopf immer wieder energisch zum Fenster hin, ich konnte ihn gar nicht ansehen und wechselte dann auf das Wort "Auge", das er kürzlich gelernt hatte. Als ich immer noch nicht verstand, berührte er sogar mein Auge und zeigte dann aufgeregt auf das Fenster, wo ihn offensichtlich die vorbeifahrenden Autos in den Bann schlugen. "Auge! Auge!". Kein Zweifel, er wollte, dass ich ein Blick auf die Straße warf und weil er "guck mal" noch nicht kannte verwendete er das nächstliegende Wort. Verblüffend, dass ihm überhaupt der Zusammenhang zwischen Gucken und Auge geläufig ist, mit knapp über einem Jahr.
Frau war sich später sicher und stellte fest, Junior müsse offensichtlich ihre Intelligenz haben (und nicht etwa meine).

Freitag, Februar 15, 2013

Entspannt...

Chinese New Year geht mir immer etwas auf die Nerven, mit dem gesteigerten Geräusch- und Verkehrspegel. Habe mich jedoch mittlerweile völlig entspannt. Viele Besuche im Roadies Cafe mit Chicago-Italo, Texmex und American Food, italienischer Salami im Kühlschrank, schweizer Käse, amerikanischen Pretzel-Brötchen (Brezelteigbrötchen mit nicht viel Salz, lecker!), deutschem Riesling, franz. Burgunder, ital. Chianti Classico und ... Led Zeppelin auf den Boxen.

Damned, Montag geht es wieder an die Arbeit. Auch keine entspannenden Neujahrsspaziergänge mehr auf dem Friedhof, den die Einheimischen meiden aus Aberglauben wie die Pest (landschaftlich am schönsten und saubersten!). Habe die Anwohner des Totendorfes höflich um Einlass gebeten... Meine Frau darf das nicht wissen, die würde sonst heute Abend Junior und sich selbst in Tempelwasser baden.

So.... noch ein Gläschen Riesling.....

P.S.: 2 kg wieder angefuttert, damned!

+++++++++ WTF ? ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

Lese verblüfft, dass der Papst im Chinese New Year zurückgetreten ist. Das nenne ich Kapitulation vorm Buddhismus*.....

*oder China-irgendwas-Taoismus-Konfuzianismus-whatever-Big-Jadekaiser-ismus

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Samstag, Februar 09, 2013

FuckLittlePiggyChina

Familien-"Sylvesterfeier" zum Chinese New Year. Gefühlte 5-Stunden-Qing-Dynastie Dauer-Soap-Opera auf Mandarin. Halsschmerzen, Erkältung im Anzug. Da erwischte ich mich bei dem Habsatz "...weil es in FuckLittlePiggyChina keine Heizung gibt".
Ich dachte ich nehme diesen halsschmerzen-übellaunigen Ausfall gleich ins Blog auf, dann haben wir den Blogtiefpunkt für 2013 oder auch das Taiwanjahr 102 gleich hinter uns und können ab Morgen das Niveau langsam unauffällig anheben...

Über mir die Mieter steppen und hämmern die ganze Nacht.... das wird auch nett....

[Schnell lesen, morgen lösche ich das Ganze wieder]

Freitag, Februar 08, 2013

That Door to your heart

Ein weiteres Bild aus der Ximen-Serie, nicht photohopped, auch wenn es so aussieht. Vorheriges Bild aus der Serie: http://bobhonest.blogspot.tw/2013/01/tanzbar.html

"That door to your heart and that pipeline to your tears". 

Bei der Kunstinstallation stehen diese Schablonen am roten alten Markthaus in Ximen, Taipei herum und man kann durch den Blickwinkel selbst auswählen, wozu man die Schablonen in Beziehung setzt. Hier zu der Schlichthaushintergrund-Szenerie, die so ganz eigene Geschichten erzählen will. Würde man von der anderen Seite gucken, hätte man als Hintergraund das rote historische Markthaus. Sicher nicht so interessant wie das wahre Leben im Hintergrund.

Neujahrsnotizen

Während sie die Deutschen und verwandte Volksstämme schon längst im neuen Jahr wähnen, geht es für uns in der chinesischen Kulturzone jetzt erst richtig los. Das chinesische Neujahrsfest fängt heute Abend an. Oder Morgen früh? Never mind. Heute ist der letzte Abhängtag im Büro, man hat schon früher Feierabend, verschieden je nach Firma und die Taiwaner sind heute besonders ausgelassen in den Büros. Man nascht Süßes von Kollegen, klönt viel und räumt seinen Cubical auf. Am Ende ist dann Klaugefährdetes in Schubladen verschwunden (ich baue meinen aus Einzelteilen zusammen gebauten Server ab) und die Stühle stehen auf den Schreibtischen. Denn das taiwanische Jahr 102, gerechnet ab Gründung der Republik China auf dem Festland, als die Kuamintang-Partei den letzten (Kinder-)Kaiser Chinas mehr oder minder beerbt hatte (von den ganzen Warlords abgesehen) und ein junger Chiang-Kai-Shek sich mit seiner nach westlichem Vorbild ausgebildeten "New Army" auf die Seite der Kuamintangrebellen schlug (schon ein paar Jahre vorher) und seinen bettnässenden Kaiser verriet, wird ein sauberes Jahr. Sauber, weil es eines der ungeraden Jahre ist (nach westlicher Zählung), in denen meine Firma alle Fußböden mit einer Schrubbmaschine säubern lässt und daher meine mühselig angelegten Kaffeeflecken auf dem Fußboden grausam vernichtet werden. Auch die Mäuse in manch einem alten Vorserienrechner oder Support-Ticket-Fall-Server von 1998 werden aufgeschreckt werden (wir haben industrielle Großkunden, die wollen die Rechner oft nicht zurück und dann bleiben sie hier). Manchmal haben sie große Körner-Vorratsspeicher in den stillgelegten Rechnergehäusen angelegt im Großraumbüro, die sie von den jungen Damen hier geklaut haben (die essen ja immer so gesunde Sachen, die jungen Damen und die Mäuse aller Altersgruppen).

Wir haben schon unseren Neujahrsbonus erhalten. Ein solcher ist übrigens der Grund, wieso man in Taiwan meist erst nach Neujahr (gemeint ist immer das Chinesische) die Firma wechselt. Wir wechseln nicht und der Bonus ist schon ausgegeben, sagt meine Frau, für mein Flugticket im Spätsommer, für eine neue Anti-Krebs-Versicherung, die meine Frau bei der ALLIANZ-Versicherung Taiwan (!) abgeschlossen hat (der Versicherungsvertreter hat so gegrinst bei der Unterzeichnung, dass er sich bestimmt erst mal ins thailändische Badehaus verzogen hat für die nächsten zwei Wochen, vergl. einschlägige Skandale in Deutschland) und für meine Elebensrente (bei der ehem. Volksfürsorge, die sich jetzt irgendwie anders nennt). Mein Rentenbeitrag steigt jedes Jahr an, das kann uns die nächsten Jahre um Jahre noch graue Haare bringen.

So ein Bonus kann durchaus mehrere Monatsgehälter umfassen, je nach Wirtschaftslage etc., ich hülle mich da in Schweigen. Ist ja alles eh schon wieder weg. Manche Firmen überweisen den Bonus nicht wie unsere aufs Konto, sondern zahlen ihn bar in traditionelle rote Neujahrskuverts gesteckt aus - dann kriegt man ein sehr dickes Geldbündel, denn der größte Schein ist eine 1000 NT-Note, umgerechnet etwa 25 Euro (manche Fressbuden in Taiwan weigern sich ihn anzunehmen, wenn man nur für 100 NT isst). Auch unsere Putzfrau erhält ihre Gratifikation. Für ihr donnerstägliches Putzen lagen wie immer 1200 NT auf dem Küchentisch, dazu ein rotes Kuvert mit 6000 NT Neujahrsbonus.

So, jetzt ganz entspannt in das neue Jahr 102 hinein grooven, vielleicht poste ich noch ein paar Fotos, schauen wir mal.

Grüße aus der rechnerischen Antike,

Ludigel


++++++++++ Kurzmeldung ++++++++++++

Der Brite Z.D., der in Taiwan in einem sehr umstrittenen Verfahren wegen Fahrerflucht mit Todesfolge zu 4 Jahren Haft in zweiter Instanz verurteilt worden ist und vor Haftantritt das Land verlassen hat, hält sich offenbar in der Schweiz auf. Die Republik China alias Taiwan ersucht die Schweiz um Amtshilfe. Ich weise bei diesem emotional geladenen Fall immer wieder darauf hin, dass es einen definitiven zweiten Fahrer gab, einen einheimischen Parkwächter, der zumindest Anfangs den Wagen gesteuert hat und sehr schnell von der Verdächtigenliste verschwand. Sein Unterweltlokal wiederum hat das Revier geschmiert, das hier die Ermittlungen führte. Nicht ganz schweizer  Präszision bei dem Kriminalfall in Taiwan, denke ich mal.
http://www.taiwannews.com.tw/etn/news_content.php?id=2143891 

UPDATE: Anwalt des Briten gibt an, ein weiterer Barangestellter hätte ausgesagt, der Brite sei nicht gefahren zur Unfallzeit sondern der ursprüngliche Fahrer (ein Parkwächter der Bar): http://www.etaiwannews.com/etn/news_content.php?id=2141170&lang=eng_news&cate_rss=news_Society 

+++++++++++++++++++++++++++++++

Ein Britischer Atomingenieur, der für eine franz. Firma ein AKW in Taiwan gewartet hat, ist in seiner Freizeit in den frühen Morgenstunden zu Tode gestürzt, offenkundig unter Alkoholeinfluss (schon im Dezember): http://focustaiwan.tw/ShowNews/WebNews_Detail.aspx?Type=aSOC&ID=201212050051

Donnerstag, Februar 07, 2013

Ganz entspannt durch den Taiwanverkehr

Taiwan vor dem chinesischen Neujahrsfest
 
Heute ist eigentlich Anfang Februar, aber dennoch ist heute der 27.12.12, also wohl irgendwie der 27.12.2012 nach dem chinesischen Monddatum, verrät mir mein altes Motorola-KRZR - Handy. Zeit also für ein beschauliches Posting:

 Ludigel: nach langer Zeit mal wieder im Hellen fotografiert. Unheimlich

Gestern war meine Frau mal nicht in der Firma und entsprechend fehlten immer ihre geäußerten Wünsche, schneller und schneller zu fahren und da sei doch noch eine Lücke und den da bloß nicht reinlassen, ganz ihrer Natur als typische Fahrerin in Taipei, wo man immer der erste sein will. Ohne Gattin jedoch schwamm ich einfach im Verkehr mit, ganz wie es einst mein Fahrlehrer vor Urzeiten im beschaulichen Hannover-Döhren gepredigt hatte. Einfach mitschwimmen in den engen zugeparkten Gassen Döhrens, die mir einst so eng erschienen sind und heute lachhaft im Vergleich zu den Gassen Taipeis sind. Mein schokobrauner SUV hier in Taipei flutschte nach Fierabend wie geölt im Pulk mit, ich ließ den ein oder anderen Verzweifelten einscheren in die Schlange und dann geschah das Unglaubliche: Taiwaner fingen an mich auch reinzulassen irgendwo, bedankten sich freundlich etc. Ein ganz anderes Erlebnis als der dichte hektische Verkehr vor dem chinesischen Neujahr, den ich sonst immer erlebe. Ein Ausländer postete mal im Ausländerforum Forumosa.com, die Taiwaner seien wie die Borg bei Star Trek, also eine Kollektivintelligenz und entweder hätten alle gleichzeitig gute oder schlechte Laune. Nach dem Erlebnis gestern glaube ich jedoch eher, dass man aufgrund der hohen Bevölkerungsdichte immer unmittelbares Feedback für seine eigene Laune bekommt....

*** Und heute jährt sich auch mein 9. Jahr im Taiwahn. Brrrrr ***


++++ Und endlich in der Blogliste: My Kafkaesque Life, ein englisches Blog, lange von mir übersehen und ein ABSOLUTER Blogtipp. Ab sofort werden auch englischsprachige Taiwanblogs in der Liste auftauchen, nach wie vor auch die beiden Kambodschablogs dabei, die mir immer mal einen Blick über den taiwanischen Tellerrand erlauben. +++

In der Presse: Säuglingstod und flüchtiger Brite

Zwei Themen dominieren derzeit die Medien in Taiwan, insbesondere das TV-Programm:

Der flüchtige Brite Z.D. (http://bobhonest.blogspot.tw/2013/02/taiwans-prasident-will-sich-um.html), der in Taiwan in einem unter Ausländern umstrittenen Verfahren wegen Trunkenheit am Steuer mit Fahrerflucht und Todesfolge zu vier Jahren Haft in zweiter Instanz verurteilt worden ist und schon im August das Land verlassen hatte, hat sich wieder zum Dauerbrenner in den Medien entwickelt. Keine Mittagspause und kein Abendessen in der Firma vergeht, ohne dass immer wieder die selben Bilder von der damaligen Festnahme von Z.D. über den Schirm flimmern. Selbst der "Präsident Taiwans" hat sich ja schon in die Debatte eingeschaltet, wegen diesem Verfahren wurde schon die künftige biometrische Vermessung von ein- und ausreisenden Ausländern angekündigt und man kann befürchten, dass diese Angelegenheit die taiwanische Sichtweise auf westliche Ausländer auf längere Sicht bestimmen wird. Links: http://www.taipeitimes.com/News/taiwan/archives/2013/02/02/2003554039 und http://www.ettoday.net/news/20130129/158757.htm (letzteres Chinesisch).

Der andere Fall ist ein besonders schrecklicher: In Taiwan sind viele Elternpaare nicht in der Lage, sich tagsüber selbst um die Kinder zu kümmern, auch bei mir selbst ist das nicht anders, daher hat man entweder die Schwiegermutter/Großmutter oder eine Privatperson beauftragt, das Kleinkind zu betreuen. Bei einer solchen "Kindschwester", die bis zu 5 Säuglinge bei sich zu Hause betreut hat, kam es nun zu einem schrecklichen Unglück. Die Pflegerin hatte einem Säugling eine Computermaus mit besonders langem Kabel (PC-Typ, nicht der Notebook-Typ mit kurzem Kabel, war im TV zu sehen) zum Spielen gegeben und der Säugling erdrosselte sich damit und ist verstorben. Die im Krankenhaus von der Polizei befragte Pflegerin sah sich daher längere Zeit außer Stande, sich um die weiteren Säuglinge zu kümmern, so dass während der Befragung ihr Handy klingelte und die einzig im Haus verbliebene "Pflegekraft", ihr Sohn im Teenageralter, die Mutter informierte, ein weiterer Säugling sei gerade verstorben, erstickt an der Milch. Als "junger Vater" weiß ich durch Predigten von Frau und Schwiegermutter, wie leicht Babys an wieder hochkommender Milch ersticken können. Bei uns kümmert sich meine Schwiegermutter tagsüber um Junior. Im Ausländerforum war der ein oder andere schnell dabei, taiwanische Eltern zu kritisieren, weil sie sich nicht selbst um den Nachwuchs kümmern, ich will jetzt als selbst Schwiegermutter-als-Nachwuchspflegerin Betroffener nicht mal auf das selbstgerechte Statement verweisen. Meine Schwiegermutter ist in Sachen Kindergroßziehen freilich ein Profi, laut Zählung meiner Frau ist unser Junior der Elfte, den sie zumindest zeitweilig mit großgezogen hat.
http://focustaiwan.tw/ShowNews/WebNews_Detail.aspx?Type=aSOC&ID=201302030006


Lesetipp: Taiwanische Austauschschüler

Ein Lesetipp: Im Taiwanblog von Klaus Bardenhagen, deutscher Journalist in Taipei, werden Tipps für die Aufnahme von taiwanischen Austauschschülern gegeben. Ein sehr interessanter Artikel, auch wenn man gerade keinen aufnimmt, verrät er doch sehr viel über die Mentalität der Taiwaner. So einen Leitfaden hätte ich gerne vor der Heirat (mit [m]einer Taiwanerin) gehabt, die gängigen Reiseführer und Kulturschockbücher sind da viel zu abstrakt. http://www.intaiwan.de/2013/02/06/taiwan-austauschschueler-tipps-fur-gasteltern/

Und auch auf Klaus' Buchprojekt "Formosa! Das ist Taiwan", wo man noch mitmachen kann möchte ich noch einmal des baldigen Fristablaufs halber verweisen (Ludigels Taiwanblog ist schon mit dabei): https://krautreporter.de/taiwanbuch/

Mittwoch, Februar 06, 2013

Im Rückwärtsgang Lokalkolorit zerstört

Neulich beim Einparken in unseren gemieteten Familienparkplatz vor Schiwegermutters Haus auf dem ich täglich parke, habe ich das reinste Drama ausgelöst. Gegenüber liegt ja ein kleiner Baochi-Stand (keine Ahnung ob man "Bauze" so schreibt, gemeint sind Schnellfutter-Teigtaschen mit Mett gefüllt), die schmale Gasse ist mit für Essen anstehenden Leuten gefüllt, teilweise noch zugeparkt und dann brauche ich immer recht viel Raum, um auf dem im 90-Grad-Winkel zur Fahrbahn stehenden Parkplatz einzuparken. Dabei löst man oft eine veritable Volksumgruppierung aus. Erstmal musste ich zwei Autos weghupen, die den Parkplatz fahrbahnseitig blockierten - was dazu führte, dass ganze Familien und Freundeskreise, die locker entspannt auf der Fahrbahn standen, in ihre Autos stiegen und mit diesen ein Stück weiterfahren mussten.

 Ähnliche Straße ganz in der Nähe, unsere Gasse ist noch etwas schmaler

Dann sah ich, dass eine Frau ihr Fahrrad an der metallenen Parkplatzabsperrung unseres Parkplatzes angelehnt hatte und diese nun auch fortschieben musste. Unser Parkplatz war der einzige freie in der ganzen Straße und da wo jeder Quadratzentimert entweder zugeparkt war oder als Fahrbahn diente, hatte der abgesperrte Parklatz scheinbar die Funktion eines Sozialplatzes übernommen. "Treffen wir uns unterm Schwanz" sagt man in Hannover bei mir zu Hause und meint damit die Reiterstatue des alten Königs von Hannover vor dem Bahnhof. Bei uns im Viertel könnten sie fast sagen: Treffen wir uns auf dem Ausländer(parkplatz). Ein Kind war auch noch dabei auf dem leeren Parkplatz (wir reden hier nur von einer einzigen etwas großzügigen Parkbucht!), der hübsch mit einem Bäumchen an der Seite dekoriert ist, mit seinem Fahrrad Kreise zu fahren und verschwand dann auch. Als ich rückwärts einparkte war der kleine Kerl natürlich plötzlich wieder da und zog mit seinem Velo aus der Tarnung des Nachbarwagens kommend direkt hinter meine Stoßstange - er will ja mal taiwanischer Mopedfahrer werden und muss solche Manöver daher schon mal üben. Schlecht zu sehen sowas, aber dank meiner Zeitlupen-Einparkerei (wegen der Volksmassen), Vorausschau und der stoßstangenseitigen Rückfahrkamera kein Problem.
Jedenfalls hatte ich ein schlechtes Gewissen beim Aussteigen. Ich hatte fast ein Dutzend Leute und vier Fahrzeuge vertrieben und einem Kind seinen Fahrradplatz genommen, alles nur um mein Auto zu parken! Fast möchte man die Parkbucht der Öffentlichkeit spenden, als freien Sozialplatz. So wie ich die Taiwaner kenne im dichtbesiedelten NeiHu/Taipei, wäre der Platz dann aber entweder ein Mopedparkplatz, ein PKW-Stellplatz für den Blockwart oder eine neue Imbissbude würde drauf eröffnet. Oder jemand baut ein Kaufhaus drauf, in dem man nur hochkant einkaufen kann.

Für Deutsche liest sich das sicher komisch, denn die Wohnblocks in meiner Heimatstadt Laatzen bei Hannover sind von riesigen betonierten Garagenhöfen umgeben, haben immer wieder Grünanlangen dazwischen und ellenlange verwaiste Fußwege. Da kann man sich kaum vorstellen, wie sehr ein leerer Stellplatz hier die Massen anzieht in Taiwan.

Bizarrste Vorkommnisse auf dem Parkplatz bislang: Einmal stand ein Fernsehteam drauf, das die Fressbude gegenüber filmte. Und der Fressbudenbesitzer steht da öfter Mal zur Salzsäure erstarrt hinter meiner Stoßstange. Kreidebleich , bewegungslos und zersaust des Morgens wie ein lauernder Zombie in der Fernsehserie "The Walking Dead". Tai-Chi-Übungen in Zeitlupe sind das wohl. Irgendwann macht die KMT da mal eine Militärparade, auf meinem Stellplatz, da habe ich keinen Zweifel.

Dienstag, Februar 05, 2013

Mitmachen: Klaus' Taiwanbuch-Projekt

Taiwanfreunde können sich glücklich schätzen, dass es einen professionellen deutschen Journalisten gibt, der nicht nur in seinem Taiwanblog (http://www.intaiwan.de/) laufend über unsere vibrierende kleine Insel berichtet, sondern auch in zahlreichen Zeitungsartikeln und sogar im TV in Deutschland präsent ist und über Taiwan berichtet; näheres kann man in Klaus' Blog nachlesen, das hier sowieso ein Dauer-Tipp ist für alle die Infos oder einfach nur interessantes über Taiwan lesen wollen.

Für sein neustes Projekt will Klaus, der bereits zwei Taiwanbücher geschrieben hat, das Instrument des Crowdfunding nutzen, um ein Buch auf den Markt bringen zu können. Näheres dazu im Artikel im Blog vom Klaus Bardenhagen selbst (s.o.) und auch hier: https://krautreporter.de/taiwanbuch

Ludigel ist dabei! Für eine Spende kriegt man etwa das Ebook oder das Print-Ausgabe-Paket etc. Details unter https://krautreporter.de/taiwanbuch


Junior rockt ab

Gestern gute Nachrichten unverhoffterweise. Unser Junior schien von einer Frühgeburt noch ein letztes Problem mitgeschleppt zu haben: Die beiden Herzkammern hatten sich nicht völlig voneinander getrennt. In ihrer unendlichen Weisheit hat Mutter Natur resp. der omnipotente Gott ihrer Wahl uns Menschen mit einer Zweikreispumpe ausgestattet, wo also in der einen Kammer frisches Blut rausgedrückt wird, während die zweite Kammer das verbrauchte Blut wieder ansaugt. Gott ist auch Ingenieur, denn diese Konstruktion ist wesentlich leistungsfähiger als wenn nur eine Kammer da wäre. Bei Säuglingen wächst diese Trennwand kurz nach der Geburt, so habe ich das jedenfalls verstanden, bei Frühchen aber manchmal nicht von allein. Also hatten wir im Januar in unserem Tri-Service-Krankenhaus einen letzten Kontrolltermin. Die Ärzte hatten gesagt, wenn die Herzwand jetzt mit etwas über einem Jahr Alter noch nicht ganz zugewachsen ist, müssen wir wohl operieren. Im Januar war sie noch nicht zugewachsen und so hatten wir gestern unseren Vor-Operationstermin, allerdings in einem anderen Krankenhaus, denn wir sind dem Arzt, einem Kinderherzspezialisten, nach Taipei-Tianmu hinterher gegangen. Er hatte im Tri-Service nur augeholfen. Dort die Ultraschalluntersuchung gemacht und so hörte ich schon "hen hao" und "zui bang" vom Arzt aus dem überfüllten Untersuchungsraum, zu Deutsch "sehr gut" und "super" in etwa. Die Herzwand ist zugewachsen, damit hat unser Junior also alle Folgen der Frühgeburt kompensiert.

 Abrocken im Nationalchina-Ghetto am rechten Tellerrand der Weltscheibe
(das ist allerdings meine alte Wohnung, rechts obere Fensterreihe)

Zu Hause habe ich dann mal American Idol aufgelegt, eine Folge von DVD vom vorherigen Jahr. Natürlich höchstselbst im Taiwan-TV aufgenommen auf DVD. So ist es legal, wenn man sie hingegen vom Bittorrent-Stream (von Schelmen auch Kulturflatrate genannt) aufnehmen würde und dann auf DVD brennt, wäre es hingegen ein pöses, pöses Verbrechen, so erzählt und die Kontentmaf... äh ... Kontentindustrie. Selbe Folge, selbe Mucke, aber eins ist gut und eines ist pöse. Klarer Fall. Junior jedenfalls freute sich offensichtlich über den Kontrast zum sonstigen Taiwan-Super-Idol - Zeug wo immer wieder langweilige Schnulzen auf Mandarin abgeleiert werden, dass einem der Konfuzianismus aus den Ohren perlt. Als Elise Testone als perfekte Rockröhe einen Led Zeppelin-Song zum Besten gab und über die Bühne hottete, hielt es auch Junior nicht mehr auf seinem Platz im Laufstall. Er "head-bangte" seinen Kopf rauf und runter, wippte am Gitter des Laufstalls im Rhythmus und ging sogar in die Knie und schnellte wieder hoch zum Led Zeppelin-Takt. Mir fiel auf, dass Junior wie ein x-beliebiger Besucher eines Rockkonzerts aussah da am Laufstallgitter ;-) "Whole Lotta Love" war das glaube ich.

Heute Abend geht es weiter, leider haben sie die rockige Elise Testone relativ früh rausgewählt und immer nur an ihr herumgemäkelt die Juroren bei American Idol. Ludigel sen. und Ludigel jun. teilen diese Kritik nicht.

Montag, Februar 04, 2013

Taiwans Präsident will sich um flüchtigen Briten kümmern

Die Sache mit Taiwan ist immer, dass der Präsident Taiwans, wie man ihn umgangssprachlich nennen würde, ja gar nicht der Präsident Taiwans ist, sondern formal Präsident der "Republik China" ist, die seit 1949 nur noch auf der Insel Taiwan existiert, aber dies sei nur der Formalien halber bemerkt.

Um kurz die Fakten noch einmal zusammen zu fassen: Ein britischer Staatsbürger offenbar pakistanischer Herkunft (die Taiwanmedien nennen ihn einen Pakistani mit britischem Pass, was der Berichterstattung schon die erste Tendenz gibt) wird nachweislich von einem Parkwächter des Lokals, in dem er getrunken hat, "nach Hause gefahren". Wobei "nach Hause fahren" hier bedeutet, dass der Wagen mit dem Parkwächter am Steuer nachweislich die Fahrt Richtung Heim des Briten unternommen hat, was auch immer dann später geschah. Während der Fahrt kommt es zur einer tödlichen Kollision mit einem Moped, der Mopedfahrer verstrirbt, es wird Unfallflucht begangen. Das Auto des Briten ist nachweislich das Unfallfahrzeug. Der Brite hat den Unfall nicht gemeldet und gibt später den Parkwächter des Lokals als Fahrer an. Der gibt an, den Wagen nur wenige Meter gefahren zu haben und der Brite habe dann wieder das Steuer übernommen (also vor dem Unfall).

Das bearbeitende Polizeirevier war Gegenstand von Korruptionsverfahren, wegen "Schmieren lassen" von solchen Pufflokalen wie dem, in dem der Brite getrunken hat und in dem der Parkwächter angestellt war.
Eine beispiellose Vorverurteilungscampagne setzt ein, die seinesgleichen sucht. Die Familie des Opfers fordert hunderttausende von US-Dollar Entschädigung, eine Summe, die sie sicherlich von einem normalen Taiwaner nicht bekommen würde.

Der Brite namens Z.D. wird im ersten Verfahren zu 2 1/2 Jahren Gefängnis verurteilt, im Berufungsverfahren zum 4 Jahren Gefängnis. Er tritt jedoch die Haft nicht an sondern verlässt das Land mit dem Pass eines anderen Briten. Dieser ist jetzt offenbar ausgewiesen worden. Der Fall schlägt wieder mal hohe Wellen in den Taiwan-Medien.

Neuste Entwicklungen: Der "taiwanische Präsident" selbst gibt an, sich um die Rückführung des Briten nach Taiwan kümmern zu wollen: http://www.taipeitimes.com/News/taiwan/archives/2013/02/02/2003554039
Präsident Ma Ying-Jeou kritisiert auch den Beamten am Ausreiseschalter.

Der Brite gibt ein Statement im Ausländerforum und gibt an, er selbst habe ein Schreiben des Polizeireviers, die Aufnahme der Kamera an der Kreuzung, an der er von dem Parkwächter in der Nähe seines Zuhauses (also nach dem Unfall!) angesetzt worden sei, sei auf USB-Stick kopiert worden. Im Verfahren aber sei angegeben worden, keinerlei entlastende Kameraaufnahmen seien vorhanden (https://www.forumosa.com/taiwan/viewtopic.php?f=21&t=97836&start=580).

Letzter Bericht: Vermutlich unfundierte Gerüchte über eine Verfilmung des Falles: http://bobhonest.blogspot.tw/2013/02/holy-fuck-die-machen-einen-film-davon.html


Wie wäre die Sache gelaufen, wenn es kein Brite, sondern ein Taiwaner gewesen wäre, um den es hier gegangen ist? Ich denke mal so:

- Kurzer Bericht in der Presse in paar Tage.
- Letztendlich wechseln ein paar Millionen Taiwandollar die Hände als Entschädigung an die Familie (umgerechnet ein paar Zehntausend Euro).
- Der vermutete Fahrer geht kurz oder gar nicht ins Gefängnis, schließlich haben sich die Familien in der Sache geeinigt.

Durch die Tatsache, dass es sich um einen Ausländer handelte, war die Berichterstattung u.a. mit Beteiligung von Lokalpolitikern eine reine Hexenjagd, ein Freispruch wäre wohl unmöglich gewesen. Auch die hohe Forderungssumme der Familie, weil Ausländer eben per Definition reich sind, hat eine Einigung wohl unmöglich gemacht. Wer auch immer der Fahrer nun wirklich war.

Feiertagsstimmung

Gestern Nachmittag. Taiwan ist in der Woche vor dem chinesischen Neujahrsfest. Obwohl diese Woche noch gearbeitet wird, fällt mir auf, dass die Leute wesentlich lauter sind als sonst. Man bleibt länger auf, auch um Mitternacht noch schiebt der Mieter über mir jetzt seine Möbel hin und her. Manche Leute richten ihre Möbel zum chin. Neujahr nach den magischen Kraftlinien des neuen Jahres aus, hat mir mal meine Frau erklärt. Meine Gattin will auch Vorhänge in den Türen zu Küche und Bad anbringen, weil eine Sichtline von Fenster zu Fenster finanzielles Unglück bringen soll: weil Geld sinnbildlich von Fenster zu Fenster fliegen kann. Wir bohren ein bisschen, aber die sandigen Wände verlangen nach Dübeln und wir hören erst mal auf. Plötzlich Geschrei von draußen. Schräg gegenüber war mir aufgefallen, dass ein Kleinwagen den Vorgartenparkplatz samt dort geparkten SUV unserer Nachbarn parterre zugeparkt hat. Als der Fahrer mit seinem Auto nach ein paar Stunden verschwinden will, kommt der ganze bedrängte Familienklan aus dem Haus. Schnell ist der Fahrer von einem Dutzend Frauen und Männern umringt, ich sehe vom Balkon zu, weil ich eigentlich gerade spazieren gehen wollte - und meine Wohnungstür ist auf dem Balkon.

Die Leute gestikulieren mit Armen und Händen, schreien aus Leibeskräften, alle tun so, als wollten sie den PKW-Fahrer schlagen, tun es aber nicht. Er will wegfahren, doch die Familie hält seine Tür fest, Frauen mit Babys auf dem Arm stellen sich vor die Motorhaube. Die Stimmen schwellen mehr und mehr an, Passanten bleiben stehen und schauen zu. Eine Frau schlägt laut krachend auf die Motorhaube des neuen Kleinwagens, der Fahrer macht ein Foto vom Schaden mit dem Smartphone. Es schreint und tönt und tanzt herum, schließlich kommt ein Streifenwagen. Und ein Typ, der Vesitenkarten und Prospekte verteilt ist auch plötzlich da. Wahrscheinlich von einem Anwalt, der mit den Sherrifs zusammenarbeitet. Come on, vom Gehalt allein kann man nicht leben als Polizist. Ein schwarz gekleideter dicker Mann mit goldener Armbanduhr flaniert die Straße vor und zurück und blickt sich finster um, als würde er einen Angriff der anderen Nachbarn erwarten und regelt sogar den Verkehr ein bisschen*. Die Stimmung beruhigt sich etwa als die Polizei da ist. Ich denke vergnügt an die Reiseführer, die die Kultur Taiwans so erklären, dass die Leute hier alle ungeheuer gelassen sind und immer nur lächeln und nie schreien, während wir Westler so sagen auch die Taiwaner, eine Tendenz zum Streiten und Schreien hätten.

Überflüssig zu sagen, dass die Leute, die hier schreien, keine Westler sind. Ich packe meine Fototasche und gehe, Fotos vom Ereignis gibt es hier nicht, der temporären nachbarlichen Beziehungen halber. Später als ich wieder komme höre ich wieder Geschrei draußen. Ein Greis steht vor dem Haus und brüllt aus Leibeskräften hoch.

Feiertagsstimmung in Taiwan. Oder Taipei besser gesagt. Taipei ist so dicht bevölkert, dass die ausgelassene Feiertagsstimmung schnell in Aggression umschlägt die Tage, wohl weil jeder sich ein paar Freiheiten mehr nimmt als sonst. Der Straßenverkehr ist eh so eine Reizzone im überfüllten Taipei, wo die Leute ihre sonst so kontrollierten Aggressionen raus lassen, als gäbe es keine Schranken.

Die Woche über wird es gerade im Verkehr schlimmer und schlimmer werden. Die Leute fahren aggressiver als sonst, mehr Betrunkene sind auf den Straßen. Und während der 9 Tage Festwoche inkl. den beiden Wochenenden ab Freitag Nacht wird dann 24 h am Tage geknallt mit Kanonenschlägen. Die meisten Geschäfte haben zu. Die Taiwaner freuen sind unheimlich auf das chinesische Neujahr, wegen der Delikatessen zu hause bei Muttern, die speziell für die Tage gekocht werden. U.a. abgeschnittene gebratene Hühnerfüße. Und manches Leckeres. Schwiegermutter kredenzt die Hühnerfüße eher selten. Ich werde zu hause bleiben, viel Fernsehen und auch dem Alkohol zusprechen, denn weinschwer hört man den Radau nicht so. Festwoche! Noch mehr Mopedknattern, Chinaböller, Herumgegröle und Chaos auf den Straßen. Hurrah! Wir schreiben dann das Taiwanjahr 102 - die hiesige Zeitrechnung zählt ab Gründung der Republik China im Jahre 1911.


* Hat irgendwer auch die "Bambusgang" verständigt? Diese ... äh... Heimatschutztruppe entstammt dem Militär und ist sicher auch für die Ordnung in unserer Militärveteranenwohnanlage irgendwie zuständig. Der stämmig gebaute Herr wirkte sehr souverän. Danke an dieser Stelle noch mal an die Bambusgang für Taiwans sichere Straßen. Und ich werde doch wieder Sopranos gucken.

   

Freitag, Februar 01, 2013

Oh Götter, die machen einen Film davon!

Kommt der verurteilte flüchtige Brite zu Hollywoodruhm? 

Manchmal fährt einem beim Lesen der Schreck in die Glieder. Ein englischsprachiges Taiwanblog berichtet, der Fall des flüchtigen Briten Z.D., der in einem umstrittenen Verfahren wegen Fahrerflucht mit Todesfolge zu 4 Jahren Gefängnis verurteilt worden ist, soll in einem Hollywood-Film münden (Blog hier: http://ichof191.blogspot.tw/2013/01/hollywood-developing-zain-dean-catch-me.html,  gefunden im Ausländerforum: http://www.forumosa.com/taiwan/viewtopic.php?f=21&t=97836&start=470) mit Leonardo deCaprio oder Tom Hanks als Darsteller des betrunkenen Briten!*
Mein lieber Herr Gesangverein aus der Karaokebar, da kann man sich vorstellen, wie Taiwan da dargestellt wird. Etwa so (reine Mutmaßung meinerseit): Als korruptes Gangsterloch, in dem hohlwangige Prostituierte vor Wellblechhallen streunende Affen mit Coladosen bewerfen und dicken Ausländern im Hawaiihemd ihre Dienste anbieten. Leonoardo oder Tom spielt einen rechtschaffenden Geschäftsmann, der nicht nur unzähligen verarmten Taiwanern einen gutbezahlten Job bietet, nein, er rettet auch noch in seiner Freizeit (in Taiwan so nicht vorhandene) Kinderprostituierte an den Straßenecken. Hier nimmt das Schicksal seinen Lauf: Leonardo Hanks hat gerade die Kinderprostituierte Lucy gerettet und nach Old Blighty England verschifft, da stört sich der fiese Zuhälter Drei-Finger-Wu daran und der korrupte Polizist Jacky "GreasyFingers" Lee hängt dem unschuldigen Leonardo/Tom etwas an: Mit dem Gummiknüppel zerdeppert er die Front seines Mercedes, behauptet der Engländer habe eine Unfallflucht begangen und einen Taiwaner überfahren.

 Die Straßen von Taipei. Ohne Karl Malden.

In der Folge kommt es zu einem dramatischen Abschied von Leonardos kleiner festlandchinesischer Frau Lingling Ping, die er vor ein paar Jahren vor den fiesen Kommunisten in Peking gerettet hat und dann bleibt ihm nur die Flucht vor den korrupten Polizisten. Eine junge Frau im geschlitzten Mini mit eng beieinander stehenden Augen, die Sonderermittlering Ping Wong, die fast dem Charme des charmanten Engländers erlegen wäre, verfolgt ihn und feuert während der Verfolgungsjagd durch Taipeis Straßen mehrere Schüsse auf Leonardo ab, der sich immer irgendwie hinter einem Stinky-Tofu-Stand oder einer Tagelöhnerfabrik oder einem der zahlreichen Bordelle in Sicherheit bringen kann, bis er dann mit dem Pass eines Kollegen (der verhungerte Taiwaner mit Essen in einer US-Mission versorgt) aus dem Land fliehen kann. Und von der Queen in London zum Ritter geschlagen wird. Rowan Atkinson spielt den Prinzgemahl.

Ich war ja mit der taiwanichen Bearbeitung der Sache nicht ganz einverstanden, siehe etwa hier (http://bobhonest.blogspot.tw/2013/01/verurteiler-brite-fluchtig-aus-taiwan.html), aber eine solche Behandlung hätte die entwickelte Industrienation Taiwan, die mit dem Zerrbild oben rein gar nichts zu tun hat, nun wirklich nicht verdient. Hoffentlich ist es nur ein Gerücht, viel lieber wäre mir etwa ein in Taiwan spielender Zombiefilm.(http://bobhonest.blogspot.com/2009/07/klub-der-toten-lehrer-teaching-dead.html).

* Obwohl noch nicht 1. April ist. Unklar ist die Quelle dieses jüngsten Gerüchts.

UPDATE: Laut diesem Zeitungsbericht aus dem Web ist jetzt ein biometrisches "Ausländererkennugnssystem" geplant. Na, das kann ja was werden. http://www.chinapost.com.tw/taiwan/national/national-news/2013/01/30/368957/Alert-issued.htm.

Das Taiwanblog wird eitel

Das Taiwanblog weist jetzt in dem ehemals leeren Raum links unter dem Titel darauf hin, es sei "Das deutschsprachige Taiwanblog. Seit 2007". Man sehe mir die Eitelkeit nach, es gibt dieses Blog in der Tat schon seit 2006, damals war es allerdings auf Englisch, während der deutsche Zwilling in der sog. Passado-Community war, die eigentlich zum "Schulfreunde finden" gedacht war. Schulfreunde wollte ich aber nicht finden, die meisten jedenfalls nicht. Die ganze Truppe von Supermakrtverkäufern, die auf der Grundschulreunion in den 90ern mit meiner mitgebrachten Weinbrandflasche (die eigentlich für die Cola gedacht war) gleich in den Stadtpark verschwunden sind, war mir da Warnung genug. Ich meine, heute gibt es nicht mal mehr den Supermarkt.

 Frisch endgültig angekommen im Jahre 2004 und sicher damals besser schmeckend als heute: Ludigel (mitte). Einen tollen Artikel über seine eigene Anfangszeit in Taiwan, die sicherlich mit weniger Bisswunden zu tun hatte, hat Lu2Yuo1 in seinem Blog, LESETIPP! http://luo2you1.blogspot.tw/2013/01/das-dutzend-ist-voll.html

Wo waren wir? Ach ja, der Untertitel. "Wozu machst du eigentlich Eigenwerbung?" dachte ich mir. Schließlich ist dieses Blog eine "brotlose Kunst", wie mein Großvater es genannt hätte in seiner Sachlichkeit und sollte eigentlich nur dazu dienen, meinem schlechter werdenden Deutsch entgegenzuwirken. Was ja auch gelungen ist. Aber warum nicht. Einst hatte dieses Blog eine richtige Funktion, die Webseite stray-dogs.org stand für unsere eigene kleine Straßenhund-Rettungsorganisation ("uns" sind meine Frau und ich gewesen, außerdem noch assoziierte taiwanische Damen), doch die Org gibt es auch nicht mehr, seit wir beruflich mehr Verantwortung haben und unser Junior die Wochenende ausfüllt. Der leidige Spendenbutton, der hier im Blog wie ein Blinddarm noch da ist, die nächsten Tage vielleicht noch bis ich wieder mal das Layout aufräume, zeugt noch von der Idee, Spenden für die noch aktiven Hunderetterinnen einzusammeln. ABER, die beiden verbliebenen Kontakte haben sich mehr und mehr kommerzialisiert. Die eine junge Frau hat ihren Möbelverkäuferinnenjob geschmissen und lebt jetzt davon, immer mehr Hunde auf engem Raum unterzubringen und auch die kleine Farm, auf der auch unsere eigenen Hunde seit unserem Umzug nach Taipei in paradiesischer Rudelstruktur lebten, kommerzialisiert sich immer mehr, mit immer mehr Zwingern. Also kriegen sie auch keine Spenden, ganz einfach.

Aber was soll's, alle rühren für sich die Werbetrommel und seit 2007 oder 2006 zu existieren, ist ja im Internet eine wahre Ewigkeit. Manchmal frage ich mich, werde ich hier einst im Jahre 2025 mit angegrauten Schläfen bloggen über Gesundheitstipps? Oder dem heißen Tipp wo es die besten orthopädischen Einlagen gibt in Taipei (wüsste ich schon heute gerne). Gucken wir wie es weiter geht. Ein deutscher Gadget-Blogger mit Taiwandrall hat mir einmal hier in die Kommentare geschrieben, es sei alles Unsinn hier. Da hat er sicher recht, ich selbst pflege ja manchmal das gesamte Universum so zu subsummieren. Also weiter mit dem Unsinn, gucken wir, wo das alles endet.