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Dienstag, April 25, 2017

Stolzer Besitzer des 2. Ex-Restaurants

Hurra! Nach "Jill's Happy Kitchen" (ein Schlicht-Italiener in Taipei) habe ich jetzt mit "Mix & Match" auch ein Ex-Restaurant in Manila auf den Philippinen. Auch eine Art Schlicht-Italiener.

Mit Gastronomie wollte ich ja nie viel zu tun haben. Weil Taiwaner aber geschäftstüchtig sind oder sein wollen, war die Eröffnung eines kleinen Geschäfts - nach dem Default eben ein Restaurant - wohl kaum zu vermeiden. Meine Frau wollte es unbedingt vor ein paar Jahren und ich war dann beim Management mit behilflich. Das Ergebnis war ein kontrolliertes Scheitern mit schwarzer Null, genau auf die von mir vorhergesagte Art und Weise im genau von mir vorher gesagten Zeitrahmen. Und das, obwohl ich als tumber Ausländer im Land der intelligenten und geschäftstüchtigen Taiwaner doch gar nichts vom Geldverdienen verstehe. Die ganze Geschichte ist hier zu lesen: http://osttellerrand.blogspot.tw/2014/11/der-familienbetrieb-die-schonungslose.html. Ich fand es damals lustig, es war bizarr-komisch und debil-widersinnig, wie Taiwan eben oft auf unsereinen wirkt. Und es war ja eine schwarze Null.

Braucht Rotwein zu den Nudeln unbedingt Hupfdohlen?

Das zweite Lokal - diesmal in Manila auf den Philippinen - wurde leider ohne meine Mitwirkung eröffnet. Diesmal waren es meine Frau und ihre Schwester Nummer 2, die ganz allein das Management in den zarten Händen hatten. Das Ergebnis war, kurz gesagt, ein Lokal mit dem Aussehen eines Waschsalons oder eines Versicherungsbüros, mit dem Namen einer Modeboutique ("Mix and Match", in Manila für Modeläden gebräuchlich) und der Karte eines Schlichtitalieners aus Taipei/Taiwan. Ein komplettes und gründliches Scheitern war die Folge, wie von der Familienkassandra (c'est moi) vorhergesagt.

Nicht ohne Belustigungseffekt das Ganze, nur etwas teuer diesmal. Interessant war, dass meine Frau und ihr Schwesterherz noch den Tipp von Konkurrenten in der Nähe erhielten, sie müssten zu den Nudeln auch Alkohol (Wein!) anbieten. Dieses Ansinnen stieß sowohl bei dem einheimischen - aber aus der chinesischen Subkultur entstammenden - Schwager als auch bei den beiden Taiwanerinnen (Schwester meiner Frau und meine Frau) auf große Befangenheit. Wein anzubieten zu den Nudeln wurde von allen Beteiligten mit Komasaufen, zerschlagener Bestuhlung und leichtgeschürzten Bedienungen und Prostitution assoziiert und deswegen abgelehnt. Ein typisch taiwanischer Standpunkt. Hier in Taiwan haben viele Lokale keinen Alkohol, weil man befürchtet, die männlichen Gästen könnten mit dem Zeug schnell die Kontrolle verlieren, das sie ja auf Ex gerne in die Kehle schütten.

So wurde das Lokal also zu gemacht. Ein einfacherer Nachfolger ist schon in der Diskussion, hier taucht eine lokale manilische Größe namens "Sung"*** auf (seineszeichens Taiwaner), der angibt, dort in Manila reich geworden zu sein. Ich habe den netten Herrn - der u.a. meine 90-Dollar-Uhr als zu teuer für Manila kritisierte - schon kennengelernt und finde ihn ja auch nett. Aber was das neue Geschäft angeht, ziehe ich meine Kummer gewohnte Stirn wieder in Sorgenfalten, während die lokale Verwandtschaft fröhlich kichernd kommende Gewinne schon verteilt, bevor sie überhaupt in Sichtweite sind.

Das Scheitern von Taiwanern am Rotwein wurde die Tage auch in den taiwanischen Medien kolportiert. Wie mir meine Frau erzählte, hatte ein original italienischer Gastwirt in Taiwan seine Gäste dabei erwischt, wie sie sich guten Rotwein auf Ex in die Kehle schütteten, wie man das in Taiwan nun mal immer macht. Desto besser der Wein, desto schneller kippt man ihn runter in der chinesischen Kultur taiwanischer Prägung. Es entstand ein Streit zwischen Gästen und Wirt, ob man denn als zahlender Gast das Recht habe, den guten Wein zum Runtergurgeln zu verwenden oder nicht. "Wir Taiwaner haben das Recht drauf, wenn wir ihn bezahlen!" bemerkte meine Frau und ich schließe mich als taiwanischer Steuerzahler hier voll und ganz an. Auch auf den oben offenen Kackpapiereimer haben sie ein Recht und bitte stehen Sie jetzt mit mir auf und singen die Nationalhymne. Wie geht die eigentlich? Gibt es überhaupt eine? Und welche wäre es, die von "Taiwan" oder die von China? Fragen über Fragen. Darauf einen Dujardin.

*** Name von der Redaktion geändert. Sind aber eh alles nur die englischen Kampfnamen der Leute

Dienstag, April 18, 2017

Autofahren in Taipei (Update 3)

Eine fiktive Autofahrt. Das was dabei passieren kann, ist hier reichlich erzählt. Auf einer realen Fahrt werden je nach Länge oder Dauer natürlich nur 1 bis 5 solcher besonderen Vorfälle normal sein. Und ein Taiwaner würde das meiste davon wahrscheinlich nicht einmal für erwähnenswert halten.

Taiwaner stehen nicht gerade Schlange, um die Meinung von Ausländern zu ihrem Herumeiern aka "Straßenverkehr" zu hören

Es fängt an mit dem Ausparken. Schon das kann in den engen oft zugeparkten Gassen Taipeis zum Abenteuer werden. Gerade wenn man ein taiwantypisch eher dickes Auto fährt, weil so ein SUV im aggressiven Gedränge und Geschiebe vielleicht Sicherheit versprechen soll. Unseren letzten gemieteten Parkplatz haben wir aufgegeben, weil er oft zugeparkt war oder die Gasse so schmal war, dass der dicke Volvo kaum raus kam, wenn gegenüber noch jemand am Straßenrand stand. Einmal wurde ich auf Englisch beim Hupen-bis-der-Zuparker-kommt gefragt, wieso ich da überhaupt parke. Auf meinem gemieteten Parkplatz. Als Nichtasiate bin ich natürlich gleich ein parktechnischer Fremdkörper, kann kein Eigentum am Parkplatz auf dem Boden der Republik China aka Taiwan haben. Ich erklärte damals dem Frager genervt zu nächtlicher Stunde, dass das ganze Land Taiwan mir gehören würde: "This is my country!" Woraufhin er schnell verschwand. Man will eben nachts keine Soziokulturellen Diskussionen führen beim Ausparken. Einmal, beim Einparken auf den Familienparkplatz bei Schwiegermutter etwa 100 m entfernt. wollte mich ein von mir weggehupter Autofahrer mit seinem Auto hinterher überfahren, als ich aus dem Auto gestiegen war. Ich hatte vielleicht etwas zu viel gehupt und war auch nicht gerade freundlich. Der junge Mann eierte solange mit seinem Auto vor und zurück und versuchte mich zu erwischen, bis ich das Handy zückte. Auch meine Frau stand einmal vor einem uns dort zuparkenden alten BMW, dessen Fahrer mit aufjaulendem Motor so tat, als wolle er sie überfahren. Taiwaner regen sich im Verkehr immer leicht auf. Heute bin ich immer besonders freundlich zu den Leutchen und bedanke mich drei- und viermal. Wir sind ja nicht beim Straßenkampf in Aleppo.




Heute fahre ich mit dem Kleinwagen der Marke Nissan aus der Tiefgarage schräg gegenüber aus dem Autolift. Dann geht es bis zur Hauptstraße etwa hundert Meter durch schmale Wohnstraßen, die natürlich keinen Bürgersteig haben. Hier könnten mir alte Leute plötzlich vor den Wagen laufen, die irgendwo zwischen zwei geparkten Wagen hervor kommen und ohne zu gucken die Fahrbahn betreten und dann oft im Slalom dort herum laufen. Kinder tun das eher selten, Senioren bei uns im Viertel recht oft. Oder ein Moped prischt plötzlich aus einer der kleinen Seitengassen, die natürlich immer zugeparkte Kurven haben und schert ohne zu gucken vor meinen Kühler ein. Immer bremsbereit sein. Taiwaner fahren sehr viel rasanter durch diese engen Gassen als ich es tue. Aber die würden auch nicht zum landesweiten TV-Spektakel, wenn sie einen Unfall haben. Wie es Ausländern schnell passieren kann in Taiwan. Und die sich im Todesfall plötzlich Forderungen in Hunderttausenden US-Dollar gegenüber sehen würden. Unter sich verhandeln die Familien in Taiwan in der Landeswährung Taiwandollar (1:30 etwa), aber bei Ausländern schalten sie auf höhere Summen und damit US-Dollar, weil sonst die Nullen einfach zu viele werden. Der Fall "Zain Dean" kann hier als Beispiel dienen. Dean sah anfangs noch recht unschuldig aus nach einem tödlichen Unfall, wurde aber sofort landesweit gravierend vor-verurteilt, so dass kein faires Verfahren mehr möglich war.



Bin ich nun glorreich auf der Hauptstraße, dann muss ich damit rechnen, dass stets Motorrollerfahrer schnell und aggressiv um mich herum fahren, mir dabei fast den Kühler abrasieren. Insbesondere vorne an der Ampelkreuzung, wenn diese Grün zeigt. Dann kommen die Motorroller von rechts aus einer ampellosen (!) Einmündung geschossen, mir direkt vor den Kühler um nach links oder geradeaus über die grüne Ampel zu schmirgeln. Und Vorfahrtsregeln gibt es ja auch nicht in Taiwan. Außer einem irgendwie "große Straße vor kleiner", das in Praxi zu "mutig vor feige" geworden ist.



Brav fahre ich immer über die Fahrspur mit dem Geradeauspfeil, wenn ich greadeaus fahre. Neben mir wird aber die Linksabbiegespur auch als Geradeausspur benutzt. Richtungspfeile haben nur Vorschlagscharakter in Taiwan. Gerade Piloten dicker SUVs schneiden einem gnadenlos vor den Wagen, um trotzdem geradeaus über die Kreuzung zu fahren. Einmal auf einem Expressway angekommen - also einer Schnellstraße - fließt der Verkehr deutlich ruhiger. Weil die Motorroller jetzt fehlen, die hier nicht mehr fahren dürfen. Es gibt allerdings ein paar Leichtmotorräder mit gelbem und ein paar schwere Maschinen mit rotem Kennzeichen von denen manche einen Motorroller-artigen Fahrstil mit auf-der-weißen-Linie-in-der-Mitte-fahren und auf-dem-Standstreifen-überholen in den Verkehr bringen. Aber das sind nur wenige. Grundsätzlich hängt man dem Vordermann dicht auf der Stoßstange. Denn hält man ganzen oder nur halben Sicherheitsabstand, drängt sich sofort jemand -oft ohne Blinker und sehr plötzlich - in den Abstand hinein, weil er eine Lücke erspäht hat und denkt, auf der anderen Spur etwas schneller vorwärts zu kommen. Nach der Regel "passt es bis zu den Spiegeln, passt das ganze Auto" versuchen die Autofahrer hier, erst einmal ihre Motorhaube rüber in eine Lücke zu schieben und so den nachfolgenden Wagen dort zum Abbremsen zu zwingen. Das führt auch manchmal zu Unfällen so dass man schnell lernt, dass Abstand halten oft zu brenzligeren Situationen führt, als wenn man einfach dicht drauf hängt auf dem Vordermann. Trotzdem versuchen sich manche reinzudrängen und fangen dann etwa an, sich immer weiter parallel zu einem auf die eigene Spur zu schieben, bis man fast Blech-an-Blech fährt und sich manchmal sogar die Außenspiegel berühren. Alle haben immer Kamerasysteme in den Autos - ich auch - die ständig aufzeichnen und so gibt es bei Youtube und anderswo herrliche Aufnahmen von schiefgegangenen Drängelmanövern, bei denen sich die Leute zum Schluss die Autos verbiegen.



Auf dem Land - nicht in Taipei muss man nach schrottreifen Autos Ausschau halten. So fahren etwa manchmal Fahrzeuge mit verzogenem Chassis, die dann wild von rechts nach links zucken oder es gibt - auch in Taipei - manchmal durchaus gepflegt aussehende ältere Autos, die so ausgeschlagene Stoßdämpfer haben, dass sie bei minimalen Bodenwellen wie Wüstenschiffe schaukeln und manchmal auch die Spur verlassen. Aber meist fahren in Taipei moderne Mittelklassewagen und SUVs, alle frisch gewaschen. Bei älteren Autos ist man vorsichtig. Autos in Taiwan werden oft im Alter nicht mehr oder nicht mehr richtig gewartet und Werkstätten tauschen nur selten die Glühbirnen aus. Deswegen haben ältere Autos - und LKWs und Lieferwagen sowieso - oft keine Bremsleuchten. In der Dämmerung fahren die meisten Autos ohne Licht. Der Volksmund weiß in Taiwan zu berichten, dass Licht am Auto furchtbar viel Benzin verbraucht. Auch Nachts fahren manche ohne Licht und Taxifahrer schalten manchmal an der roten Ampel komplett das Licht aus und stehen dann wie getarnt im Dunkeln an der Ampel. Spart angeblich Benzin!



Vorsicht sowieso bei blauen kleinen Lieferwagen. Lieferwagen ohne Firmenbeschriftung werden fast immer in Blau ausgeliefert und besonders wild gefahren. "Blue truck of death" ist die Bezeichnung in der Ausländergemeinde und kein bisschen übertrieben. Die Fahrer dieser Fahrzeuge verlangen immer und überall Vorrang und man lässt sie besser gewähren, sonst kracht es leicht. Auch Spurwechsel werden - nicht nur von ihnen - in Taiwan oft ohne-zu-gucken erledigt. Und um tote Winkel kümmern sich eh viele nicht. Aber wohl nicht nur in Taiwan. Große LKWs sieht man selten. Weil sie einem so dicht auf der Stoßstange hängen, dass man nur etwas Schwarzes vom Kühlergrill sieht. Klar, dass auch diese wie "Gesenkte Sau" gefahren werden, wie man bei mir zu Hause sagt.



Wenn der Verkehr aus japanischen SUVs und Limusinen so ruhig vor sich hin schiebt auf mehreren Spuren und noch ein paar Lücken dazwischen hat, muss man auf Sportfahrer aufpassen. Die fahren meist deutsche Automarken, eventuell aber auch aufgemotzte Mitsubishis oder Mazdas und fahren dann Slalom-Rennen im dichten Verkehr. Wenn alle 80 - 100 fahren bei Tempolimit 70 oder 80 sieht man manchmal kaum die plötzlich heran schießenden Autos, die mit bis zu 160 größere Lücken ausnützen wollen. So ein dicker BMW SUV wird dann schnell zum Amboss des Todes, wenn man nicht aufpasst.

Taxifahrer. Taxis sind ein Thema für sich. Immer Gelborange weil-wir-Taiwaner-alles-den-USA-nachmachen zählen sie auch zu den aggressiv gefahrenen Fahrzeugen. Hat man eine große Lücke rechts im Außenspiegel erspäht und blinkt um langsam rüber zu fahren, dann sollte man das nicht tun, wenn eine Taxe das hintere Fahrzeug auf der Zielspur ist. Die preschen dann oft mit viel Gas heran um entweder ihre Spur zu verteidigen oder einen Unfall zu provozieren. Aber auch andere Verkehrsteilnehmer tun das manchmal. Bei Taxen sollte man auch auf Abstand achten und lieber jemand anders dazwischen fahren lassen. Denn Taxifahrer bremsen gern hart und plötzlich, um einen Auffahrunfall zu provozieren. Sie müssen dann ein paar Tage nicht arbeiten, weil sie dann den Verdienstausfall über eine großzügige Pauschale vom Unfallgegner bezahlt kriegen.



Vorsicht generell beim Einfädeln. Fast immer wenn man dabei kurz dicht an einen anderen Wagen heran fährt, tritt der Fahrer auf die Bremse. Man ärgert in Taiwan gerne andere Verkehrsteilnehmer und Fahrer alter Autos können so auch Geld verdienen. Manche Autofahrer bremsen immerfort unmotiviert. Was auch immer dahinter steckt.

Meist fahre ich nur auf bekannten Strecken. Denn die Verkehrsführung in Taiwan ist manchmal einfach abenteuerlich. Hier ein paar Beispiele aus Taipei (nur wenn "Land" erwähnt ist, ist es woanders):

- Zwei- oder Vierspurige Schnellstraße. Manchmal kommt eine Spur dazu und manchmal geht sie plötzlich wieder weg. Sowohl rechts als auch links. Ausfahrten sind also auf beiden Seiten! Das ergibt immer ein schreckliches Geschiebe und plötzliche Ein- und Ausscheermanöver.

- Oder viel lustiger: Eine Kreuzung wie ein Y, bei dem beide Fahrbahnen oben gleichzeitig Grün haben. Da habe ich schon viele Zusammenstöße selbst gesehen.

- Sieht aus wie eine offene Garage in einer schmalen Altstadtgasse, ist aber die Ausfahrt einer Schnellstraße! Man glaubt sich allein auf einsamer dunkler Straße und plötzlich schießt einem eine Schlange von Fahrzeugen aus der "Garage" vor den Wagen. Ich weiß bis heute nicht, wer da Vorfahrt hatte.



- Kreuzungen einbetoniert mit die Sicht nehmenden Wänden unter Brücken, wo sich Mini-Einfädelspuren plötzlich im Gegenverkehr verlieren und Autos aus sechs Richtungen kommen.

- Versteckte Mini-Einmündungen auf großen Kreuzungen, oft ohne Ampel, während nur die großen Einmündungen Ampeln haben.

- Eine klar aussehende einfache Kreuzung mit Ampel, bei der aber die große Fahrbahn zu meiner linken keine Ampel hat sondern eine (kaputte, hochgeklappte) Schranke und die Autos dort einfach mit Karacho in die Kreuzung einfahren.

- Gleich dahinter fehlt "mir" eine Ampel, wenn ich durch eine Unterführung fahre. Man soll sich offenbar an der Ampel an der nächsten Kreuzung orientieren und hat kaum Sicht auf die ampelgeregelte Fahrspur von links.

- Kreuzungen mit richtungsvertauschten Fahrspuren, bei denen man das Fahren in England üben kann.

- Kreuzungen mit versteckten Ampeln, etwa zwischen roter und grüner greller Leuchtreklame untergehend (Stadt) oder auf der anderen Straßenseite bei einer Allee mit Bäumen auf dem Fahrbahnteiler(!) ganz oben links (Land). Würde man nie denken, dass die Ampel da den Geisterfahrer macht. Also auf der falschen Fahrbahnseite links vom die Sicht nehmenden Grünstreifen befestigt ist.

Was das mit Straßenverkehr zu tun hat? Na bestimmt...

- Ampeln, die von Technikhäuschen verdeckt sind wenn man den Berg hochfährt (in der Kurve natürlich).

Und und und. Und natürlich überall die völlig regelfrei fahrenden Motorrollerfahrer, die von überall und nirgends kommen ohne auf den Verkehr zu achten. Sie fahren meist ohne Führerschein wie ein Fußgänger sich in der Menschenmenge durchschiebt. Und nicht wie man ein richtiges Fahrzeug steuert.

Ampeln sind auch schon mal wochenlang kaputt. Nachts auf Schnellstraßen wird die linke Fahrspur ohne Lichtwarnung einfach mit mausgrauen Betonstellwänden zu gemacht, die man erst im letzten Moment sieht (Land).

Ach ich habe keinen Bock mehr weiter zu schreiben. Fahren Sie doch selber in Taiwan. Oder auch nicht. 

... fahren die nach der Computermesse...

Erwähnenswert noch: Man sieht schon mal Verletzte blutend auf der Fahrbahn neben ihren ungesicherten Unfall-Motorrollern liegen, sich vielleicht noch mit den Händen mühsam über den Asphalt zerren, während Leute kichernd am Rand stehen und Fotos und Filme mit den Handys drehen. Besser auch weiterfahren und nicht helfen, sonst wird man leicht von einer Unfallpartei als Unfallverursacher bezeichnet und verklagt. Hier ist die Regel: Wer sich einmischt hat ein eigenes Interesse und daher müssen die anderen Parteien sich (durch juristischen Angriff) schützen.

Komisch, richtige Autovermietungen gibt es kaum in Taiwan (gacker)...

...ganz wild mit dem Moped nach Hause. Hier üben sie...


UPDATE: Das blödsinnigste Vorkommnis, das ich 2006 mal im Straßenverkehr hatte, soll hier auch nicht unerwähnt bleiben. Ich hatte den Artikel einst wieder gelöscht im Blog, um Taiwan nicht zu negativ dastehen zu lassen. Damals hatte meine Frau den Nissan X-Trail fahrend, einen Spurwechsel gemacht und parallel mit ihr wollte ein weißer Honda Civic. Eine drei- oder vierspurige Schnellstraße, auf der sich der Verkehr fast schon staute. Meine Frau setzte ich durch, der Honda musste kurz warten. Er überholte uns dann und bremste uns aus, zwang unseren Wagen zum Anhalten. Wir stiegen alle aus und der Fahrer des Honda, ein Mann in den 30ern mit deutlich erkennbarer langer Narbe quer über die Stirn, kam auf uns zu wie ein aus dem Käfig entsprungenes wildes Tier. Schrie und ließ seine Hände in die Luft fliegen, wie ich es aus Mädchenkeilereien in der Grundschule in Erinnerung hatte. Er bewegte sich ständig auf meine Frau zu und kurz bevor er sie mit seinen fliegenden Händen erreicht hätte, ging ich dazwischen und schrie den Kerl an, er solle seinen Arsch wieder in den verdammten Wagen bewegen. Die ganze Zeit über raste der Verkehr linksseitig knapp an uns vorbei - auch LKWs darunter. Nun hatte er seinen Honda etwa zu einem Drittel auf der rechten Fahrbahn der Schnellstraße geparkt. Weil er uns eben das Wegfahren unmöglich machen wollte. Als er dann recht schnell nach meinem Eingreifen in den Honda verschwinden wollte, hatte er nur Augen für uns und nicht für den Verkehr. Der rechte Spiegel eines schnell vorbei fahrenden LKWs hätte ihn fast an der Stirn erwischt, als er in seinen Honda steigen wollte. Genau da, wo die alte Narbe war. Er blieb schockgefrohren für einen Augenblick stehen. Hatte wohl gemerkt, wie knapp das war. Ich fürchtete schon er wollte zur zweiten Runde starten, da schrie ich ihn wieder an: "Get into your fucking car before you get hit by another truck.... or by me!" Er verschwand hastig und brauste davon und ward nie wieder gesehen.
Taiwan kann manchmal Mel-Brooks-artig blödsinnig sein. Hatte der kleine wilde Mann seine Narbe auf die selbe Art bekommen? Heute 11 Jahre später sind die neuen Dreißigjährigen im Schnitt 15 cm Größer und erreichen oder übertrumpfen meine Bauhöhe. Sind aber im Verkehr immer noch genauso wild.

...erst das Sitzen auf den Moped und dann die Fahrtrichtungsanzeige.

UPDATE2: Und der Motorrollerstau, bei dem ein behelmter Mann dabei war einen anderen behelmten reglosen Motorollerfahrer immer wieder mit dem Kopf auf den Bordstein zu schlagen, während ich direkt vorbei ging um mir einen Burger statt dem glitischigen Seafood beim Firmenfestessen zu kaufen.


Am Ende bleibt man ratlos zurück.


UPDATE3: Vergessen habe ich die Ampeln. An großen Kreuzungen hat man Ampeln mit Pfeilen für die Richtungen. Das gibt es auch in Deutschland, aber in Taiwan gibt es eine Besonderheit. Wenn man eine Pfeilampel hat (also z.B. gerade Grün für Geradeaus und Rechts) dann sind nicht davon abgedeckte Fahrtrichtungen (also i.d.F. Links) als Rot anzusehen! In Deutschland etwa hätte man explizit einen Rotpfeil, aber in Taiwan muss man sich den roten Pfeil selber denken.

Nochmal: Sie fahren an eine Kreuzung heran und es ist grundsätzlich erlaubt, nach Links, Geradeaus und Rechts zu fahren (z.B. über Fahrspuren markiert). Eine Ampel ist an der Kreuzung zu sehen mit einem grünen Doppelpfeil, der sowohl geradeaus und nach Rechts zeigt. Die Preisfrage lautet: Dürfen Sie jetzt nach Links abbiegen? Schließlich ist kein roter Pfeil zu sehen.

Die Antwort lautet: Nein, dürfen Sie nicht. An Richtungsampeln ist nur das Fahren in angezeigten grünen Richtungen erlaubt, die fehlenden Richtungen sind implizit Rot ohne dass dies gezeigt wird. Sie müssen tatsächlich solange warten, bis ein grüner Pfeil in die fehlende Richtung (hier Links) zu sehen ist.
Natürlich wird die Regel sehr oft gebrochen und man hat schon mal einen hupenden Hintermann oder Autos fahren einfach rechts oder links an einem vorbei und biegen trotzdem ab. Das kann aber gefährlich sein in Taipei wegen vieler dicht bepflanzter Mittelstreifen oder gar Brückenpfeilern, die die Sicht nehmen.

Donnerstag, April 13, 2017

Zurück nach Manila - nur besuchsweise

Abschluss einer unangenehmen Episode - unser Techtelmechtel mit den Philippinen

Alles nahm seinen Durchlauf, als sich die Schwester Nr. 2 meiner Frau (sie selbst ist Nr. 3 in der Familie) in einen Barkeeper in Taipei verliebte. Irgendein Termin mit einem Kunden im Nobelhotel Mariott muss es gewesen sein. Philippinos arbeiten viel im Ausland in der Tourismusindustrie, weil sie recht gut oder gar fast muttersprachlich Englisch sprechen. Gegen Prostest des Vaters der Schwestern wurde die Ehe mit dem Philippino geschlossen und bald lebte das Paar mit samt ihrem Sohn in Taipei.
Später kam noch ein anderer wunderlicher Ausländer zu der Familie dazu - meine Wenigkeit. Aber da lag der Vater der Familie in Taipei schon lange im fast komatösen Zustand im Bett und was er zu mir gesagt hätte, wird man nur spekulieren können. Vermutlich nichts freundliches, wenn ich an das Durch-den-Ausländer-Starren der Schwester Nr.1 und gelegentlich meiner Schwiegermutter denke.

Business in Manila. Ein Traum.

Eine Fehde der Ersten Tochter/Schwester Nr. 1 gegen meine Frau - es ging um Parkplatzrechte und unseren dicken Volvo, der damals wohl den Status der BMW-, Porsche- und Audi-Karossen von ihrem (sehr netten) Gatten zu erreichen drohte - führte zum Schulterschluss zwischen meiner Frau und der besagten Schwester Nr.2. Der mit dem Philippino-Gatten. Leider gipfelte das alles in dem Wunsch meiner Frau, mit der mittlerweile wieder in den Philippinen/Manila lebenden Familie so viele geschäftliche und private Kooperationen zu betreiben, dass ich es als "totale soziale und finanzielle Fusion" bezeichnet habe. Der unrühmliche Gipfel war das Anmieten eines Reihenhauses und der Umzug von meiner Frau und unserem Sohn nach Manila. Schräg gegenüber wohnte natürlich ihre Schwester mit ihrem Mann (deren Sohn studiert mittlerweile in Kanada). Und eben mit meiner Wohnsitzverlagerung zurück nach Deutschland.

Ausschau halten nach dem Sponsor. Auch wenn er hier nicht "Gringo stupido" heißt.


Status ist heute, dass wir wieder in Taipei leben, nachdem meine Frau nach 3 Monate ihr Manilaengagement abgebrochen hat. Wir haben nun in Manila zusammen mit der Manilafamilie meiner Frau einen Druckwaren-Kiosk, der u.a. Schilder und Aufkleber herstellt. Der ist dem Geschäft des dortigen Schwester-Nr.-2-Gatten angeschlossen und erwirtschaftet leider genau wie von mir vorab geschätzt etwa so viel wie ein gewöhnlicher (Bier-/Eis-) Kiosk in Deutschland. Und leider nicht das Vermögen, das von den taiwanischen/philippinischen Familienmitgliedern erwartet worden war. Wie sehr unsere Schätzungen auseinander gingen verblüfft mich bis heute. Nur 500 Euro monatlichen Reingewinn hielt ich für möglich, während "die anderen" von bis zu 20.000 Euro pro Monat sprachen. Ich hasse es immer Recht zu haben.

Friedhof in Manila. Reich frequentiert dank Politik und sonstiger Gewalt


Ein zwischenzeitlich eröffnetes Restaurant in Manila - wieder als Coop der Schwestern - hatte wieder unter unseren unterschiedlichen Einschätzungen zu leiden. Die Taiwaner und Philippinos in der Familie prognostizierten bis zu 5.000 oder 10.000 Euro monatlich oder etwas in der Art. Meine Prognose war "bis zu 200 Euro". Später korrigierte ich mich nach unten, nachdem meine Vorschläge zur Schaffung eines Alleinstellungsmerkmals des Unternehmens keine Chance auf Realisierung hatten, da die neue Taiwan-Philippino-Coop allein wusste, wie man die Geschäfte führt. Auch die Lücken in der Prozentrechnung der Geschäftspartner gaben Anlass zur Sorge. Es lies sich nicht vermitteln, dass beispielsweise ein Gemeinkostenzuschlag von 1,6 auf die Portionskosten keinesfalls ausreichend ist.  Faktor 2,6 käme eher hin. Ich sehe ein das Mathe schwer ist aber so hatte ich leider wieder mal recht und das Restaurant krebst irgendwo an der baldigen Pleite herum.

So ein Gesicht mache ich da auch immer.


Finanziell sehe ich das alles immer noch als Desaster an, obwohl meine Frau auf spätere hohe Renditen hofft. Und leider erfordert das dortige Engagement immer noch erhebliches monatliches Zubuttern. Ich kann nicht ausschließen, dass die ganze "Manilaconnection" doch wieder zu  meiner Rückkehr in deutsche Lande führt, wofür es auch noch andere Gründe gäbe. Gerne würde ich jedenfalls jedwedes Invest in den Philippinen auflösen. Aber nun in 2 Wochen kehren wir noch einmal zurück um dort den Haushalt von Frau und Junior aufzulösen. Auch wenn das Reihenhaus dot noch bis Jahresende gemietet ist. Ich hoffe auf den Anfang vom Ende der Manila-Connection, er wäre dringend geboten. Froh war ich schon, dass Frau und Junior dort nicht mehr leben, schließlich ist die Kriminalität gerade an Ausländern dort so exorbitant, dass man wohl als Faustregel sagen könnte: Jeder freundlich lächelnde Einheimische würde einem am liebsten mit einem rostigen Messer in einer Seitengasse den Wanst aufschlitzen. Das macht eben Armut kombiniert mit einem chaotischen mafiaartigen Staatswesen aus den Menschen. Auch die jüngste Episode von im Lande umher ziehenden Todesschwadronen gegen Drogensüchtige oder solche, die dafür gehalten werden, hat nicht gerade meinen Wunsch gestärkt, dort zu leben.

Unter 8888 herrscht Konjunktur die ganze Nacht


"Manila" und "Philippinen" und die Namen "unserer" Verwandtschaft dort sind gefährliche Reizworte für mich, das gebe ich gerne zu. Die Tage trainiere ich das freundliche Lächeln, wenn ich dort wieder auf die ja zweifellos netten Verwandten treffe.

Grundsätzlich ist es wohl immer das selbe, wenn man als Europäer oder desgleichen in exotische Länder einheiratet. Man gehört nie wirklich dazu und merkt eben, dass die Brieftasche anfängt, sich in Richtung der "Familia" aufzulösen. Taiwan schien da anders zu sein, aber leider kam durch den Schwager meiner Frau das lateinamerikanische Element des dummen Gringo und der der fröhlichen sonnengebräunten Einheimischen in mein Leben. Ein Ende hat das alles noch nicht, aber die Auflösung des Hausstandes dort geht sicher in die richtige Richtung.

Business Highstreet am Friedhof


Zu viel Info für ein Blog, aber es soll ja mal ein Buch aus dem Blog werden. Und vielleicht setze ich es bald auf "Draft", damit es nicht mehr öffentlich einsehbar ist. Lesen Sie, solange es noch frisch ist.

Was wir dann mit unserer "Permanent Residency" in Zukunft anfangen? Teuer genug war die ja auch.

Mir ist klar, der einzig vernünftige Rat wäre ein Abbruch jedweder Beziehungen. Aber mit dem da drin hängenden Junior (5) ist das alles nicht so einfach wie es klingt.

In diesem Sinne. Bis bald zum Bericht aus den .... Philippinen; der Geißel meiner Lebensmitte.

Freitag, April 07, 2017

Frisörin tot

Nachrufe im Taiwanblog werden langsam zur Gewohnheit

Der Sensenmann geht mir in der letzten Zeit mächtig auf die Nerven. Aber es liegt in der Natur des Lebens, dass es endlich ist. Vor langer Zeit hatte das Blog bereits einen Nachruf auf meine Cousine Christine, die eine eifrige Blogleserin war und von uns gegangen ist. Mein Steuerberater schloss sich an. Ein Mensch, dem ich immer erst mal eine große Flasche Hochprozentiges mitbringen musste, bevor er zur Beratung schritt und diese Flasche dann in meinem Beisein während der kompetenten Beratung leerte, ohne dass er davon betrunken wurde. Ich sage immer, dass ich mir um die fiskalischen Aspekte meines Einzugs in die Nachwelt keine Gedanken mache, das hat er sicher alles unter Kontrolle. Und irgendwo wird sich ein Fass vergorenes Manna auftreiben lassen, das er während der Beratung geniest.
Dann verstarb mein Vater, auch wenn er hier im Blog keinen Nachruf erfuhr. Dann eine geschätzte Kollegin vom Vertrieb, deren Nachruf (http://osttellerrand.blogspot.tw/2017/03/kollegin-beerdigt-renn-weg-renn-weg.html) mehr zur einer multikulturellen Schilderung wurde. Aber warum auch nicht.

Als ich unlängst nach Taiwan zurück kehrte hörte ich, dass nun auch unsere Frisörin verstorben sei. Die nette ältere Dame bewohnte ein sehr kleines Reihenhaus ganz bei uns in der Nähe, es ist im unteren Foto zu sehen - eines der kleinen Reihenhäuser rechts mittig im Bild.

Dort unten hatte sie ein kleines Frisörgeschäft, dass in dem winzig kleinen Haus aus kaum mehr als einem Frisörstuhl und ein bisschen zugestellten Platz drum herum bestand. Von außen zu erkennen durch eine klassische amerikanische Frisör-"Rolle" in Weiß, Blau und Rot. Markenzeichen von Frisörgeschäften in den USA. Drinnen ein alter Frisörstuhl, ein Spiegel mit Fotos von ihrer Familie und einem Haufen schwarzer Haare unter dem Bord, die mich bei meinem ersten Besuch einen Hund vermuten ließen.


Nur ein paar Meter rechts von diesem Bild hat sie gewohnt und gearbeitet. Am Spiegel hatte sie auch Fotos von ihrer Tochter, die mit einem Iren verheiratet war und in Irland lebte, wenn ich mich recht erinnere. Für 150 NT hat sie die Haare geschnitten. Mehr schlecht als recht nach dem Prinzip kurz ist gut und ab ist ab und es war mir oft genug. Ich bin auch wegen unserer sicher sprachbarrierebehafteten Kommunikationsversuche gerne dort hin gegangen und war dort lieber als anderswo. Nicht so sehr wegen ihrer Scherenkunst, das gebe ich gerne zu. Aber ab ist ab und kurz ist gut, was gab es bei dem Preis zu meckern.
Doch dann machte in der Nähe einer dieser 100 NT-Frisöre auf, wo man einen 100 NT-Schein in einen Automaten zwängt, eine Pappkarte erhält, die man dem Frisör gibt und dann wird man auch geschoren. Und es sieht ein bisschen besser aus glaube ich. Sagte meine Frau. So bin ich dann auch immer seltener zu 150er-Haarschnitt und eher zum 100er, ich gebe es zu. Drei Euro für einen Haarschnitt, es ist bizarr.

Nun ist der Frisörladen - in dem früher fast immer Licht war und in dem so oft ganze Familien saßen - dauerhaft geschlossen. Selbstmord, sagt meine Frau. Traurig gucke ich auf die nun immer dunkle Fassade und schäme mich ein bisschen. Für's Wegbleiben. Unsere Gesprächsversuche werden mir fehlen.

Donnerstag, April 06, 2017

Camelot in NeiHu

Ein merkwürdiges Haus erspähte ich, als ich 2004 einstweilen zu Schwiegermutter nach NeiHu in Taipei zog. "Camelot in NeiHu" nannte ich es in meinem allerersten Blogartikel, der noch im alten Passado-Blog (heute nicht mehr vorhanden abgesehen von einer Archivversion irgendwo im Netz) erschien. Und seit kurzem... wohne ich da.



Erst mit dem Fisheye* mit seinem 180-Grad-Bildwinkel erschließt sich auch im Foto die Wirkung, die die Wohnanlage in Natura hat. Mitten im manchmal slumartig daherkommenden Viertel besteht die Anlage aus besserer, neuerer Bausubstanz und hat drei Gebäude und eine recht hohe Außenmauer (hinter meinem Rücken im Bild) nebst einer Schwebebrücke zwischen den Gebäuden und einer Wendeltreppe im Innenhof zu einer fast mittelalterlich anmutenden "Burg"-Anlage kombiniert. Die Brücke verbindet im 2. OG das vordere Haus mit dem weit entfernten kleineren hinteren Haus, weil dieses keinen eigenen Fahrstuhl hat.

Der Innenhof ist begrünt und so ergibt sich eine ganz nette Atmosphäre. Zwar ist die Wohnanlage in die Jahre gekommen und leidet unter dem klimatypischen Fassadenschmodder, aber der macht sich auf den gefliesten Fassaden besser als auf dem grauen nackten Beton, den viele Häuser in der Gegend haben. Auch der Verzicht auf das in Taiwan so beliebte Wellblech (Balkone ausbauen etc.) macht deutlich, dass es dies hier eine etwas bessere Wohnanlage ist. Absolut ruhig ist sie übrigens auch, wohl ein schlechter Ort für Stereoanlagen. Als bessere Anlage hat sie sogar Schreibtische für Security-Leute. Allerdings sind die Stellen seit Jahren unbesetzt.

Die in Taiwan so beliebten Fenstergitter hat die Anlange auch. Sie passen aber zu der oft verwinkelt angelegten Architektur besser als zu den sonst glatten Fassaden der Plattenbauten im Viertel. In der Mitte guckt man im Foto auf eine Wellblech-Aufstockung eines Schlichthauses außerhalb der Anlage; links ist die Wendeltreppe zu sehen.


In die Anlage fahren wir nicht über eine Zugbrücke, sondern über einen Autolift. Vieles in der Anlage ist verwinkelt angelegt. Unser Treppenhaus ist fast auch eine Wendeltreppe, die Wohnung klein und voller Nischen und Erker, aber schick mit maßgeschneiderten Einbaumöbeln im asiatischen Stil und modernem Deko-Stuck an der Decke versehen. Auch einen im Boden versenkbaren Wohnzimmertisch gibt es. Den soll man aber auch im Boden belassen, weil er sonst mit schwerer Tischplatte zusammenkracht und einem die Zehen bricht, sagte die Vermieterin.


Unser Haus verjüngt sich oben turmartig und erlaubt einen tollen Blick auf die umliegenden Schlichthäuser, in denen ich ehrlich gesagt die meiste Zeit in Taiwan verbracht habe.

Verwinkelte düstere Gänge gibt es auch in der Tiefgarage, über die man von einem Teilhaus zum anderen gelangen kann. Junior (5) und ich haben das die Tage tapfer erkundet.


Sicher könnte man es in der Anlage aushalten. Aber die Abgasluft Taipeis ist hier natürlich auch nicht besser. Sie macht nicht nur Junior eine mysteriöse "Dauererkältung", sondern auch mir. Nur bei mir mit paralleler Tendenz zu Magengrippe und außerdem allergischem Ausschlag am Kopf, der vermutlich durch Nahrungsmittel (oder besser deren taiwantypische illegale Beimischungen) ausgelöst wird. Wenn man sich vor beginnender Magengrippe und mit entzündeten Stippen u.a. im Mundraum alles andere als wohl fühlt, kaum dass man wieder taiwanischen Boden unter den Füßen hat, fällt es trotz allem schwer der Gattin zu versprechen, hier weitere Jahre in Taipei zuzubringen.

Somit bin ich ein Wanderer zwischen den Welten. Hin und her gerissen zwischen meiner neu angemeldeten (Krankenkasse, Auto, ADAC) Existenz in der niedersächsischen Kleinstadt und dem Leben mit Frau und Junior im mich gesundheitlich strapazierenden Taipei. Leider schließt Frau in Deutschland zu leben kategorisch aus und kann und will nur im Hoch-Kriminalitätsbelasteten Manila oder aber im versmogten Taipei leben. Da kann ich wählen zwischen Entzug von Junior oder Gesundheit. Man sieht ja, wo ich gerade bin. So, genug der Schreiberei, ich muss mich erstmal wieder kratzen. Verdammte Insel.


* Sigma EX DG 2.8/15mm auf Fullframe-Bildformat DSLR (Sony A850)