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Freitag, September 18, 2015

Rentenlage in Taiwan: Ausländer kriegen offenbar weniger...

Ein für Renteneinzahler wie mich beunruhigendes Update zur Rentenlage in Taiwan:

Um es kurz zu machen, eigentlich erhält man in Taiwan mit 15 vollen Beitragsjahren nach der Labor Law-Regelung eine monatliche Rente, die nicht zu knapp ausfällt. Hat man weniger als 15 Beitragsjahre voll, kriegt man nur eine recht schmale Einmalzahlung. Offenbar drücken sich taiwanische Rentenbehörden aber jedenfalls bei der Gewährung der Rente für Staatsdiener um die monatl. Rentenzahlung und bieten (vmtl. gesetzwidrig) Ausländern nur die recht geringe Einmalzahlung an.

http://osttellerrand.blogspot.tw/2015/05/ludigels-lustige-lenten-legende.html

Die Frage ist, welchen Sinn solche Renteninfos wie meine obige haben, wenn Beamte in Taiwan doch einfach machen, was ihnen so in den Kopf kommt.

Mittwoch, September 16, 2015

Halluzinierender Amerikaner sicher wieder daheim (Update)

Ein junger US-Amerikaner hatte am helligten Nachmittag vor ein paar Wochen einen taiwanischen Polizeibeamten mit einer Flasche angegriffen. Psychische Probleme in Kombination mit Alkohol spielten wohl eine Rolle

Mal ausnahmsweise ein Lob an die sonst sehr auf Regenbogenpresse-Niveau befindlichen taiwanischen Medien. Diese Story (http://www.waow.com/story/30020833/2015/09/13/family-of-stevens-point-man-stuck-in-taiwan-speaks-out) hätte sich sehr für eine dieser "unverschämter Ausländer"-Stories geeignet, die die taiwanischen Medien sonst sehr gern bringen. Ein junger US-Amerikaner in den 20ern, der in Taiwan Mandarinchinesisch studiert hat, greift ohne erkennbaren Grund einen taiwanischen Polizisten mit einer Flasche an. Der junge Mann ist offensichtlich stark alkoholisiert. Er wird überwältigt und im Ausländerfotos gibt es Foto, wie er gefesselt am Boden liegt. Überraschenderweise hat sich die taiwanische Presse hier zurück gehalten. Und natürlich ist ein Lob an die taiwanische Polizei angebracht, die längst nicht so schießwütig wie die US-Polizei ist. Dort in den USA wäre die Wahrscheinlichkeit wohl hoch, so einen Angriff nicht zu überleben.
Die Familie des jungen Mannes gibt an, er habe psychische Probleme gehabt und er selbst gibt an, von Halluzinationen heimgesucht worden zu sein, bei denen er schließlich den Polizisten für einen Dämonen gehalten hätte und entsprechend kraftvoll angegriffen hätte. Die Familie hat dann eine Crowdfunding-Campagne gestartet und mittlerweile ist er wieder daheim und in medizinischer Behandlung. Das Taiwanblog wünscht gute Genesung. Alles noch nicht so peinlich wie der Bericht eines Deutschen der angab, auf seiner eigenen Hochzeit in Taiwan die Hochzeitsgäste unter unfreiwilligem Drogeneinfluss geschlagen und gebissen zu haben. Den Link hatten wir auch irgendwo mal. Vergessen wir ihn lieber.

UPDATE: Im Ausländerforum Forumosa.com heißt es nun, der junge Mann sei schon psychisch krank gewesen, bevor er nach Taiwan gekommen sei. Immer wieder ist dort zu lesen, dass US-Familien ihre Problemsprösslinge mit ein paar Dollar Handgeld und einer Klinikpackung Tabletten nach Taiwan schicken, weil sie dort einigermaßen gut zurecht kommen und leicht ein paar Dollar als Englischlehrer verdienen können. Dieser junge Mann hatte allerdings Mandarin studiert. Wie dem auch sei, unsereiner hier ist froh, wenn solche Problemfälle Taiwan schnell wieder verlassen. Denn hätte er einen sogar Polizisten getötet (offenbar hat er ihn mit der Bierflasche gravierend verletzt), dann würde das Klima gegen "weiße" Ausländer sicherlich ein paar Nuancen frostiger werden.

"Feeling groovy..."

Ludigels Mini-Nierenstein. Autsch! Gott sei Dank hatten sie im Tri-Service-Krankenhaus gute Medikamente

Für Frau und mich droht ja eventuell das letzte Jahr Taiwan. Meine Frau ist schon länger auswanderungswillig, weil ihr die lange Arbeitszeit als Chefin eines 50-Leute-Teams zu sehr auf die Gesundheit schlägt. Und angesichts ihres Ziels, dass wir mit ihrer Schwester in Manila/Philippinen geschäftlich zusammenarbeiten und insbesondere angesichts des erheblichen Invests dort habe auch ich den Kurs Richtung Republikflucht (aus der Republik China aka Taiwan) gesetzt. Denn entweder ermöglicht uns das Investment bald ein Leben dort - oder es kommt zu Clash mit dem Manilazweig der Familie meiner Frau und ich gehe nach Europa oder gar nach Deutschland, um das Konto wieder aufzufüllen.
Daher genießen wir derzeit Taiwan. Hängen an Ausflugszielen rum, schlürfen Cocktails im Hotel und die Gefriertruhe ist voll mit in Taiwan viel zu teurem Importeis.
Zu viel Wohlleben ist aber auch nicht gut. Obwohl ich sonst ja fast nur noch von Obst und Salat, Käse und Brot lebe und die schrecklich verunreinigten taiwanischen Öle und Fette meide wie der Vampir das Knoblauch-Kruzifix-Sonderangebot bei Aldi. Wie dem auch sei, heute Morgen um 6.00 drückte es auf der rechten Seite. Und dann immer mehr und mehr. Vor Schmerzen krümmend begab ich mich in die Notaufnahme des nahen Tri-Service-Krankenhauses, mit dem ich ja durchaus durchwachsene Erfahrungen gemacht habe. Mein Notfallchinesisch war nur bedingt einsatzbereit, weil ich fast nur wimmern konnte. Und so wurde ich englisch umsorgt von Pflegern und Ärzten. Man kann große Gefühle entwicklen für Krankenschwerstern und -brüder, die einem erst ein Schmerzmittel geben und dann nach einer halben Stunde sorgenvoll bemerken, dass man sich noch immer krümmt und ein stärkeres Schmerzmittel vorschlagen. Oh ja! Det war jut! Es gibt kaum etwas schöneres, als wenn der Schmerz nachlässt und sich dank des gelben Schmerzmittels (in die Infusion gespritzt) so ein entspanntes Groovy-Ich-liebe-euch-alle - Gefühl einstellt. So schlief ich mitten im dem Notaufnahmesaal entspannt auf meiner Liege, während um mich herum Senioren beatmet werden vor sorgenvoll piepsenden Maschinen und sonst auf den anderen Liegen überall junge Männer schlaff herumliegen, deren modelmäßig aussehende Freundinnen oder Ehefrauen mit ihren Ultra-Hotpans und Ultraminis ihnen ständig feuchte Umschläge und Wasserbecher kredenzen. Wieso liegen hier so viele junge Männer und wieso sind die jungen Frauen offenbar gegen Krankheiten immun? Nun, vermutlich haben sich die Herren einfach überanstrengt oder irgendwas in der Art. Ist ja heiß die Tage.

Meine Frau saß freilich erstmal im Büro bei einem wichtigen Meeting, aber mit dem tollen gelben Schmerzmittel hatte ich grinsend schließlich mein Little Peace of Heaven auf der Gummimatratze gefunden und träumte seelig. "Alles Okay" sagte schließlich der Doc. Weniger süße Getränke, weniger Eis, weniger Süßes und auch weniger kaltes Wasser. Nur noch warmes Wasser die Tage und Tabletten schlucken, dann ist er wieder weg, der Mini-Nierenstein, den ich mir des Wohllebens halber zugelegt habe. "War alles kaum der Rede wert", sagte er später meiner Frau, die schließlich in langer Hose auch ins Krankenhaus eilte. Hmmm... dann möchte ich nie erfahren, wie dann erst ein richtiger Nierenstein weh tut, wenn so ein Miniding, das kaum auf dem Sonar auftauchte, solche Höllenqualen macht. Aber das gelbe Zeug... det war nett. Bin immer noch in so einer "Ich liebe euch alle"-Stimmung. Also schreiben wir noch medikamentenseelig schnell auf was mir sonst nie aus den Fingern quillt beim Blogschreiben:  "I love Taiwan." Musste auch mal gesagt werden, bei dem vielen Gemeckere sonst hier im Blog. Hoffentlich editiere ich es nicht wieder, wenn die Wirkung nachlässt...

EDIT: Und alles mit der grünen Chipkarte von der National Health Insurance, für die ich wohl den Maximalsatz zahle. Mehr als 1000 NT/25 Euro etwa im Monat sind das nicht. Taiwan hat eine gesetzliche Krankenversicherung, die für alle vorgeschrieben ist.

Donnerstag, September 10, 2015

Geist-Geschichte (Ghostmonth die Zweite)

Passend zum Ghostmonth/Geistermonat in Taiwan eine weitere Geschichte aus der Welt des Unerklärlichen. 

Gott sei Dank dass es den Geistermonat in Taiwan gibt, hat man endlich mal ein Alibi um die ganzen merkwürdigen Geschichten im Leben aufzuschreiben, deren Reproduktion halber man sonst als Wirrkopf gilt.

Eine Redensart sagt, dass wenn man nur genug auf Reisen ist, man sich irgendwann selber trifft. Irgendwo da draußen in der Weite. Ein Werbespot der Deutschen Bahn hat das vor Jahren mit Ex-Außenminister Genscher recht hübsch inszeniert, der sich selbst in einem Zug auf dem anderen Gleis sitzen sieht, als er aus dem Fenster guckt. Ein grob ähnliches Erlebnis hatte ich auch mal, obwohl ich sicher nicht so viel reise wie der Herr in der gelben Weste damals.

Alles fing an in den frühen 80ern. Das ist in der Retrospektive ein etwas peinlicher Lebensabschnitt. Auf dem Gymnasium ging es fast jeden Abend feiern und meine Clique war eine, die der alkoholischen Gärung allzusehr zugesprochen hat. Unser Leader of the Pack war ein Mitschüler, der schon etliche Jahrgänge wiederholt hatte und einen dem Wort "Machete" sehr ähnlichen Spitznamen hatte. Oder richtigen Namen, ich wusste wohl damals auch nicht wie er hieß. Er grinste immer nur zufrieden, lallte anfangs noch "Alkohol", dann später "Allelhol", noch später "Lohl" und ganz am Ende nur noch "Llllll". Diese berühmte Lautabfolge fand allgemeine Bewunderung und unter anderem bei den legendären Feten eines gewissen Junge Unions-Mitgliedes, das auch meine Wenigkeit und einen anderen Juso damals zu seinen Feten einlud, kopierten wir alle munter unseren Vortrinker "Machete". Gewalttätig war der ganz und gar nicht trotz des Namens - oder höchstens einer Bar gegenüber. Wie dem auch sei, bei dieser Geschichte geht es weniger um echte Geister, noch um den Weingeist per se. Eher darum, wie vielleicht das Raumzeitkontinuum durch Massentrinkerei aus den Fugen geraten kann und sich ganz und gar erstaunliche Phänomene einstellen - im Wachzustand und unter Zeugen.

Aber zurück zum Mittelteil. Es war eines jener spektakulären Besäufnisse im JU-Keller, bei dem mir heute die Schamesröte ins Gesicht steigen. Junge Männer die viel zu viel trinken sind ein peinliches Klischee und wir alle kennen ja die Stories von Türkeiurlauben und Methanoltoten. Methanol gab es freilich im JU-Keller nicht, dafür aber schon mal Fast-Trinkopfer. Ich habe selbst mal eines ins Krankenhaus gefahren nachdem ich ... die Atmung wieder hergestellt hatte. Was man damals alles gemacht hat in jungen Jahren, unglaublich finde ich das heute selbst. Wie dem auch sei - an einem anderen Fetentag war ich selbst so ein Alkoholopfer gewesen - und hier fängt die Geschichte eigentlich erst an. Ich erinnere mich noch dunkel daran, das irgendjemand "Sternenfeuer 72%" auf den Tisch stellte. Viel mehr weiß ich nicht mehr. Jugendsünden sind peinlich und ich endete buchstäblich an einer Straßenbahnhaltestelle, war verschollen und brachte den Rest der Truppe damals zu einer fehlgeschlagenen Suchaktion. Wach wurde ich auf der Intensivstation des örtlichen Kleinstadtkrankenhauses. Ich erinnere mich noch, dass mich die Krankenschwestern nach dem Namen fragten und ich geantwortet habe. Irgendwann fragten sie mich dann, wieso ich Englisch reden würde und ob ich Engländer sei. Das hat mich im Nachhinein immer gewundert, konnte ich doch damals gar nicht so gut Englisch und stand sogar mit meinem Englischlehrer im Leistungskurs auf Kriegsfuß. Det war so ein ekeliger USA-Fan, der jeden schlechten Kommentar über seine ehemalige Heimat -obwohl Deutscher- mit Anfeindungen und schlechten Noten bestrafte. Wochen später erst kam die komplette Erinnerung an den denkwürdigen Abend zurück. Und nun wurde es recht merkwürdig. Ich erinnerte mich an folgenden Ablauf, obwohl der Abend ja im niederdeutschen Niedersachsen stattgefunden hatte:

a) Ich gehe mit einer Frau Hand-in-Hand an einem schönen Stand entlang (liegt linkerhand), rechts liegt ein Hotel vor dschungelähnlicher Kulisse. Toller Blick aufs Meer im Sonnenuntergang. Sehr merkwürdige Bilder für das strandlose Hannover, wo der Abend ja stattgefunden hatte. Ich sah alles recht deutlich vor mir. Die Frau an meiner Hand konnte ich nicht erkennen, wie auf diesen Fotos, wo man selbst schwarz unterbelichtet ist vor dem hübschen Sonnenuntergang. Ich unterhalte mich auf Englisch mit der Frau, die mir offenbar sehr vertraut ist.

b) Ich werde in dem wach in etwas, was offensichtlich eine Krankenstation ist. Mein erster Gedanke ist: "Ich muss am Strand ohnmächtig geworden sein und bin jetzt auf der Hotel-Krankenstation!". Ich fragte mich, wieso zur Hölle ich ohnmächtig geworden bin (da habe ich kein Vorleiden o.ä.) und frage das anwesende "Hotelpersonal" - natürlich auf Englisch - was denn passiert ist. Sicher wird gleich meine weibliche Begleitung aufgeregt durch die Tür der Krankenstation kommen!

Beunruhigende Erinnerungen im Nachhinein des Jahres 1984 oder welches Jahr auch immer wahr,  hatte ich doch einen solchen Urlaub nie gemacht und auch keine feste Beziehung gehabt in der Zeit. Und meine niedersächsische Kleinstadt sah wirklich nicht so aus wie diese offenbar exotische Umgebung.

Man ahnt es vielleicht schon. Das - als ich auf Englisch frage was los ist - ist der Augenblick, in dem mich die Krankenschwestern auf Deutsch fragen, wieso ich Englisch spreche. Dann wird mir kurz schwindlig und ich weiß wieder wo ich bin. Deutschland, JU-Fete etc. Und die Krankenschwestern klären mich auch auf wo ich mich aufhalte.

Jetzt vergehen viele Jahre, es dauert bis 2004, bis ich nach Taiwan auswandere (meine Frau kenne ich seit 2003). Und etwa bis 2006 oder 2007 oder dergleichen, bis ich mit meiner Frau eine Reise ... nach Malaysia mache. Ich erinnere mich noch gut. Wir hatten gut gegessen, ich gehe Hand in Hand mit ihr am Strand lang. Links liegt das Meer im wunderschönen Sonnenuntergang, rechts das Hotel vor Dschungelkulisse. "Das darf doch nicht wahr sein", dachte ich. Das sieht ja genau aus wie in meinen merkwürdigen Trunkenheitsbildern vor.... langer Zeit. Skeptisch sah ich mich um, erwartete halb wie in einem schlechten SciFi-Streifen nun ohnmächtig zu werden und mich im Jahre 1984 wieder zu finden. Na das wäre was gewesen! Kein Handy in der Tasche, kein Internet zu Hause und morgen früh Englisch, Französisch, Mathe und Sport. Um Gottes Willen! Das ist mir erfreulicherweise erspart geblieben. Gut, privat hätte ich eine wesentliche Sache anders gemacht, aber das sprengt jetzt hier den Rahmen (seufz). Natürlich gab es keine Zeitschleife oder ähnliches. Frau und ich gingen einfach weiter und ich tat die ganze merkwürdige Vision als Narretei ab.

Jedoch ist mir die Episode nie so ganz aus dem Kopf gegangen. In der Retrospektive erscheint es mir wie eine wirre, Sternenfeuer-72%-induzierte Zeitreise zu sein, in einem Augenblick, als der Geist vielleicht frei war von den Beschränkungen, die unsere chronologisch sonst streng sortierte und kausalitätshörige Existenz sonst hat. Schließlich gibt es auch physikalische moderne Theorien von gleich mehreren Raumzeiten und Parallelität. Wie auch immer: "Don't try this at home" ist sicher ein guter Ratschlag. Jedenfalls "mit ohne Sternenfeuer"(sic) ist immer besser.

Freitag, September 04, 2015

Blogpartei hat gewählt: DPP gewinnt (und gibt Hung/KMT auf?) (Update)

Die kleine Wahl oben rechts in der Ecke im Blog ist zu Ende gegangen. "Amtliches" Endergebnis:

Wahlbeteidigung: 16 Stimmen
(durch Tricks ist Mehrfachabstimmung natürlich möglich gewesen)

Gewinnerin: Tsai, DPP mit 56% bzw. 9 Stimmen

Dahinter Frau Hung, KMT mit 18% bzw, 3 Stimmen gleichauf mit Herrn Shih (parteilos).
Herr Soong, PFP, mit 1 Stimme immer noch für 6% gut.

Gemessen am Klima in der realen Republik China alias Taiwan ist sicher Frau Hung von der KMT etwas unterrepräsentiert*** und der parteilose Herr Shih wohl stark überrepräsentiert. Grund für die Überrepresentation des eigentlich chancenlosen Shih ist sicher meine Beschreibung im letzten Artikel zur "Blogwahl", in der sich Shih sehr positiv geschildert habe. In meiner Kandidatenvorstellung wirkt er ein bisschen zu edel und schwebt elegant über den Niederungen des Politikbetriebes mit seinen erwähnten 25 Jahren Dissidentenhaft. Was in meiner Schilderung freilich fehlt ist, dass er auch gut austeilen kann und dadurch mehrere Male für Irritationen beim Wahlvolk gesorgt hat. Eben als er den Expräsidenten Chen (von Shihs Expartei DPP) als ehemaligen Regierungsspitzel (angeblich tätig als solcher zu Diktaturzeiten) bezeichnet hat. Auch den Kandidaten Frank Hsieh (DPP) der vorletzten Wahl hat er beschuldigt, ein Spitzel gewesen zu sein. Beweise ist er freilich schuldig geblieben. Und als er von der aktuellen DPP-Präsidentschaftskandidatin Tsai verlangt hat, sie möge vor der Wahl ihre sexuelle Orientierung offenlegen, da ist das beim Wahlvolk auch nicht immer gut angekommen. Man redet ja, Frau Tsai sei lesbisch, aber das interessiert im aufgeschlossenen Taiwan eigentlich niemanden.
In der Realität ist zwar Tsai Ingwen von der DPP auch klare Favoritin, aber nicht so deutlich wie hier im Blog. Sicher weil Leser hier i.A. wenig emotionale Bindungen zum chinesischen Festland haben und daher im Schnitt mit der "prochinesischen" KMT weniger anfangen können . Was bei Taiwanern öfter mal anders ist.

Halb sensationell ist, dass die KMT-Kandidatin möglicherweise mit dem Gedanken spielt aufzugeben. In einem Facebookposting hat sie angekündigt, die nächsten Tage eine Wahlkampfpause einzulegen und über alles zu reflektieren. Hat sie ob ihrer schlechten Umfrageergebnisse die Sinnkrise bekommen? Oder hängt es damit zusammen, dass der frühere Präsidentschaftskandidat Lien Chan (KMT) derzeit gerade die VR-China besucht und an Militärparaden teilnimmt? Dieser Akt, der eher im Taiwan-Independence-Lage beheimateten Taiwanern Magenschmerzen machen wird, lässt die "Wiederverinigung-mit-China"-Aussagen von Frau Hung noch radikaler erscheinen als sie so schon sind. Und macht sie daher noch unpassender für den taiwanischen Zeitgeist, der eher in Richtung taiwanische Identität geht als in Richtung China-Nostalgie. "Weißt du noch Frau Fong, als wir alle vor den Kommunisten davon gelaufen sind? Mei, war das eine schöne Zeit..." ist eine Art von Nostalgie, mit der jüngere Taiwaner immer weniger anfangen können.

Aber lassen wir doch einfach die Taiwaner im Januar selbst entscheiden. Mit welcher KMT-Kandidatin oder welchem KMT-Kandidaten auch immer.

Quelle über die Gerüchte zur Aufgabe von Hung (KMT): http://www.taipeitimes.com/News/front/archives/2015/09/04/2003626892 

EDIT: Vermutlich ist das die erste Phase der medialen Vorbereitung einer Ersetzung von Frau Hung. Kommt jetzt ein hellblauer Kandidat statt der bisherigen Hardlinerin, die sogar noch die Chinafreundlichkeit des amtierenden Präsidenten Ma (KMT) zu übertreffen drohte?


*** Nachtrag: Sie liegt zwar in den tatsächlichen Umfragen ähnlich wie hier, allerdings gehe ich von einem Stimmengewinn zu Lasten von Soong aus, der meiner Ansicht nach zu hoch bewertet ist in der letzten Umfrage. Die sind nicht so zuverlässig wie "daheim".

UPDATE: Hung hat nur einen Publicity-Stunt geliefert und macht weiter wie bisher: http://www.taipeitimes.com/News/front/archives/2015/09/07/2003627120
Sie posiert mit Ananas auf dem Kopf und hofft, die (selbst ausgelösten) Gerüchte mögen ein Ende nehmen.

Geistergeschichte

Da lebt man in einem geister- und magiegläubigen Umfeld und wenn einem dann eine Geistergeschichte passiert, dann hat sie rein gar nichts mit Taiwan zu tun. Merkwürdig, oder?

Nun bin ich natürlich ein naturwissenschaftlich geprägter Mensch. Schon von Berufswegen. Ergo würde ich an die Weiterexistenz verstorbener Verwandter höchstens glauben, wenn sie mir höchstselbst optisch wahrnehmbar erscheinen würden und am besten noch einen physischen Beweis ihrer Existenz hinterlassen. "Packung Manna steht im Kühlschrank, mach´s gut, muss jetzt weiter." Oder irgendwie so. Nun, etwas ähnliches ist mir passiert. Nicht in optisch sichtbarer Form freilich und so kann ich das ganze als Zufall verbuchen und mir mein naturwissenschaftlich geprägtes Weltbild erhalten. Frei nach dem Motto: Was nicht sein darf, wird als statistische Abweichung erklärt.

Was hat sich also zugetragen? Nun, es fing alles an mit irgendeinem kurzen TV-Ausschnitt aus Meran, einer italienischen Stadt. In der hatte ich mit meinen Großeltern in den sehr frühen 70er Jahren öfter als Kind viele Urlaube verbracht. Und kann mich leider an so gut wie nichts mehr aus der Zeit erinnern. Was mich schon mehrfach geärgert hat. Nur eine Wischi-Waschi-Erinnerung von einer als Pferdeskulptur zurecht gestutzten Buschanlage im Park habe ich und das ich als ganz kleiner Pöks da drum herum renne im Kreis. Das alles zog mir so durch den Kopf, als auf der taiwanischen Mattscheibe hier irgendein Reisebericht kam. Wahrscheinlich wieder diese Reisesendungen wo kichernde Taiwaner "exotisches" Essen in die Kamera halten, daran herum essen, "Mmmmmmhhhh" und "Aaaaaaah" und "Ohhhhhh" rufen, von links nach rechts springen und meine Frau am Ende des Beitrages immer in das jeweilige Land auswandern will.

Wie dem auch sei, ich legte mich mit Gedanken an das in meiner Erinnerung verschollene Meran schlafen. Und träumte dann offensichtlich von den alten Urlauben in Meran, mit samt Großeltern. Denn als meine Frau mich wegen ratternder Gasleitungen oder sonst etwas weckte und ich senkrecht im Bett stand, da fiel mir auf, dass ich den Traum komplett parat hatte. So real, als sei ich eben noch wirklich in Meran gewesen. Mit einer solchen Intensität hatte ich noch nie eine Traumerinnerung gehabt, es wirkte völlig real. Wahrscheinlich wegen des plötzlichen Herausgerissen-werdens. Kennen Sie die Situation? Eben noch glaubt man die Traumerinnerung komplett zu haben und im nächsten Moment ist sie schon wieder verschwunden. Das soll daher kommen, dass Träume vom Unterbewusstsein produziert werden. Übrigens eine Art Aufräummechanismus der etwa der "Garbage Collection" in Computerbetriebssystemen oder der Laufzeitumgebung eines Programms gleicht, etwa wenn nicht mehr benötigte Speicherbereiche frei gegeben werden. Weil aber nun unser Verstand davon logisch getrennt ist, versackt die Erinnerung wieder blitzschnell. Da hilft die manuelle Technik des "Stück-für-Stück Durchgehens" des Traumes, so als würde man ihn nacherzählen wollen. Habe ich mal - sicher in einer Frauenzeitschrift beim Frisör - gelesen und es funktioniert wirklich. Also "speicherte" ich den Traum schnell ab und war verblüfft. Eben noch waren wir in der Traumwelt beim "Italiener" Essen gewesen. Wo auch sonst im Meran der frühen 70er? "Wir" waren also meine Großeltern und ich. Ich - der im Traum gar nicht so klein wirkte - hatte Gulasch mit Spagetti. Lecker! Dann sind wir wieder aufs Hotelzimmer - sogar die Straße und das Treppenhaus vom Hotel sah ich recht klar vor mir und Großmutter und ich warteten im Zimmer auf meinen Großvater, der Einkaufen war. Er kam auch kurze Zeit später zur Tür rein und stellte eine Flasche Rotwein auf den Tisch. Mit so einem typisch gedrehten Hals, wie sie manche Touristenflaschen haben. Er zeigte auf die Flasche und sagte "Meraner Bier!". Alle lachten und im Traume war der Witz wesentlich komischer als jetzt beim Nacherzählen. Gut, der Humor meines Großvaters soll nicht so der beste gewesen sein. Sagt jedenfalls sein Schwiegersohn ergo mein Vater. Aber lassen wir das. Mich wunderte wie real das Erlebnis war, so als sei ich eben im Nebenzimmer noch mit den Großeltern - die seit den 70ern bzw. 80ern verstorben sind) zusammen gewesen. Schon ein ungewöhnliches Erlebnis. Dieses Abspielen eines alten "Urlaubsfilms" fand ich jedenfalls sehr beeindruckend. Schon erstaunlich, was man möglicherweise aus der frühen Kindheit noch im Gedächtnis abgespeichert hat, was aber dem Verstand normalerweise nicht zugänglich ist. Wie dem auch sei, ich musste daran denken, dass auch die Urlaube mit einer Tante (mit Namen Grete), mit der ich damals viel Zeit verbracht hatte - auch in Meran - ebenfalls aus dem Gedächtnis verschwunden waren. Und so murmelte ich ein nicht ernst gemeintes "Tante Grete.... melde dich doch mal als nächstes" noch halb schlaftrunken, während ich noch den grausamen Kontrast der Realität einer Taipei-Schlichthauswohnung mit der des malerischen Merans der 70er Jahre verkraftete.

Nun kommt das dicke Ende. Zwei Tage später rief meine Mutter an und erwähnte beiläufig, mein Vater habe im Keller (wo er allerdings immer viel rumsucht) das Tagebuch von "Tante Grete" gefunden. "Sie hat alles detailliert aufgeschrieben, auch deine Urlaube mit ihr in Meran", sagte meine Mutter. Mir wäre fast der Telefonhörer aus der Hand gefallen. Gesehen habe ich die Tagebücher noch nicht - werde sie mir bei der nächsten Deutschlandreise zu Gemüte führen. Aber prompter kann man eine Bestellung kaum erfüllen, oder? Kein Mensch wusste übrigens, dass Tante Grete Tagebuch geführt hat und wir haben -eigentlich- auch so gut wie kein Zeug von ihr im Keller.

Seither bin ich trotz des gerade von unserem Mobiltelefonprovider in Taipei erfolgten Umstiegs von "3G" auf "4G" viel mehr beeindruckt von der "1G"-Leitung, die ich da scheinbar ins Jenseits hatte für eine kurze Zeit. Weitere Versuche mit 1G sind allerdings bislang gescheitert. Sehr zuverlässig ist die Leitung wohl nicht ;-)

Ja ja, schon klar, war alles nur ein Zufall.

Die erste von zwei kleinen Geistergeschichten, passend zum Ghostmonth, der jetzt hier ausbricht. Aber 100% wahr - und schon vor ein paar Monaten passiert.