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Donnerstag, Oktober 26, 2017

Automobilistisches

Vom braunen Kasten über den schwarzen Riesen zur roten Knutschkugel

Als ich 2004 nach Taiwan zog, ließ ich den vom Vater zur Verfügung gestellten alten Mitsubishi Spacewagon (Hochdachkombi mit 133 PS) daheim zurück und ging in Taipei zunächst zu Fuß. Meine Frau hatte zwar noch kurz vorher einen Kia Karens (ein Äquivalent zum Spacewagon) gefahren, diesen aber verkauft, als sie kurz nach Deutschland gezogen war. Dann hatte es ihr in Deutschland nicht gefallen (um es milde auszudrücken) und wir zwei sind eben nach Taiwan gezogen. Das hatte uns also bereits zwei Autos gekostet in diesem Sinne.

Zu Fuß trabte ich genervt durch bürgersteiglose Gasse und stand mit den Autos in versmogten Straßen im Stau, wollte aber trotzdem kein eigenes Auto haben. Auch weil ich geistig immer Taipei wieder verlassen wollte. Damals war es halt noch ein ganz anderes Land - all die schicken Straßen von heute gab es kaum bis nicht. Das Hochhaus 101 stand mit ein paar Vorzeigestraßen einsam zwischen grauen Plattenbauten. Man kann sich das heute kaum noch vorstellen.

Erst 2006 schafften wir ein Auto an, es wurde ein Nissan X-Trail, der mit seinem 2-Liter-Benziner und 150 PS so zögerlich auf das Gas reagierte, als wenn drinnen nur 110 Pferde oder so ihre Arbeit verrichteten. Ein Modell, das es schon seit 2001 in Deutschland, aber erst seit 2005 in Taiwan gab und das hier auch hergestellt war. Innen freilich mit Leder und Kunstholz ganz anders aussehend als der robuste Innenraum der deutschen Version.


Bürgerlicher Wohlstand kehrte ein, der Nissan stand vorm Reihenhaus geparkt zusammen mit einem fast 10 Jahre alten Opel Corsa, den wir angeschafft hatten, als Frau und ich in zwei Firmen gearbeitet haben. Selten habe ich ein Auto so gehasst wie den Corsa, der immer kaputt war. Kochender Motor und Anlassprobleme. Genau gesagt "schrie" das Auto wie am Spieß wenn man den Anlasser betätigte. Fußgänger machten bei dem tier- oder eher dämonenhaften Laut einen solchen Satz, dass man befürchten musste, sie würden einen Herzinfarkt kriegen. Ein Corsa 1.2 Swing. Als auch noch die Bremsen nachließen und man pumpen musste, gab sogar der lokale "TÜV" (zu dem man ältere Autos in Taiwan bringen muss) sein OK dazu. Sie rieten zum langsam fahren.
Der Nissan blieb uns ein treuer Begleiter bis 2014, als auch wegen Befestigung für Kindersitze (den in Taiwan jap./kor. Autos nicht haben) ein Volvo angeschafft wurde. Mit 8 Jahren und 185.000 km hatte der Nissan nie Probleme gemacht. Nur einmal waren wir liegen geblieben als ich die rote Batteriewarnung zwei Wochen lang ignoriert hatte. Daraufhin gab die Lichtmaschine bei erst 85.000 km ihren Geist auf. Noch kurz vorm Verkauf mit neuen Stoßdämpfern ausgestattet fuhr sich der Nissan wieder wie ein Neuwagen. In der Rückschau das beste Auto, dass ich je hatte. Der X-Trail nahm 10-12 Liter in Taiwan, der Corsa um die 9.

Angeschafft wurde der Volvo XC 60 T5 mit einem 2-Liter Turbomotor, den Volvo als Sparmotor bezeichnete. Wohl weil er seine geschlagenen 245 PS nur aus 2 Litern Hubraum zog.  Freilich war der Wagen für die oft schmalen Gassen Taipeis viel zu breit und steckte manchmal fast fest. Geschlagene 1.90 Meter breit war er. Und das obwohl er im Innenraum viel enger wirkte als der Nissan X-Trail.

Die Inspektionen waren teuer, mal eben 20.000 NT statt wie vorher 2.000 bis 4.000 NT beim Nissan waren für uns eine ungewohnte Dimension, wenn auch erträglich. Der Verbrauch war horrend. Der "Sparmotor" gurgelte sich zwischen 11.8 und 15 Liter in den Rachen, mit Tendenz zur Steigerung. Unvergessen ist mir das wütende Pipen und die roten Warnungen auf einem großen "taktischen Display" auf dem Armaturenbrett, mit dem der Wagen -ständig- auf das -ständige- Annähern von Mopeds reagierte, deren ungefähre Position auf dem Bildschirm unter wütendem Pfeifen angezeigt wurde. So als gälte es die Phaser auf die Position eines die Tarnung fallen lassenden Klingonenkreuzers bei Star Trek auszurichten.
Die Sicht nach hinten links und hinten rechts beim Spurwechsel war wegen der ansteigenden Seitenlinie schlecht, dafür hatte er jedoch elektronische Helferlein die wiederum Feinde im toten Winkel blinkend anzeigten.
Meine Frau gab mit dem von ihr gewünschten Volvo das Autofahren schlichtweg auf. Sie kam einfach mit der Breite nicht zurecht. Trotzdem wirkte sie immer glücklich in dem dicken Fahrzeug. "Etwas her machen" tat der Volvo auch in Bezug auf die anderen Verkehrsteilnehmer. Während diese mir in der Nissanzeit ständig vor den Kühler kreuzten oder oft in Millimeterabstand auf der Stoßstange hingen, hielten die Taiwaner zu dem Volvo fast immer respektvollen Abstand und stellten manchmal sogar irgendwelche Rennen, in die sie gerade verstrickt waren ein, um manierlich und mit gesetztem Blinker an mir vorbei zu ziehen - erst wenn ich gewillt war ihnen Platz zu machen. Ich gebe zu, ich konnte mit dem dicken Ding gemütlich und entspannt durch Taiwan fahren. So gesehen fiel mir die Trennung am Schluss etwas schwer.
Der Wagen fiel der chaotischen Zeit zum Opfer, in der meine Frau mit dem manilesischen Familienzweig - ihrer Schwester nebst lokalem Manne - fusionierte und mit Junior dort hin zog, während ich nach Deutschland zog. Eine chaotische Zeit, der also auch der dicke Volvo zum Opfer fiele. Das praktisch neue Auto nach 2 Jahren zu verkaufen machte hohen Verlust und heute fährt ihn immerhin teilbezahlterweise die Schwester Nr. 4 meiner Gattin. La Sagrada Familia ist hier sowieso die Hauptsache.

Kaum wieder zurückgekehrt nach Taiwan schmiedete meine Frau Pläne irgendwas dickes mit Stern anzuschaffen. Nun habe ich nichts gegen LKWs, aber wenn diese sich heute auch SUV nennen plädierte ich energisch erst mal für einen Kleinwagen. Wer weiß denn, ob sich unsere Hin- und Herziehphase nicht noch fortsetzt.

So fahren wir derzeit mit der nagelneuen Knutschkugel oben im Bild herum. Ein Nissan Micra, der sich hier March nennt und hier seit recht kurzer Zeit erst so verkauft wird, wie es ihn in Deutschland von 2009 bis 2013 gab (Micra K12). So klein ist ein Kleinwagen heute auch nicht mehr, er hat immerhin ziemlich genau die Ausmaße eines Golf A und man sitzt erstaunlich bequem in dem Ding. Wohl wegen des hohen Daches. Ich will nicht behaupten dass der Vierzylinder mit 1.5-Litern und 99 PS das beste Auto aller Zeiten ist (Motorosierung abweichend von Deutschland), aber er ist trotz Automatik agil im Stadtverkehr und der Verbauch ist auch um Klassen besser als beim Volvo. Fährt meine Frau ihn allein oder mit Junior kommt sie auf 6-7 Liter Verbauch, bei mir hingegen nimmt das Ding 8-9 Liter, obwohl ich viel vorsichtiger mit dem Gas umgehe. Meine Frau wirft das Ding wie einen roten Flummi durch die Gegend und hat mit dem kleinen Auto das Autofahren und die Freude daran wiederentdeckt. Ich hingegen fahre ihn häufig recht missmutig im Vergleich zum Volvo. Fangen doch die Taiwaner wieder damit an, mich ständig mit ihren dicken Limusinen und SUVs zu bedrängen, als gäbe es irgendeinen Preis zu gewinnen.

Egal wie oft ich in die dunkle Tiefgarage komme, so sieht es nie aus (fehlt das Licht denke ich), Bildklau von Nissan Taiwan

Innen hat der Nissan schickes Hartplastik am Armaturenbrett, trotzdem (für seine 570.000 NT) Ledersitze und damit es nicht langweilig wird klappert hinten immer irgendwas. Aber dafür werden sich wohl keine taiwanischen Verwandten darum reißen mit dem Ding einst durch die Gegend zu fahren, wenn wir mal wieder wegziehen. Wir planen ihn für den Fall als Taiwanauto meiner Frau zu behalten und bei einem Freund der Familie unterzustellen.

Da ich nun zwischen Deutschland und Taiwan pendele habe ich auch noch den nagelneuen Mitsubishi von meinem Vater übernommen, der ja leider verstorben ist. Jetzt ist der rote Mitsubishi  ASX schon wieder über ein Jahr alt geworden aber fast immer nur in der Garage stehend meiner Abwesenheit halber und gerade mal 5700km gelaufen.

Weit und breit keine Forstmitarbeiterinnen, um mal am Auto zu posieren.


Frau ist der 117-PS-starke kompakte SUV, der im ruhigen Niedersachsen auch nur zwischen 8 und 9 Litern nimmt ein kleiner Dorn im Auge. Sie mag es eher mit Stern in der letzten Zeit und kauft mir nicht ab, dass der Mitsubishi "Drei Diamanten"-Stern doch fast genau so ist. In die Diskussion fiel Junior mit einer "Volvo Volvo Volvo"-Kaskade ein. Er ist immer noch ein Fan von unserem schwarzen Ungetüm oben im Bild.

Am meisten Spaß gemacht hat mir jedenfalls ein anderer Mitsubishi, Anno 1985 oder 86 frisch führerscheinbesitzend und auf Spritztour in Ostberlin.


Heute finde ich er sieht gar nicht so viel anders aus als das realsozialistische Blech in der Straße. Damals allerdings hatte der "Space Wagon 1800 GLX" in der DDR richtig für Aufsehen gesorgt. Nach Feten (in Der Brrrrrd) konnte man hinten den Siebensitzer in eine Liegefläche verwandeln und drin nächtigen. Übrigens hat er fast identische Breite und Höhe wie der Nissan March oben im Bild. Dabei ist der heute ein Kleinwagen und der Space Wagon war eine ausgewachsene Familienkutsche.

Mehr Bilder von dem Ostberlin-Trip hier: http://osttellerrand.blogspot.tw/2012/07/wie-ich-die-ddr-ruiniert-habe.html
U.a. sieht man dort den Wagen einmal vor westberliner Reichstag und einmal vorm ostberliner Palast der Republik geparkt. Den Fun von damals kann auch ein 400 PS-Mercedes nicht ersetzen (den Gattin im Visier hat).



Freitag, Oktober 20, 2017

UPDATE: Taiwanische Theorien (Doppelte Staatsbürgerschaft, Kindergeld...)

Unlängst hatte meine Frau Kontakt in einem Forum zu einer Taiwanerin, die irgendwie mit Deutschland verbandelt ist. Ihre Theorien, welche Vorteile man hinsichtlich Kindergeld, Staatsbürgerschaft und Schulgeld erlangen könnte veranlassten mich zu neuerlicher Recherche. Hier Theorie und Tatsachen gegenübergestellt. Wer besseres weiß, ist natürlich aufgerufen, dass in den Kommentaren anzugeben, danke.

These 1: Man kann immer Kindergeld in Deutschland bekommen, auch wenn man dort gar nicht lebt.

Tatsachen laut meiner Recherche: Jein. Um in Deutschland Kindergeld für ein nicht in Deutschland wohnhaftes (nicht dort gemeldetes) Kind zu bekommen, muss das Kind meines Wissens nach im Ausland eine gemeinsame Wohnung mit den Eltern bewohnen und ein Elternteil in Deutschland steuerpflichtig sein ODER dort gemeldet sein ODER dort seinen Lebensmittelpunkt haben.

Da ich seit 2016 in Deutschland wieder gemeldet und ein paar Monate im Jahr dort bin und mit Junior und Frau sonst in Taiwan lebe, besteht also die Möglichkeit von Kindergeld, auch wenn ich mir nicht sicher bin. Ich hatte den Antrag ohnehin schon länger liegen und habe ihn nun mit wahrheitsgemäßen Angaben ausgefüllt. Gemeint ist hier nicht dem Amt vorzutäuschen, Junior würde in Deutschland leben. Auslandsdeutsche machen so etwas öfter mal, ich aber nicht.

These 2: Als Taiwaner(in) kann man immer auch die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten, obwohl man die taiwanische behält.

Tatsachen laut meiner Recherche: Nein mit Tendenz zum Jein. Grundsätzlich verlangt die Bundesrepublik Deutschland von einem (etwa durch Heirat/Zuzug und langes Leben im Land) die deutsche Staatsbürgerschaft annehmenden Ausländer die Aufgabe der alten Staatsbürgerschaft. Auch wenn die Republik China alias Taiwan nicht offiziell diplomatisch anerkannt wird, ändert das nichts an diesem Umstand. Allerdings gibt es Fälle, wo die doppelte Staatsbürgerschaft erlaubt ist. Sowieso bei Nachkommen von Deutschen und Ausländern ab Geburt, siehe hier im Blog. Und abgesehen davon in Fällen, indem dem Ausländer (a) bei Aufgabe seiner alten Staatsbürgerschaft unzumutbare Nachteile drohen oder (b) der alte Staat nicht kooperativ ist und die Aufgabe der alten Staatsbürgerschaft verweigert oder bis (mindestens?) zwei Jahre hintertreibt. Ausdrücklich meint Fall (a) NICHT die normalen Nacheile einer Staatsbürgerschaftsaufgabe, etwa nicht mehr wählen zu können.

Ich denke nicht, dass (a) oder (b) auf Taiwan zutreffen. Man könnte aber sicher einen Fall konstruieren, bei dem die Beibehaltung der taiwanischen (R.O.C.) Staatsbürgerschaft erlaubt würde, etwa wenn ein patriotischer Vater der Tochter bei Aufgabe der Staatsbürgerschaft mit Enterbung drohen würde. Das ist von mir spekuliert.

UPDATE: Siehe Kommentare: Taiwan diskriminiert Ausländer bei einigen Regelungen, etwa der Beamtenrente (hier bekommen Ausländer nur geringe Einmalzahlung statt monatl. Rente). Das wäre dann sicher ein gravierender Nachteil, dass man auch die R.O.C. (Taiwan)-Staatsbürgerschaft behalten könnte.
Sollte der taiwanische Staat eigenen Staatsbürgern tatsächlich die R.O.C.-Staatsbürgerschaft automatisch zurückgeben, wenn sie diese zur Erlangung der deutschen oder einer anderen abgelegt haben (lt. Kommentaren ist das möglicherweise so), dann könnten sie auch nach deutschem Recht beide behalten. Nur wenn diese neu beantragt werden müsste ginge das nach deutschem Staatsbürgerschaftsrecht nicht. EDIT: Siehe Kommentare unten. Unklar ist, wie das Neubeantragen des taiwanischen Passes (i.S. des Papierdokuments) von Deutschland aus gesehen würde und ob es zum Entzug der deutschen Staatsangehörigkeit führen könnte. Don't try this at home ohne rechtliche oder anderweitig kompetente Beratung!

These 3: Der deutsche Staats erstattet das (horrende) Schulgeld für die deutschen Auslandsschulen.

Tatsachen laut meiner Recherche: Absolut nicht. Wer da einen Kniff kennt, teilt ihn mir bitte mit und bereitet sich auf ein Geschenkpaket von Ludigel per Post vor.


UPDATE: Kindergeldantrag abgelehnt mit der (ungefähren) Begründung ich würde weder in Deutschland Wohnsitz haben (falsch, bin seit Dez. 2016 amtl. gemeldet) oder steuerpflichtig sein (falsch denke ich, denn meine Bank geht jedenfalls davon aus dass ich mit Meldeadresse in Deutschland auch steuerpflichtig bin, ich ebenfalls). Werde also später Einspruch erheben und Meldebescheinigung und (die noch zu holende) Steuerkarte beilegen.

UPDATE 2: Siehe Fallbeispiele hier im neuen Artikel: http://osttellerrand.blogspot.tw/2017/11/kindergeld.html

Freitag, Oktober 06, 2017

Kurzinfo: Invasion Taiwans 2020?

Zur Diskussion gestellt

http://www.dailymail.co.uk/news/article-4944902/China-drawn-secret-plans-invade-Taiwan-2020.html

Ein Blogkommentator hat es einmal treffend beschrieben. Meist sind es die Englisch"lehrer" in Taiwan mit ihrer Oft-Nichtausbildung aus dem angelsächsischen Sprachraum, die solche Gedanken hegen. Wenn die Haare grau werden, die Gehälter runter und man nicht mehr dem jugendlichen Image der English Teacher für die Kleinen in Happy-Peppy-Spaßsprachschulen in Taiwan entspricht, dann wird die persönliche Sorge vielleicht auf die nationale Lage projiziert und man sieht die chinesischen Truppen schon fast in Taiwan. Hat eh alles keinen Zweck, also noch ein Taiwan Beer.

Oder ist doch was dran an dem Artikel? Tatsächlich verlieren die Chinesen mehr und mehr die Herzen der Taiwaner. Denn die jungen Taiwaner haben meiner Ansicht nach weit weniger mit China am Hut als die Älteren, die mit den Erzählungen von der tollen Heimat der Eltern oder Großeltern groß geworden sind. Also schnell noch eine Invasion, bevor die Taiwaner endgültig zum Ausland werden?