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Freitag, April 22, 2016

Festgenommen wegen Drogenschmuggels in Taiwan: Angehörigen-Info (Update)

Hier das 2016er - Update zum Thema. Im Wesentlichen nur eine aufgeräumte Version des letzten Artikels zum Thema.

Motivation: Immer mal wieder finden Angehörige oder Bekannte von in Taiwan wegen Drogenschmuggels einsitzenden Deutschen oder Deutschen nahestehenden Häftlingen dieses Blog über Google und benötigen Infos. Ich verweise dann immer wieder auf den letzten Blogartikel zum Thema, da mein letzter Besuch bei einem Häftling schon länger zurückliegt und mich mein Gedächtnis zum Thema im Stich lässt. Und beim Durchsehen des Artikels denke ich dann immer "den könntet du mal wieder aufräumen". So auch dieses Mal. Unten die im April 2016 aktualisierte Fassung der Angehörigen-Info.

Vorbemerkung: Ich bin ein in Taiwan lebender deutscher Informatiker und habe mit Drogen oder der Drogenszene rein gar nichts zu tun. Zweimal habe ich auf Anregung einer Blogleserin einen Häftling in Taiwan im Gefängnis besucht. Daraus entstand der erste Artikel zum Thema. Weder heiße ich Drogenschmuggel gut noch stehe ich dem Thema oder den Leuten nahe. Aber Angehörige, die sich Sorgen wegen der Todesstrafe machen benötigen natürlich Info.


Taiwan: besser draußen als drinnen**


Zur Zeit sind mehrere Deutsche in Taiwan in Haft wegen Drogenschmuggels. Die Zahl von Sieben findet sich u.a. hier; seither gab es zwei Rückführungen nach Deutschland und wohl weitere Festnahmen in der Sache.

*

Zunächst schwebt für Angehörige immer die drohende Todesstrafe im Raum, die in Taiwan auf Drogenschmuggel steht. Die Presse spricht immer von drohender Hinrichtung, wenn sie sich mit dem Fall befasst und in einem Auswandererforum gibt es sogar eine Falschmeldung über die Hinrichtung eines Deutschen in Taiwan in den letzten Jahren - ich widerspreche dort energisch.

Grundsätzlich sind in Taiwan jedenfalls in einem irgendwie absehbaren Zeitraum in den letzten Jahrzehnten noch KEINE "Westler" wegen Drogenbesitzes in Taiwan zum Tode verurteilt oder gar hingerichtet worden. So merkwürdig das klingt, nur Taiwaner oder Angehörige diverser asiatischer Nationen sind davon betroffen, Taiwan nimmt Europäer und Nordamerikaner davon offensichtlich aus, sicher um sich in Abgrenzung zur VR-China zivilisiert zu geben - was ja auch zutreffend ist. Die Todesstrafe wird vielleicht vom Staatsanwalt gefordert, aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (und ich denke hier eher an 100%) nicht ausgesprochen werden. Mitlesende evtl. involvierte taiwanische Juristen mögen mir diese kecke Einschätzung verzeihen, natürlich sind die Gerichte unabhängig. Trotzdem denke ich, muss sich niemand über die Todesstrafe Sorgen machen.

 Nicht der Gefängnishof, sondern Parkanlage in Taipei-NeiHu

Die Standardverurteilung in Taiwan wegen Schmuggels von großen Mengen Heroin beträgt Lebenslänglich und auch bei weichen Drogen sähe es wohl nicht anders aus, der strengen Gesetzgebung in Taiwan halber. So weit mir die Fälle bekannt sind, ist der Standardfall eines in Zusammenhang mit dem Drogenimport festgenommenen Deutschen ein Thailand-Residenter (Achtung: Thailand ist NICHT mit Taiwan identisch!), der dort in finanzielle Probleme geraten ist und sich dann vom organisierten Verbrechen überreden ließ, mindestens ein Kilo Heroin nach Taiwan zu schmuggeln. in Taiwan ist der Insellage und hervorragender Kontrollen halber kaum Heroin auf dem Markt zu finden, deshalb ist der Marktpreis hoch und es wird immer wieder versucht etwas hinein zu schmuggeln.

Fast immer werden Drogenkuriere gefasst, angeblich soll es täglich einschlägige Festnahmen geben, allerdings sind nur recht selten Deutsche oder Nordamerikaner darunter.

Es erwarten den Festgenommenen 1-2 Jahre Untersuchungshaft, die in Taiwan allerdings nicht auf die spätere Haftzeit angerechnet werden, am Ende steht also eine Verurteilung zu Lebenslänglich oder eine langjährige Haftstrafe, letzteres nur, wenn hart nachweisbare Fakten zur Milde vorliegen, etwa die erfolgreiche und vor Gericht belegbare Zusammenarbeit mit Interpol (Beweis schwierig, weil Taiwan keine offizielle Zusammenarbeit mit Interpol hat soweit ich weiß, weil Taiwan von den meisten Staaten der Welt nicht diplomatisch anerkannt wird) oder ein ärztliches Attest über einen verwirrten Geisteszustand, wie in einem Fall offenbar geschehen. Man kann Atteste o.ä. in Taiwan ausdrücklich NICHT kaufen gegen Bares; die taiwanische Justiz schaut hier sowieso genau hin beim sensiblen Thema Drogenimport.

Die Haftbedingungen sind zunächst recht gut, da während der Untersuchungshaft und der Prozessdauer eine 2-Mann-Zelle o.ä. zur Verfügung steht statt einer überbelegten Massenzelle. Das Deutsche Institut (DI), die inoffizielle Vertretung Deutschlands in Taipei  (http://www.taipei.diplo.de/Vertretung/taipei/de/Startseite.html), das  wegen diplomatischer Nichtanerkennung Taiwans seitens Deutschlands  die Rolle einer Botschaft (teilweise) übernimmt, sorgt für die Übergabe einer Adressenliste mit Anwälten und besucht den Verurteilten regelmäßig. Hier im Blog erweckte ich einst den Eindruck, diese Betreuung sei unvollkommen. Da möchte ich mich beim DI für entschuldigen, ich wollte damals nur dem Eindruck vorbeugen, das DI könne in Taiwan wesentlichen Einfluss auf den Prozess nehmen der dergleichen, wie das manchmal von Laien vermutet wird.

Die anschließende Haftstrafe wird dann jedenfalls im "Taipei Prison" angetreten, das im Landkreis Taoyuan liegt. Link zum Taipei Prison, englische Webseite: http://www.tpp.moj.gov.tw/mp138.html. Nach 2/3 der Haftstrafe kann der Häftling entlassen werden, bei Lebenslänglich heißt das in Taiwan mindestens 20 Jahre. Seit neuestem gibt es ein Auslieferungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik China (so lautet der formelle Staatsname von Taiwan), nach dem der Häftling zum Absitzen der Reststrafe nach Deutschland überstellt werden kann: http://www.china-observer.de/index.php/2013/11/07/auslieferungsabkommen-zwischen-taiwan-und-deutschland-unterzeichnet/
Offenbar gibt es jetzt ein festgeschriebenes Verfahren zur Überstellung von deutschen Häftlingen. Die ersten zwei der Verurteilten, ein wg. mildernder Umstände nur zu 14 Jahren Haft verurteilter Deutscher und ein anderer mit 16 Jahren Haft-Urteil, sind schon wieder in Deutschland angekommen. Erster schon abgeschlossener Fall http://www.taiwanembassy.org/de/ct.asp?xItem=591566&ctNode=12779&mp=112.
Zweiter Fall: http://www.taipeitimes.com/News/taiwan/archives/2016/03/26/2003642482 (Hinweis vom "Taiwanreporter" über Facebook: https://www.facebook.com/taiwanreporter/posts/10153604479733295?fref=nf).

Ich selbst habe einen deutschen Häftling zweimal im Taipei Prison besucht, mein Bericht dazu hier: http://osttellerrand.blogspot.tw/2009/12/besuch-bei-deutschem-gefangenen-in.html. Ein Foto aus dem taiwanischen NEXT-Magazin mit Blick in eine der überbelegten normalen Vollzugszellen kann man hier sehen: http://osttellerrand.blogspot.tw/2010/09/deutsche-in-uberfullten-zellen-im.html

Zu den Haftbedingungen ist zu sagen, dass die Häftlinge die meiste Zeit und auch die Wochenenden in den engen Zellen verbringen, wochentags in der "Fabrik" arbeiten können, was als angenehme Abwechselung empfunden wird und sonst keinen Freigang im Hof oder dergleichen haben. Das Essen kann man salopp als schlank machende asiatische Kost bezeichnen, unterernährt sind die Häftlinge nicht, aber eben schlank. Belastend ist, dass das in großen Kesseln lange gegarte Essen recht geschmacklos ist, Festtagsessen oder die Teigtaschen ausgenommen, wie mir berichtet worden ist.

Ansonsten sei noch dieses Blog (https://andreasintaiwan.wordpress.com/) eines konfessionellen Gefängnisbesuchers in Taiwan empfohlen, dessen Blog auch Enblicke in die Situation der Gefangenen bietet. Klaus Bardenhagen, deutscher Journalist in Taipei, hat auch gute Infos über die Deutschen und die Todesstrafe in Taiwan: http://www.intaiwan.de/2009/02/11/todesstrafe-in-taiwan/

Zurück zur Haft in Taiwan: Psychisch belastend ist für die ausländischen Insassen, dass sie fern der Heimat sind, es keine sprachliche Anpassung des Gefängnisbetriebes für sie gibt (sie sollen Chinesisch lernen), sie im Gegensatz zu den Einheimischen keinen Verwandtenbesuch bekommen (jedenfalls keinen regelmäßigen) und auch die Essensmitbringsel der Verwandten (die manchmal Essen mitbringen und manchmal im Gefängnisladen für die Gefangenen einkaufen) vermissen, die die einheimischen Gefangenen zur Streckung der Gefängniskost gerne nehmen. Durch das oft feuchtheiße Klima und die Überbelegung kommen noch diverse Hautkrankheiten dazu, in Taiwan ist die Bakterien- und Pilzflora sowieso aktiver als in Europa. Offenbar findet nach einiger Zeit eine Anpassung des Häftlings an die Umgebung statt.

Im Gegensatz zu Asienklischees finden offenbar keine Übergriffe von Wärtern oder anderen Gefangenen auf die ausländischen Häftlinge statt, die Wärter verlangen aber Disziplin von den Gefangenen und bestrafen etwa "Ausflippen" aufgrund des psychischen Stresses mit Isolation. Auch beim Empfangen von Besuch wird vom Häftling eine ordentliche gerade Sitzhaltung verlangt, wie ich selbst sehen konnte.

Was kann man nun tun? Als Nichtverwandter kann man erst mal gar nichts tun, außer sich an die Familie zu wenden und diese wiederum kann vom Deutschen Institut Hilfe und Infos bekommen, Link siehe oben. Um beispielsweise Bücher oder Briefe ins Gefängnis zu schicken, braucht man die Haftnummer des Häftlings, sein Gefangenenkürzel, sein Geburtsdatum etc., Infos die man so nicht hat. Einfach ein Paket schnüren und losschicken geht also nicht, auch weil der Häftling eine Sendung erst beantragen muss.

Wer einen Gefangenen besuchen will, muss wieder die Kontaktinfo haben. Ich musste damals als Nichtverwandter auch erst (über meine Frau) Kontakt mit dem Gefängnis aufnehmen. Wer einen Besuch machen will und die Erlaubnis hat (Verwandte bekommen die immer denke ich, jedenfalls nach der Untersuchungshaft) den kann ich dazu durchaus ermutigen, Taiwan ist ein ordentlich verwaltetes Land mit niedriger Kriminalität, man muss sich da also keine Sorgen machen und das Gefängnispersonal ist hilfreich. Allerdings kann man wohl einen Gefangenen nicht allzu oft besuchen, evtl. nur einmal die Woche, siehe auch meinen Artikel vom damaligen Besuch.
Zu weiteren Besuchen im Gefängnis habe ich leider keine Möglichkeit, da ich aus der Gegend weggezogen bin und durch kleinen Sohn und mehr Verantwortung im Beruf mittlerweile einfach keine Zeit mehr ist.


ANWÄLTE:
Link zu einer mit den Häftlingen befassten Anwaltsseite: http://www.stcoll.de/Rechtsgebiete/Strafrecht/Internationales-Strafrecht/Reisebericht-Taiwan/index.html

GEFÄNGNIS:
Diese Slideshow erlaubt einen Einblick in das Taipei Prison, u.a. auch in eine der überfüllten Zellen: http://www.examiner.com/slideshow/inside-a-chinese-taipei-prison#slide=1

KONSULARISCHE* HILFE:
Bei deutschen Staatsbürgern ist das Deutsche Institut Taipei zuständig:
http://www.taipei.diplo.de/Vertretung/taipei/de/Startseite.html

KEINE HINRICHTUNGEN VON DEUTSCHEN:
Hier nur noch mal der Beleg, dass in den letzten 20 Jahren jedenfalls keine Hinrichtung eines Deutschen in Taiwan stattgefunden hat - andere Westeuropäer werden ebenso behandelt, genauso wie Nordamerikaner. Ich reiche das nach, weil Google immer wieder in einem Forum die Falschmeldung einer Hinrichtung eines Deutschen in Taiwan "vor 4 Jahren" (Stand 2013) auflistet, die von einem anderen Taiwanexpakt in die Welt gesetzt wurde, wohl um ein Abschreckungsszenario zu erzeugen. Die Hinrichtung fand nicht statt, ich zitiere mich selbst auf dem Forum:
Die "Initiative gegen Todesstrafe" nennt (Stand August 2010) in den letzten 20 Jahren nur*** 2 Hinrichtungen an Deutschen, beide in den USA: http://www.initiative-gegen-die-todesstrafe.de/nc/aktuelles/nachrichten/details/article/zum-tode-verurteilte-deutsche-staatsangehoerige.html?cHash=4ef67d1b60&print=1
Es handelt sich um das folgende Dokument, Zitat: (Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Tom Koenigs, Marieluise Beck (Bremen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/2761 –, 26.08.2010)


WAS KÖNNEN NICHTVERWANDTE TUN:
Info von einer Betroffenen: Wenn kein Verwandtschaftsverhältnis vorliegt, müssen offenbar zunächst 1-2 Jahre Untersuchungshaft abgewartet werden, dann kann über die deutsche diplomatische Vertretung in Taipei ein Kontakt zum Häftling hergestellt werden, den dieser initiieren muss (zuerst schreiben).

ÜBERSTELLUNG NACH DEUTSCHLAND:
Taiwan besteht auf im Wesentlichen den selben Bedingungen wie in Taiwan, wenn die Haft in Deutschland abgesessen wird. Eine beliebige Verkürzung ist also nicht möglich. Im Falle des zu 16 Jahren verurteilten hat Taiwan zugestimmt, dass die Haftstrafe auf die in Deutschland für diese Straftat max. möglichen 15 Jahre reduziert wird. Ich vermute, dass Entlassung nach 2/3 weiterhin möglich ist, weil sowohl in Taiwan wie auch in Deutschland möglich. Mir ist unklar, was im Falle der Standardverurteilung von Lebenslänglich (in Taiwan üblich bei Drogenschmuggel ohne mildernde Umstände) möglich ist. Kann da auch überstellt werden? Das wird die Zukunft zeigen.

*auch wenn das Deutsche Institut wegen Nichtexistenter dipl. Anerkennung von Taiwan/Republik China seitens Deutschlands keine offizielle Botschaft ist

** Eine ähnlich Weisheit wie der an der Eingangstür (zum Anmelderaum für Besucher) des Taipei Prison angebrachte Slogan: "You choose: Love or Punishment" / "Sie haben die Wahl: Liebe oder Strafe".

Update: Kürzliche Festnahmen:

Neuseeländer, 02.03.2016, 2.7 kg Heroin: http://focustaiwan.tw/news/asoc/201603020012.aspx

Zwei Taiwaner, Januar 2016, 800g und 200g Heroin: http://www.chinapost.com.tw/taiwan/national/national-news/2016/01/14/456044/Ring-members.htm

Däne, März(?) 2015, 1.5 kg Heroin: http://cphpost.dk/news/dane-faces-death-penalty-for-heroin-smuggling-in-taiwan.html

Zwei Franzosen, eine Schwedin, Januar 2015, zusammen 5kg Heroin: http://www.etaiwannews.com/etn/news_content.php?id=2676224

Insbesondere der Artikel über den Dänen versucht den Eindruck zu erwecken, als stünde eine Hinrichtung bevor. Als Blogger kann man auf solchen Qualitätsjournalismus nur neidvoll blicken. Aber andererseits: Wer $$$ mit Nachrichten machen muss, will halt Leser anlocken.



Dienstag, April 19, 2016

Automobiles... und ein Denkverbot über Statik

An manche Dinge darf man in Taiwan nicht mal denken. Oder nicht mal hinsehen.

Physiker wissen, dass man ein Experiment beeinflusst, indem man es beobachtet. Was irgendwie mit Katzen in Kisten zu tun hat und einer Zyankalikapsel, die mit dem Deckel verbunden ist. Nein, ich habe keine "psychischen Probleme" - wie Leser mir manchmal attestieren, wenn sie Artikel nicht ganz durchschauen. Googeln Sie mal nach "Schroedingers Katze". Genau dieses Beobachten irgendwie instabiler Zustände macht Taiwan so gefährlich. Unvergessen, als ich 2004 hier sah, wie ein Wasserfall bei Starkregen aus einer eingeschalteten Deckenlampe kam und nichts weiter passierte. Besser, man sieht nicht hin, sonst löst sich alles in Funkenregen und Stromschlag auf.


Oder als ich neulich sah, wie bei uns in NeiHu (Stadtteil von Taipei) jemand eine Kerze in den offenen Motorraum gestellt hatte, um ihn spätabends bei der Reparatur zu beleuchten. "Intelligenter Mann", dachte ich noch. "Spart Strom". Doch dann musste mein teutonischer Verstand sofort an die Brandgefahr denken und in der selben Sekunde fing der Motorraum Feuer. Schien den Mann aber nicht aufzuregen, er griff routiniert zum Feuerlöscher und löschte sein brennendes Auto. Waren ja nur ein paar Flammen auf dem Motorblock, nicht so wild. Mein Fehler: Ich hatte nicht nur hingesehen, sondern auch noch drüber nachgedacht.
Und hier oben die E-Klasse* (in der seltenen Taxiversion, sind sonst alles Toyotas) auf dem Wächterhäuschen eines Schrottplatzes? Nun, oft macht man da wegen der Hitze ein zweites Blechdach drüber oder desgleichen. Und eine E-Klasse ist nun mal aus Blech. "Nicht drüber nachdenken", kommt immer immer in den Sinn, wenn ich wieder mal wegen der roten Ampel an der Kreuzung zu unserem Volvo-Händler anhalten muss neben dem fliegenden Benz. Auch nicht darüber nachdenken, was ein Erdbeben hier an Masseschwingung auslösen könnte. Erdbeben hat man ja laufend in Taiwan.

Augen lieber auf die neuen Volvos, gleich vor dem Netz eines asiatischen Golfplatzes, wo die Leute auf drei Etagen in kleinen Boxen stehen und Golfbälle sinnlos auf einen von selbigen übersäten Platz dreschen. "Was machen die da bloß?",  fragte meine Frau, als wir an der Ampel dort halten mussten (wegen dem Mercedes fragt sie nie). "Bist Du wirklich Asiatin?", hätte ich fast gefragt.

Nicht ablenken lassen darf man sich auch von kleinen orange oder rosa-weiß farbenen Dingen, wenn man in Taipeis Einkaufsmeilen eine Querstraße passiert. Aus dem Sichtschutz der Unterwäschesäule kann plötzlich ein mit hoher Geschwindigkeit um die Kurve rasendes Auto kommen, dass einen schlichtweg überfahren würde, wenn man nicht als Fußgänger auf Draht ist, so wie es mir und Frau und Junior fast neulich passiert wäre. Der Fahrer des schicken 5er-BMWs hatte die teutonisch-perfekte Fahrwerksauslegung fast zum Nachteil von zwei anderen Teutonen und der taiwanischen Frau und Mutter bis in den Grenzbereich ausgenutzt. Taiwanischer Wahnsinn und teutonische Ingenieurskunst in unheilvoller Kombination.

Apropos Wahnsinn. Auch Ludigels Schlichtwohnung im von Frau bevorzugtem Schlichtwohnviertel hat manchmal merkwürdige Ansichten zu bieten. Juniors Elektro-New Beetle hat dazu geführt, dass er in der engen Wohnung schon rangieren kann mit 4 wie ein Profi-Autofahrer - auch wenn wir ihm zur räumlichen Entlastung noch ein Elektro-Dreirad gekauft haben. Man muss aufpassen, wenn er damit ohne zu gucken um die Ecken der Wohnung düst. Früh übt sich, wer am taiwanischen Straßenirrsinn teilnehmen will.

Man sieht es nicht gleich, aber oben im Bild steht ein weißer Bentley vor einer hinter der Mauer versteckten Autowäsche oder Autowerkstatt, die sich laut Schild "Big Man" nennt. Gleich hinter der Kurve mit dem alten Mercedes vom ersten Bild. Dort stehen immer Porsches und Bentleys und so ein Zeug herum und die Kunden schlürfen Saft an Schirmtischen, während die Karre poliert. Der Trend zur Bonzenkarre hält an. Als ich früher in der Parkgarage des Restaurants "Cha for Tea" meinen Nissan parkte, waren da noch nicht so viele Nobelkarossen. Letztlich aber parkte ich meinen Volvo (der den Nissan nach Wunsch von Frau ersetzt hat) neben einem Maserati und wunderte mich über die Dichte an Porsche (Cayenne), Mercedes und Lexus. Haben die die Preise erhöht in dem Schuppen? Oder reduziert, so dass die Leute mehr Geld fürs Auto über haben.

Wie dem auch sei, seinen Sie vorsichtig da draußen im Verkehr - bei feuchtem Wetter fliegen die E-Klassen wieder tief etc. pp.


* Aka W124, anfangs hieß die Reihe ja auch noch gar nicht E-Klasse

Montag, April 18, 2016

Missionar auf Fahrrad überfahren: tot

Tragischer Unfall eines Mormonen-Missionars

Die Mormonen-Missionare sind in Taiwan in der Ausländergemeinde fast schon ein Runnig Gag. Ich selbst hatte mal ein Duo der jungen Männer in einer dunklen Seitengasse erlebt und einer der pickeligen jungen Männer sprach mich an und sagte "Ich habe eine gute Nachricht von Jesus für dich". Da sah man so richtig die Marketingabteilung der Kirchenfirma bei der Arbeit. In einer dunklen Gasse war das grenzwertig unheimlich, fand ich.

Nervig sind die manchmal aufdringlichen jungen Männer möglicherweise, aber man gönnt ihnen natürlich ihre Mormonen-in-fremden-Ländern - Abenteuerjahre. Die nur für junge Männer gelten übrigens, die Moromonen-Jungmitgliederinnen dürfen nicht teilnehmen. Auch auf dem Fahrrad fielen sie mir schon in Taipei auf. Radfahren wird ja massiv angeworben, seit es überall die Youbikes gibt, wo man gegen Geldkarte einfach ein Mietfahrrad aus einem Ständer ziehen und an irgendeinem anderen Ständer wieder anstellen kann. Obwohl es hier fast keine Radwege gibt und Radfahren brandgefährlich ist ob der rücksichtslosen Autofahrer. Von den aggressiv-gleichgültigen und unter Substanzeinfluss stehenden LKW-Fahrern mal abgesehen.

Leider ist ein junger Missionar nun beim Radfahren in Taichung zu Tode gekommen, wohl durch einen simplen Sturz, so dass andere wohl keine Schuld trifft. Ich würde mir trotzdem wünschen, dass die Mormonenkirche ihren naiv wirkenden Jungmissionaren Taxi und MRT (U-Bahn, Hochbahn) statt Fahrrad ans Herz legen würde. Die Verkehrsdichte ist einfach viel zu hoch fürs Teilnahmen am Straßenverkehr mittels Fahrrädern, insbesondere wenn Westler draufsitzen, die anderes gewohnt sind.

http://www.deseretnews.com/article/865652049/LDS-missionary-in-Taiwan-dies-after-vehicle-strikes-his-bike.html

Donnerstag, April 14, 2016

Jesus gefunden

Buchstäblich. Wenn ein Kruzifix zählt.

Letztes Wochenende plagten mich ... interne Beschwerden, die wohl auf eine Wanderung einer Erkältung in tiefere Regionen zurückzuführen waren und mir daher die Post-OP-Beschwerden nach meiner vergangenen Operation wieder stärker zum Vorschein brachten. U.a. war ich intern "aufgeblasen" und dagegen hilft... Kümmel. Der ist in Taiwan wohl eher ein exotisches Gewürz und ich suchte ihn erfolglos in Geschäften bei uns in NeiHu, bis ich ihn letztlich in der eigenen Küche fand: übriggebliebene Gewürze von dem einst von uns betriebenen italienischen Restaurant. Ich mag ein kurzes Stoßgebet an den Herrgott geschickt haben, denn jetzt konnte ich mir einen Kümmeltee aufsetzen, der mich alsbald vom Gros der Beschwerden befreite.

Beim Weg zur nächstgelegenen Garküche kam mir dann so in den Sinn im Blog von meiner Anrufung des Herrgotts in satirischer Form zu schreiben, Marke "dank verdorbenem Magentrakt zu Jesus gefunden", doch ich verwarf den Gedanken sofort wieder als zu banal und wenig lustig. Wie man eben so manches kurz andenkt und dann wieder verwirft.



Doch statt meinen gewöhnlichen Heimweg zu nehmen ging ich diesmal aus einer Laune heraus durch ein paar Hintergassen. Verblüfft war ich, dort ein winziges Kruzifix in der Gosse zu finden. Ein billiger Blechartikel sicher nur, mit kaputter Öse mit Haltekettenresten dran. Offenbar ein verlorener Schlüsselanhänger. Erst wollte ich ihn auf einen Mauervorsprung legen, damit ihn der Eigentümer wieder finden könnte. Andererseits war das Ding scharfkantig und bei solcher Präsentation bestand die Gefahr vom Verschlucken durch Kleinkinder. Auch hätte die in der Nähe arbeitende Müllfrau (alte Frauen, die in Taipeis Straßen nach Müll suchen) sicher das Ding als Metallschrott mitgenommen. Außerdem ist es ja ein extrem geringwertiger Artikel und mir rang noch das "Jesus gefunden" aus meinen Gedanken im übertragenen Sinne in den Ohren. So ziert das Kruzifix heute meine schwarze Handyhülle. Sieht sicher etwas streng aus, ist aber sicher auch praktisch. Wo man ein Handy fast immer zur Hand hat kann man so schnell den nächsten Vampir oder eine Ausgeburt des Bösen in die Schranken weisen. "Vade retro satanas!" und nebenbei kann man weiter die Nachrichten lesen.

Aber schon irgendwie unheimlich, wer alles mithört, wenn man so in Gedanken ist.


 

Dienstag, April 12, 2016

Essen Taiwaner Hunde?

Na, besser als umgekehrt, oder?

Und im 12. Jahr dieses Blogs haben wir den Hundeverzehr der Taiwaner (auf dem Lande im Wesentlichen) endlich in einem akademischen Harvard-Papier verewigt gefunden:

https://dash.harvard.edu/handle/1/8889451

Dieser Link wird den Newbies eine Lehre sein, die immer sagen, die Taiwaner würden keinen Hund essen. Augenzwinker.





Mittwoch, April 06, 2016

Mehrere Angriffe auf Kinder durch "Trittbrettfahrer"?

Im Nachhall der grauenhaften Ermordung einer Vierjährigen auf offener Straße berichtete das TV am verlängerten Wochenende von mehreren Messerangriffen auf Kinder

Die vibrierende, überbevölkerte und dauergestresste Insel Taiwan zeigt sich die Tage nicht von ihrer besten Seite. Das TV meldete am verlängerten Wochenende (Montag und Dienstag waren Feiertage), dass in Tainan und anderswo mehrere Kinder mit Messern angegriffen worden sind. Die Medien legten Trittbrettfahrer-Taten nahe, vgl. den ursprünglichen Fall hier: http://focustaiwan.tw/news/asoc/201603280008.aspx 

Da der Mord das Gesprächsthema Nr. 1 auf der Insel ist, beschäftigt er natürlich auch die geistigen Problemfälle, die in Taiwan noch weniger medizinisch versorgt werden als das vielleicht in Mitteleuropa der Fall ist.
Der Tainan-Fall ist hier genannt: Der Exfreund einer Mutter drang gewaltsam in die Wohnung seiner Ex-Freundin ein, in der sich nur noch eine der Töchter der Frau befand. Er hielt die 12jährige mit einem Messer am Hals als Geisel und verletzte sie am Ende schwer im Halsbereich. Das Mädchen konnte gerettet werden. http://www.straitstimes.com/asia/east-asia/girl-12-slashed-in-latest-knife-attack-in-taiwan
Edit: Der selbe Artikel erwähnt, ein Mann, der mit zwei Messern vor einer Grundschule im Taichung "herumlungerte", sei festgenommen worden.

Kinder von Ausländern stechen hier in der Masse etwas heraus. Jeder muss selbst wissen, ob er das Risiko als groß genug ansieht, um ein bisschen kritischer zu gucken, ob ein gestresst oder aggressiv wirkender Mitsteuerzahler Kurs auf das eigene Kind nimmt. Bei Familie Ludigel gehört das gerade zum Standardprogramm. Nicht vergessen sollte man aber, dass die Hauptgefahr von den rücksichtslos fahrenden Autofahrern ausgeht. Familie Ludigel hatte eine der kleinen Einmündungen von den Fußgängerzonen in Taipei-Zentrum schon zu einem Drittel überwunden, da raste von hinten ein 5er-BMW heran, schnitt Frau, Junior und mir fast die Fußspitzen ab und raste davon. Hätte ich die Kopfhörer-tragende Frau und Junior nicht physisch blockiert, wäre vielleicht sonstwas passiert.

Aber wie würden unsere pfiffigen Gastgeber dazu sagen: Kind erstechen oder erschlagen ist nicht gut, überfahren aber sicher in Ordnung. Wenn man schnell von irgendwo her sein Stinky-Tofu kaufen will.

Einen Mittwochsgruß in das graue Taipei. Passen wir alle auf unsere Kinder auf, damit es grau bleibt und nicht noch "grauenhaft" wird.

Vorbericht: http://osttellerrand.blogspot.tw/2016/03/bei-mir-in-der-nahe-kleinkind-enthauptet.html