Taiwan-Neuling lesen bitte den Artikel nicht sondern springen zur Sondersektion für Taiwan-Newbies am Ende. Danke!
Taiwan hat ja, wie wir auch hier öfter mal angesprochen haben, eine deutliche höhere Gewaltrate als Deutschland, jedenfalls was die "Homicide"-Rate, also die Rate an Mord- und Totschlag angeht. Wie das zu Taiwans supersicheren Straßen passt, haben wir auch hier im Blog mit einer höheren Rate an bandeninternen Schießereien, aber auch familiärer Gewalt in Taiwan erklärt. Von fliegenden Fäusten in Taiwanfamilien, jedenfalls hier in meinem Taipei-chinesischen Umfeld, habe ich durch meine Frau auch des öfteren gehört. Fast alle ihre Freundinnen klagen immer mal, vom Gatten verprügelt zu werden. Das Taiwan-TV sorgt da für die hinreichende Einnordung der jungen taiwanischen Zuschauer: Immer wenn sich zwei Leute im Büro gegenüber sitzen, wird gleich einer den anderen Ohrfeigen - Gott sei Dank nur im Fernsehen. Keine Szene in den mir bekannten so friedlichen Parks in Taipei, in denen nicht muskelbepakte Herren eine zierliche Frau oder einen einzelnen Herren zusammenschlagen und -treten und irgendwo hin verschleppen. Jeden Tag, unendlich in dieser TV-Marathon-Seiferoper mit immer wieder den gleichen Schauspielern. Aber nur im Fernsehen, nicht in der Realität. Aber die Shows suggerieren Gewalt als Mittel privater Auseinandersetzung und so ist es auch schwierig Junior zu erklären, nicht gleich auf das Notebook mit dem Mickey-Mouse-Zauberstab einzudreschen, wenn ihm irgendwas nicht passt am Programm. Wenn doch die Leute da im TV es genauso machen.
Kein Grund, gleich aus dem Fenster zu springen...
Wir männlichen Expats kennen von der Heimgewalt im wesentlichen fliegende Möbel, da brauch mal halt Pattex und viel Geduld und gut ist. Praktisch auch, wenn sie das Notebook im Fluge selbst herunterfährt, weil der Desktop durch eine Fehlfunktion bei unter 98,8% Strom schon einen kritischen Ladezustand sieht und den Rechner linuxtypisch schnell binnen Sekunden herunterfährt. Kabel rausreißen und das Ding olympiareif durch die Gegend werfen dauert halt ein paar Sekunden und so trifft das Notebook dann auf die Fliesen mit sicher arretierter Festplatte. Sie sollten aus dem Bug ein Feature machen, als Asien-Expat - Spezialedition von Fedora Linux.
Aber jetzt muss ich gar nicht aus dem linuxtechnischen Nähkästchen plaudern. Überlassen wir das Wort einem anderen Expat, der es wohl recht extrem erwischt hat, weil es bei ihm erst im 10. Ehejahr losgeht. Bei ihm hantiert die Gattin sogar mit dem Messer und droht mit Selbstverletzung und Selbstmord. So isser spät dran und macht es heute erst mit:
http://www.forumosa.com/taiwan/viewtopic.php?f=92&t=132381
EDIT: Gacker: Und hier ist ein Thread, wo jemand Taiwan verlässt und seine Psychopharmaka an einen anderen Expat abgeben will: http://www.forumosa.com/taiwan/viewtopic.php?f=54&t=132421.
Wenn er draußen ist, braucht er das Zeug nicht mehr. Prust, Wieher ;-)
Auch das gehört irgendwie zur Taiwangeschichte dazu. Taiwan hat halt eine konfuzianische Kultur. Probleme ansprechen ist unfein und droht Gesichtsverlust zu erzeugen, Hinweise zu Konflikten müssen eben aus dem sozialen Umfeld anhand schwacher Signale erkannt werden. Klappt mit Ausländergatten in der Regel nicht. Bei Taiwaner aber auch nicht. Deswegen fressen Taiwaner manchmal monatelang Konflikte in sich rein, lächeln immer nur bis dann irgendwann der Druck so groß wird, dass die filmreif ausflippen und man in D-Land an die Beruhigungsspritze und das Gummizimmer denken würde.
Alles nicht so wild. Und die Möbelträger würden taiwantypisch die Möbel eh zerlegen beim nächsten Umzug, warum also aufregen. Bei mir ist schon seit Jahren fast immer alles ruhig. Ich sitze derzeit viel bei Seven-Eleven und esse Obst und lese Frederik Pohls Gateway-Zyklus zum zweiten Mal. Wenn unsere tapferen Raumfahrer dort am Ende endlich die mysteriöse Rasse "HeeChee" finden, sind sie sicher so vernünftig und normal geschildert wie es eben in westlichen SciFi fast immer der Fall ist. Dabei gibt es doch schon auf der Erde ganz andere Kulturen, die viel bizarrer sind. Meine Taiwanfamilie hat derzeit auch so einen Taiwanwinnie-Zirkus am laufen, die Attacken der den Ton angebenden "Ersten Schwester" auf meine Kleinfamilie haben auch meine Frau aus der emotionalen Balance gebracht und all die Pläne mit Kündigung und Familienbetrieb-in-Manila-aufmachen sind wohl nur nicht ernst zu nehmende Symptome dieses sich gegenseitig emotional hochschaukelnden Taiwaniwinnie-Familienspiels. Ich zucke mit den Schultern und warte was da kommt. Kündigen wir nun doch oder nicht? Was weiß ich was sich die wirklichen Heechee gerade ausdenken. Ist mir auch egal im 11. Jahr. Wie gesagt, bei mir ist es ruhiger als bei dem Expatkollegen im Link. Gut, so ein Jahr in der Arktis das Thermometer ablesen und nur alle drei Monate mal Besuch vom Versorgungsflugzeug kriegen wäre schon das Richtige für mich. Aber da schmilzt ja schon das Eis und sie bauen bald Brokkoli an, wie ich gelesen habe. Und dann kommen bestimmt auch die Taiwaner da hin.
Ein toller Job, besser als im Kloster, müsste sonst noch bei der Hongkong-Post zu haben sein. Die brauchen manchmal 8 Wochen, bis sie einen Brief von Hongkong nach Taipei zustellen. Oder länger. Die müssen eine himmlische Ruhe haben da im Büro....
Hier die Kurzform für Taiwannewbies:
Begin
Taiwan ist so toll, tolle Tempel, freundliche Menschen, tolles Essen. Und die Vertrieblerin beim Hardwarehersteller war soooo freundlich und lächelt so nett.
End
So haben wir die beiden Sichtweisen des eingeheirateten Langzeit-Expats und des Kurzzeitbesuchers oder Taiwan-vom-Hörensagen-kennen oder Business-only-No-local-Family-Expats beide harmonisch im Blog nebeneinander ;-)