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Montag, Juni 30, 2014

Die Dinge, die man nie erwäht

Heute mal im Ausländer-Forum, was man in Blogs immer verschweigt
Taiwan-Neuling lesen bitte den Artikel nicht sondern springen zur Sondersektion für Taiwan-Newbies am Ende. Danke!

Taiwan hat ja, wie wir auch hier öfter mal angesprochen haben, eine deutliche höhere Gewaltrate als Deutschland, jedenfalls was die "Homicide"-Rate, also die Rate an Mord- und Totschlag angeht. Wie das zu Taiwans supersicheren Straßen passt, haben wir auch hier im Blog mit einer höheren Rate an bandeninternen Schießereien, aber auch familiärer Gewalt in Taiwan erklärt. Von fliegenden Fäusten in Taiwanfamilien, jedenfalls hier in meinem Taipei-chinesischen Umfeld, habe ich durch meine Frau auch des öfteren gehört. Fast alle ihre Freundinnen klagen immer mal, vom Gatten verprügelt zu werden. Das Taiwan-TV sorgt da für die hinreichende Einnordung der jungen taiwanischen Zuschauer: Immer wenn sich zwei Leute im Büro gegenüber sitzen, wird gleich einer den anderen Ohrfeigen - Gott sei Dank nur im Fernsehen. Keine Szene in den mir bekannten so friedlichen Parks in Taipei, in denen nicht muskelbepakte Herren eine zierliche Frau oder einen einzelnen Herren zusammenschlagen und -treten und irgendwo hin verschleppen. Jeden Tag, unendlich in dieser TV-Marathon-Seiferoper mit immer wieder den gleichen Schauspielern. Aber nur im Fernsehen, nicht in der Realität. Aber die Shows suggerieren Gewalt als Mittel privater Auseinandersetzung und so ist es auch schwierig Junior zu erklären, nicht gleich auf das Notebook mit dem Mickey-Mouse-Zauberstab einzudreschen, wenn ihm irgendwas nicht passt am Programm. Wenn doch die Leute da im TV es genauso machen.

 Kein Grund, gleich aus dem Fenster zu springen...

Wir männlichen Expats kennen von der Heimgewalt im wesentlichen fliegende Möbel, da brauch mal halt Pattex und viel Geduld und gut ist. Praktisch auch, wenn sie das Notebook im Fluge selbst herunterfährt, weil der Desktop durch eine Fehlfunktion bei unter 98,8% Strom schon einen kritischen Ladezustand sieht und den Rechner linuxtypisch schnell binnen Sekunden herunterfährt. Kabel rausreißen und das Ding olympiareif durch die Gegend werfen dauert halt ein paar Sekunden und so trifft das Notebook dann auf die Fliesen mit sicher arretierter Festplatte. Sie sollten aus dem Bug ein Feature machen, als Asien-Expat - Spezialedition von Fedora Linux.

Aber jetzt muss ich gar nicht aus dem linuxtechnischen Nähkästchen plaudern. Überlassen wir das Wort einem anderen Expat, der es wohl recht extrem erwischt hat, weil es bei ihm erst im 10. Ehejahr losgeht. Bei ihm hantiert die Gattin sogar mit dem Messer und droht mit Selbstverletzung und Selbstmord. So isser spät dran und macht es heute erst mit:

http://www.forumosa.com/taiwan/viewtopic.php?f=92&t=132381

EDIT: Gacker: Und hier ist ein Thread, wo jemand Taiwan verlässt und seine Psychopharmaka an einen anderen Expat abgeben will: http://www.forumosa.com/taiwan/viewtopic.php?f=54&t=132421.
Wenn er draußen ist, braucht er das Zeug nicht mehr. Prust, Wieher ;-)


Auch das gehört irgendwie zur Taiwangeschichte dazu. Taiwan hat halt eine konfuzianische Kultur. Probleme ansprechen ist unfein und droht Gesichtsverlust zu erzeugen, Hinweise zu Konflikten müssen eben aus dem sozialen Umfeld anhand schwacher Signale erkannt werden. Klappt mit Ausländergatten in der Regel nicht. Bei Taiwaner aber auch nicht. Deswegen fressen Taiwaner manchmal monatelang Konflikte in sich rein, lächeln immer nur bis dann irgendwann der  Druck so groß wird, dass die filmreif ausflippen und man in D-Land an die Beruhigungsspritze und das Gummizimmer denken würde.

Alles nicht so wild. Und die Möbelträger würden taiwantypisch die Möbel eh zerlegen beim nächsten Umzug, warum also aufregen. Bei mir ist schon seit Jahren fast immer alles ruhig. Ich sitze derzeit viel bei Seven-Eleven und esse Obst und lese Frederik Pohls Gateway-Zyklus zum zweiten Mal. Wenn unsere tapferen Raumfahrer dort am Ende endlich die mysteriöse Rasse "HeeChee" finden, sind sie sicher so vernünftig und normal geschildert wie es eben in westlichen SciFi fast immer der Fall ist. Dabei gibt es doch schon auf der Erde ganz andere Kulturen, die viel bizarrer sind. Meine Taiwanfamilie hat derzeit auch so einen Taiwanwinnie-Zirkus am laufen, die Attacken der den Ton angebenden "Ersten Schwester" auf meine Kleinfamilie haben auch meine Frau aus der emotionalen Balance gebracht und all die Pläne mit Kündigung und Familienbetrieb-in-Manila-aufmachen sind wohl nur nicht ernst zu nehmende Symptome dieses sich gegenseitig emotional hochschaukelnden Taiwaniwinnie-Familienspiels. Ich zucke mit den Schultern und warte was da kommt. Kündigen wir nun doch oder nicht? Was weiß ich was sich die wirklichen Heechee gerade ausdenken. Ist mir auch egal im 11. Jahr. Wie gesagt, bei mir ist es ruhiger als bei dem Expatkollegen im Link. Gut, so ein Jahr in der Arktis das Thermometer ablesen und nur alle drei Monate mal Besuch vom Versorgungsflugzeug kriegen wäre schon das Richtige für mich. Aber da schmilzt ja schon das Eis und sie bauen bald Brokkoli an, wie ich gelesen habe. Und dann kommen bestimmt auch die Taiwaner da hin.

Ein toller Job, besser als im Kloster, müsste sonst noch bei der Hongkong-Post zu haben sein. Die brauchen manchmal 8 Wochen, bis sie einen Brief von Hongkong nach Taipei zustellen. Oder länger. Die müssen eine himmlische Ruhe haben da im Büro....


Hier die Kurzform für Taiwannewbies:
Begin
  Taiwan ist so toll, tolle Tempel, freundliche Menschen, tolles Essen. Und die Vertrieblerin beim  Hardwarehersteller war soooo freundlich und lächelt so nett.
End

So haben wir die beiden Sichtweisen des eingeheirateten Langzeit-Expats und des Kurzzeitbesuchers oder Taiwan-vom-Hörensagen-kennen oder Business-only-No-local-Family-Expats beide harmonisch im Blog nebeneinander ;-)

Freitag, Juni 27, 2014

Hass auf die Tür

Man kann Türen hassen. Doch wirklich

Dieser Tage ist alles etwas unstet. Wie bereits berichtet will meine Frau ihr Bürodasein mit seinen 18+-Arbeitsstundentagen (Heimrechnertätigkeit manchmal am frühen morgen mitgerechnet) beenden und ich würde mich dann anschließen, aus vielerlei Gründen. Mein selbst zusammengebautes Rechnernetz (buchstäblich aus Motherboards etc. konfiguriert) mit seinen zahlreichen Linux-OS wird mir sicher fehlen, wie auch die Arbeit. Auch wenn die Arbeitstage taiwantypisch überlang waren.



Wohin dann? Frau will mit dem Reflex von Taiwanern in den Mitt-40ern (die meist in diesem Alter gekündigt werden in den Techfirmen und nicht selbst kündigen wie wir es wohl tun werden) einen eigenen Kleinbetrieb aufmachen. Bei fast allen Taiwanern wäre das eine Garküche, in der Muttern und Frau stehen während er noch Taxi dazu fährt. Frau hingegen will mit meiner Assistenz den Familienbetrieb wiederbeleben, entweder hier in Taipei oder auch in Manila auf den Philippinen, wo ihre Schwester schon erfolgreich geschäftlich tätig ist. Für mich sind das alles noch Fragezeichen. Gut, hier in Taipei hatte meine Frau es damals geschafft, den winzigen Betrieb als kleinen Test- und Lernfall in die Gewinnzone zu führen, durch hartes Management und wir hatten dann den Betrieb an unsere Geschäftsführerin veräußert mit Gewinn, die diesen unbedingt allein und selbst führen wollte. Nur um dann kurze Zeit später Richtung Minus zu gehen. Heute ist der Familienbetrieb von damals wiederum von der glücklosen Geschäftsführerin verkauft und wir würden sicherlich heute eine Nummer größer aufmachen. Hier oder in Manila. Nicht in Bagdad. Frau ist neuerdings auch Brasilienfan, fast hätte ich ihr eben beim Frühstück vorgeschlagen, wir könnten ja auch nach Brasilia ziehen und Michael-Jackson-Teigtaschen verkaufen. Bei denen fällt dann die Nase ab, wenn man sie schüttelt.



Gut, ich bin die Tage genervt, für mich gibt es auch die Option wieder zurück nach Deutschland zu gehen, um als Informatiker weiterzuarbeiten. Auch schon weil das Familieneinkommen mit "Familienbetrieb" drastisch geringer wäre als es bisher ist. Der vielen Fragezeichen halber blogge ich die Tage wenig.


Verdammte Glastür (heute laufen auf dem TV nur noch Taiwan-Seifenopern)

Die Tür in der Überschrift steht übrigens nicht metaphorisch für sich anbahnende Änderungen sondern für die Schiebe-Glastür in unserer Wohnung im heimatlichen Militärveteranen-Schlichtwohnviertel, wo der Durchschnittseinwohner die Kriterien "alt, depressiv, trauert Chiang Kai Shek nach und sammelt alte Pappkartons" erfüllen muss. Müll aus dem Fenster zu werfen, damit er auf den Vordächern vor sich hin gammelt ist eine Option, die Gott sei Dank langsam aus der Mode kommt. Außer bei der Wohnpartei direkt hinter Ludigels Rückfenstern. Unsere Glasschiebetür jedenfalls ist original von 1969 und bestimmt noch vom glatzköpfigen  Diktator Chiang handgewichst. Die alten Schiebetüren verknarzen und verkanten sich in ihrem Altöl (noch original Haarwichse aus Chiangs Jugendzeit). Natürlich immer nur wenn ich sie anfasse, nie bei meiner Frau. Das ist die Rache des alten Diktators. Gestern 22 Uhr, wir sind gerade aus dem Büro zurück, Frau will endlich die Tür reparieren. Ich sage lass es, das dauert Stunden und ist morgen sowie wieder kaputt. Frau sagt, ich bin schuld, immer bei mir geht es kaputt. Ich sage, die ist seit 1985 kaputt und wer von uns will denn immer im Schlichtwohnviertel wohnen seit 2004. Frau sagt völlig korrekt ich soll die Klappe halten und lieber wieder mit anfassen. Mir rutscht bei 28 Grad das glatte Metall aus der Hand. Junior macht sich um 23.01 Sorgen, dass Mama und Papa mit herausgenommenen Flügeln der antiken Schiebefenster ein Duell ausfechten. Frau lächelt ihn an und sagt alles ist in Ordnung, nur um mir von hinten...
Ich hole schließlich das Öl. Caramba, dann geht alles recht schnell, dank des handwerklichen Geschicks meiner Frau und einer zweiten Session von 23.45 bis 0.00 Uhr. Nur dass Frau dann Atemnot bekommt, weil sie gegen das Schmierspray allergisch ist. "Das ist die letzte Schlichtwohnung in die ich eingezogen bin!", entfährt es mir irgendwann. "Tür kaputt!" stimmt Junior zu.

[Neue Szene. Einblendung "6 Monate später". Kamerafahrt auf eine graue Wohnstraße mit Smog und Müllhaufen in Metro Manila.... der Einzugswagen fährt vor. Und Action!]


Montag, Juni 16, 2014

Kindergarten, Englisch-Teacher, Junior (Update)

Einführungstag in einem "Kindergarten" in unserer Nähe.

Taiwan ist voller Vorschulen, die sich auf Chinesisch "Buxiban" (gesprochen: Bushiban) nennen und an die Stelle unserer Kindergärten treten. Englischsprechende Taiwaner und zumindest die Expats aus angelsäschischen Ländern hier verwerden dafür auch tatsächlich das deutsche Wort "kindergarten". Abgekürzt auch "kindy" genannt. Diese Kindergärten beschäftigen oft westliche Ausländer, desto weslich aussehender desto besser und das kurioserweise meist illegal, so dass die "Englischlehrer" dort die gelegentlich stattfindenden und in der Bevölkerung populären Weißen-Razzien zu fürchten haben Ein Bericht über eine ist hier in diesem Artikel im Blog: http://osttellerrand.blogspot.de/2014/04/englishlehrer-razzien.html

Wie dem verlinkten Artikel auch zu entnehmen ist, können Ausländer auch legal als Englischlehrer in einer der kleinen Privatschulen arbeiten, dann müsste es sich aber um eine "Cram-School", also eine Nachhilfsschule handeln, die aber erst Schüler ab dem Schulalter annehmen darf. Und die Lehrer müssen aus einem Land mit Englisch als Muttersprache kommen und über einen "English-Major" verfügen. Damit ist kein Offizier der britischen Streitkräfte gemeint, sondern ein Uni-Abschluss im Fach Englisch.

Auf der Einführungsveranstaltung eines dieser Kindergärten, die wir einmal aus Interesse mitgemacht hatten, weil der Kindergarten nun mal in unserer Nähe lag, konnte ich dann auch das erste Mal einen Englischlehrer live erleben. Trotz allen Klamauks, der auch hier schon oft im Blog über Englischlehrer in Taiwan zu lesen war, muss man natürlich sagen, dass es auch die charismatischen "echten" Kindergärtner gibt, die einfach einen tollen Unterricht herbei zaubern. Der Mann in den 30ern sprach ein klares, akzentfreies Englisch und machte zusammen mit zwei jungen Taiwanerinnen als Co-Teacher eine tolle Show mit Singen, Basteln und Dialogen. Die Kinder waren begeistert - seine reguläre Klasse war anwesend - und er war ein richtiges Showtalent dabei, so locker vor der Menge diesen kinderbegeisternden Unterricht abzuziehen. Respekt!

Als ich später Gelegenheit zu einer Unterhaltung hatte erfuhr ich von dem sehr sympathischen "Teacher", dass er aus einem westeuropäischen Land stammt, das nicht englisch-sprechend ist und in Taiwan auch mit Kind verheiratet ist. Von daher kann er also völlig legal in dem Kindergarten arbeiten, denn mit taiwanischen Staatsbürgern verheiratete benötigen ja keine Arbeitserlaubnis. Ich will hier trotzdem weder sagen welcher Kindergarten noch aus welchem Land er stammt noch Fotos zeigen - taiwanische Beamte stellen einfach zu viel Blödsinn mit den Kindergärten an, als dass ich hier bei solchem Unsinn behilflich sein möchte. 

Junior war begeistert vom Spielen mit vielen Kindern an vielen Klettergeräten an diesem Schnuppertag. Der Kindergarten hatte den Keller regelrecht zum Abenteuerspielplatz umgebaut - überirdisch gab es nur einen kleinen Hof. Weil dort die Stadtluft ja auch nicht die beste ist.

Es ist mal wieder Teil des Taiwahnsinns mit H, hier augenzwinkernd angemerkt, dass ein Bericht über einen Kindergarten eine konspirative Natur haben muss.


 Update:
Als Junior von "Lehrerin" angesprochen wurde auf Chinesisch antwortete er auf Englisch. Als sie dann auf Englisch mit ihm redete, hat er auf Deutsch geantwortet - mit "Genau!". Als die Lehrerin fragte, was "genau" heißt, entgegnete Junior entnervt:  "Mensch!"
 

Donnerstag, Juni 12, 2014

Schottland liefert "Todesfahrer" vermutlich an Taiwan aus

Der pakistanisch- oder indischstämmige Brite Z.D. wird vermutlich an Taiwan ausgeliefert

Zur Erinnerung: Z.D. war in Taiwan wegen einer Trunkenheitsfahrt mit Todesfolge zu 4 Jahren Gefängnis in 2. Instanz verurteilt worden; wer nun den Tatwagen gefahren hatte, war während des Prozesses über längere Zeit strittig, da auch noch ein Taiwaner am Steuer saß während der verhängnisvollen Fahrt.

Der Fall des meist als pakistanischstämmig bezeichneten Briten Z.D., der in Taiwan eine kleine Computerfirma hatte oder eine Dependance davon und dem die ein oder andere unsaubere Geschäftspraxis nachgewiesen worden ist und der offenbar auch in Sachen betrunken Autofahren schon vorbestraft war, hat lange die Ausländergemeinde in Taiwan beschäftigt. Und die taiwanischen Medien generell. Auch das generelle Klima gegen westliche Ausländer wurde durch die teilweise hexenjagdartige taiwanische Berichterstattung meiner (und nicht nur meiner) Ansicht nach verschlechtert. Als die Berichterstattung ihren (lange andauernden) Höhepunkt erreicht hatte, sah ich mich jedenfalls plötzlich Pöbeleien auf den heimischen Straßen in Taipei ausgesetzt, die manchmal kurz vorm Angriff zu sein schienen, aber alle noch harmlos waren. Die sonst so populären "Weißen" sind plötzlich gar nicht mehr so beliebt in Taiwan, wenn die Medien eine große Kampagne gegen einen einzelnen westlichen Ausländer fahren.

Z.D. hatte die Haft nie angetreten, sich erst in die Schweiz und dann an seinen vor-Taiwan-Wohnsitz Schottland begeben. Dort hat ein Gericht nun entschieden, dass er ausgeliefert werden soll, es sei denn dass das schottische Justizministerium noch anders entscheidet oder ein Einspruch Z.D.s greifen kann.

Letzter Bericht:
http://osttellerrand.blogspot.tw/2014/05/londoner-gericht-britischer-todesfahrer.html
Aktuelles Urteil:
http://focustaiwan.tw/news/asoc/201406110029.aspx

Sicher werden sich taiwanische Behörden jetzt selbst feiern, selbst der Präsident der Republik China aka Taiwan hatte die Auslieferung zur Chefsache erklärt und Taiwans Medien werden sicher viel Häme in Richtung Z.D. ausschütten, was den Medienzirkus um Z.D. von neuem anfachen wird mit den bekannten Folgen für die westlichen Ausländer hier. Ein Ruhmesblatt ist die Geschichte trotzdem nicht, mit einem Ermittlungsverfahren, bei dem das Polizeirevier ungefähr in der Zeit der Ermittlungen durch das Verbrechersyndikat geschmiert wurde, das auch den zweiten Fahrer des Unfallautos beschäftigt hatte (er war Parkwächter in einem Nachtlokal, das dem fraglichen Syndikat zuzurechnen ist). Und mit hexenjagdartigen Taiwan-Style Prozederen, bei denen Passanten Gelegenheit haben auf den Verdächtigen einzuschlagen. Und (vom Gericht sanktionierten) Entschädigungszahlungen an die Familie in Höhe von Hunderrtausenden US-Dollar, die sehr am Maximum von Schadensersatzforderungen in Taiwan in solchen Fällen liegen.

Obwohl die Faktenlage eher gegen Z.D. spricht finde ich persönlich es wenig gut, dass der taiwanische Staat hier mit seinem Korruptions- und Vorverurteilungszirkus, der Zweifel an einem fairen Verfahren aufkommen lässt, durchgekommen ist. Jetzt noch mehr als vorher gilt: Für westliche Ausländer gilt in Taiwan oft eine Sonderrechtsprechung - jedenfalls wenn sich die Presse einschaltet.

Trotzdem, am Ende der Geschichte, ist mir auch Z.D. wenig sympathisch, und gibt mit seinen krummen Geschäftspraktiken und Trunkenheitsvorstrafen sicher kein Paradebild von einem westlichen Ausländer in Taiwan ab Schade nur, dass medienhörige Leute auf der Straße einen öfter mal mit ihm in einen Topf werfen.

Botanisch interessierter Englischlehrer

Cannabis-Gewächshaus in Privathaus angelegt

Es ist ein bisschen ein running Gag, dass Englischlehrer in Taiwan, in den meisten Fällen junge Männer aus der angelsächsischen Welt, in Taiwan ein plötzliches Interesse an Botanik entwickeln. Zwölf Hanf-Samenkörner waren dann der Grundstock zur Haschfarm zunächst auf dem Balkon und dann in einem Privathaus. Der verhaftete Ausländer gibt ab, diese aus medizinischen Gründen gegen Schlaflosigkeit und Rückenschmerzen konsumiert zu haben, während die Polizei die Möglichkeit des gewerbsmäßigen Handels prüft. Auf den Anbau/die Produktion oder Verkauf von solchen weichen Drogen, die in Taiwan der Klasse II zusammen mit Amphetaminen etc. zugerechnet werden, stehen zwischen 7 Jahren Gefängnis und Lebenslänglich. Wer nur geringe Mengen weicher Drogen besitzt, kann evtl. mit ein paar Wochen "Rehab" im Gefängnis davonkommen und sogar anschließend im Lande bleiben ohne Strafeintrag. Aber nur bei einem Gramm oder dergleichen.
Persönlich kenne ich mich mit dem Zeug gar nicht aus, aber wenn man immer in den Ausländerforen hier liest, wird man fast zum Experten, denn ein Teil der jungen Amerikaner und Kanadier brauchen offenbar immer mal ein Joinderl.

http://www.taipeitimes.com/News/taiwan/archives/2014/06/09/2003592342


Dienstag, Juni 10, 2014

Lohnt sich Taiwan?

Fast ein Fazit


Fast möchte ich hier schon ein abschließendes Resümee ziehen, meiner ausreisewilligen Frau halber. Noch ist das verfrüht, aber ich denke man kann festhalten, dass sich Karriere-machen im Büro, will sagen als Angestellter bei einem taiwanischen Unternehmen, nicht wirklich lohnt. Dann hat man in Taiwan leicht 12-15h - Arbeitstage und zu Hause kommen noch ein paar Stunden "Heimarbeit" am Notebook über Excelsheets dazu. Das ist bei meiner Frau der Fall, die etwa 50 Leute kommandiert. Als Teamleiter wie meine Wenigkeit etwas entspannter, aber auch viel lange Arbeitstage. Wochenendarbeit kommt bei vielen Firmen noch dazu, bei meiner Frau findet sie wieder am Notebook statt. Das Gehalt entspricht dem deutschen Nettogehalt 2-3 Hierarchiestufen unter dem der aktuellen Tätigkeit, wobei reine Softwareentwickler das oft auf 1 Stufe darunter reduzieren können. Mein Arbeitgeber allerdings stellt zu diesen annähernd westlichen Gehältern dann erst gar nicht ein.

Anmerkung: Wer als nach Taiwan geschickter Manager aus Deutschland hier lebt, hat natürlich eine ganz andere Lebenswelt, Porsche Cayenne und Nobelapartmentblock, das ist klar. Davon ist hier nicht die Rede.

 Positiv: Man hört die Leute viel lachen in Taiwan (kicher)

Altersversorgung gibt es neuerdings auch, das ganze etwas mit Unsicherheit geprägt, ob das wirklich auch später mal ausgezahlt wird, wenn man nicht mehr in Taiwan lebt oder ob Taiwan dann längst Richtung VR-China eingemeindet worden ist und der dann ungeliebten "Langnase" eher nichts auszahlt. Ein Fragezeichen. Krankenversichert ist man und wenn man nicht gerade auf westlichem Essen und teuren Geschäften in der Innenstadt in Taipei besteht, sind auch die Preise günstig. Bei Mieten muss man aufpassen, keinen Ausländeraufschlag zu bekommen, aber wenn einem Taiwaner die Wohnung besorgen oder man gar eingeheiratet hat, geht das natürlich. 

 Früher ist man im Straßenbild viel aufgefallen, heute dreht sich kaum noch einer um

Schon in mittleren Führungspositionen hat man dann ordentlich Kaufkraft, aber wenig Zeit irgendwas zu kaufen. Der Begriff "Arbeitsdrohne" kommt in den Sinn und mit anfangs 0 (später 3,7,10) Tagen bezahltem Urlaub im Jahr ist das Leben dann leicht eine Einöde aus immer gleichen Verrichtungen. Aufstehen. Durch dicken Verkehr ins Büro. Cubical, wenn man Glück hat interessante Arbeit, durch dicken Verkehr zurück, schnell zum Seven-Eleven Kiosk-Supermarkt ein paar Kleinigkeiten kaufen und noch 2 Stunden in den eigenen vier Wänden, bevor man sich ins Bett legt und der Zyklus von neuem beginnt.

 Man kann es sich natürlich gemütlich einrichten, hier mit Papptiger

In den ersten Jahren hatte ich dazu noch die graugrüne Wellblechkulisse des Gewerbegebiets und die grauen Schmuddelgassen des heimatlichen Schlichtwohnviertels meiner Taiwanfamilie. Das hat sich deutlich gebessert, das enge und immer noch bürgersteiglose Wohnviertel wird zusehens sauberer und viel Graues ist durch neue Glas- und Betonbauten bereits weggerissen. Ebenso im Gewerbegebiet. Und die Metro (MRT) breitet sich immer mehr aus und ersetzt bald für die meisten den Stau - wenn man will.

 Und kann stündlich zusehen, wie das neue Taipei das alte verdrängt. Die beiden Wohntürme, die hier noch im Bau sind, sind bereits fertig und geben der Gegend mit verzierten Fassaden ein ganz anderes Antlitz. Viele weitere Baustellen verdrängen das alte verrostete Wellblech

Neulich holte ich eine Art Krapfen und Kaffee dazu in einem modernen Café mit Sambamusik und saß kurz im Park auf einer Bank, da wo neulich noch verrostete Fabrikhallen waren und ich vorher durch ehrlich gesagt Hundekot- und Betelnusspriem-verschmierte Wellblechgassen gewandert bin um von kichernden alten Frauen zusammemgepappte fettige Sandwichs zu kaufen. Die Gassen und die alten Damen gibt es immer noch, aber ich kaufe da nicht mehr, bürgersteiglose Gassen mit rasenden LKWs und Unrat und Müffelei schrecken doch irgendwie ab, wenn das natürlich teurere Samba-Café in der Nähe liegt.

Desto später man ab dem heutigen Datum in Taipei anfängt, desto angenehmer wird die Umgebung sein und in einer Programmiererposition o.ä, kann sich das Arbeiten durchaus lohnen. Aber wehe wenn man aufsteigt, dann ist man Teil seines Cubicals geworden - festgewachsenerweise.

Siehe auch den alten, sicherlich teilweise veralteten Artikel zur Arbeitswelt in Taiwan:
http://osttellerrand.blogspot.tw/2010/01/arbeitswelt-in-taiwan.html
Auch nicht mehr ganz taufrisch, die Lebeshaltungskosten: http://osttellerrand.blogspot.com/2009/04/fragen-zu-kosten-etc-in-taiwan.html, zur Sicherheit ein Viertel oder so draufzählen heute

Frau und ich suchen nach Änderungen, gucken wir mal, was passiert.

Montag, Juni 09, 2014

Fastdeutsche Notizen

Fast richtig deutsches in Taiwan

In Wendels Restaurant in NeiHu (Nähe WeDe Road) bewundert Junior die Kuchenauslagen...

Beim Betrachten des Bildes kommt einem vielleicht das Wort "Käsekuchen" in den Sinn, aber bei den Füßen, die witzigerweise unter der Kuchenleiste zu sehen sind, handelt es sich natürlich nur um eine Spiegelung und alles ist sauber hinter Glas. Hier waren wir mit dem philippinischen Familienzweig vor ein paar Wochen.

Ich habe hier meine erste Donauwelle seit.... 2004 oder so gegessen. Damals hatte ich immer mal ein Kuchenblech in "meine" letzte DotCom - Bude in Deutschland mitgebracht, bis sich diese zerlegt hatte. Die schwere Donauwelle ist jedoch daran unschuldig gewesen. Erstaunlich, was "Donauwelle" für ein Gekraksele auf chinesisch wird, man sieht förmlich das zerschlagene Strandgut vor sich.

Und ein deutscher Brunch (sagt man: der Brunch?) im Second-Floor- Café in NeiHu, das sich in einem schmalen Haus in einem Büroviertel bei Ludigel in der Nähe über vier Stockwerke erstreckt. Nicht ganz so, wie man in Deutschland isst, aber lecker, wenn auch sehr schwer. Aber man muss es ja nicht jeden Morgen essen. Vorbestellung dringend zu empfehlen. Auch hierher haben wir den philippinischen Familienzweig entführt. Desto mehr erste Tochter und Schwiegermutter auf unfreundliche/freundliche Distanz zur Kleinfamilie um den nun in Taiwan seit Ankuft 10 Jahre gealterten*** Ludigel gehen, desto enger werden offenbar die Beziehungen zum philippinischen Familienzweig. Mein Schwager hat jedenfalls erklärt, auch unter solchen Attacken zu leiden gehabt zu haben, was aber sicher irgendwie mit der fernöstlichen Weisheit meiner Taiwanfamilie wegzuerkären ist, davon bin ich überzeugt (räusper).

Etwas ungewohnt für mich immer noch die in der großen Taiwan-Telenueva geschilderte Situation. Frau und Junior zumindest partiell auf meiner Seite der Familienzuneigung, das muss man erst mal verdauen. Wie einfach oder nicht die Integration eines Deutschen in eine Taipei-chinesische Familie auch ist, hier neben dem Familienparkplatz (jetzt leerstehenderweise) bewundert ein Nachbar das ferne Deutschland durch eine aufgeklebte deutsche Dienstflagge (ergo mit Bundesadler drin) an seinem schwarzen VW Transporter. Das ist mir wesentlich sympathischer als die ungelogen zwei schwarzen T5 mit NSDAP-Aufkleber, die ich einmal vor mir an der Ampel gesehen hatte vor vielen Jahren hier in Taipei. Aber Taiwaner denken sich oft nichts böses dabei, ist doch ein Hakenkreuz im Buddhismus ein positives Symbol und die deutsche Geschichte und die Nazigreul kennen sie gar nicht so genau. Junior jedenfalls saß kurz nach dem Schießen des Fotos auf meinem Schoß, spielte am Lenkrad unseres Volvos herum und besah sich den VW und sah mich fragend an und sagte dabei "kein Volvo". Als er dann noch zärtlich über das Volvoschild auf dem Lenkrad strich und "Volvo gut" sagte, hätte ich fast die Fernsehkameras gesucht.

Nun ist es ein bisschen ein Stream-Of- Consciousness - Posting geworden, aber warum auch nicht. Bei uns geht ja auch viel durcheinander die Tage, Junior muss in den Kindergarten, Frau hat ihn irgendwie in taiwanischer Interaktivität gleich in zweien angemeldet und nebenbei erwägen wir noch die Auswanderung in für uns beide fremde Gefilde, was mich vom Expat zum Expatpat oder dergleichen machen würde. Schauen wir wie es weitergeht, demnächst auf dieser Welle.

*** angeblich altert man hier schneller, also 10 Jahre Aufenthalt gleich 15 Jahre Alterung?