Murder in the foreigner scene in Taiwan
ENGLISH:
This article is in German and a bout a recent murder in the foreigner scene in
Taiwan. For English sources about this, please refer to
HERE (translation of news from
Taiwan sources in Chinese) and possibly
HERE (discussion on the foreigner website
forumosa.com in
Taiwan).
In short: a Taiwanese lady had been murdered, dismembered and dumped on the street in a garbage bag. Suspects were, in that order, a Japanese teacher (wrongly accused), an American teacher (seemingly wrongly accused but boyfriend of the real murderer) and the Phillipine-girlfriend of the American teacher (who has confessed).
Unfortunately this murder is for real, unlike my fun crime story "Dead German found in Taipei".
GERMAN, DEUTSCH:
Mordfall, diesmal echt, leider kein Scherz wie meine vorherige Satire über einen Mord unter Ausländern (Link Teil1, 2, 3, 4).
Hier in Taiwan fühlt man sich als Ausländer manchmal wie in einem Mirkokosmos. Während man „daheim“ in Deutschland einen Mord oder ein ähnlich dramatisches Ereignis als „einer von 80 Millionen“ in den Massenmedien erlebt, erlebt man es hier in Taiwan, jedenfalls wenn man das Online-Forum Forumosa.com der ausländischen Gemeinde liest, als „einer von Wenigen“, denn man sieht ja nicht die chinesischsprachigen Massenmedien wie die 23 Millionen Insulaner hier, sondern erlebt die Übersetzungen auf der kleinen Forumosa-Seite, die von anderen Ausländern, freilich gemixt mit ihrer persönlichen Meinung, publiziert werden.
So hing gestern und vorgestern die Forumosagemeinde ständig online, um das neuste über einen Mordfall im Englischlehrermillieu zu erfahren.
So rückt einem der Mord, der eigentlich mit einem persönlich gar nichts zu tun hat, viel näher auf die Pelle, denn einer der anderen Forumsteilnehmer kennt das Opfer oder den vermuteten Täter persönlich und schreibt darüber. „Damned, they had a beer with me straight after the murder“, “die haben bei mir ein Bier direkt nach dem Mord getrunken” lässt einem die Bluttat viel näher rücken. Auch fragt man sich, ob sich die Einstellung der Taiwanesen zu “uns westlichen Ausländern” ändern wird, wenn es wirklich zutrifft, dass ein Englischlehrer eine taiwanesische Dame zerhackt und in Müllbeuteln entsorgt hat, wie es erst schien.
TVBS TV-Scene, mutmaßl. Täterin und verpackte Leiche
„Them damned furrierners take away our jobs and women and then they slaughter them“, „diese verdammten Aussengeländer nehmen unsere Jobs und Frauen weg und dann schlachten sie sie“, fasste eine Mitlangnase die Befürchtungen zusammen, die man an die Reflexion der Taiwanesen über den Mordfall hat. „Meine Taiwanesen“ hier in der Firma haben mich jedenfalls genauso sehr oder wenig angesehen wie vorher und sind nur in der Kantine wie immer meiner tröpfelnden Suppe ausgewichen, die ich in der Kantine wie immer durch die Gegend trug. Denn mehr als Suppenflecken auf glatten Fliesen kann ich an Gefährlichem nicht produzieren.
Doch nun zum Mordfall, spannend wie bei CSI, achte Staffel, 19. Folge – nur leider blutige Realität.
Die Abfolge der Ereignisse in Kaoshiung, der großen Stadt im Süden Taiwans (alles im Zeitraum der letzten Tage, leider sind für nichtchinesischsprachige Leser die exakten Zeitpunkte nur schwer zu):
15. Sept, abends: Straßenhunde finden einen Müllsack auf der Straße und fressen an ihm herum. Soweit leider noch nichts besonderes, nur war dieser Müllsack viel größer als die anderen illegal entsorgten.
15. Sept., 20.00 Uhr: Ein Passant öffnet den Sack und ein Frauenbein lugt heraus.
Die alarmierte Polizei stellt eine Verbindung zu einer vermissten 48-jährigen hier, die als Agentin für ausländische Sprachlehrer in Kaoshiung arbeitet. Forensik bestätigt die Identifikation (Operationsnarbe).
Taiwans Polizei liebt öffentliche Vorführung von Verdächtigen während der Ermittlungen (hier die mutmaßl. Täterin)
Videoüberwachungskameras offenbaren eine junge zierliche Frau (die wie eine Einheimische wirkt), die den Leichensack von einem Moped geworfen hat. Wer ist die mörderische Dame?
Das Kennzeichen des Mopeds offenbart einen Japaner (Japanischlehrer in Kaoshiung) als Halter des Fahrzeugs. Ist er der Schuldige?
Japanischlehrer und Frau oder Freundin werden in Gewahrsam genommen und befragt. Erste Meldungen in der überschnellen Taiwanpresse zeigen bereits die Gesichter der Verdächtigen und bringen sie mit der Tat in Zusammenhang.
Am17. September hat der Fall bereits eine neue Wendung genommen. Der japanische Lehrer hat sein Moped an einen amerikanischen Englischlehrer verliehen. Prompt wird die Wohnung des Amerikaners durchsucht, der mit seiner philipinischen Lebensgefährtin zusammenlebt. Beide werden in Gewahrsam genommen. Die Polizei lässt noch am selben Tag verkünden, der Fall sei praktisch abgeschlossen. Mit Rücksicht auf die Vertretung der USA auf Taiwan (eine Botschaft, die keine sein darf wegen politischer Nichtanerkennung Taiwans durch die USA –und fast alle anderen Staaten der Welt) wolle man jedoch noch kein Fallende verkünden. Ungewöhnlich ist für Taiwan, das die Beschuldigten noch nicht im TV vorgeführt werden, denn sonst gibt es den Taiwan-Polizei-Ritus 2.0 nach dem VERDÄCHTIGE, deren Schuld noch keinesfalls feststeht, im Fernsehen in Handschellen vorgeführt werden zur allgemeinen Volksbelustigung und Vorverurteilung. Das ist besser als der Taiwan-Polizei-Ritus 1.0, bei dem die Verdächtigen vor laufender Kamera verprügelt wurden. Dieser Ritus ist seit etwa 1-2 Jahren vorbei, vermutlich hat die Polizei jetzt einen besseren PR-Berater (der letzte Fall von mir wahrgenommene des öffentlichen Verprügelns durch die Polizei war der vom Kanadier Paul C. – Link).
Doch diesmal hat die amerikanische Vertretung die Taiwanpolizei gebeten, noch keine Bilder und keinen Namen vom Verdächtigen herauszugeben, solange die Ermittlungen noch laufen. Die Taiwanpolizei, die sonst eine sehr offene Publicity betreibt (die Anschrift von Opfern von Gewalttätern wird z.B. grundsätzlich an beschuldigte Täter gegeben, damit diese die Opfer noch einmal zuhause zum Tee besuchen), hält sich notgedrungen an die philipinische Lebensgefährtin und führt diese in Fesseln dem TV vor.
Blutspuren in der alten Wohnung des amerikanisch-philipinischen Paares passen zum Opfer. Hundehaare am Leichensack passen zu denen in der Wohnung. Die Taiwanpolizei scheint also trotz voreiliger Informationspolitik auf dem rechten Pfad zu sein.
Das Paar ist kurz nach dem Tatzeitpunkt in eine neue Wohnung gezogen. Die Philipina hat Müllsäcke und Klebeband in der Umgebung des Tatorts gekauft. Das Gekaufte passt zum bei der Leiche gefundenen.
Privatsphäre zeitweilig geschützt: (zeitweilig) Tatverdächtiger
19. Sept., AUFRUHR! Der Amerikaner ist wieder auf freiem Fuß. Die Philipina soll es allein gewesen sein. Wie kann eine 1.55m große zierliche Frau eine andere (allerdings ebenso zierliche) allein töten und zerstückeln? Der Amerikaner hingegen wird als Alkoholiker geschildert, der wegen Trunksucht ständig aus den Kinder-Sprachschulen (in Taiwan auf Deutsch „kindergarten“ (sprich: „kindergarden“ genannt) geflogen sei und Geldsorgen habe. Er soll während der Tat, Leichenbeseitigung und Wohnungsreinigung betrunken auf dem Sofa gedöst haben, sagt seine der Tat beschuldigte Lebensgefährtin.
Die Familie des Opfers nimmt sich einen Stadtrat der oppositionellen KMT-Partei (die Partei Chiang-Kai-Sheks, der Taiwan gleichermaßen gegründet hat), der den Amerikaner aufgrund von „eigenen Ermittlungen“ beschuldigt, an der Tat beteiligt zu sein. Die näheren Details dieser „politischen Ermittlung“ bleiben jedoch der Öffentlichkeit verborgen.
Familie des Opfers und KMT-Stadtrat organisieren eine Demonstration vor der amerikanischen Vertretung und fordern ein Ende der vermeintlich unangemessenen Einflussnahme der US-Vertretung auf den Fall. Die Rage des Ehemannes ist mir jedoch gut verständlich, gerade wenn die näheren Details der Tat noch etwas im Dunklen legen.
Eine verwirrte Langnase im Ausländerforum forumosa.com meldet, die US-Vertretung stünde in Flammen. Vermutlich nur ein Missgeschick im heimischen Aschenbecher, das den Fernseher in flackerndes Licht hüllte und zu diesem Fehlschluss verleitete.
Der jüngste Stand ist, dass die philipinische Lebensgefährtin des Amerikaners angab, sie habe sich mit der taiwanesischen Agentin ihres Mannes gestritten, da ihr die Agentin ein privates Darlehn verweigert habe (neuerdings redet man hier allerdings von einer ausstehenden Zahlung in Höhe von 4000 Taiwandollar, etwa 100 Euro, die dem Lehrer nicht ausbezahlt worden sein soll – aber Gerüchte gibt es viele). Das Mordopfer habe die Philipina dann geohrfeigt und die Philipina habe daraufhin ein gerade zur Essenzubreitung verwendetes Messer zum Erstechen des Opfers verwendet. Der amerikanische Wohnungsinhaber hingegen sei gerade am Rauschausschlafen gewesen. Dann habe sie die Leiche versteckt und später immer dann verpackt und weggeschafft, während ihr Lebensgefährte gerade außer Haus oder betrunken Schlafen war.
Die Nachstellung der Tat durch die mutmaßliche Täterin in Gegenwart der Polizei (zahlreiche Stiche in Unterleib und Beine, anschließendes Verpacken des Opfers) sollen konsistent mit dem tatsächlichen Tathergang sein.
Zur Zeit ist der Amerikaner auf freiem Fuß (darf aber das Land nicht verlassen) und wird von den taiwanischen Medien immer wieder mit Namensnennung im TV gezeigt, die mutmaßliche Täterin bleibt natürlich in Haft.
Aufgrund der zahlreichen nichttödlichen Stichwunden in den Beinen des Opfers, sowie nichttödliche Strangulationsverletzungen des zeitweilig gefesselten Opfers und der Tatsache, dass mit der Geldautomatenkarte des Opfers kurze Zeit nach der Tat Geld von ihrem Konto abgehoben wurde, scheinen die Ermittlungen mittlerweile in Richtung geplanter Raubmord mit Folter zur Erpressung der Kartengeheimnummer seitens der Philipina zu gehen. Denn diese habe in der Heimat 4 Kinder zu versorgen und das Paar sei wegen Alkoholismus des Amerikaners in Geldnot gewesen. Ein Sozialsystem für irgendeinen der Beteiligten gab es natürlich nicht.
Sollte die Frau bei ihrem Geständnis bleiben, wird der Amerikaner wohl straffrei ausgehen, denn mit forensischen Mitteln wird man seine Tatbeteiligung nur schwer klären können: der Mann soll 1.62m groß sein, seine Lebensgefährtin 1.55m. Da wird es auch mit Forensik schwer zu sagen, wer die tödlichen Stiche ausgeführt hat.
Da der KMT-Partei Verbindungen in die Unterwelt (sog. „Bambusgang-Triade Nordtaiwans) nachgesagt werden, fürchten manche, das Leben des Amerikaners sei keinen Pfifferling mehr wert. Nun ja, hoffen wir, dass die „politischen Ermittlungen“ des KMT-Stadtrats ebensolche bleiben und nicht zur Vollstreckung werden. Und ich hoffe im Sinne des Opfers und der Hinterbliebenen, dass die offiziellen Ermittlungen am Ende ein nachvollziehbares Ergebnis haben, ob mit oder ohne Beteiligung des Amerikaners sollen Gericht und Staatsanwaltschaft klären – und nicht die Politik.
Anmerkungen: Ob die mutmaßliche Mörderin Ehepaar oder Lebensgefährten sind, ist wegen widersprüchlicher Meldungen nicht klar und tut auch nichts weiter zur Sache.
Fotos: Taiwanmassenmedien,
http://www.zonaeuropa.com/200709.brief.htm#055
Update: Der Ausländer konnte später in die USA ausreisen. Im Ausländerforum Forumosa.com wurde irgendwo berichtet, er habe sich später das Leben genommen - was ich nicht verifizieren kann.
Update 2: Der Amerikaner war offenbar ehemaliger kommandierender Offizier des Mienensuchbootes USS Avenger aus der Zeit des Desert Storms im Irak und hat in der Tat in den USA kurz darauf Selbstmord begangen.
http://answers.yahoo.com/question/index?qid=20081001232927AAzTAY2
http://www.navsource.org/archives/11/1201.htm
Auf der Answers.Yahoo-Seite weist zwar ein Exbesatzungsmitglied der USS Avenger das Kommando des erwähnten Amerikaners David M. Fillion als falsch zurück. David M.Fillion war jedoch nach dem Dienst des Exbesatzungsmitglieds Kommandant der USS Avenger, wie die Navyseite angibt.