Ein sinnloser Mord an einem Schulkind erschüttert Taiwan dies Wochenende
Zur Berichterstattung aus einem Land gehört meiner Ansicht nach auch zu schreiben, was denn die Leute in diesem Land gerade bewegt. Dieses Wochenende ist es sicherlich der schreckliche Mord an einem 8jährigen Schulmädchen gewesen. Ein offenbar geistesgestörter Mann, 29 Jahre (http://www.taipeitimes.com/News/front/archives/2015/05/31/2003619557) ist in der Unterrichtszeit in die Wenhua Elementary School in Taipei-Beitou eingedrungen und sich offensichtlich nach einem einsamen Kind umgesehen. Er traf auf der Toilette auf eine Achtjährige, die gerade das WC aufgesuchte und ermordete diese durch einen Schnitt in ihrem Halsbereich. Das sterbende Kind wurde später gefunden und konnte nicht mehr gerettet werden, der Täter ist im Gewahrsam und hat gestanden.
Es sei daran erinnert, dass es Kindermorde in jedem Land gibt und daher sind auch Reflexreaktionen, die man als Ausländer hat, in diesem Zusammenhang ziemlich sinnlos. Schnell will man die nervöse Enge Taipeis, die langen Arbeitstage und merkwürdige Verhaltensweisen der Leute um einen herum zitieren. Auch im Team auf der Arbeit hatten wir wieder einen wirr auftretenden Menschen, der bei seiner Kündigung durch meine Frau anfing herum zu schimpfen, zu weinen und dann dramatisch vor ihr auf die Knie fiel, als sei er in einem dieser TV-Dramen, die den ganzen Tag im Taiwan-TV laufen. Andererseits haben solche Dinge eigentlich keine Aussagekraft und es bleibt dabei, dass solche Dinge, die einem als Vater das Blut gefrieren lassen, eben in jedem Land vorkommen.
Mich schockierte ein weiterer Fall, in dem am 30. Mai ein 3-jähriger Junge zu Tode kam. Nach der grafischen Rekonstruktion, die im TV zu sehen war, war ein Auto am Linksabbiegen und wartete korrekt darauf, dass der Geradeausverkehr vorbei fahren kann. Leider nahm der Linksabbieger dabei dem geradeaus fahrenden Fahrzeug die Sicht und hinter dem Linksabbieger wartete eine Familie (offenbar Mutter mit Kinderwagen, einem weiteren etwas älteren Sohn und dem Dreijährigen) darauf, an einem der in Taipei gänzlich bedeutungslosen Fußgängerüberwege die Straße überqueren zu können. Leider tastete sich der Dreijährige dabei offenbar langsam vor, so dass er am Ende vor dem Linksabbieger auf der Fahrbahn stand und vom schnell vorbei fahrenden Geradeausfahrzeug tödlich erfasst wurde. Schon mit nur meinem Sohn (3) an der Hand steht mir in Taipeis aggressivem Straßenverkehr (ich weiß nicht wo der Unfall war), in dem Fußgänger die totalen Underdogs sind, oft der Schweiß auf der Stirn. Mit einem Dreijährigen, einem etwa Achtjährigen und einem Kinderwagen unterwegs zu sein, erscheint mit auf den schmalen bürgersteiglosen Straßen mit "Gaspedal-König Toyota", den "Blue-Truck"-Henkern und Taxi-Wahnsinningen erhrlich gesagt als unauflösbarer Horror.
UPDATE: Als Reaktion auf den Mord an dem Schulmädchen wird die Europäische Schule Taipei ihre Sicherheitsvorkehrungen verstärken.
3 Kommentare:
Und aus diesem Grund nehme ich meine Tochter an den meisten Kreuzungen nicht an der Hand, sondern auf den Arm und werde das wahrscheinlich auch so lange machen, bis ich sie nicht mehr tragen kann. Und ja, mit einem Kinderwagen, Kleinkind und Kind in Taipeh loszuziehen ist der pure Wahnsinn. Es ist tragisch, dass das mangelnde Gefahrenbewusstsein auf so grauenvolle Weise bestraft wird, aber meine erste Reaktion auf solche Berichte sind (leider) meistens "Wie kann man in Taiwan bloß....?!"
Was den Fall des Schulmädchens angeht: sprachlos. Der einzige Gedanke, der mir in den Sinn kam war, für was die Mauern, Kameras und die Wachdienste (nennen sich offiziell so) eigentlich gut sein sollen. Klar, verhindern wird man so eine Tat niemals können, aber es ist schon bitter, das dies auf einem "gesicherten" Schulgelände passiert ist und nicht irgendwo in einer dunklen Gasse. Die Folge wird jetzt wahrscheinlich mehr Stacheldraht und mehr Kontrolle sein. Eigentlich das, was eine Schule nicht ausmachen sollte. Ach ja, und die Todesstrafe sollte nach Meinung vieler Taiwaner auch an Geisteskranken vollstreckt werden....
Ja, den Geisteskranken möchte ich vom Gefühl her natürlich auch langsam strangulieren, auf die russische Methode irgendwo festschnallen mit einem draufgebundenen Bügeleisen etc. Soll kein Witz sein, mein Gefühl ist hinreichend aggressiv. Nur der Verstand mahnt dann eben, dass das nicht sinnvoll ist sondern ein Justizsystem nicht nach solchen primitiven Instinkten verfahren sollte. Eigentlich.
Mit dem Verkehr: Ja, ich würde so auch NIEMALS losziehen, das geht einfach nicht. Schon mit Junior allein bin ich so vorsichtig, dass es schon an Paranoia grenzt, aber das muss in Taiwan sein. Weitere Inländerbelehrungen kann man sich schenken, es hört einem eh niemand zu. Sie sitzen schon wieder im Toyota und rasen zum SevenEleven und parken in der Kurve auf dem Bürgersteig...
Die gut gesicherten Privatschulen, z.B. KAS, werden sich nun sicher keine Sorgen mehr um Bewerbermangel machen müssen. Öffentliche Schulen sind nämlich kaum gesichert, aber private Einrichtungen oft semi-professionell. Hier in Kaohsiung hat die amerikanische Schule extra ein neues Gebäude errichten lassen. Sehr schick - und noch sicherer. (Strategisch auch so gelegen, dass man mit dem normalen Bus kaum hinkommt.)
Kindermörder hier in TW scheinen oft darauf zu spekulieren, zum Tode verurteilt zu werden. Sind also feige Selbstmörder. Vielleicht wäre es eine Überlegung wert, für solche Gesellen staatlicherseits einen Selbstmord-Hilfsdienst anzubieten?
Hier in Kaohsiung sind vor allem Wochenenden und Feiertage im Straßenverkehr gefährlich. Dann tauchen auch allerlei Auswärtige und Sonntagsfahrer auf "unseren" Straßen auf.
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