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Freitag, August 16, 2013

Unser Betrieb: Nach- und Vorbereitungen

Alter Betrieb weg, neuer in Planung
Und wie verhindert man eine "feindliche Übernahme" beim nächsten Mal?


Da vieles am Telefon zwischen meiner Frau und der Geschäftsführerin und sowieso zwischen den Anteilseignern (wo meine Partei durch meine Frau vertreten ist) auf Chinesisch stattfand, habe ich nicht so sonderlich viel mitbekommen von der auch hier im Blog dokumentierten Entwicklung, bei der der frisch von uns gegründete Betrieb (4 Parteien waren involviert) von der Geschäftsführerin auf die Brachialmethode und unter Auszahlung der anderen 3 Teilhaber übernommen worden ist.

Wieso hatte sich die Geschäftsführerin, selbst Anteilseignerin, so einfach gegen die anderen drei Parteien durchsetzen können? Wie können wir verhindern, dass so etwas wieder passiert?


 Suche nach neuen Geschäftsräumen

Für die 4-Parteien-Betreibergesellschaft gab es ja keinen Gesellschaftsvertrag. Taiwan ist eine Gesellschaft, die wissenschaftlich als "Hochkontext-Kultur" gilt, das kann man bei Prof. Geert Hofstede nachlesen (http://geert-hofstede.com/). Das bedeutet, dass Verträge oft das Papier nicht wert sind, auf dem sie gedruckt sind und als Expat hätte man da schnell eine Abwertung wie "Alles Chaos hier, ist ja wie im Dschungel" oder ein nettes "alle taiwahnsinning" auf den Lippen. Tatsächlich aber ist es nicht chaotisch, sondern nur anders. In einer Hochkontextkultur erklärt sich nach dem Professor eine Transaktion (wie eben eine Betriebsgründung) aus dem sozialen Kontext der agierenden. Man muss sich also vertrauen, dann zählen die mündlichen Absprachen und noch viel mehr das stillschweigend (also kontextuelle!) Vorausgesetzte. In Deutschland hingegen trauen sich Herr Meier und Müller so wenig wie zwei Gebrauchtwagenhändler, die sich gegenseitig Autos verkaufen. Sie setzen lieber einen Vertrag auf, der genau regelt, wer was darf und kriegt und vertrauen auf die staatliche Ordnungsmacht, im Zweifelsfall regelnd und strafend einzugreifen. Hier in Taiwan hingegen verklagt man einander fast nie, das würde als ganz große soziale Fehlleistung gewertet - ist doch Taiwan eine fast schon harmoniesüchtige Gruppenkultur (sagt der Herr Professor auch in seinen Bewertungsgrafiken).

Auch innen muss alles stimmig sein.

Als die Geschäftsführerin nun sich anschickte, die anderen Parteien durch Drohungen und Terror aus dem Betrieb zu drängen entgegen den bisherigen Absprachen, hatte sie damit einen noch schwereren Vertrauensbruch begangen, als das etwa in Deutschland der Fall war - auch wenn das Ganze für mich persönlich sehr leicht vorhersehbar war (ich hatte meine Frau diesbezüglich gewarnt) vom gegebenen Rauhbeingemüt und der sozialen Herkunft der Dame her. Denn auch ich als niederkontextueller Teutone kann den sozialen Kontext durchaus verstehen. Lange arbeitslos gewesen die Dame, Bäckereiverkäuferin vorher, die würde sich einen irgendwie laufenden Kleinbetrieb nicht entgehen lassen, dachte ich mir.

Was hätte man also tun können. Ihre Unterschrift prangte wohl nicht mal auf einem Übernahmevertrag mit der alten Inhaberin des Betriebes. Sie hatte also nur die faktische Macht ihres Mundwerks und ihre Einarbeitung in die Betriebsabläufe als Kapital bei der Auseinandersetzung.

 Und notfalls muss man vorbereitet sein den Skipper...

Wie mir das meine Frau nun im Nachhinein erklärte hatten die anderen Eigentümer durchaus diskutiert die Dame einfach aus den Geschäftsfräumen zu entfernen. Nach taiwanischem Brauch hätte man hier also keinen Klageweg gesucht, sondern Fakten sprechen lassen. Mit ihrem Anteil in Bargeld in der Hand hätte sie sich höchstwahrscheinlich getrollt und wir hätten einen anderen GF einstellen müssen. Nun hatte man aber einen Betrieb mit an niedrigste Preise gewöhnten Kunden, der eine Amortisationszeit von etwa 12 Jahren hatte, eine stinksaure Belegschaft, die durch den rauen Umgangston der Geschäftsführerin schockiert war und so insgesamt wenig Lust, um das kleine Unternehmen zu kämpfen. Es hatte seinen Sinn erfüllt, uns als Gesellschaft zu zeigen, wie man so einen Betrieb führt und alle wollten lieber das nächste Projekt in Angriff nehmen. Also hat man dem Drängen der Dame nachgegeben und ihr den Betrieb überlassen und sich auszahlen lassen. "More trouble than it's worth" sagt man im Englischen. Mehr Ärger, als es wert ist.

 ... über die Planke zu schicken. Dämliche Metaphern, Schuld sind nur die Zoofotos. Allerdings vom hannoverschen Zoo, nicht wie angekündigt vom Zoo in Taipei, um die Leser vollends zu verwirren.


Daher könnte man also, sollte sich das wiederholen, in der Tat einen aufmüpfigen GF eines nächsten Lokals, dem die Gier das Hirn vernebelt hat, einfach vor die Türe setzen. Wie das alles in der Praxis wird, wann und wo sich neue Betriebsräume finden, was die Neueinrichtung alles kostet und ob noch alle Investoren dabei sein werden, das ist alles sehr spannend. Nachrichten aus der Realwirtschaft am östlichen Tellerrand der Weltscheibe - demnächst wieder auf dieser Welle.


P.S.: Der Ehemann der rauhbeinigen Dame ist ein ganz netter, ruhiger... ;-)


2 Kommentare:

Martin hat gesagt…

Wie wäre es wenn die nächste geschäftsführerin keine Teilhaberin mehr wäre? Stattdessen Angestellte mit Umsatzprovision?

"Ludigel" hat gesagt…

In der Tat ist Nichtteilhaber geplant für den nächsten GF. Umsatzprovision ist eine gute Idee, werde es mal Gattin vorschlagen. Suchen gerade ein Objekt...

Der Ehemann unserer bisherigen Geschäftsführerin bezeichnete diese als "völlig verrückt und außer Kontrolle". Ganz witzig. Fast hättig ich den Blogbeitrag daher "blutjunge Taiwanerinnen außer Kontrolle" genannt ;-) Blutjung muss sie ja sein, ist ja jünger als ich.