Was also würde mich nach Durchschreiten des Tores vom Zoo Taipei in Taiwan erwarten? Ausgehungerte Tiere in kleinen Käfigen, wie meine Frau angedeutet hatte nach ihrem Besuch vor langer Zeit?
Zunächst einmal kam ein großer betonierter Eingangsbereich mit McDonalds und SevenEleven, Taiwans dominierender Kiosksupermarktkette. Und natürlich Flamingos. Flamingos am Zooeingang sind glaube ich ein Muss, wenn es sie nicht gibt, protestieren die Leute.
Ansonsten sah man zunächst überall breite Passagen mit viel Grün und Hinweisschilder auf die Pandas. Zwei Drittel der Besucher standen da oben links Schlange, um mit der Zoobahn zu fahren, einer kleinen Elektrobahn, aufgemacht wie eine Dampflok. Das Schlangestehen in der glühenden Hitze ersparte ich mir aber.
Linker Hand sah ich denn meine ersten Tiere. Kamele, die manche Leute streichelten und die ich vor lauter Leuten nie allein auf die Linse bekam, hier an den Höckern erkennbar. Das eine Kamel jedenfalls hatte wohl Vergnügen am Gestreichelt werden und sah ganz und gar gut genährt aus. Mir schwante schon, dass der alte Käfigzoo, den meine Frau noch kannte, wohl nicht mehr existierte. Die Fotos im Internet hatten auch eine andere Sprache gesprochen und der Zoo Taipeis wurde als der größte in ganz Asien bezeichnet. Obwohl man mit solchen Titeln sicher vorsichtig sein muss.
Das erste Gehege in Eingangsnähe war denn auch recht idyllisch und beherbergte irgendetwas in der Art von Faultieren oder was auch immer genau. Es hing halt im Baum herum...
Eine Teleobjektiv war schon praktisch im Zoo Taipei. Nicht wie im Zoo Hannover, wo man laufend auf Tuchfühlung mit den Tierchen ist, etwa durch Glasscheiben. Für die Tiere ist das glaslose weite vermutlich sogar angenehmer, denke ich mir. Offenbar wurden die Tiere im Zoo in Taipei also wunderbar behandelt. Die zahllosen vernachllässigten und kranken Straßenhunde Taiwans täten sich also gut daran, sich mit einem exotischen Geweih zu dekorieren und sich als Exponate zu bewerben.
Grüße ans Nachbarblog von Luo2You1 (http://luo2you1.blogspot.tw/), der sich immer mal Taiwans vergessenen alten Bahnlinien widmet (Taiwan hat eine moderne Bahn auf Hochtrasse basierend auf dem japanischen "ICE", aber die ist hier nicht gemeint). Hier im Zoo hatten sie auch eine aufgebaut, die fuhr nicht und ist also nicht mit der Zoobahn zu verwechseln. Schade eigentlich, so eine echte alte Güterlok hätte ich als Zoobahn viel netter gefunden als das als Dampflok getarnte Mini-Elektroding.
Hinter Glas konnte man andere Faultiere bewundern...
Und ansonsten legte man große Wege zurück, die gnädig mit Wassernebel gekühlt wurden.
Alsbald zog es mich auch zu den Pandas, die einen eigenen riesigen Pavillon hatten...
Taiwaner sind disziplinierte Schlangesteher und so reichte ich mich auch in eine lange, hier nicht fotografierte Schlange ein. So ging es flugs vorbei an einem großen Glaszimmer...
In dem Papa Panda den Zuschauern den Rücken zudrehte. Seine Gattin und sein Junior (oder Juniorin?) waren ja gerade in der Krankenstation, soweit ich aus der Presse entnommen habe. Außerdem dachte er sicher, das mit dem Rücken zudrehen muss so sein unter den Menschen, denn vor dem Glas standen zwei junge Zoobedienstete und hatten genau die Zuschauer im Auge (und drehten dem Panda daher den Rücken zu).
Es ging dann vorbei an einem farbenfroh bemalten oder plakatierten Gebäude, das verhieß, das Tropenhaus zu sein und aus ökologischen Gründen seit 2012 geschlossen zu sein. Gut, bei 60 NT (1.50 Euro) Eintritt kann man wohl auch kein Tropenhaus betreiben, wenn in Taiwan die Temperatur im Winter auf 10 Grad runter geht. Allerdings hätten sie bei meinem Besuch einfach das Fenster auflassen müssen...
Es gab dann eine Tropenfreiluftanlage - naheliegend bei dem Thema, doch was machen die damit im Winter? Never mind, hier jedenfalls ein getarntes Krokodil. Auch hier nichts von Käfig oder dergleichen, gemütlich lag das Tier (Alligator mag es auch sein, ich kenne mich da nicht aus) in einem Fluss und man musste sehr genau hin-gucken um es zu sehen. Wieder bemerkte man die natürliche Präsentation im Zoo Taipei, die für die Tiere sicher nicht schlecht ist.
Schließlich ging es in einen hübschen Pavillon...
Nur meinem Fisheye sind die verzerrenden krummen Linien zu verdanken, die das eigentlich langweilige Bild etwas unheimlicher machen sollten. Aber so vorbäugender Weise fiel mir dann doch die ein oder andere Merkwürdigkeit ins Auge. Schauen Sie mal genau hin!
Haben die da Äste in Form von Schlangen gedreht? Dachte ich mir. Doch mit dem Tele sah ich schnell, dass es andersherum war...
In diesem Bild sieht man die Schlange ziemlich genau in der Mitte und kriegt daher auch eine Ahnung von ihrer enormen Größe. Sie erst so spät zu erkennen hatte dabei einen leichten Gänsehauteffekt bei mir, insbesondere, da das Erlebnis so ohne Glas dazwischen irgendwie noch eindrucksvoller war.
"Geschmacklose Gartendeko aus dem Baumarkt", dachte ich erst. Ist aber doch eine authentische Pflanze...
Vor dem Pavillon habe ich dann das erste aufdringliche Eichhörnchen meines Lebens erlebt...
Leider hatte ich gerade wieder das Fisheye auf der Kamera, das Objekte, die fast schon die Linse berühren, weit weg drückt im Bilde. Hier war ich so nah an dem kleinen Kerl im Zentrum des Bildes, dass er fast das Glas der Linse berührt hat! Völlig angstfrei, sich aber manchmal so schnell bewegend, dass er plötzlich wie "weg gebeamt" war.
Kollega hier hat die bessere Linse drauf.
...
Was eine richtige Taiwan-Xiaojie ist, die erkennt hier natürlich sofort Gelegenheit für ein asientypisches "Victory-Pose"-Bild...
... mit Sicherheitsabstand zum Eichhörnchen. Tollwut aber aber erst später, während meines Besuchs war Taiwan noch tollwutfrei. Der kleine Kerl der Gattung Eichhorn wollte wohl gefüttert werden oder Laowai roch interessanter. Mir war er besonders auf die Pelle gerückt. Das Siegeszeichen, das die Taiwaner auf fast jedem Foto machen, soll übrigens von den Japanern übernommen sein, die damit die US-Truppen nach dem Zweiten Weltkrieg imitiert haben. "Victory über das aufdringliche Eichhorn" in diesem Falle.
Es gab noch allerlei nicht von mir fotografiertes Getier aus den Nagerstämmen oder Gnus oder dergleichen. Giraffen habe ich nicht gesehen. Wahrscheinlich würde China Airlines sonst gegen fliegen. Und Zebras? Vielleicht gab es sie, aber wenn, standen vermutlich Autos drauf geparkt, wie das hier üblich ist in Taipei.
Immer waren die Tiere jedenfalls in großen Anlangen untergebracht und mit Ausnahme des Eichhorns auch gesättigt offenbar. Nanu, was thront denn hier über dem Dschungeldach?
Kopfeingefahrenerweise....
Ein Orang Utan, denke ich mal. So gebäugt und schwer daher laufend, dass er da oben auf seinem malerischen Platze die Last der Welt auf seinen massigen Schultern zu tragen schien...
... und höchst selten mal in das Publikum blickte.
Wieder herrschte Telepflicht, wollte man etwas sehen, mit 200mm von meinem für 50 Euro bei Ebay erstandenen Tamron 3.8-5.6/28-200 Asph. ging das ganz wunderbar und wieder war ich froh, wie zielsicher das alte Objektiv im Gegensatz zu meinem neu gekauften (und gleich wieder stillgelegten) Tamron Di LD 4-5.6/70-300 scharf stellte, jedenfalls wenn ich mich auf den Zentral-AF-Sensor beschränkte (sonst hätte man auf den Baum scharf gestellt und nicht auf das Tier).
Hier brachte ich eine ganze Weile zu auf gemütlichen Steinstufen sitzend, während die meisten Leute, nur einen entfernten braunen Fleck sehend, mit ihren Smartphone-Kameras gleich weiterzogen ;-)
Im Zoo Taipei herrscht oft schattige entspannte Idylle, viele gehen in solchen Nischenexponate gar nicht erst herein, wo man wie hier kleine rehartige Tiere erst suchen muss, aber man einfach mal Ruhe und Natur genießen kann.
Getarntes Tapir.
Viel Grün, Tiere haben irgendwo am anderen Ende des Geheges ihre Ruhe, so ist es oft im Zoo Taipei. Aber warum auch nicht. Auch wir zweibeinigen Expats wissen ja unsere Ruhe vor Guckern durchaus zu schätzen in Taiwan.
Wieder so ein Fall fürs Tele. Ohne sieht man nur...
... hübschen Wald.
Raubkatzen gab es auch, ganz diskret verborgen am anderen Ende des Geheges, also nicht wie in Hannover hinter Glas, so dass man das obligatorische "die temperamentvolle Tante Elise vor dem ruhigen Katzenviech hinter Glas" machen kann. Nicht in Taipei, aber so hübsche Kunstlandschaften an den langen Wegen hatten sie auch.
Elefanten hatten sie auch. Äh.... never mind. Das sind die Steine daneben...
OK... die Steine sind auch nicht anders.
Beim Rausgehen noch mal die Deko zum Schlangenareal fotografiert, nett.
Ein ruhiger See lud zum Verweilen ein. Hier sah ich ganz blonde Ausländer, die in einer Sprache konversierten, die wie ein Mix aus Slawisch und Skandinavisch klang. Baltische Staaten? Ach wäre man doch Taiwaner, dann könnte man sie einfach an-halloen und "where you from?" fragen. Ich dachte übrigens, im Zoo so wenig exotisch zu sein als Westler, dass ich hier nicht begrüßt würde von den Einheimischen, wie sie es sonst ja immer mal wieder gerne tun. Kurze Zeit später passierte es mir doch. Gleich nach dem See hier. Fast hätte ich dem Begrüßer gesagt: "Geh man 50 Meter zurück, da hinten gibt es viel interessantere Laowais als mich". Einer ist mir sogar mit auf ein Bild geraten, ich verrate aber nicht welches. Wir Laowai in Taiwan wollen unsere Privatsphäre wahren.
Nicht so ganz verständig war mir diese Installation, die angab, wie viel Prozent vom Energieverbrauch des Zoos jede der gezeigten Tierarten verbrauchte. Was soll uns so eine Zahl sagen? "Verdammte eniergieverschwendende Karnickel!", wird sich da am Ende mancher Toyotafahrer denken ;-)
Ein netter Tag also für mich als Städter abseits der bürgersteiglosen Hektik von Taipei und für 60NT schon "geschenkt". Ich werde noch mal wieder kommen, das Insektarium habe ich weg gelassen und vielleicht sieht man dann ja auch Panda-Junior...
1 Kommentar:
Fischauge, sei wachsam! Bei ausländischen Studierenden aus 117 Ländern (http://english.moe.gov.tw/ct.asp?xItem=14481&ctNode=11429&mp=1) kann einem wirklich jede Nationalität begegnen. Sehr schöne Kreaturen sind da im Zoo zu sehen, auch wenn das Pandababy nicht dabei war. Gruß von Luo You & Danke für den Eisenbahn-Tipp.
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