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Donnerstag, Juli 25, 2013

Familienbetrieb

Neues von Ludigels Unternehmerabenteuer

Die erste Million sei immer die schwerste, sagt ein merkwürdiges Sprichwort. Unter Familienbetrieb tut sich in dieser Hinsicht auch schwer. Wie der ein oder andere hier vielleicht mitgelesen hat, war ich bei der Planung und beim Aufbau des Unternehmens meiner Taiwanfamilie involviert und habe insbesondere darauf geachtet, dass sorgfältig geplant wird, anstatt sich Hals über Kopf ins Abenteuer zu stürzen, wie die entschlussfreudigen Leute hier es sicher eher gewollt hätten. Die eigentliche Natur des Geschäfts will ich hier jedoch verschweigen, meiner neuen Strategie zur Trennung der Online-, Privat- und Geschätsperson halber. Übernommen haben wir jedenfalls ein schon vorhandenes Kleinunternehmen, von einer Dame als Nebenfamilieneinkommen hauptberuflich geführt und mit 2 Angestellten. Bei der Planung hat mir meine Taiwanfamilie einige Fakten zur Preis- und Kostenlage des Unternehmens zu rosig dargestellt, sodass unsere ursprüngliche Planung nicht ganz hinkommt. Der erzielte Marktpreis liegt etwa um 50% unter dem ursprünglich veranschlagten, was das Unternehmen natürlich ins Minus zu führen drohte. Und ich mir selbst vorwerfe, nicht vor Ort den tatsächlich vom Kunden verlangten Verkaufspreis investigiert zu haben. Mit zunächst mal fixem Verkaufspreis (der Kundenstamm ist den alten Preis gewohnt) haben wir daher das Unternehmen als Cost-Center geführt und alle Kosten minimiert, durch Optimierung von Arbeitsabläufen und Minimierung von Werkstoffen, ohne dass die Produktqualität leidet. "Wir" war hier meine Frau. Das Ergebnis war damit im ersten Monat ein florierendes Unternehmen, dass das in Taiwan beliebte Produkt in verbesserter Form den Kunden zu einem Minimalpreis bietet, der sogar für Taiwan günstig ist. Das Geschäft verdient jetzt das Gehalt der angestellten Geschäftsführerin, die aus dem Bekanntenkreis kommt und das der zwei Angestellten und gibt meinem "Quasineffen" (Leser erinnern sich vielleicht) einen Nebenjob. Profit wirft es allerdings nur in Form von einer Tankfüllung ab, so Pi mal Daumen.

Was also tun? Wir versuchen die Preise ein Stückchen zu erhöhen, denn gratis will ja eigentlich niemand arbeiten. Allerdings reagiert die sehr preisbewusste Kundschaft trotz konkurrenzloser Billigpreise bislang mit Konsumeinbruch und weicht offenbar auf Produkte niedrigerer Qualität der Konkurrenz aus, die zum alten Preis angeboten werden. Auch Premiumprodukte mit noch höherer Qualität zum ursprünglich angepeilten Preis ignorieren die niedrigen Kurs gewohnten Kunden. Es ist schon ein Abenteuer ins Taiwans Niedrigpreislandschaft Geld zu verdienen, das wird mir klarer und klarer. Auch weil man eben mit zig kleinen Unternehmen konkurriert, in denen die Betreiber froh sind, sich selbst ein kleinen Einkommen zu verdienen, auch wenn sie dann 12 Stunden täglich sieben Tage die Woche im Laden stehen. Allerdings sind sie immerhin krankenversichert, anders als in vielen Teilen der Erde.

Die Lösung ist einfach: Das Unternehmen dient einstweilen als Schulungszentrum, um Personal für ein geplantes zweites Geschäft aufzubauen, indem Premiumqualität angeboten wird und dann können wir entscheiden, ob wir das erste Geschäft entweder demontieren und in den zweiten größeren Geschäftsräumen anderswo wieder aufbauen oder das erste Geschäft eben als "Cost Center" bestehen bleibt. Die Leute, die jetzt dort ihr Brot verdienen (oder ihren Reis, wie man hier sagen müsste), plädieren natürlich für Letzteres.

Ein spannender Einstieg ins Unternehmertum ist es für mich und immerhin haben wir die Verlustzone erfolgreich vermieden bislang. Selbst halte ich mich aus dem operativen Geschäfts heraus. Auch eigentlich geplante Werbeauftritte im Unternehmen habe ich bislang abgelehnt. Das von mir als eher negativ empfundene Klima "Weißen" gegenüber (meine Strecke von Negativbegegnungen mit diversen Leuten, die sich undokumentiert fortsetzt) und das Faktum, dass es einst eine TV-Hetzkampagne gegen ein von einem westlichen Ausländer geführtes Unternehmen gab (im Ausländerforum dokumentiert, Link soll hier entfallen), lassen mich da denken dass das Vorzeigen meines Gesichtchens am Ende mehr Scherereien machen würde als es Nutzen bringt derzeit. Mal gucken, wie sich das entwickelt.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

es ist in der tat schwer, das sieht man ja schon bei den dinnerboxen auf arbeit. Das futter ist von unterster qualitaet, aber die firma zahlt und daher essen es auch alle. Die wuerden nie auf die Idee kommen sich selbst was mitzubringen oder 50NT fuer etwas besseres auszugeben. Selbst wenn es jeden tag das selbe gibt..