Dieses Blog durchsuchen

Freitag, Mai 17, 2013

Krisenticker: Kanonenbootdiplomatie?

Philippinisch/taiwanische Krise um ein beschossenes taiwanisches Fischerboot in umstrittenen Gewässern

Die Krise zwischen den Philippinen und der Republik China (Taiwan) setzt sich fort. Taipei sieht die Entschuldigung der philippinischen Regierung für den Beschuss (bei dem ein Taiwaner starb) als ungenügend an und Präsident Ma rechtfertigt seine Pläne für Sanktionen gegen die Philippinen (http://www.taipeitimes.com/News/front/archives/2013/05/17/2003562463). Während die Regierung Taiwans (eigentlich: Die Regierung der Republik China aka Taiwan) unter dem pro-chinesischen Präsidenten Ma Ying-Jeou (KMT) die Affaire mit Augenmaß zu handhaben scheint, ist dieser noch diplomatische Kurs nicht ohne Kritik. Politiker der oppositionellen DPP aber auch aus Reihen der KMT haben neulich vor der philippinischen Vertretung (eine offizielle Botschaft haben die Philippinen nicht in Taiwan, genauso wenig wie etwa Deutschland eine hat) die philippinische Flagge verbrannt und insbesondere das Fernsehen betätigt sich hier als großer Hetzer und will immer wieder die philippinischen Dienstmädchen und Arbeiter in die Sache hineinziehen. Neben den Bildern von Philippinos in Taiwan werden auch immer wieder die taiwanischen Kriegsschiffe gezeigt, teilweise in Fotomontagen als Größenvergleich über die philippinischen Schiffe gelegt. Da sieht man dann die modernen Tarnfregatten der aus Frankreich gekauften La Fayette - Klasse auf kleine Schiffe mit den philippinischen Nationalfarben montiert, die wie (umgerüstete?) Zivilschiffe wirken.

Taiwan erweckt den Eindruck, sich hier mit Peking angesprochen zu haben. Sicher war Taiwan in der Vergangenheit bei solchen Konflikten besonders zurückhaltend, da es ja nie in einen Krieg ziehen konnte - musste es doch befürchten die VR-China würde die Situation zu einer Besetzung Taiwans nutzen, etwa als "Hilfe" für den von Peking beanspruchten Inselstaat Taiwan maskiert. Doch unter der pro-chinesichen Regierung Mas, der in der Vergangenheit die Verflechtung von China und Taiwan etwa durch seine Wirtschaftsunion stark erhöht hat, scheint Taiwans Marine nun förmlich eine Art verlängerter Arm Pekings zu werden. Schließlich hatten die VR-China und die Philippinen schon länger einen Streit um Gewässer, Inselgruppen und Fischereirechte (oft ein Deckmantel für Streit um Bodenschätze). Peking hat keine eigene schlagkräftige Marine. Für die USA, die sowohl die Schutzmacht von Taiwan sind oder waren als auch mit den Philippinen verbunden sind, ist das offenbare Hindriften von Taiwan mit samt seiner recht schlagkräftigen Marine hin zur VR-China sicher eine potentiell bedrohliche Entwicklung.

Wird es trotz aller (TV-)"Kanonenbootdiplomatie" a la Kaiser Wilhelm hier Krieg geben? Sicher nicht, es wird bei Drohgebärden bleiben die langfristig nur einen stärken: Die VR-China und ihre strategische Position in der Region.


Link: USA versuchen in der Sache deeskalierend aufzutreten: http://www.taipeitimes.com/News/front/archives/2013/05/17/2003562462

5 Kommentare:

Xinxi hat gesagt…

Eine richtig komische Geschichte. Wieso schießen sich die Taiwanesen selbst bzw. den von philippinischen Gastarbeitern abhängigen Senioren und Betrieben in den Fuß? Selbst ordentlich ausgebildete Chinesen wären teurer. Und muslimische Indonesier oder Pakistanis wären im schweinefleischliebenden kurzberockten Taiwan auch nicht der beste Ersatz. Und sogar am Ende des II. WK hat Generalissimo Chiang Kai-Shek sinngemäß verkündet: "Wir sind moralisch besser als die japanischen Militaristen und lassen uns nicht dazu herab, unschuldige Zivilisten niederzumachen." (In "抗戰勝利告全國軍民及全世界人士書", etwa "Siegesnachricht im Widerstandskrieg [gegen Japan] für alle Soldaten und Zivilisten Chinas sowie Menschen auf der ganzen Welt") Scheint so, als ob heutzutage niemand mehr Originaltexte studiert...

"Ludigel" hat gesagt…

Meine Taiwanfamilie hatte ein indonesisches Dienstmädchen, hat praktisch 24h gearbeitet. Ich habe ihren Abreitstag bis 15h mitverfolgt, dann bin ich eingschlafen. Sie hat immer noch gearbeitet, wenn ich wach geworden bin. Ihr Wecker hat mich nachts geweckt, wenn sie alle 30 Minuten aufgestanden ist, um den alten kranken Vater der Familie zu versorgen. Im Prinzip hat sie also wirklich 24/7 gearbeitet. Gegessen hat sie hockend auf dem Balkon, meist silbrige Fischlein mit Möhren und weißen Reis. Das gute Fleisch gab es wohl nicht. Hoffentlich liest meine Frau hier nicht den Kommentar mit Translator. Jau, det geht also schon mit den Indonesen. "Adi" hieß sie. Immer wenn ich von ihren Kochkünsten schwärme (toll!) tritt mich meine Frau...

"Ludigel" hat gesagt…

Die Bewertung der Arbeitsbedingungen ist klar, man vergebe mir meinen durchblickenden Zynismus.

TG hat gesagt…

Hast du schon dieses Video gesehen?

https://www.youtube.com/watch?v=j5JzRUQZdwoe

Ich hab nicht viel von diesem Drama mitgekriegt, da ich einen kleinen Kreischer zu Hause habe, aber heute hab ich mal nachgeforscht um zu sehen was den die Taiwanesen so aufregt. Als ich mir die Bilder im Video angeschaut habe und das durchlöcherte Boot sah, dachte ich mir "das sieht doch aus wie ein schlechtes Rambo-Remake."

Krass.

"Ludigel" hat gesagt…

Hi MKL, danke für den Link, habe den in das letzte Posting zu der Sache eingebaut ;-)