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Freitag, Oktober 23, 2015

Fehlende Taiwanberichte

Deutsche Politik ist auf anarchistische Art so viel spannender. Und ich habe sowieso wenig Zeit, da ich ein Managementtool unter Windows mit Datenbankanbindung fertigstelle, mit dem mittlerweile das ganze 45-Leute-Team u.a. auch seine Urlaubsplanung macht und eigene Fähigkeiten zwecks Zuordnung zu den einzelnen Hardwaretest-Projekten hier im Testteam einhacken kann in das System. So groß ist das Programm, dass ich es mittlerweile "SAT / Software aus Taiwan" nenne statt SAP. Obwohl, so groß ist es nun auch wieder nicht.

Daher habe ich nicht darüber berichtet, dass die noch regierende KMT ihre Präsidentschaftskandidatin Hung gegen den moderateren Chu ausgetauscht hat, der Bürgermeister des Landkreises Taipei alias New Taipei City ist. In einer aktuellen Umfrage liegt jetzt Frau Tsai von der DPP mit um die 40% immer noch mit Abstand vorn, gefolgt von Herrn Chu aus der KMT mit 18% und dann Soong aus der PFP (KMT-nah eigentlich) mit 12%. Lustige Szenen gab es, als Hung-Anhänger vor der KMT-Zentrale demonstrierten und KMT-Honoratioren am Weiterfahren in ihren Limusinen hinderten. Aber Deutschland ist einfach so viel spannender und morgen geht es besuchsweise nach Manila, auch um die Permanent Residency abzuholen. Da tritt Taiwan und seine ewige "sind wir nun China oder nicht?"-Leier Gott sei Dank gnädig in den Hintergrund.

Bei mir gilt also jetzt das Motto: "Der Trend zum Drittland hält an". Selbst wenn Merkel eines von den dreien kaputt spielt, bleiben mir immer noch zwei andere. 

Freitag, Oktober 16, 2015

Republikflucht! (Geht auch ohne Merkel)

Langsam wird es ernst mit der Republikflucht aus Taiwan, der "Republik China", wie sie ja eigentlich heißt.

Ich will noch mal kurz rekapitulieren, wie es zu der stürmischen Entwicklung kam, die Frau und mich seit 2 Jahren oder dergleichen umtreibt - verschärft in den letzten Monaten.. Alles fing an mit dem dicken Volvo SUV names XC60 T5 in Glitterschwarz, mit dem meine Frau des guten Crashtests halber unseren alten Nissan Xtrail ersetzen wollte. Alles Reden half nichts, am Ende stand die schöne und in Taiwan im Vgl. zu Deutschland noch teurere Karosse vor der Tür. Oder genau gesagt auf dem Familienparkplatz bei Schwiegermutter. Parkplätze sind ja durchaus Kostbarkeiten in Taipei. Der "Familienparkplatz" war ursprünglich von meiner Frau gemietet und bezahlt worden und war während unseres kurzen Lebens in Deutschland dann vom "reichen" Schwager meiner Frau übernommen worden, der da manchmal seinen Porsche Panamera oder vorher Audi S8 und den parallelen BMW X5 35i drauf parkte. Großzügig und nett wie er ist durften wir da immer unseren Wagen gratis drauf abstellen, weil der Parkplatz so gut wie nie genutzt wurde. Ich wollte ja immer schon einen eigenen, aber meine Frau hatte sich da eine Art Zweikampf mit ihrer Schwester geleistet, die ja die erste Tochter der Familie ist und mangels Söhnen daher nach chinesischer Sitte eine ganz besondere Stellung hat. Als statt dem alten Nissan nun der glimmerschwarze Volvo auf dem Parkplatz stand, flog der ersten Tochter offenbar der Korken aus dem Kropf und sie erklärte Ludigels Kleinfamilie den Krieg. Nebenher hatte ihr Sohn auch einen Führerschein bekommen und nun ein eigenes Auto (erst Audi und BMW, wohlhabende Taiwaner lieben deutsche Autos) und hätte eigentlich den "Familienparkplatz" seines Vaters selbst gebraucht. Nett wie er ist, hat er aber kein Wort gesagt. Also erklärte uns die erste Tochter - die mich als zu "unchinesisch" vom ersten Tag an immer schon buchstäblich wie Luft behandelt und auf chinesische Art mit leerem Blick durch mich durch starrt - den totalen Taiwan-Weiberl-Krieg.
Als Resultat fing auch Schwiegermutter an, durch mich durch zu gucken als sei ich Luft. Ich fand ja, sie hat ein bisschen geschielt dabei. Aber gut, auch egal. Da damals wegen unserer viel zu kleinen Wohnung Frau 50m neben unserer nur von mir bewohnten Wohnung bei Schwiegermutter mit Junior lebte (ein merkwürdiges Arrangement, ich weiß) flogen Frau und Junior auch noch achtkantig aus der Wohnung und zogen bei mir in die seither überfüllte Miniwohnung. Was ja auch asiatisch nett ist, so eng beieinander. Ich gebe es zu und achte drauf, nicht Frau oder Junior beim morgendlichen Recken ausversehen aus dem Fenster zu boxen. Wie dem auch sei, Schwiegermutter weigerte sich auch noch, auf ihren Großsohn tagsüber wochentags aufzupassen und sagte uns, wir sollten uns gefälligst eine Kinderschwester suchen für den damals noch im Babyalter befindlichen Junior.
Zuuuuuuufällig weilte damals die zweite Schwester der Familie in Taipei, die eigentlich mit einem Sino-Filipino verheiratet in Manila lebt. Da Taiwaner Gruppenmenschen sind, litt meine Frau sowieso unter sozialen Entzugserscheinungen und auch dass uns die werte erste Tochter an der Familientafel manchmal buchstäblich das Essen (für Junior) aus der Hand nahm und demonstrativ an die Kinderchen der dritten Tochter weitergab, trug nicht gerade zur Genesung meiner Gattin bei.
In der Folge bekam meine Frau dann auch noch ein Augenleiden, das evtl. zur Erblindung führen könnte und verlor nun ganz und gar die Contenance.

Dann ging es so schnell, dass ich kaum noch mitkam. Will sagen, dass ich wirklich nicht mehr mitbekam was in Windeseile vor sich ging. Die "Manila-Schwester" und meine Frau schmiedeten ohne große Diskussion den Plan zur Umsiedlung der Familie Ludigel nach Manila. Frau hätte da Familienanschluss, bräuchte nicht mehr im Büro auf den kleinen Bildschirm zu starren und könnte ins schwägerliche Business einsteigen. Im Handumdrehen war alles gemeinsame Geld in Manila angelegt und ich kam und komme mir ein bisschen vor wie jemand, der nach durchzechter Nacht in Frauenkleidern auf der Glaskuppel des Reichtags in Berlin mit einem zeltgroßen Schlüpfer von Peter Altmaier auf dem Kopf wach wird. Wie bin ich da bloß hingekommen? Und ich wusste gar nicht, dass ich sowas auch mache. Nur statt Alkohol hatte ich Famileindramen, Krankheiten und Nervenzusammenbrüche seitens der Gattin.

Da meine Frau in Sachen Manilaumzug unbeirrbar ist, war ich die Tage in Sachen polizeiliches Führungszeugnis, Legalisierungen (Beglaubigungen) und anderem Kram unterwegs. Unter anderem habe ich auch die horrende Summe für ein philippinisches Familienvisum (genauer: eine permanente Residency) übewiesen. Und heute hat der erste Verkaufskiosk des Joint-Ventures zwischen meiner Frau und ihrer "Manilaschwester" aufgemacht, drei neue Arbeitsplätze in Manila sind geschaffen. Und Frau und Junior werden Mitte nächsten Jahres in Manila erwartet, u.a. zwecks Kontrollieren der Verkaufsstelle. Meine Wenigkeit wohl auch - wenn Frau nicht zu viel Angst hat in der Manilafamilie könnten wieder ähnliche Verwerfungen auftreten wie mit der Taipeifamilie, das Business läuft und die Götter gewogen sind. Und ich mein Gesichtverziehen beim Thema Manila und Familie einstelle, sagt Frau. Da bin ich mir noch im Unklaren ob das klappt.
Lustig: Auch das Paar Will/ShaoWu will mit nach Manila ziehen, das treuen Lesern aus dieser Geschichte hier noch  bekannt sein könnte.

Schuld am ganzen Chaos war also nur der dicke Volvo, der ganz am Anfang der Geschichte stand. Oder auch der Bossanova, wer weiß das schon. In Manila soll es wieder ein alter Nissan werden, sagt Frau. Vielleicht fragen wir mal die Schwester dort, ob sie damit einverstanden ist*.


* Das ist genau die Manila-Nörgelei, die meine Frau beanstandet.

Nachtrag: Manchmal habe ich ja schon das Gefühl, ich sei im Jahre 2004 beim nächtelangen Programmieren in Deutschland bei meinem letzten Arbeitgeber mit dem Kopf auf die Tischplatte geknallt und läge seither im Krankenhaus im Koma. Und alles sei nur ein wilder Traum, während neben mir die Herz-Lungenmaschine rattert. Ist der Taiwahnsinn real?  

Nachtrag 2: Seit dem heutigen wiederholten Besuch im Manila Trade Office (der diplomatischen Vertretung der Philippinen in Taiwan) sehe ich die Ausreise nach Manila viel positiver. Die nette Schalter-Dame dort hat mich beim zweiten Mal mit einem netten Lächeln begrüßt und die vielen netten Damen in der Vertretung und die spanischen Worte, die sie in das Tagalog im Gespräch untereinander einfließen ließen, ließen die ganze Sache viel positiver wirken. "Tu es marido, no sé?" sagte gleich eine längst verloren geglaubte innere Stimme als ich wieder im Fahrstuhl war. Die hatte ich zuletzt bei meinen Lateinamerikareisen vor meine Taiwanzeit gehört ;-) Seien sie mit meinem alten Touristenspanisch nicht allzu streng.

Montag, Oktober 12, 2015

Peinliches bei Mr. Donut

Da will man nur seine Donuts in Ruhe essen. Und schon ist man mitten drin im Apple-Daily-Taiwan. Wenn auch nicht ganz schuldlos.

 Am verlängerten Wochenende waren wir jeden Tag mit Junior in einem Spielparadies, wo er klettern kann und in den unvermeindlichen Bällen herumtauchen kann, die dort dne Boden pflastern. Sowohl Junior als auch sein Vater waren stolz, auf diesen mehrere Meter hohe Scheiben-Kletterpfosten geklettert zu sein. Auch die vielen dratigen Taiwaneltern wollen da den Kids nicht folgen, während ich Junior erst mal mit Schweiß auf der Stirn vormachen musste, dass das Klettern da gefahrlos ist. Ab dem dritten Mal ging es dann bei mir fast automatisch, offensichtlich hatte sich irgendein altes Primaten-Kletterprogramm aktiviert. Als die Tage dann ein Ziehen in allen vier Gliedmaßen einsetzte musste ich mich ermahnen, nichts davon gegenüber der Frau zu erwähnen. Die hätte mich sicher sofort zum Taiwanarzt geschickt, der die Amputation aller vier Gliedmaßen oder einen Herzschrittmachen empfohlen hätte, tolloperationswütig wie sie sind. Muskelkater nennt man das eigentlich.
Jedenfalls nach dem Spielaufenthalt dort will Junior immer seine Donuts bei Mr. Donut essen, wofür wir extra in ein zweites Einkaufszentrum fahren. Nach Hause mitnehmen will er sie nicht, sondern man muss zusammen sitzen, essen und gucken, wie er mit seinen 4 Jahren ausführt. Das Wort "Café" hat er schon fest im Wortschatz auf Englisch und Deutsch. Die Donuts nach US-Vorbild sind deutlich filigraner als die in den US-Polizeiserien, wo sie offenbar das Grundnahrungsmittel eines jeden schießwütigen Polizisten sind. Neulich haben die sogar einen Rollstuhlfahrer erschossen, weil er nicht die Hände hoch genommen hat, habe ich gelesen. Unglaublich. Schuld wird aber eher die nur wenigwöchige Ausbildung der Herren Polizisten sein und nicht der Donut. Die Donuts bei Mr. Donut sind auch viel filigraner, kleine Kugeln bilden einen Ring aus etwas, das man in Niedersachsen als "Krapfenteig" bezeichnen würde. Was nichts mit Fischen zu tun hat.

So warteten Junior und ich am Tisch auf Mama, die die US-Krapfenring bestellte und schließlich mit an den Tisch brachte. Zwei für Junior und einen je für uns nebst Tee. Junior schmiert sich wegen der Schokokuvertüre seiner bevorzugten Sorte Donuts schon immer ein so dass wir wie alle Elternteile einen dicken Stapel Papierservietten mitnehmen. Meine Frau brachte taiwantypisch sowieso wieder einen extradicken, aber auch ich bediene mich da durchaus. Nicht ganz koscher, musste ich selbstkritisch feststellen, legt man doch da dem Unternehmen im Prinzip einen finanziellen Anteil an der Aufzucht der eigenen Brut auf die Kasse. Nichtsdestotrotz verbraucht Junior aber auch immer 90% der von mir üblicherweise mitgenommen Servietten und etwa 50% der von Frau eingesteckten. Auch am Nebentisch fand es so statt, eine Familie mit 2 Kindern hatte einen noch dickeren Stapel und ließ mindestens die Hälfte davon gleich in der Tasche verschwinden. Taiwan-Sorglos-Gratiskultur. So machen wir es denn nun doch nicht.

Nächstes Bild: Plötzlich steht einer der uniformieren Leutchen vom Bedientresen bei uns am Tisch, guckt mich wütend mit rotem Kopf an und fummelt in den von Frau mitgebrachten Servietten herum, von denen er die Hälfte wieder mit nimmt. "Tai dou le" sagt er dabei die ganze Zeit mehrfach vor sich hin, was etwa mit "ziemlich viele" zu übersetzen wäre. Er sieht nur mich an, nicht meine Frau und ich bemühe mich nach besten Kräften, den Kerl zu ignorieren. Klar dass er mich ansieht, denke ich so. Er hat vermutlich Apple Daily gelesen, die Taiwan-Bildzeitung, die schreibt gerne von unverschämten Ausländern, die keine Steuern zahlen, Drogen nehmen und nur die Mädels flach legen wollen. Aber ich habe auf den ganzen Mist keine Lust und mache mit ihm das was ich fast immer mit mir auf die Nerven gehenden Leuten mache: Ich ignoriere sie. So verschwindet er mit seiner Beute und ich muss ihm ja auch zugestehen, dass er nicht ganz Unrecht hat. Und wer möchte auch schon Aufhebens davon machen, dass man gerade deswegen zum "Mr. Donut strikes back"-Ziel geworden ist, weil man irgendwie anders aussieht. Woran es vermutlich liegen wird. In Taiwan wird man mittlerweile so behandelt als "weißer" Ausländer, was ich "moderat unfreundlich" nenne. Meistens neutral, mit dem ein oder anderen bösen Blick auf der Straße, manchmal aber auch etwas freundlicher als der Normalo behandelt würde, manchmal aber auch etwas unfreundlicher, etwa von Service-Personal. Eigentlich kann es sich Personal im serviceorientierten Taiwan ganz und gar nicht leisten, Kunden unfreundlich zu behandeln. Aber unsereins Langnase erwischt es manchmal, wohl aus dem Gedanken heraus, dass wir uns ja nicht so einfach beim Vorgesetzten oder gar dem Firmen-HQ einer Kette beschweren können wegen der Sprachbarriere. Manche Taiwaner glauben auch, meine Frau spräche nur Englisch, wenn sie sie mit mir auf Englisch reden hören. Dann halten sie uns wohl für ein US-Paar, denke ich mal.

Na ja, es kam wie es kommen musste. Frau rief das Headquarter an, die schicken zweimal den Serviettenrücknehmer zu uns an den Tisch nebst anderem Personal zum Entschuldigen. Er hat wieder einen roten Kopf, diesmal aber nicht vor Wut sondern vor Angst um seine Karriere, wie man den stark geweiteten Pupillen und dem Kaninchenblick entnehmen kann. Beim 2. Mal wollten sie die Donuts auch noch aufs Haus gehen lassen, aber wir haben das abgelehnt. Alles in allem eine oberpeinliche Veranstaltung, aber auch grenzwertig lustig, wie Taiwan eben oft ist.

Trotz allem ist Taiwan im Jahre 2015 ein angenehmeres Pflaster als es 2004 war, als ich hier her gekommen bin. Damals wurde man oft wie ein Popstar glorifiziert, fast unglaublich ist das heute. Aber auch ständig gefragt ob oder warum man immer nur Cola trinkt und Burger frisst - beides tat ich damals eigentlich nur sehr selten wie auch heute -  und hatte schon mal "Ausländer! Ausländer!"-singende Kinder hinter sich her dackeln und die beiden Jungs im "Family"-24h-Supermarkt waren so unfreundlich, dass ich manchmal befürchtete, sie würden eine Prügelei mit mir anfangen wollen. Und das Kantinenpersonal tatschte an mir herum wie an einem frisch gelandeten Marschmenschen und die halbe Firma wieherte dazu ... mit rotem Kopf.

Heute gibt es weniger rote Köpfe und das Klima ist angenehm neutral. Fast immer jedenfalls. Wenn es Probleme gibt, dann mit Leuten mit niedrigem Bildungsgrad, die möglicherweise für Servietten zuständig sind oder mit manchmal mit Senioren. Oder es lag doch nur an den Servietten oder am Bossanova.


Donnerstag, Oktober 08, 2015

Juniors Sprachentwicklung

Ein Update für Interessierte, von wegen Dreisprachigkeit

Junior (4) ist tagsüber im deutschen Kindergarten in Taipei und nachmittags bei der Schwiegermutter, die Mandarin mit ihm redet und ausdrücklich angewiesen ist, kein Hoklo alias Taiwanisch mit ihm zu reden, damit er nicht durch Viersprachigkeit verwirrt wird. Sonst abends und am Wochenende redet er Mandarin mit meiner Frau und Deutsch mit mir neben Englisch mit uns beiden, was also summa summarum drei Sprachen macht. Eine kurze japanische Phase wo er viel "annnooo" von sich gegeben hat hatte Junior auch mal. Da waren wir in Tokio gewesen und er hatte das aufgeschnappt. Vielleicht auch wegen des gelegentlichen Minijapanisch, mit dem seine Oma manchmal kontert, wenn Junior sie auf Deutsch anredet. Oma, also meine Schwiegermutter, hat nämlich in der japanischen Kolonialzeit noch Japanisch gelernt auf der Schule, aber den Großteil davon wieder vergessen. Wenn Junior sich einen Spaß macht und Deutsch mit seiner Oma redet und sich freut, wenn sie ihn nicht versteht, dann kontert sie eben schon mal auf Japanisch.

Neulich fragte ich Junior, wie viele Sprachen er denn spricht und er zählte auf:

Chinesisch
Deutsch
Minion

Letzteres hat damit zu tun, dass er viel die Filme des Despicable-Me - Franchises gesehen hat. Wir haben ihn durch englischsprachige Filme Englisch lernen lassen und das hat wirklich gut funktioniert, sogar richtige Native-Speaker-Formulierungen wie "gosh" als Erstaunenslaut hat er da drauf. Nur die englischsprachigen Despicable-Me-Filme haben ihn jetzt durcheinander gebracht, denn die kleinen gelben "Minions", die in dem Film die Stars sind, reden ein polyglottes Gewirr, das unter anderem wohl aus Japanisch, Spanisch, falsch gesprochenem Chinesisch (oder einem anderen Dialekt als ich ihn kenne), Englisch, Deutsch und allerlei mehr besteht. Das Vermischen von Englisch und dem Minion-Polyglott führte dann zu ein paar Sprachunfällen, etwa beschwerte sich Junior bei uns auf Englisch, seine Minion-Puppe hätte keinen "Wonderful". Also ein "Wunderbar" würde sie nicht haben. Frustriert fing er an zu weinen als wir ihn nicht verstanden. Erst später fiel mir ein, dass er "wonderful" als Hauptwort schon mal anstatt "Arm" benutzt hat. In der Tat fehlen der Puppe Arme. Auch stand er vor seinem Spielhaus mit offenem Eingang und sagte zu mir in Pseudodeutsch "Torweg zu?". Verblüfft guckte ich ihn an und ein paar Minuten später plapperten die Minions beim gehen durch eine Tür "Torweg zu?" oder irgendwas, das so ähnlich klang. Einstweilen sind die Minionfilme verboten, denn er fing an unverständliches wie "Bapu" und "Neipu" von sich zu geben und korrigierte mich schon mal energisch, wenn ich "Napu?" nachgefragt habe, was immer das auch sei. Abgesehen davon hat die Vielsprachigkeit aber gut geklappt, er spricht fließend Mandarin seiner Altersstufe entsprechend und wird daher von taiwanischen Kindern als einer der ihren akzeptiert, nur ihre Eltern bezeichnen ihn manchmal als "kleinen Ausländer", seiner braunen Haare wegen. Englisch kann er gut als Zweitsprache und fällt auch mir gegenüber darauf zurück, wenn ihm die Vokabeln fehlen.
Deutsch ist die Drittsprache und lässt sicher viel zu wünschen übrig, hat sich durch den Besuch des Kindergartens allerdings deutlich verbessert. Er ist stolz, wenn er ein neues Wort gelernt hat wie neulich "Aufräumzeit" oder vorher "Stuhlkreis", probiert dieses dann sogleich bei mir aus und ist glücklich, wenn ich es verstehe. Oft will er komplexe Sachen auf Deutsch sagen und dann fehlen die Worte dazwischen und er hat sich angewöhnt, diese dann mit deutsch klingenden Fantasielauten zu füllen und mit Gesten zu untermalen. Im Kindergarten ist man nicht glücklich über seinen Rückstand gegenüber den Kindern aus rein deutschen Familien, er ist da eben zwischen den Kindern aus rein taiwanischen Familien die sicher weniger Deutsch können als er und den Deutsch-Deutschen Kindern. Deutsche Filme und Hörspiele einzuführen hat nur bedingt geklappt. Wenn ich seine Lieblingsfilme deutsch synchronisiert zeige, fängt er an zu schimpfen und Hörspiele mag er eh nicht so, weil er den Bildschirm vermisst. Nur "Lucas der Locomotivführer" kam bislang gegen die Hollywoodstreifen an, Pumuckl hingegen hat er die kalte Schulter gezeigt.

Sollte Mitte nächsten Jahres wirklich der Umzug nach Manila auf den Philippinen stattfinden, dann würde er auch dort die deutsche Schule besuchen und dort auch Tagalok lernen (wie immer man das auch genau schreibt). Viersprachig dann also. Das ist eine nette Sprache. Der Satz "May reklamo ka" / "Wenn Sie eine Beschwerde haben" am Taxi verführt richtig dazu sie lernen zu wollen.

Stinksauer wird Junior, wenn seine Mutter plötzlich Deutsch statt Mandarin oder Englisch redet und ich ein paar Brocken Chinesisch benutze. Dann klärt er uns schon mal genervt auf, dass Papa kein Chinesisch spricht sondern Deutsch reden muss und Mama kein Deutsch spricht. Das haben wir nur mal spaßeshalber gemacht, als er uns mit Minion genervt hatte und wir lassen es jetzt wieder. Dieser kleine Plastik-Baseballschläger, den er dann hervor holt, tut nämlich wirklich weh.