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Donnerstag, Juni 12, 2014

Schottland liefert "Todesfahrer" vermutlich an Taiwan aus

Der pakistanisch- oder indischstämmige Brite Z.D. wird vermutlich an Taiwan ausgeliefert

Zur Erinnerung: Z.D. war in Taiwan wegen einer Trunkenheitsfahrt mit Todesfolge zu 4 Jahren Gefängnis in 2. Instanz verurteilt worden; wer nun den Tatwagen gefahren hatte, war während des Prozesses über längere Zeit strittig, da auch noch ein Taiwaner am Steuer saß während der verhängnisvollen Fahrt.

Der Fall des meist als pakistanischstämmig bezeichneten Briten Z.D., der in Taiwan eine kleine Computerfirma hatte oder eine Dependance davon und dem die ein oder andere unsaubere Geschäftspraxis nachgewiesen worden ist und der offenbar auch in Sachen betrunken Autofahren schon vorbestraft war, hat lange die Ausländergemeinde in Taiwan beschäftigt. Und die taiwanischen Medien generell. Auch das generelle Klima gegen westliche Ausländer wurde durch die teilweise hexenjagdartige taiwanische Berichterstattung meiner (und nicht nur meiner) Ansicht nach verschlechtert. Als die Berichterstattung ihren (lange andauernden) Höhepunkt erreicht hatte, sah ich mich jedenfalls plötzlich Pöbeleien auf den heimischen Straßen in Taipei ausgesetzt, die manchmal kurz vorm Angriff zu sein schienen, aber alle noch harmlos waren. Die sonst so populären "Weißen" sind plötzlich gar nicht mehr so beliebt in Taiwan, wenn die Medien eine große Kampagne gegen einen einzelnen westlichen Ausländer fahren.

Z.D. hatte die Haft nie angetreten, sich erst in die Schweiz und dann an seinen vor-Taiwan-Wohnsitz Schottland begeben. Dort hat ein Gericht nun entschieden, dass er ausgeliefert werden soll, es sei denn dass das schottische Justizministerium noch anders entscheidet oder ein Einspruch Z.D.s greifen kann.

Letzter Bericht:
http://osttellerrand.blogspot.tw/2014/05/londoner-gericht-britischer-todesfahrer.html
Aktuelles Urteil:
http://focustaiwan.tw/news/asoc/201406110029.aspx

Sicher werden sich taiwanische Behörden jetzt selbst feiern, selbst der Präsident der Republik China aka Taiwan hatte die Auslieferung zur Chefsache erklärt und Taiwans Medien werden sicher viel Häme in Richtung Z.D. ausschütten, was den Medienzirkus um Z.D. von neuem anfachen wird mit den bekannten Folgen für die westlichen Ausländer hier. Ein Ruhmesblatt ist die Geschichte trotzdem nicht, mit einem Ermittlungsverfahren, bei dem das Polizeirevier ungefähr in der Zeit der Ermittlungen durch das Verbrechersyndikat geschmiert wurde, das auch den zweiten Fahrer des Unfallautos beschäftigt hatte (er war Parkwächter in einem Nachtlokal, das dem fraglichen Syndikat zuzurechnen ist). Und mit hexenjagdartigen Taiwan-Style Prozederen, bei denen Passanten Gelegenheit haben auf den Verdächtigen einzuschlagen. Und (vom Gericht sanktionierten) Entschädigungszahlungen an die Familie in Höhe von Hunderrtausenden US-Dollar, die sehr am Maximum von Schadensersatzforderungen in Taiwan in solchen Fällen liegen.

Obwohl die Faktenlage eher gegen Z.D. spricht finde ich persönlich es wenig gut, dass der taiwanische Staat hier mit seinem Korruptions- und Vorverurteilungszirkus, der Zweifel an einem fairen Verfahren aufkommen lässt, durchgekommen ist. Jetzt noch mehr als vorher gilt: Für westliche Ausländer gilt in Taiwan oft eine Sonderrechtsprechung - jedenfalls wenn sich die Presse einschaltet.

Trotzdem, am Ende der Geschichte, ist mir auch Z.D. wenig sympathisch, und gibt mit seinen krummen Geschäftspraktiken und Trunkenheitsvorstrafen sicher kein Paradebild von einem westlichen Ausländer in Taiwan ab Schade nur, dass medienhörige Leute auf der Straße einen öfter mal mit ihm in einen Topf werfen.

3 Kommentare:

Miri hat gesagt…

Weiß nicht, worauf er sich beruft und kenne den Fall nicht, aber:

Wenn Schottland ihn ausliefern möchte, wird es das in Taiwan stattgefundene Verfahren auf jeden Fall als "Faires Verfahren" werten.

Allerdings ist er ja nun auch noch Brite und EU-Bürger und kann sich z.B. als EU-Bürger ja z.B. auch noch auf Art. 6 EMRK berufen, wenn er meint in Taiwan kein faires Verfahren bekommen zu haben. Da hätte er ja also noch längst nicht alle Instanzen ausgeschöpft.

"Ludigel" hat gesagt…

Interessant. Er war gerade wieder in der Kantine auf zwei Kanälen zu sehen. Bekannt wie sein Gesicht hier ist, sollte er vielleicht nach Haft und Ausweisung wieder mal unter falschem Namen einreisen und dann als sein eigener Doppelgänger in den Karaoke-Bars auftreten. Und Trinklieder singen. Make it one for my baby and one more for the road...

OK, lassen wir den Sarkasmus, die Familie des Unfallopfers findet sowas sicher nicht so lustig, räusper.

"Ludigel" hat gesagt…

Laut Forumosa soll das tatsächlich existierende Memorandum of Understanding zwischen GB und RoC aka Taiwan einen Passus enthalten, nach dem sich TWN verpflichtet, im Gegenzug auch ein Urteil aus GB anzuerkennen in einem ähnlichen Fall. Wenn es so wäre, klänge es nach grausamen Kuhandel. Und wo würde da die Unabhängigkeit des Richters bleiben?