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Montag, Mai 05, 2014

Saturday bei Friday's

Entspanntes Dinner mit taiwanisch-philippinisch-deutscher Familienfraktion im US-Fastfood-Lokal

"Friday's" ist eine US-Kette, die in Bar- oder Restaurantumgebung ungesunden, fleischigen Fastfood serviert. Scheckt also nicht schlecht dort. Bei uns in der Nähe sind sie im Miranmar-Einkaufszentrum in NeiHu zu finden, dem großen Ding mit Riesenrad dran. Mein philippinischer Schwager ist ja leider schon wieder abgereist, aber seine Frau, die zweite Tochter meiner Taiwanfamilie und ihr Sohn weilten noch im Lande. Erstaunlich, wie angenehm Abendessen sein kann, wenn nicht die "Erste Tochter" des Hauses und Schwiegermutter dabei sind - mir fiel der Kontrast zum letzten Familiendinner im "Bird Wo Wo" auf, wo zwar das Essen Feinschmeckerqualität hatte, aber durch die soziale Interaktion mit meiner Taiwanfamilie das Essen eher anstrengend war. Angenehm überrascht bin ich in der letzten Zeit durch den Umgang mit der seit einigen Jahren auf den Philippinen lebenden "Zweiten Tochter" der Familie, die mich viel anlächelt und öfter mal einen Schwank parat hat, um zu mir Gemeinsamkeiten bzgl. des Expatlebens in unseren jeweiligen Wahlländern festzustellen. Was für ein Kontrast zu früher, als sie noch in Taipei lebte und mir mit stenger Miene Monologe hielt, wie sehr die "chinesische Kultur" in Taipei der meinigen überlegen sei und wie sehr ich mich daher nach den hiesigen Geflogenheiten richten müsse. Damals setzte ich sie auf die Ignorierliste und hörte ihr schlichtweg nach den ersten Worten nicht mehr zu. Interessant wie heilsam in dieser Hinsicht das Expatleben auf den Philippinen war - wo sie übrigens mit einer Bubble-Tea-Kette eine erfolgreiche Geschäftsfrau ist.

Eine der Gondeln des Riesenrads auf dem Dach des Miranmar-Einkaufszentrums, hier allerdings vom monglischen Restaurant aus aufgenommen*

So hatten wir ein nettes Abendessen mit allerlei ungesundem Zeug, u.a. dicken Rippchen mit schwerer süßer Grillsauce und Junior amüsierte sich mit den Gratis-Buntstiften, auch wenn er die Käsenudeln zu schwer und klebrig zum Verzehr fand. Die Frage der zweiten Tochter, warum Junior immer im Pyjama herum liefe, konnte ich ihr nicht wirklich beantworten, erklärte ihr aber, sie würde diesbezügliche Bedenken mit einer Blogleserin teilen, was ihr wiederum ein entzückendes Stirnrunzeln entlockte. Mehr gemurmelt war meine Entgegnung, wir würden ihm mit 18 einen Bademantel kaufen, schon ahnend, dass meine Referenz an den "42"-Zyklus von Douglas Adams hier nicht auf fruchtbaren Boden fallen würde. Immerhin hatte Junior eine Holzfällerweste zum Teddy-Pyjama an. Ich denke, das könnte ein Modetrend werden.

Merkwürdig der andere Ausländer, der mich die ganze Zeit unfreundlich am Eingang zum Friday's musterte. Während seine und meine Gruppe auf Platzierung warteten (man muss vorbestellen), fiel mir auf, dass er mich unentwegt anstarrte und nur widerwillig nach längerer Zeit damit aufhörte. Ich kannte den Mann absolut nicht, aber Zufallsbegegnungen mit anderen westlichen Ausländern in Taipei haben oft etwas merkwürdiges. Was mag der Anlass für seinen kritischen, ja richtig gehend unfreundlichen Blick gewesen sein? Er war ja sogar vor mir dran. Möglicherweise wieder dieses Phänomen, das mal jemand im Ausländerforum als eine Art Indina-Jones-Syndrom bezeichnete. Wir als Expats sind alle Hauptdarsteller in unserem eigenen Kopfkino, wo wir eine Art schlapphuttragender Held sind, der supercool in lebensfeindlicher Dschungelumgebung überlebt. Einsamer Hort der Zivilisation auf weiter Flur im exotischen Land. Und ein anderer Ausländer versaut da einfach das persönliche Drehbuch, so erklärte es der andere Ausländer im Forum. Wie dem auch sei, für solchen Unsinn bin ich zu lange hier und konnte diesen Gedankengang nie so ganz nachvollziehen, gibt es hier doch keine Tiger und Mayatempel, sondern nur Toyotas und viele Schlichtwohnblocks. Aber irgendwie so wird es wohl sein. Der andere Herr war etwa gleichalt mit mir und hatte offenbar auch Frau und "gemischtes Kind", gab also eigentlich für ihn nichts zu klagen.Wir ähnelten uns also bis aufs Haar sozusagen. Gut, das graue Haupthaar müsste er sich färben lassen, um wie ich auszusehen (nein, meins ist nicht gefärbt). Und wenn er schon mal dabei ist, könnte er diese schlichte schwarze Stoffjacke gegen ein Jackett tauschen, das graue T-Shirt vielleicht gegen ein taubenblaues Oberhemd - und bitte mit passendem Einstecktuch. Und etwa 15 kg abnehmen. Andererseits, wenn er das alles tun würde, würde ich mich beim nächsten Mal sicherlich erschrecken, wenn ich ihn sähe ;-)

Immerhin hatte er vermutlich keine Flecken im Oberhemd (auch wenn die vom Jackett verdeckt waren). Ich muss Junior noch beibringen, mein Oberhemd nicht als Serviette zu verwenden....

*fototechnische Notiz: Sony Alpha 850, Minolta AF 1,7/50mm, Freihand

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