Dieses Blog durchsuchen

Dienstag, März 20, 2012

Anfang in Taiwan

Neulich beim Spazierengehen in unserer Gegend, was ich selten tue, weil ich erstmal vor lauter Autoabgasen einen Mundschutz tragen muss, bis ich im Parkviertel (Bild) bin, kam ich an diesem merkwürdig aussenden Gebäude vorbei.

Wer genau hinsieht kann erkennen, dass das Gebäude in der Mitte einen Elefanten darstellen soll. Ich gebe zu, ich habe es erst gemerkt, als ich über ein Jahr in dem Gebäude gearbeitet habe - weil ich es fast nie aus dieser Perspektive gesehen habe. Es beherbergt die Taiwanzentrale von "Les Enphants", zu Deutsch "Die Kinder" und hat einen Elefanten als Firmenlogo. Gearbeitet habe ich aber nicht bei den Elefantenkindern (ist wohl ein kanadischer Kinderkleidungshersteller), sondern weiter oben bei einer kleinen IT-Firma, was mir einen tiefen Einblick in einen Teil der taiwanischen IT-Wirtschaft gegeben hat. Meist sind es große US oder Japankonzerne, die irgendwas neues auf den Markt bringen, wie USB-Festplatten etwa vor Jahren. Kleine IT-Firmen wie diese hier bauen das dann auch und etwas billiger und haben manchmal kreative Ideen dazu, wie etwa eine Modellvariante mit Verschlüsselung anzubieten. Erst ein Hardwareschlüssel macht dann die komplett verschlüsselte Festplatte erkennungsfähig und die Lösung in diesem Unternehmen (ich war Produktmanager dort) hat wirklich funktioniert und war sicher, im Gegensatz zu Lösungen anderer Firmen (die oft nur simple Zahlenaufaddiererei von einer sich immer wiederholenden Zahlenkette betreiben). Sagen wir, dass Dienste aus den U.S.A. mit Trenchcoat und Sonnenbrille die verschlüsselten Festplatten erwerben wollten - sie könnten es nicht direkt und müssten von einem U.S.-Hersteller kaufen, an den dann aber Taiwanfirmen die Produkte liefern können, die wohl in den U.S.A: zusammengesetzt oder wenigstens verpackt werden.

 Wohnblock direkt am Park, der endlich mal wie eine richtige Mietwohnanlage aussieht und nicht wie eine Mischung aus Alcatraz und Zombiefilm-Kulisse, wie sonst Mietwohnungen in Taipei. Sind nur Einzimmerwohnungen, aber wir überlegen einfach zwei davon zu mieten...


Solche kleinen Unternehmen haben Chefs die immer nur im Büro sitzen, fast alles selbst machen und es gewohnt sind, dass die Angestellten mit gesenktem Kopf im Laufschritt (aber bitte kleine Schrittchen auf der Stelle machen, nicht mit großen Schritten, das wäre unchinesisch!) angelaufen kommen, wenn der Chef ruft. Sehr fähige Leute, die ihr Unternehmen mit Einsatz auch durch schwerstes ökonomisches Fahrwasser steuern können. Aber nicht ganz einfach, wenn man aus dem Westen kommt und in so einer fremden Welt arbeiten muss.
Alles ist anders dort in der Arbeitswelt. Erinnere mich noch, als ein Nachbarunternehmen auf der selben Etage mit Außenholzfarbe gestrichen hat (die im Inneren von Gebäuden nicht angewendet werden sollte der giftigen Schwaden halber) und betäubende Farbschwaden durch das Büro waberten. Fast alle schliefen auch morgens schon mit dem Kopf auf der Tischplatte, darunter eine hochschwangere Kollegin. Ich hatte Kopfschmerzen und fühlte mich benommen. Als ich die Kollegen auf die Gefahren hinwies, erntete ich nur Spott und Kopfschütteln. Wir Westler mit unseren Übertreibungen.

Oder der Kollege, der einem der zahlreichen Telefonbetrüger wirklich umgerechnet 20.000 Euro gegeben hatte und nach tagelanger Telefoniererei tatsächlich einen Teil zurück bekommen hatte (wundert mich bis heute). Spannende Zeiten der Anfang in Taiwan, mit 1000 Euro umgerechnet in der Tasche und ohne bezahltem Urlaub (nach Taiwanarbeitsrecht gibt es keinen im 1. Jahr), war mal ganz was neues.

P.S:: Da wo links daneben heute ein Bürogebäude steht, war damals ein Trümmergrundstück, auf dem eine alte Frau Gemüse anbaute. Eine Straßenhündin zog ihre drei überlebenden Welpen dort groß, bis eines morgens der dritte liegen blieb. Mutter und die Geschwister verharrten noch eine Stunde bei dem regungslosen Genossen und verzogen sich dann auf eine andere Ecke des Platzes und kehrten nie wieder zum toten Gefährten zurück. Gegenüber liegt eine Kabelfabrik, der Wachhund dort war der Papa und kam manchmal zum Spielen rüber zu seinen Welpen. Dann der aufregende Tag, als ein großes Rudel Straßenhunde plötzlich aufkreuzte. Ich habe fast einen Herzinfarkt bekommen, als die Welpen schrien. Mutter sah zu, wie die großen Hunde ihre zwei Kleinen herumstupsten und anknurrten. Papa kam aus der Fabrik rüber gelaufen, ums seinen Welpen zu helfen, wurde aber vom Rudel weggebissen und lief in wilder Flucht zurück in die Fabrik.

Nach ein paar Stunden war alles gut, die kleinen waren ins Rudel aufgenommen und Mutter und Kinder verzogen sich in den gegenüberliegenden Park zur Rudelsiesta. Damals war der Park noch ein Wildgrundstück, aber auch heute sieht man manchmal das Rudel noch dort. Ob die zwei noch leben und gesund sind? 2004 war das und das Hundeleben auf der Straße ist hart...

Ach ja, als Muttern hochschwanger auf dem Trümmergrunstück lag und sich kaum bewegen konnte, habe ich ihr einst mein Kotelett spendiert. Ein netter Taiwaner kam vom Parkplatz daneben angerannt, schrie mich an und schüttelte die Faust, verzichtete dann aber doch auf einen Boxkampf, das stupsnasige Froschgesicht.

Keine Kommentare: