Hard times in the land of Teigtaschen
Nun sollen auch westliche Ausländer, sog. "Waiguoren", "Laowai" oder "Adogah" (Bignose) beim Müllsammeln in Taiwans Hauptstadt beobachtet worden sein. Werden arbeitslose "Englischlehrer", die früher Taipeis Hauptstadtkinder in der Vorschule schlechtes Englisch (legendär sich Gedichte darum, was alles der 'Cock' -Hahn- am frühen Morgen anstellt) beigebracht haben, aufgrund der sinkenden Geburtenrate nun bald den alten Menschen Taipeis beim Aufsammeln von Recyclingmüll Konkurrenz machen?
Nun, ganz so ist es wohl noch nicht. Der einzige Laowai, der sich derart betätigt hat, war wohl meine Wenigkeit. Veritabel fuhr ich mit meinem SUV bei einer Recyclinganlage vor, allerdings mit Frau und Schwiegermutter, parkte mein SUV hinter dem Dreirad einer daraufhin finster aus der verschmutzten Wäsche schauenden alten Frau und lud alte Elektrogeräte und Papierstapel aus, die stellte ich auf einer Wage ab und Schwiegermutter erhielt dann ein Paar Dollar dafür. Der Müllplatztochter im Teenageralter fielen bald die Augen aus dem Kopf, als ein Laowai auf ihrem Müllplatz den Müll auffuhr und sie versuchte entsprechende Begeisterung auch bei ihrem Nachbarn am Schreibtisch zu wecken, der war jedoch wohl längst eingeschlafen und brabbelte nur etwas im Halbschlaf. Ein breites Grinsen hatte der Laoban (Chef) des Müllplatzes für mich über und dirigierte mich dem richtigen Müllhaufen entgegen.
Traurig wollte ich mich von meinem alten ledernen Pilotenkoffer trennen, das Emailleschild "e-Security for e-Business" und der Firmenname der Dot-Com-Firma, bei der ich in Deutschland gearbeitet hatte, in der Zeit als "e-Business" noch ein Zauberwort für Investoren war, kündigte noch von alten stolzen Zeiten. Einst hatte ich den Koffer mit zwei SAP-Servern im Miniformat zu Kunden und sogar zu SAP in Walldorf bei Heidelberg getragen und heute nun stand der Koffer verloren auf einem kakerlakenverseuchten Müllplatz in seinem so gottverlassenen Winkel Südostasiens, dass die Leute dort nicht mal wissen, ob sie nun Chinesen sind oder nicht. Der Müllmann wollte meinen Aktenkoffer nicht und schwupps trat ihn die dreiradfahrende Alte mit dem Fuß durch die Gegend. Wahrscheinlich war sie sauer, dass jetzt Ausländer mit dem SUV ihr und ihrem Dreirad Konkurrenz machen.
Grund für die Aktion war, dass meine Schwiegermutter (auch mit kleinem Dreirad) in eben dieses Müllgeschäft eingestiegen ist. Obwohl sie das eigentlich nicht nötig hat, macht sie jetzt den armen Senioren bei der Jagd nach Müll und Pappe Konkurrenz. Und meine Frau meinte, bevor Schwiegermutter fünfmal mit dem Dreirad zum Müllplatz (gleich hinter Burger King und Starbucks, habe ich daher auf Anhieb gefunden) fährt, soll ich sie einmal mit dem Auto hinfahren. Man erinnere sich, Telefonbetrüger hatten Schwiegermutter ja um 800.000 Taiwandollar (etwa 20.000 Euro) vor einiger Zeit erleichtert - und daher will sie sich jetzt wieder etwas zurück verdienen.
So wird eine mysteriöse Langnase wohl noch einige Zeit den Müllkutscher spielen, gleich hinter Starbucks, sehr zum Zorn alter kleiner Müllfrauen, die übrigens gar nicht so nett und niedlich sind, wenn man sie nachts auf einem käferverseuchten Müllplatz trifft, wie man sie sich immer vorstellt. Aber ich würde meiner wütenden "Kollegin" dort doch empfehlen bei ihrem roten Dreirad zu bleiben. Mein SUV verbraucht neuerdings 12 Liter, seit ich in Taipei nur noch Stadtverkehr fahre. Da muss man schon viel Müll aufsammeln.
Das Taiwanblog, wie immer in den hintersten Winkeln Taiwans mit Exklusivberichten vor Ort.
P.S.: Wer sich noch eine meine Parkplatzprobleme erinnert, weil die Teigtaschenbude direkt vor meiner Parkbucht plötzlich berühmt und sogar im Fersehen war - der Chef der Müllplatzes sagte prompt zu meiner Frau: "Ich kenne Sie, sie wohnen doch mit ihrem Mann an der Teigatschenbude, oder?" Wir bejahten und er fügte kichernd hinzu "Und sie kaufen auch nie die Teigtaschen dort, oder?" Auch er hatte sie schon als Geschenk vom Teigtaschenmann erhalten, die duftenden Teigtaschen, wie einst meine Schwiegermutter. Die Teigtaschen sind in der Straße Legende - angeblich wollte der Teigtaschenmann damit den Friseur nebenan bezahlen, der aß eine Teigtasche und verschenkte den Rest an meine Schwiegermutter, die aß wiederum eine und verschenkte den Rest an arme Leute, die wiederum gaben sie an Bettler weiter und die sollen letztlich versucht haben, sie Straßenhunden anzudrehen, die jedoch, so wird erzählt, das Weite gesucht haben.
Ich glaube ja kein Wort solcher Erzählungen in der Straße dort. Mir fiel allerdings auf, dass der Ruhm der Teigtaschenbude nur etwa drei Tage dauerte und jetzt trotz Fernsehbericht alles wieder leer ist. "Wer da einmal probiert hat kommt nie wieder", sagte Schwiegermutter dazu.
2 Kommentare:
Zhè shì wo hen jiu méi jiàn de péngyou.... Ludigel cháng xiang jia. ;-) Ach ich schaue schon mal ins alte Chinesischbuch... ;-) Kann fast nichts mehr. :-( Na wenigstens lebst Du in T. und darfst in Deiner Freizeit mit Schwiegermama Müll sammeln, während ich gerade überlege, doch nicht ins Kloster zu gehen, sondern z.B. nach China.
Ansatzweise verstehe ich es sogar ;-)
Kloster würde ich lassen, die modischen Optionen sind da eher gering und die viele Bier oder Likörsauferei ist auch nicht für jedermann. Oder ist das bei Nonnen anders? Ja, China macht sich im Lebenslauf immer gut. Am Besten unterwandern wir die Chinesen...
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