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Dienstag, April 20, 2010

Was schreibt man eigentlich in Blogs?


Mehr als eine Leserin oder Leser hat sich schon gewundert, warum es hier oft Kurioses zu lesen gibt. Ob das denn so wichtig sei aus Taiwan darüber zu berichten oder das Taiwan eigentlich ganz anders sei.
Wo fange ich da an zu erklären? Es ist ein bisschen wie in der Zeitung, da steht nicht die Schlagzeile

HEUTE SCHMECKTE 90% DER DEUTSCHEN IHR FRÜHSTÜCK GUT,

sondern da steht ehr

NAGEL IN BRÖTCHEN IN OSTFRIESLAND.

Zeitungen und ich schreiben gerne das Besondere auf und bei mir ist das Besondere irgendetwas, was mir widerfährt und das ich oft als abseitig, bizarr oder ungewöhnlich empfinde.

Andere schreiben riesige Blogartikel, wie schön der Tempel im Hui-Buh Village in Dong Fong County war, während ich über diese Phase längst hinaus bin. Früher hatte ich mal solche Artikel, aber auch dabei wollte ich immer ein bisschen was Besonderes schreiben und nicht diesen Sermon wie "der Tempel im Hui-Buh Village ist von 1929 und 20% größer als der im Ding Dong County letzte Woche". Ich meine, da schlafe ich beim Schreiben ein, schlage mit dem Kopf auf der Tastaturkante auf und bin tot. Damit ist doch dann auch fast keinem geholfen.

Oder das Essen war lecker (gibt es hier manchmal auch zu lesen) und die Leute sind freundlich (ja sind sie meistens) oder Schwiegermama hat mir wieder lecker Nudeln gekocht. Da gibt es so viele, die so ein Zeug schreiben und das ist gut so.


Fröhlich bis zur Grübchenzerrung: Taiwanblog heute

Mir passiert aber auch in Taiwan viel, dass ich als bizarr empfinde, weil es halt eine ganz andere Kultur ist, die auch einen gehörigen Glauben an Magie und viele Götter hat und die im Vergleich zu Deutschland dereguliert ist.
Deshalb liest man hier, wie ich mit den Göttern um Nachwuchs würfele und mich unter den wütenden Blicken von Schwiegermama wenn es wieder und wieder nicht klappt erst dann aus der Affaire ziehen kann, als ich von den Göttern ein kaltes Bier verlange statt einem Sohn und schwupps, fallen die Würfel richtig und alle sind zufrieden. Andere haben vielleicht keine so streng gläubigen Verwandten oder sie lehnen das Würfeln gleich ab, so wie ich heute oder sie haben Angst den Buddhismus in zu schlechtem Licht stehen zu lassen, wenn sie so etwas schreiben. Oder die Götter sind ihnen freundlicher zugetan.

Schwiegermama verschenkt all ihr Geld an einen Gauner, klar meckere ich dann über die zahlreichen Gauneranrufe hier, die auch bei mir ständig am Telefon sind (Frau übersetzt manchmal). Dass mir Leute auf der Straße anbieten in ihren Laden zu kommen, wenn es regnet, schreibe ich dann wieder nicht. Oder dass der Exbauer, dem das Land um unser Haus gehört unseren Hund einfängt, wenn er weg läuft, das steht hier nicht geschrieben, wohl aber, wenn die diebische Nachbarin in das Verschwinden eines anderen Hundes verwickelt ist. Dass die Nachbarn zur rechten eine nette Familie mit niedlichen Kindern sind stand hier auch mal irgendwo, aber es liest sich halt so langweilig, wenn es wieder und wieder zu lesen ist.

Taiwan ist oft fremd und bizarr, aber auch ein sehr gastfreundliches Land. Ich hoffe mit diesen Zeilen meinem Gastland nun etwas mehr Gerechtigkeit habe angedeihen zu lassen - aber ich hoffe Sie sind beim Lesen nicht mit dem Kopf auf die Tastatur geprallt.

In diesem Sinne einen fröhlichen Dienstag,
Ludigel

4 Kommentare:

Reiner Wadel hat gesagt…

JA, so soll es sein: Wir "Auswärtige" wollen gerade das lesen, was man sonst NICHT lesen kann. An dieser Stelle auch herzlichen Dank für Deinen Beitrag zu den Arbeitsbedingungen (vor allem für Ausländer) in Taiwan. Man lernt ein Land erst lieben, wenn man auch die dunkleren Seiten kennt.

"Ludigel" hat gesagt…

Danke. Gelegentlich erwähne ich ja auch die guten, spätestens wenn ich daran erinnert werde ;-)

Anonym hat gesagt…

"riesige Blogartikel, wie schön der Tempel im Hui-Buh Village in Dong Fong County war, während ich über diese Phase längst hinaus bin. Früher hatte ich mal solche Artikel, aber auch dabei wollte ich immer ein bisschen was Besonderes schreiben und nicht diesen Sermon wie "der Tempel im Hui-Buh Village ist von 1929 und 20% größer als der im Ding Dong County letzte Woche".

Nix für ungut, aber ein deutsches Blog, das solide informierend über taiwanische Tempel schreibt? Wäre sehr dankbar für einen Link.

"Ludigel" hat gesagt…

Schluck, ich weiß es nicht.