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Dienstag, April 07, 2015

Ganz entspannter Unfall

In Taiwans "Gräberputzfest", das ich immer "taiwanische Ostern" nenne habe ich einen ganz fernöstlich-entspannten Unfall erleben dürfen

Meine Dashcam müsste es sogar aufgezeichnet haben, obwohl ich das Video noch nicht hervorgeholt habe. Auf einer wenig befahrenen Strecke war mein VOLVO die Tage unterwegs, mit der vorgeschriebenen Geschwindigkeit auf einer zweispurigen Schnellstraße (80 oder so) schwebte ich langsam ganz entspannt über die linke Spur, rechts vor mir 50m entfernt etwa und nicht viel langsamer erst eine Familienkutsche (so ein Kompakt-Minivan, wozu eben die Kombis heute mutiert sind) und davor ein großer LKW. Alle nicht viel langsamer als ich. Hätte der "Kombi" links einscheren wollen wäre das ganz einfach gegangen. War reichlich Platz vor mir und er hätte einfach rüber ziehen können. Oder er hätte gar abgewartet bis ich überholt habe. Was aber eher taiwanuntypisch gewesen wäre: Vor einen überholenden oder in diesem Fall langsam vorbei rollenden Wagen zu ziehen ist immer besser als dahinter, so lernt man hier wohl auf der Fahrschule. Hat der Kombi aber auch nicht gemacht sondern blieb einfach, während ich eben die erwähnten 50m oder so hinter ihm war, auf der rechten Spur und schien dann bei dem LKW extrem dicht aufzufahren - wobei er sich diesem mit kaum Differenzgeschwindigkeit von hinten genähert hat. Da wunderte ich mich noch, dass der LKW scheinbar "Ladung verlor", fuhr elegant um diese schwarzen Kunststoffstücke herum und zog langsam meines Weges. Auch weil der LKW und der Kombi einfach weiter gefahren waren, mehrere Sekunden lang. So herrlich entspannt waren wir alle und der Kombi hatte jetzt sogar wieder Abstand gewonnen. Sah mir gar nicht wie ein Unfall aus. LKWs verlieren ja immer Ladung hier in Taiwan, das lernen die Fahrer sicher so während der Ausbildung. Ruff uf de Pritsche un gut is. Und Autos fahren hier auch immer dicht auf. Alles normal so weit.

Bis dann Frau von einem Unfall redete und ich mir die Szene im Rückspiegel noch mal genauer ansah. Die schwarzen Kunststoffteile auf der linken Spur hatten in der Tat etwas Ähnlichkeit mit einer Stoßstange oder Frontschürze und der immer noch weiter fahrende Kombi sah vorne etwas verändert aus. Eingedrückt eben. Aber nicht im Fahrgastzellenbereich, dazu war der Crash auch zu gering gewesen. Beide in den Unfall verwickelte Fahrzeuge hielten jetzt auch an. Ich fuhr jedoch weiter, was politisch korrekte Leser vermutlich scharf einatmen lässt. Aber erstens haben sowohl Frau und ich zusammen als auch ich allein schon mehrere straßenverkehrsbezogene angedeutete  Angriffe durch taiwanische Verkehrsteilnehmer erlebt (Motoraufheulen, auf einen zufahren als Fußfänger* bzw. Attacken mit Herumschreien und rudernden Armen nach Wegabschneiden mittels des PKWs auf der Autobahn**), dass wir uns nicht ohne Not in eine sicher alsbald emotional aufgeladene Situation begeben wollten. Taiwaner benehmen sich im Straßenverkehr nun mal wie tobende Irre und sogar das Verklagen oder falsche Beschuldigen von Unfallhelfern ist in Taiwan Normprogramm. Sah ja auch alles wie ein Blechschaden aus, der verunfallte Kombi wurde langsam und ordentlich zum Stehen gebracht und so sollten sie eben ihre Angelegenheiten selber regeln, ganz wie es der weise Lehrer Konfuzius auch verlangt.

Auf einer taiwanischen Schnellstraße anzuhalten wäre auch eine eher suizidale Tat, so wie hier immer wieder "ohne zu gucken" auch über die Standstreifen gebrettert wird.

Weil auf der Hochstraße, auf der wir uns befanden, gerade ein besonders schönes Panorama von Taipei 101 und dem Stadtrand Taipeis zu sehen war, wird der Fahrer vermutlich aus dem Fenster geguckt haben und ist daher langsam auf den vor ihm fahrenden LKW aufgefahren.

* 2x durch Zuparker des Familienparkplatzes
** weil der andere Verkehrsteilnehmer auch hätte die Spur wechseln wollen als wir gewechselt haben



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