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Montag, Januar 05, 2015

Ludigels Eurotour beendet

Ach ja, wünsche Frohes Fest gehabt zu haben und noch ein gutes Neues Jahr. 



Der letzte Besuch mit meiner Frau in Deutschland (war das letzten Sommer?) war eine gelinde Katastrophe. Meine Frau bekam ihren regelmäßigen Deutschlandkoller, der sich an Dingen wie (a) kein Seven-Eleven Kioskmarkt, (b) zu unfreundliche Menschen, (c) zu breite Bürgersteige und (d) zu viel Grün ausrichtet. Und das gipfelte im dramatischen Auszug aus dem niedersächsischen Reihenhaus meiner Eltern ins Hotel - wie jedes Jahr. Vorzugsweise zu nächtlicher Stunde. Doch dieses Mal wollten wir es anders machen. Wieder wollten wir mit Junior in das Reihenhaus meiner Eltern in der verträumten niedersächsischen Kleinstadt im Grünen, aber diesmal wollten wir es Ludigel-ehefrauengerecht veranstalten. Also buchte ich erst mal ein Hotel in Amsterdam, wo der Flug ankam, direkt in der Innenstadt. Dann noch zwei Nächte in Gent in Belgien. Würde es meine Frau positiver stimmen als beim Europabesuch zuvor? Schließlich hatte sie da ungnädig Deutschland wieder mal mit "Irak und Afrika" verglichen.

Ankunft in Amsterdam: Ich trage Koffer durch die nächtliche Stadt, weil mich das Navi vom Leihwagen sonst wohin geführt hat und nicht ins Parkhaus drei Straßen weiter. Jetlag-geplagt hatte ich die Koffer im Wagen gelassen, anstatt sie einfach schon an der Rezeption abzugeben. Als nun der Wagen weiter und weiter fuhr mit der Meldung, den Kurs im Navi nicht berechnen zu können, hielt ich also am nächsten Parkhaus an. Das war dann doch 2 km weit weg und ich durfte Koffer endlos durch Amsterdam rollen. Ein Taxifahrer weigerte sich mich mitzunehmen: zu kurz die Strecke. Kofferschiebend ging es also an Koksern vorbei, die neben blinkenden Warntafeln (Attention: White Heroin sold as Cocaine: 4 tourists dead!) mit Strohhalmen Koks von Gerätehäuschen in die Nase saugten. Klar, dachte ich. Wenn man so als Erfrischung in der Altstadt mal eben Koks in die Nase zieht braucht man mehr Geld als eine 2-km-Fahrt bringen könnte. Da hätte ich wahrscheinlich "Einmal nach Ostende und dann da drüben ins Hotel" sagen müssen. Wie dem auch sei, ich freute mich über den Abendspaziergang und wunderte mich über klare Luft selbst an Hauptverkehrsstraßen: der Kat lässt grüßen. Denn in Taipei wäre an solchen Orten blanker Smog gewesen.

Frau und Junior blieben den Abend im netten Hotelzimmer. Weil uns Junior um 5.30 Uhr morgens weckte, streunte ich dann mit hungriger Frau und nöligem Kleinkind durch immer noch dunkle Grachten. Dem Schimpfen meiner Frau, hier gäbe es nix zu essen und eben auch keinen 24-h Supermarkt Marke Seven-Eleven konnte ich vor geschlossenen "Coffee-Shops" nur ein genervtes "ich weiß auch nicht wo hier was ist, ich bin doch nicht die Königin von Holland" entgegenhalten, was aber auch nichts half. Nebenbei bemerkt, wer ist jetzt eigentlich Queeen of Holland, wo doch Hape Kerkeling abgedankt hat unlängst? Am Ende konnte das teure optionale Hotelfrühstück, dessen Preis in Taiwandollar ausgedrückt fast für einen Kleinwagenkauf zu reichen scheint Frau und Juniors Laune bessern, gab es doch frischen Lachs (Frau) und Brötchen (Junior).

Etwas schlecht gelaunt kutschierten wir dann Richtung Gent und ich fürchtete schon, meine Frau würde vor dem Deutschlandkoller einen kombinierten Holland/Belgien-Koller bekommen.
Doch in Gent wurde dann alles anders. Das Hotel lag genau in der malerischen mittelalterlichen Altstadt, dessen Anblick meine Frau sofort in Verzückung versetzte. Bei den amsterdamer Grachten hingegen hatte sie noch "kennt man eine, kennt man alle" angemerkt, aber die schönen alten Häuser schienen eines zweiten und dritten Blickes würdig zu sein. Entzückt entdeckte sie den Weihnachtsmarkt, wo sie exotische Dinge wie Glühwein und Bratkartoffeln mit Speck und Spiegelei kostete ("sowas leckeres habt ihr in Deutschland nicht!"). Wir kauften dann bei Privatchocolatiers in der Altstadt Pralinenmischungen, die mich wieder an Kokainpreise denken ließen (zu meinem Entsetzen auch für taiwanische Verwandte und Kollegen, die "süßes" ja gar nicht mögen) und aßen bei der "Belga Queen" zu Abend, will sagen einem Restaurant in der Altstadt. Hier hatte ich Fleischklößchen in süßer Soße mit einem Pommes Frittes - Horn und meine Frau Lachs; es mundete allen sehr. Zwei ausgefragte junge Männer auf der Straße hatten uns vorher noch die belgische Küche erklären wollen und hatten sie als "viel Würstchen, viel Pommes Frittes" definiert. Beide sehr freundlich und für meine Frau als blondes bzw. afrikanischstämmiges Freundesduo auf nette Art das moderne freundliche Europa repräsentierend. Einen halben Kulturschock bekam diesmal nur ich. Als ich nämlich in der schicken Belga Queen, die mit Glas und Stahl in einem mittelalterlichen Hafenspeicher oder ähnlich "residierte" die Toilette aufsuchte stellte ich verblüffend fest, dass die Türen der Zellen (wo man also auf der Schüssel platznehmen würde) durchsichtige Glastüren waren! Wer würde sich freiwillig da drauf setzen? Eine der Zellen war sogar vom Waschbeckenbereich der Damen aus einsehbar. So mutig wäre ich nicht, die zu benutzen, das gebe ich gerne zu. Wenn man also in der Belga Queen in Gent auf Toilette geht, dann nur mit einem mitgebrachten Badetuch und Klebeband. Oder ist es eine High-Tech-Tür gewesen, die sich beim Schließen verdunkelt hätte? Aber so eine Technologie kenne ich bislang nur aus Scifi-Romanen.

Froh Gemut ging es dann weiter nach Niedersachsen. Auch hier hielt es meine Frau diesmal ohne Koller aus, u.a. achtete ich auf regelmäßigen Freigang im örtlichen Einkaufzentrum, wo sich meine Frau in international üblicher Glas-und Pseudomamorkulisse wohl fühlte. Wohl auch weil sage und schreibe drei asiatische Imbisse mittlerweile das Einkaufszentrum ausfüllten - da hatte sich etwas gewaltig geändert.

Junior brachte das Weihnachtsfest dann seine erste Bescherung unter dem Tannenbaum, mir bis zu 10 Enterbungsdrohungen meines Vaters, der über die von meiner Frau vorangetriebene Umzugsplanung nach Manila (statt nach Niedersachsen wie von ihm gewünscht) entsetzt war und zu Recht konstatierte, ich hätte da wieder mal der Energie meiner Frau nichts entgegenzusetzen. Eine Enterbungsdrohung sprach er dann noch aus, als wir Junior im schlafanzugähnlichen Outfit mit ins Restaurant zum Essen am 25. Dezember nahmen. Die Enterbungsdrohungen haben bei uns so auch schon eine gewissen Tradition.

Nach Deutschland umziehen will meine Frau immer noch nicht, obwohl sie es jetzt für erträglicher als früher hält, irgendwo von "Irak/Afrika" Richtung "Indien/Mittelamerika" gemausert, würde ich sagen. Aber nach Belgien zu ziehen könnte sie sich schon eher vorstellen. Und nächstes Jahr will sie nach Belgien und Frankreich. Ob da ein "Sept-Onze"*** in der Nähe des Eifelturms zu finden sein wird?


*** Seven-Eleven

2 Kommentare:

dunkelangst hat gesagt…

Irgendwie schade, dass wir uns verpasst haben. Während du in Europa warst, war ich in Taiwan. Kaum bin ich zurück in Europa, bist du wieder in Taiwan. Vermutlich sind wir uns in der Luft begegnet, ohne es zu merken...

"Ludigel" hat gesagt…

Machen wir offenbar immer so ausversehen ;-)