So sehr ich die Wertungen in der Mutter aller Taiwanblogs, dem englischsprachigen "The View from Taiwan" meist auch ablehne, so sehr bewundere ich immer wieder die Recherche dort. Diesmal hat der Autor einen Link herausgesucht, der die Darstellung des Beschusses des taiwanischen Fischerbootes durch die philippinische Küstenwache von taiwanischer Seite (nach Aussage der Fischer) schildert (http://www.businessweek.com/news/2013-05-20/taiwan-fishing-crew-hid-to-escape-hail-of-philippine-bullets) und einen, der den Vorfall aus philippinischer Sicht schildert: http://www.mb.com.ph/article.php?aid=12367#.UZ6pSCS8FEg.
Schnell wie ich die Artikel überflogen habe, habe ich die taiwanische Schilderung so verstanden, dass die Fischer angeben, die philippinische Küstenwache sei schon feuernd auf das sich in umstrittenen Gewässern (die sowohl von China, Taiwan als auch den Philippinen beansprucht werden) befindliche taiwanische Fischerboot zugefahren (auf dem es keine Waffen gab), die Crew habe daraufhin das Boot auf Ruder-geradeaus und Vollgas/Autopilot gestellt und sich im winzigen Maschinenraum verborgen, während um sie herum die Kugeln einschlugen. Während der Flucht wurde dann der Motor des Taiwanbootes von Kugeln der unablässig feuernden Philippinos getroffen, so dass Treibstoff auslief und die Fischer daher manuell Treibstoff nachpumpen mussten. Unterdessen schlugen Kugeln um sie herum ein und ein 65-jähriger Fischer wurde tödlich von einer Kugel getroffen. Nach etwa einer Stunde ließ der Philippino vom Fischerboot ab. Ich erinnere mich, dass die philippinische Seite auf einer im Taiwan-TV übertragenen Pressekonferenz vom Nähern eines unbekannten "großen weißen" Schiffes gesprochen hat, dass die philippinischen Freibeuter ... äh ... Verzeihung, die Küstenwache... durch schiere Präsenz am Horizont in die Flucht schlug.
Grüner Park mit taiwanischem Senior, vermutlich philippinischer Haushaltshilfe vor unumstrittenen Gewässern
Das Taiwan-TV und auch der eigentlich pro-philippinische Blogger vom "View from Taiwan" sprechen hier davon, dass die philippinische Küstenwache sich in diesen Gewässern in Freibeutermanier benwegt, in dem sie alles beschlagnahmen, was nicht niet und nagelfest ist auf den taiwanischen Booten und man durch Zahlung einer halben Million Taiwandollar (etwa 12.500 Euro) einer Beschlagnahme des Bootes entgehen kann. Wobei, wie das Taiwan-TV ausführt, das Geld nicht verbucht wird von den Herren der Phili-Küstenwache. Und sie würden nach Feierabend die Uniformen ausziehen und dann als richtige Piraten in der Gegend agieren.
Die philippinische Seite schildert den Fall so, als habe es ein zweites taiwanisches Fischerboot gegeben und als haben die Taiwaner mit ihrem wesentlichen kleineren Boot einen Rammversuch unternommen und dann nach Warnschüssen angehalten. Dann jedoch plötzlich die Maschinen gestartet und seien davon gefahren, woraufhin das Phili-Boot auf die Maschinen des flüchtenden Fischerbootes gefeuert habe und leider offensichtlich den Fischer getroffen habe.
Meiner Meinung nach liegt hier eine deutlich übertriebene Gewaltanwendung der philippinischen Seite vor. Erstmal ist es sowieso bedenklich, ein Boot der anderen Seite in umstrittenen Gewässern aufzubringen, zweitens ist es noch bedenklicher auf das Boot zu feuern, denn wir reden ja von Fischern und nicht von Drogenkurieren. Und drittens ist das förmliche Zersieben des unbewaffneten Zivilbootes völlig außerhalb jedes Rahmens vernünftigen Handelns. Und wenn man dann noch berücksichtigt, dass die Motivation des versuchten Aufbringens des Taiwaners eben privater Gelderwerb war, dann werden die Philippinos, ob nun in Uniform gerade oder nicht, einfach zu Piraten. Piraten, die auf eine flüchtende Beute in todbringender Absicht feuern, wie Piraten das eben tun.
Taiwan alias die Republik China hat sich bis vor dem jüngsten Vorfall in dem Gebiet zurückgehalten und keine offizielle Flagge dort gezeigt. Und das, obwohl vor 7 Jahren laut Taiwan-TV schon einmal dort ein taiwanisches Fischerboot so beschossen wurde, dass es (wegen dem Tank) explodiert ist. Wieder von der Phili-Freibeuterwache.
Jetzt ist das anders, jetzt kreuzt die Marine Taiwans in der Gegend und hat laut TV der philippinischen Seite die Aufforderung zugestellt sich dort, in Hoheitsgewässern der Republik China (Taiwan), nicht mehr sehen zu lassen.
Schauen wir, wie es weiter geht.
Meiner Meinung nach haben die beiden großen TV-Stories der letzten Zeit zu einer gewissen Grundaggressivität der Leute hier geführt. Die ich wohl in unserem engen Wohnviertel verstärkt mitbekomme habe. Erst der Fall des aus Taiwan geflüchteten (umstrittenen) Todesfahrers Z.D., ein Brite pakistanischer Herkunft, dessen Fall meiner Empfindung nach zu einem eher Anti-Westler-Klima geführt hatte. Und jetzt eben der Fall mit den Philippinen, der viele Taiwaner sogar von Krieg reden lässt und teilweise zu Angriffen auf philippinische Arbeitskräfte geführt hat. Hoffentlich beruhigt sich alles bald ein bisschen. Das sehr oft hetzerische TV sollte vielleicht eine Weile Bilder von grünen Parks zeigen. Ohne philippinische Dienstmädchen wie oben.
Weiterlesen im Blog bei Klaus: U.a. geplanter Film über philippinische Hausmägde.
http://www.intaiwan.de/2013/05/21/taiwan-philippines-crisis/
UPDATE:
Der viel gelesene Taiwanblogger Turton hat jetzt einen Artikel in der Onlinepresse, in dem er taiwanischen Rassismus (genau schreibt er Han-Chinesischen Rassismus, damit zielt er auf die Hauptstadt Taipei und den eher prochineischen Norden) gegenüber den "brauneren" Philippinos als eigentliche Triebfeder für die scharfe Reaktion Taipeis auf den Vorfall angibt: http://asiancorrespondent.com/108101/taiwan-philippines-fisherman/ Da kriege ich schon Magenschmerzen bei der einseitigen Sichtweise. Aber jedem seine eigene Meinung. Er schreibt einen Zwillingsartikel zu diesem (http://asiancorrespondent.com/108038/philippines-taiwan-fisherman-dispute/) eines Philippinos (?) der Taiwan als den eigentlichen "Bullie" (Schulhofschläger) in der Sache darstellt und sagt, der "Bullie" Taiwan würde die Philippinen hier drangsalieren und alles würde natürlich in philippinischen Hoheitsgewässern stattfinden (die Gewässer sind freilich umstritten, räumt der Autor rhetorisch geschickt in einem Nebensatz abschwächend ein).
Mich wundert die einseitige Sichtweise eines Philippinokorrespondenten nicht, die eines Taiwanbloggers schon.
Trotzdem möchte auch ich die hart arbeitenden Philippinos in Taiwan in Schutz nehmen und auf den Link oben zum Blog von Klaus verweisen.
5 Kommentare:
Zitat: " Ich erinnere mich, dass die philippinische Seite auf einer im Taiwan-TV übertragenen Pressekonferenz vom Nähern eines unbekannten "großen weißen" Schiffes gesprochen hat, dass die philippinischen Freibeuter ... äh ... Verzeihung, die Küstenwache... durch schiere Präsenz am Horizont in die Flucht schlug."
Durch schiere Präsenz wird man nicht von Kugeln getroffen und stirbt auch nicht an diesen. Ich kann daher die Taiwanische Seite schon eher nachvollziehen.
Ich meinte: Die Philippinos sind abgehauen nach ihrer Darstellung, als ein weiteres Schiff auftauchte, das größer war. Sehr bezeichnet, welches Faustrecht da herrscht. Wie bei Star Trek in der Neutralen Zone. Oder schlimmer.
Der viel gelesene Taiwanblogger Turton
"Der vor ein paar Jahren viel gelesene Taiwanblogger Turton" würde viel besser klingen, denke ich. Wer liest denn sein Blog noch außer ein paar extrem-grüner wenig arbeitender Englischlehrer (grün nicht im Sinne Öko), die zuviel Zeit haben? Ich meine wirklich Zeile für Zeile durchlesen und sich daran ergötzen. Er hat sich doch mit ziemlich jedem über die Jahre zerstritten, der nicht seiner Meinung war. Auch Leute auf Forumosa haben das schon diskutiert.
Ich würde ja Verständnis für den alten Herren haben und ihm den Stuss den er in der letzten Zeit fabriziert vergeben, wenn er mich doch in Ruhe lassen würde. Aber er hat so ne lästige Angewohnheit immer wieder auf meinem Blog Kommentare abzulassen die mich nerven, so wie hier, hier oder hier z. B. Es gibt noch Exemplare auf seinem Blog und anderswo. Ich mag es nicht, wenn jemand so herablassend mit Leuten umgeht wie er. Da mein Blog sehr viel Verkehr hat in letzter Zeit stinkt ihm das wahrscheinlich, er ist ja nicht mehr so viel im Rampenlicht wie vorher. Mein Post "What are foreigners doing in Taiwan?" hatte über 6600 Pageviews, die Leute haben "geshared" wie wild, da konnte er es nicht lassen mal zu gucken was denn da los ist (und dann alles detailliert durchzuwühlen um etwas zu finden, dass er dann in Frage stellen konnte). So seh ich halt den vor ein paar Jahren viel gelesenen Taiwanblogger Turton :)
Wie er diese Story mit dem Fischerboot-Massaker über die letzten 2 Wochen dargestellt hat war nicht viel besser wie die Taiwanesische Presse es gerne tut mit solchen Geschichten, daher habe ich mir die Augen- und Gehirn-Tortur erspart :) Ich bin sicher, dass er einen Urlab auf Boracay spendiert bekommt von der Philippinischen Regierung für seine einseitige "journalistische" Ergüße.
Ich bin als Leser besser beim Ludigel aufgehoben, du machst dass schon toll mit "fair und balanced", ich meine wie du die Fakten darstellst, aber auch deine eigene Meinung dazu gibst. Der Leser kann dann selber entscheiden ob er die auch vertritt oder nicht, keiner hält ihm eine verbale Pistole an den Kopf. Beim oben erwähnten Herren dagegen kennt man die Schlussfolgerung schon nach der ersten Zeile. Ich bin froh, dass er sich von deutschsprachigen Taiwanblogs fern hält... falls du aber noch populärer wirst als du schon bist, dann pass lieber auf, dass er diesen Post nicht ins Visier bekommt, dann werden wir beide virtuell abgeschossen wie die jungen Dinger vor seiner neuen DSLR-Linse.
Am Anfang habe ich ja die Filipino-Version für bare Münze genommen. Beeinflusst durch den von dir erwähnten Ami-Expat-Blog. Aber - Dank an dieser Stelle - inzwischen sehe ich das auch eher von der taiwanesischen Seite. Auch wenn taiwanesische Fischer manchmal ein paar Fische klauen, ist so ein Kugelhagel echt krass.
Übrigens gibt es scheinbar viele Blogger, die so eine Anti-Han-Chinesen-Philosophie haben. Meist ohne die Sprache ordentlich zu können oder auch nur etwas über den historischen Hintergrund zu kennen. Beispielsweise haben Han-Chinesen über Jahrtausende jede Menge Progrome über sich ergehen lassen müssen. Mindestens so krass wie Juden in Europa und dem Orient. In Manila gab es unter den Spaniern auch übelste Mordkampagnen.
Im weitesten Sinen antichinesische Botschaften finden sich in fast allen westlichen Medien, bei den Japanern und Koreanern. (Und umgekehrt werden dann auch alle Gegner, Rebellen und Separatisten hochgejubelt.)
Hi MKL,
Danke für den Hinweis zum Turton-Blog. Jetzt erinnere ich mich auch wieder an die Auseinandersetzungen, die ich nur beobachtet habe damals im Forum. Turton hatte damals eine recht informative altmodische Webseite (altmodisch aus heutiger Sicht), die zwar immer etwas übertrieb, aber doch recht gut über Taiwan informierte, etwa wie man auf die Mopeds acht geben muss. In der Tat ist sein heutiges Blog so extrem meinungsgefärbt, dass es schon verblüffend ist. Alles was Ma tut ist schlecht und Chen Shui Bian ist ein Engelchen.
Dein "What are foreigners doing in Taiwan" war in der Tat außergewöhnlich gut!
Xinxi: Ich hatte bestimmt auch zu antichinesische Phasen. Heute versuche ich es auf die Formel zu bringen, dass ich eben die VR-China nicht mag, weil es ein folternder Staat ist, das aber per se nix mit der chinesischen Kultur zu tun hat. Deren positivste Ausprägung erleben wir ja vielleicht hier auf Taiwan. Und sie hat eben viele gute Seiten, wie den Familiensinn und die weniger ausgeprägte historische Tendenz, andere Länder einzugemeinden. Denke ich, bin aber für die Geschichte kein Experte. Progrome an Han-Chinesen? Interessanter Hinweis, muss ich mal nach Googlen zwecks Weiterbildung. Habe nur mitbekommen, wie schnell in vielen ärmeren asiatischen Ländern Angriffe auf Geschäfte von Chinesischstämmigen stattfinden. Sozialneid vermutlich, geht natürlich in die Richtung des Antisemitismus in Europa... Richtig.
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