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Montag, März 27, 2017

Neues Auto(chen) (Update)

Wenn ich eine Email von Victorchen bekomme, dann ist das nach der Namensregel bei der Firmenemail einfach ein Kollege mit Nachnahmen Chen. Doch das neue Ludigelmobil trägt die Verniedlichung leider zu Recht.

Noch vor kurzem war alles klar. Meine Frau hatte Manila auf den Philippinen als neuen Wohnsitz erkoren, sehr zur Freude ihrer dortigen Verwandten. Und ich war zurück nach Deutschland gezogen, weil mein Vater verstorben war und meine auf die 90 zugehende Mutter Hilfe brauchte. Auch automobilistisch war alles klar. Meine Frau wurde samt Junior vom Mann ihrer dort lokal verheirateten Schwester herum gefahren in seinem neuen Ford Ecosport und ich ließ den von meinem Vater hinterlassenen fast neuen Mitsubishi ASX auf meinen Namen zu.

Mann kann sich gewöhnen an den Fischmaul-Look (schwer im Trend seit Audi (?) damit angefangen hat), hier meiner Meinung nach nicht gerade hübsch realisiert


Jetzt treibt der manilesische Schwager den Ford-Sport wieder alleine und Frau, Junior und ich leben wieder in Taipei. Da unser fast neuer Volvo XC60 eben noch verkauft worden war, hatte nun der plötzliche Rücksturz nach Taipei zur Folge, dass wir kein Auto mehr hatten. Also wieder eine große Kiste kaufen? Das schwebte lange bei uns in der Diskussion, allerdings mahnte ich, dass unsere geographisch unstete Lebensweise zu neuerlichen hohen Wiederverkaufswert-Verlusten führen könnte.
Also sollte es doch ein Kleinwagen werden bei uns. Niedrig im Preis und meine Frau kann ja auch große Blechberge nicht so gut durch die engen Gassen Taipeis steuern. Daher gibt es jetzt einen großen Kontrast bei uns. Statt dem vormaligen dicken schwarzen Volvo SUV mit 245 PS jetzt ein kleiner Nissan "March" mit 99 PS in Xiaojie-Rot. Niedlich anzusehen das kleine Auto mit niedlichem Haifischmaul, das mich irgendwie an das verzweifelte Japsen einer Forelle auf trockenem Land erinnert. Mit etwas über einer halben Million NT Grundpreis deutlich billiger als der parallel angesehene Mazda 2 - der freilich gefühlt zehnmal so attraktiv gestylt ist. Allerdings mindestens 0.7 Millionen NT kostet. Und meine Frau fand den niedlich gestylten Nissan eben unwiderstehlich. Er hat ein Design von dem man oft liest, dass es ein "Frauendesign" ist. Nissan hat den March-Kleinwagen im Katalog neben hochhackigen Schuhen und einer Katze abgebildet. Deutlicher geht es nicht. Hello-Kitty-Auto eben.

Altes Modell (-2013 in Europa) mit 0 km zum Neuwagenpreis. Typisch Nissan, die Taiwan als Zweitverwertungsplatz angesehen

In Deutschland gab es dieses Auto auch, es nannte sich dort "Micra" und wurde nur bis 2013 so verkauft, wie es in Taiwan auch 2017 in den Showrooms steht. Nissan verkauft in Taiwan meist ältere Modelle, so dass sie 2013 sogar noch einen Uralt-Micra in Taiwan anboten (wieder als "March") und das zwischenzeitliche Modell glatt weggelassen hatten. Die beim aktuellen Modell 2013 vorgenommene Modellpflege hin zu einem weniger niedlichen Look hat Nissan in Taiwan auch weggelassen und auch das jetzt im März 2017 in Deutschland vorgestellte völlig neue Modell wird es in Taiwan zumindest jetzt nicht geben. Wegen niedlichem "Fisch schnappt nach Luft"-Aussehens des Autos (das mich im Showroom dazu verführte vor dem Kühler zu grimassieren) und der fragwürdigen Modellpolitik von Nissan Taiwan, hier immer Altmodelle anzubieten, war ich dem Ding nicht gerade zugetan. Auch innen ging es wenig erquicklich zu. Ödes hartes graues Plastik wohin man auch sieht und dann eine silberne Scheibe (billiges silberfarbenes Plastik) auf die Mittelkonsole geknallt, die so wirkt, als hätte man dort einen asiatischen tragbaren CD-Spieler von 1985 mit Pattex dran gekleistert. Immerhin waren die Sitze taiwantypisch mit (schwarzem) Leder bezogen, das sogar hübsch mit roter Naht abgesetzt war und zu meiner Verblüffung hatte ich hinter dem Lenkrad mehr Platz als im vorher getesteten deutlich größeren VW Golf, Audi A3, 1er BMW und Toyota Yaris. Nur links kam mein Knie irgendwie gegen die Tür, die wegen eines breiten Bedienpults mit elektrischen Fensterhebern sehr breit ausgefallen war. Die Türverkleidung samt Bedienpult bog sich flexibel weg, wenn das Knie den Druck dort erhöhte. Alles ergab ein billiges irgendwie "igitt"-Gefühl.

Die Probefahrt war dann allerdings ungleich besser. Vergessen war die schwammige Türverkleidung. Der mit 99 PS ausgestattete Kleinwagen reagierte sehr munter aufs Gas und vermittelte richtig gehend ein sportliches Fahrgefühl. Es gab offenbar nur den 99 PS-Motor (offenbar mit 1.5-Litern Hubraum). Die Taiwaner mögen es halt immer ein bisschen sportlich bei Autos. Dagegen konnte der neue viel erwachsener wirkende Golf-Konkurrent Nissan Tiida mit 115 PS nicht punkten, den ich allerdings wegen Aussehen und Größe selbst bevorzugt hatte. Die Tiida war bei meiner Frau aber von Anfang an auf verlorenem Posten. Schließlich hatte ein Freund eines Freundes von meiner Frau angegeben, der Wagen würde beim Fahren zu sehr schaukeln. Auf meiner Probefahrt gelangen mir trotz rasanten Kurven keine Schaukelbewegungen, aber ich bin natürlich auch kein taiwanischer Spezialfahrer, der mit 80 um enge bürgersteiglose Gassen vor der Grundschule bügelt uns sich dann wundert wenn beim Schulkinder-Ausweich-Slalom die Frisur durcheinander gerät.

Unser niedlicher Micra aka March wendet sich aber eher an die weiblichen Fahrer Taiwans, die als "Psycho-Xiaojie" dann im roten Minirock mit rotem Nackellack und den roten hochhackigen Schuhen vom Prospekt-Cover den Schulkindern mit 99 PS und kaum nennenswerten Leergewicht mal so richtig das Fürchten beibringen können beim morgendlichen Wettrennen durch klitzekleine Gassen zum Arbeitsplatz.

Wir können es kaum erwarten, bald steht unsere rote Knutschkugel - mit Rückfahrbildschirm statt dem hässlichen Sony-Discman im Innenraum - bei uns in der Tiefgarage. Frau ist schon Feuer und Flamme und sagt, sie hätte das Rasen durch quietschenge Taipei-Gassen sehr vermisst in unseren "Volvo-Jahren". Der hat ja nie so richtig durchgepasst durch die bürgersteiglosen Straßen in den Schlichtvierteln. Jedenfalls nicht mit taiwantypischen Geschwindigkeiten.


UPDATE: Ich habe noch keinen einzigen anderen Nissan March/Micra dieser Baureihe auf Taiwans Straßen gesehen die Tage. Nur ein paar ältere der 2. Generation (K11 genannt bei Nissan) sind noch zu sehen. Die Erklärung liegt vermutlich im merkwürdigen Marketing von Nissan Taiwan (identisch mit der Firma Yulon, die hauptsächlich die eigene Automarke LUXGEN betreibt), dass den K11 solange gebaut hat (1993-2007), bis er völlig veraltet war und das nichtsdestotrotz sehr beliebte Auto dann nicht mit einem Nachfolger versehen hat. Den neuen K12 gab es nämlich in Taiwan nicht. Erst 2011 führten sie "unseren" K13 oben im Bild ein und verkaufen ihn seither wohl kaum. Die Kunden sind offenbar fast geschlossen zu Toyota und dem beliebten Kleinwagen (neuste Generation ein eher ein Kompaktwagen) Yaris abgewandert.
Nissan tut das immer wieder - für erfolgreiche Modelle zeitweise keinen Nachfolger anbieten. Beispiele sind hier der X-Trail und die kompakte Limusine Sentra. Fast so, als ob es ihnen unheimlich wird, wenn sie zu viel in Taiwan verkaufen.

Diskussion mit Junior (5):
Ludigel: "Sollen wir dem niedlichen Auto einen Namen geben? Otto oder Elise oder so?"
Junior:   "Hat doch schon einen Namen.... Nissan."
Ludigel: [schluck] "oookay"

Junior ist immer so entsetzlich vernünftig.

UPDATE 2: Sage ich doch, Frauenauto:  http://www.nissan.com.tw/Upload/861B57C9-3BD5-4860-B2F9-4666AF0F784F/TC/圖三.jpg
und http://www.nissan.com.tw/Upload/B9CD4807-9FF6-4015-9275-771F4C211C28/TC/2011122316133158411463.jpg

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Shao Bu Hao wrote:

Dachte erst der Trabbi ist wieder aufgelegt.