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Dienstag, Mai 19, 2015

Unvorhersehbare Vorhersehbarkeiten, Manila (Update)

Fortsetzung der aktuellen Businessplanung für das "Auswandern nach Manila", so es denn jemals stattfinden wird (s. letzter Teil)

Eine Sache die Taiwaner in meinem Umfeld immer wieder trifft, sind die sogenannten "unvorhersehbaren Vorhersehbarkeiten", wie ich sie betitelt habe. Das geht zum Beispiel so: Bei meinem ersten Arbeitgeber macht meine Chefin eine Preiskalkulation für eine USB-Festplatte (anno 2004), kommt auf exakt den selben Preis wie das japanische Vorbild (reden wir nicht von Sony sondern nennen das Ding Zony - vgl. taiwanische Geheimiskrämerei) und Ludigel, mit der Marktstudie beauftragt wurde teilt ihr folgendes mit: Ups, wir haben den selben Preis wie Zony, das ist ein Problem. Natürlich darf man das nicht einer taiwanischen Chefin (die per Definition x-fach intelligenter ist weil aus der chinesischen Biomasse entstammend und außerdem auch noch als Chef gleich unter dem Drachenkaiser im Götterhimmel kommt) direkt sagen. Schwerer Anfängerfehler des Taiwanneulings Ludigel und prompt wies meine Chefin das Anliegen zurück (gut, sie hat sowieso nie Untergebenen zugehört) und unser Produkt mit dem eingängigen Markennamen Oppopippipoppitec oder so hat nie auch nur einen Hauch eines nennenswertes Umsatzes erreicht. Es war eben eine "unvorhersehbare Vorhersehbarkeit" die meine damalige Chefin da getroffen und völlig überrascht hat.

Ich lasse das Beispiel mit dem fehlgeschlagenen UMPC / SlatePC / TabletPC vor der iPad-Zeit mal weg, wo meine Absatzprognose ("verkauft sich nur in minimalen Stückzahlen, Technik ist noch nicht so weit) eingetroffen ist - wieder war es für den Chef des zweiten Taiwanunternehmens eine unvorhersehbare Vorhersehbarkeit, die ihn wirklich überrascht hat.

 Manila, Philippinen (nicht im EKZ allerdings)

Mein aktuelles großes Unternehmen ist da viel professioneller und ich habe da keine derartigen Beispiele und bin sicher auch asiatisch diplomatisch geworden über die Jahre (ab 2006 und dem SlatePC ;-). Nur bei den geschäftlichen Unternehmungen meiner Frau passieren auch immer wieder die unvorhersehbaren Vorhersehbarkeiten. Etwa als wir ein kleines italienisches Restaurant aufgemacht haben (siehe hier). Nun habe ich halt schon alle möglichen Leute an einigen Ecken der Weltgeschichte getroffen und bin eigentlich recht gut im Verhalten-Vorhersagen. Was auch damit zu tun hat, das 99,9% der Menschen etwa so geistig flexibel wie ein Doppel-T-Träger sind. Also eröffnete ich meiner Frau, dass unsere Geschäftsführerin nach einigen Monaten versuchen würde das Restaurant alleine feindlich zu übernehmen. "Unsinn" sagte sie da und als genau das Prognostizierte dann nach ein paar Monaten eintrat, traf es meine Frau wirklich überraschend. Vorhersehbar war das nicht! Ich konnte es nicht lassen auf meine wieder mal vorher viel zu direkt (weil ja im privaten Rahmen) abgelassene Prognose zurück zu kommen. Doch das hatte ich alles falsch verstanden und .... (meine Frau machte eine kurze Kunstpause) ... die feindliche Übernahme war eigentlich ihr Geheimplan gewesen. Aha! Also doch nicht überrascht worden von der unvorhersehbaren Vorhersehbarkeit die von Anfang an als eine Art Doppelbluff mit doppeltem Hohlboden eingeplant war.

Die vor kurzem geplante Eröffnung einer Restaurantkette in Manila hatte das Business Model, einfach die selben Schnelllokale in Einkaufszentren (EKZ) neben den schon existierenden aufzumachen. Ein in Taiwan durchaus beliebtes Geschäftsmotto: Wenn irgendwo 10 Fressbuden stehen mach die 11. auf nach dem Gesetz der Serie! Klappt ja in Taipei auch irgendwie. Ich wollte schon einen Einwand erheben, dass wir uns von der Konkurrenz irgendwie absetzen müssten aber diesmal schwieg ich still. Gut, das EKZ-Management hat die Restaurants abgelehnt, wegen mangelnder Absetzung von der Konkurrenz. Aber diesmal habe ich es nicht laut gesagt, also zählt es nicht.

Derzeit planten meine Frau und ihre Schwester eine Printshopkette und haben begeistert vom neuen Projekt den Reingewinn der Druckerei und des bislang einzigen Outlets (Verkaufskiosk) im Supermarkt einfach mal 3 genommen als Gewinnerwartung für die drei geplanten neuen Filialen. Neunmalklug erklärte ich gestern Abend meiner Frau das ginge so nicht, weil man die Arbeit der Druckerei mit ihren Großkunden (Fabriken, Supermarktketten, Bankfilialen) nicht einfach in den Kioskgewinn (Kiosk verkauft Jesusaufkleber und Baby-on-Bord-Zeug) hineinrechnen könne. Wieder bin ich direkt damit raus geplatzt und meine Frau musste so, um ihr sehr hübsches Gesicht und den kulturell-geschäftlichen Vorsprung vor dem tumben weißen Manne zu retten einige rethorische Kurven hinlegen, um den doppelschwesterlichen Businessplan vor mir zu rechtfertigen. Es bleibt also bei der übertriebenen Gewinnerwartung, womit die bald einsetzende Enttäuschung und baldige Geschäftsaufgabe wegen "unvorhersehbarer Vorhersehbarkeit" schon vorprogrammiert ist.

Ich denke, es wird sich nichts mehr ändern. Der Teutonengatte platzt jedenfalls privatgeschäftlich immer noch mit seinen analytischen Einsichten direkt heraus, die Taiwaner müssen flugs ihr Gesicht retten und rennen dann in die ..... (sie können es jetzt bestimmt schon singen)... direkt hinein.

Aber lustig ist es irgendwie das zu beobachten. Wenn ich dann bei Eintritt der "unvorher.... Vorher....keit" echtes Erstaunen vortäusche belustigt mich das mittlerweile so, dass ich mich kaum noch auf den Beinen halten kann. Ist eben ein lustiges Land mit lustigen Leuten hier.

Mentale Notiz: In Zukunft der Gattin genau wie seit 2006 im Geschäftsleben nur noch diskrete Denkanstöße geben, die beim Empfänger den Eindruck erzeugen, er sei mit seiner 5000jährigen kulturellen Überlegenheit und überlegenen taiwanisch/chinesischen Intelligenz selber drauf gekommen ;-)

P.S.: Wie immer zu Beginn eines Projektes bin ich derzeit etwas nervös. Ich denke immer: Wenn diesmal die Taiwaner um mich herum recht haben, dann gerät mein ganzes Verständnis von Logik, Naturgesetzen und dem ganzen Universum grundlegend aus den Fugen. 

UPDATE: Im wesentlichen kann man sagen, dass die Umsatzprognosen vom Schwestergespann einerseits und mir andererseits um Faktor 10 für den erzielbaren Reingewinn auseinander sind. Ich hoffe natürlich, dass das Schwesterduo Recht hat und nicht ich wieder mal. Hübscher sind die beiden als ich, per Definition geschäftstüchtiger und intelligenter und in der Überzahl außerdem ;-) 

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