Noch diese Woche, dann geht es mit Frau und Junior nach Deutschland, damit meine Eltern ihren Großsohn sehen können. Meine Frau ist entsprechend in einer nervös-aggressiven Stimmung. Sie hasst in Deutschland zu sein so sehr, das sie es oft mit dem Irak und Afrika vergleicht. Der Grund dafür ist, das es keinen Seven-Eleven in Deutschland gibt. Außerdem ist alles weit und tot und leer, steril und still. Es ist interessant mein eigenes Land durch ihre Augen zu sehen. Nun werden wir also zusammen die 14 Tage durchstehen müssen, die wir aus dem mythischen Paradies Taipei vertrieben sind, werden ohne seine würzige, klare, gesunde Luft, die anheimelnden Passagen zwischen den Prachtwohnungen und ihr Dekors auskommen müssen. Werden vor allem die Mopeds und die netten Autofahrer vermissen. Mich erstaunt immer wieder ihr verzückter Gesichtsausdruck, wenn die letzten 2 Tage des Deutschlandurlaubs gekommen sind und sie jubelt "Bald bin ich wieder in Taipei". Und mir wird immer klar, dass alle Pläne, dass sie jemals nach Deutschland zieht, reine SciFi sind. Sie hält es die 14 Tage weniger aus als ich fünf Jahre Taipei ohne Unterbrechung aushalten würde. Geschätzt. Was natürlich klar beweist, wie viel besser die Lebensqualität in Taipei ist. Und ich werde mich erst wieder entspannen können, wenn die Reisevorbereitungswoche und zwei Wochen Gattinnen-Tortur in Deutschland vorbei sind und wir wieder entpannt im heimischen Taipei sitzen.
EDIT: Ich bin immer noch am grübeln, wie ich dieses Blog künftig gestalte. Vielleicht nehme ich solch persönliche Dinge in Zukunft raus. Mal gucken, ob dies Posting die turnusmäßige Überarbeitung überlebt ;-)
10 Kommentare:
Hi Ludigel!
Was ist eigentlich deiner Frau in Deutschland zugestoßen, dass sie es wirklich auch zu hassen scheint?
Ich hab am letzten Wochenende eine Taiwanerin in Berlin besucht, die ich in Jhongli kennengelernt habe. Sie findet Deutschland derart Klasse, dass sie hier her gekommen ist, um Deutsch zu lernen und hofft, öfter mal wieder kommen zu können. Hier wohnen würde sie auch nicht so einfach wollen, weil sie ihre Familie und ihre Freunde vermissen würde, aber an sich findet sie Deutschland Klasse...
Jau, das ist eine lange Geschichte. Sagen wir mal, sie hatte wie viele Taiwaner selbstverständlich angenommen, dass wir alle well-off Business people sind und selbstverständlich ihrer damals in der Tat klammen Mutter (wegen krankem Vater) reichliche Kompensationszahlungen versprochen. Dann ging meine Firma pleite und sie ging wieder zurück nach Taiwan, ich hinterher. Deutschland steht für sie also für Instabilität und Chaos, kurioserweise das Gegenteil von dem, wie wir uns selbst darstellen. Ich habe ihre hohen Geldvorderungen damals auch mit Eltern diskutiert (schwerer Fehler) und so hat sich eine gewisse Initalablehnung bei meinen Eltern ergeben.
Daher wähnt sie sich immer auf feindlichem Territorium. Außerdem ist alles so unpraktisch groß, nichts ist gleich in Taipei-Wushibushi sondern alles was sie sehen will ist in Stuttgart oder Bayern und da hin zu kommen. Menno. Es passt einfach nichts. Es ist so, als fragst Du, was dem tropischen Vogel nicht an der Artis gefällt, da weiß man gar nicht, wo man anfangen soll. Ich weiß, dass andere Taiwaner anders sind. Die mit Ausländern liierten Taiwanerinnen lassen sich in zwei Gruppen teilen, die eine, die nur in Taiwan leben kann oder will und die andere, die schnellstens raus will.
Arktis, nicht Artis. Auch nicht Arthritis.
Tja, aber schon schade wenn in einer binationalen Ehe ein Teil eine so große Ablehnung gegen das Land des anderen hat. Irgendwo drinnen tut das schon weh.
Kannte mal eine Japanerin, die, wenn sie Heimweh hatte, das überfülltesten Kaufhaus der Region besuchte. Da fühlte sie sich dann besser, war für sie ein bischen mehr wie daheim (kein Scherz).
Gibt es während Eures Besuchs keine Events/Kaufhäuser mit reichlich Gedrängel? Dann noch Samstags zu Ikea, und abends noch was bei den deutschen Seven Eleven ("Aral", "Shell", etc.) mitnehmen...
Meine Frau schätzt einen riesigen Pflanzen- und Gartenmarkt, weil der an den meisten Sonntagen geöffnet hat.
Danke für den Tipp, schon ganz kurios. Aber meine Frau hasst einkaufen und hat sich den Fuß vertreten diesmal ;-)
Hi Ludigel,
wenn ich mir so den Kommentar von Martin durchlese und mir meine Fotos aus Taiwan (Jhongli) so anschaue, könnte es sein, dass deine Frau einfach die Taiwanische Beton Bauten vermisst. Hier ist ja schon recht viel Grün...
Vielleicht besuchst du mit ihr mal das Ihme-Zentrum [1] in Hannover! Das ist im Brutalismus [2] Baustil gebaut und kommt den Taiwanischem Beton Bauten schon recht Nahe...
Ausländische süße Früchte gibt es dank der dort häufig wohnenden Ausländer auch zu kaufen. Vielleicht ein klein wenig Taiwan in Deutschland?
P.S: Übrigens mein ich das nicht beleidigend gegenüber dem Taiwanischen Baustil: Ich hab mich dort wirklich sehr wohl gefühlt. :)
Würdest du die Taiwanischen Häuser eigentlich diesem Baustil [2] zuordnen? Bin da echt am Überlegen... :)
[1]: http://de.wikipedia.org/wiki/Ihme-Zentrum
[2]: http://de.wikipedia.org/wiki/Brutalismus
Das mit dem Ihmezentrum wäre ein toller Tipp. Nur mit ihrem vertretenen Fuß, den sie jetzt seit Wochen unbehandelt mit sich rum schleppt (muss ie ja, er ist ja Gott sei Dank noch dran ;-) werden Ausflüge wohl nichts werden. Sonst ähnelt es wirklich Taipei mit seiner Betonwüste im Innern. Der Fuß verstellt mir die Möglichkeit (klingt wieder so bildlich) mit ihr irgendwo hin zu fahren diesmal. Also viel Seafood zu Hause einkaufen!
Falls ihr schon da seid: willkommen daheim und genießt das deutsche Sommerwetter, so schön wars schon lange nicht mehr :-)
Hmmm... Wie macht man eigentlich ein paar Wochen Heimaturlaub, ich dachte man hat in TW gar nicht so viel Urlaub?
Probier doch mal versuchsweise folgende Ansprache: "In Deutschland sind Einfamilienhäuser oft auch nicht teurer als Eigentumswohnungen in Taipei. Schule und Uni für unser Kind sind fast kostenlos. In Deutschland würden wir in einem eigenen Einfamilienhaus wohnen und das von dem Geld bezahlen, das wir für Schule und Uni sparen." Was die Gattin wohl dazu meint?
Viele Grüße
Martin
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