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Donnerstag, Oktober 08, 2015

Juniors Sprachentwicklung

Ein Update für Interessierte, von wegen Dreisprachigkeit

Junior (4) ist tagsüber im deutschen Kindergarten in Taipei und nachmittags bei der Schwiegermutter, die Mandarin mit ihm redet und ausdrücklich angewiesen ist, kein Hoklo alias Taiwanisch mit ihm zu reden, damit er nicht durch Viersprachigkeit verwirrt wird. Sonst abends und am Wochenende redet er Mandarin mit meiner Frau und Deutsch mit mir neben Englisch mit uns beiden, was also summa summarum drei Sprachen macht. Eine kurze japanische Phase wo er viel "annnooo" von sich gegeben hat hatte Junior auch mal. Da waren wir in Tokio gewesen und er hatte das aufgeschnappt. Vielleicht auch wegen des gelegentlichen Minijapanisch, mit dem seine Oma manchmal kontert, wenn Junior sie auf Deutsch anredet. Oma, also meine Schwiegermutter, hat nämlich in der japanischen Kolonialzeit noch Japanisch gelernt auf der Schule, aber den Großteil davon wieder vergessen. Wenn Junior sich einen Spaß macht und Deutsch mit seiner Oma redet und sich freut, wenn sie ihn nicht versteht, dann kontert sie eben schon mal auf Japanisch.

Neulich fragte ich Junior, wie viele Sprachen er denn spricht und er zählte auf:

Chinesisch
Deutsch
Minion

Letzteres hat damit zu tun, dass er viel die Filme des Despicable-Me - Franchises gesehen hat. Wir haben ihn durch englischsprachige Filme Englisch lernen lassen und das hat wirklich gut funktioniert, sogar richtige Native-Speaker-Formulierungen wie "gosh" als Erstaunenslaut hat er da drauf. Nur die englischsprachigen Despicable-Me-Filme haben ihn jetzt durcheinander gebracht, denn die kleinen gelben "Minions", die in dem Film die Stars sind, reden ein polyglottes Gewirr, das unter anderem wohl aus Japanisch, Spanisch, falsch gesprochenem Chinesisch (oder einem anderen Dialekt als ich ihn kenne), Englisch, Deutsch und allerlei mehr besteht. Das Vermischen von Englisch und dem Minion-Polyglott führte dann zu ein paar Sprachunfällen, etwa beschwerte sich Junior bei uns auf Englisch, seine Minion-Puppe hätte keinen "Wonderful". Also ein "Wunderbar" würde sie nicht haben. Frustriert fing er an zu weinen als wir ihn nicht verstanden. Erst später fiel mir ein, dass er "wonderful" als Hauptwort schon mal anstatt "Arm" benutzt hat. In der Tat fehlen der Puppe Arme. Auch stand er vor seinem Spielhaus mit offenem Eingang und sagte zu mir in Pseudodeutsch "Torweg zu?". Verblüfft guckte ich ihn an und ein paar Minuten später plapperten die Minions beim gehen durch eine Tür "Torweg zu?" oder irgendwas, das so ähnlich klang. Einstweilen sind die Minionfilme verboten, denn er fing an unverständliches wie "Bapu" und "Neipu" von sich zu geben und korrigierte mich schon mal energisch, wenn ich "Napu?" nachgefragt habe, was immer das auch sei. Abgesehen davon hat die Vielsprachigkeit aber gut geklappt, er spricht fließend Mandarin seiner Altersstufe entsprechend und wird daher von taiwanischen Kindern als einer der ihren akzeptiert, nur ihre Eltern bezeichnen ihn manchmal als "kleinen Ausländer", seiner braunen Haare wegen. Englisch kann er gut als Zweitsprache und fällt auch mir gegenüber darauf zurück, wenn ihm die Vokabeln fehlen.
Deutsch ist die Drittsprache und lässt sicher viel zu wünschen übrig, hat sich durch den Besuch des Kindergartens allerdings deutlich verbessert. Er ist stolz, wenn er ein neues Wort gelernt hat wie neulich "Aufräumzeit" oder vorher "Stuhlkreis", probiert dieses dann sogleich bei mir aus und ist glücklich, wenn ich es verstehe. Oft will er komplexe Sachen auf Deutsch sagen und dann fehlen die Worte dazwischen und er hat sich angewöhnt, diese dann mit deutsch klingenden Fantasielauten zu füllen und mit Gesten zu untermalen. Im Kindergarten ist man nicht glücklich über seinen Rückstand gegenüber den Kindern aus rein deutschen Familien, er ist da eben zwischen den Kindern aus rein taiwanischen Familien die sicher weniger Deutsch können als er und den Deutsch-Deutschen Kindern. Deutsche Filme und Hörspiele einzuführen hat nur bedingt geklappt. Wenn ich seine Lieblingsfilme deutsch synchronisiert zeige, fängt er an zu schimpfen und Hörspiele mag er eh nicht so, weil er den Bildschirm vermisst. Nur "Lucas der Locomotivführer" kam bislang gegen die Hollywoodstreifen an, Pumuckl hingegen hat er die kalte Schulter gezeigt.

Sollte Mitte nächsten Jahres wirklich der Umzug nach Manila auf den Philippinen stattfinden, dann würde er auch dort die deutsche Schule besuchen und dort auch Tagalok lernen (wie immer man das auch genau schreibt). Viersprachig dann also. Das ist eine nette Sprache. Der Satz "May reklamo ka" / "Wenn Sie eine Beschwerde haben" am Taxi verführt richtig dazu sie lernen zu wollen.

Stinksauer wird Junior, wenn seine Mutter plötzlich Deutsch statt Mandarin oder Englisch redet und ich ein paar Brocken Chinesisch benutze. Dann klärt er uns schon mal genervt auf, dass Papa kein Chinesisch spricht sondern Deutsch reden muss und Mama kein Deutsch spricht. Das haben wir nur mal spaßeshalber gemacht, als er uns mit Minion genervt hatte und wir lassen es jetzt wieder. Dieser kleine Plastik-Baseballschläger, den er dann hervor holt, tut nämlich wirklich weh.

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Schöner Beitrag. Ich finde das eine riesen Chance für die Kinder, wenn sie mehrsprachig aufwachsen. Sie können dann später mal Mittler zwischen den Menschen sein und vielleicht Missverständnisse ausräumen.

Tagalog heißt es. :-) Dazu noch Baybayin gelernt und alles ist gut. :-)

Miri hat gesagt…

Toller Bericht! :-)

Butenbengel hat gesagt…

Dazu faellt mir noch ein: ich kenne einige Deutsche, die sich das auch so gewuenscht haetten. Also, Papa nur mit deutsch anreden, Mama auf Chinesisch und Englisch geht auch gut, weill Mama und Papa so mitaeinander reden.
Problematisch wird es, wenn Papa auch fliessend Mandarin spricht..... Dann merkt Junior naemlich, das er damit. Bei Papa auch gut weiterkommt, statt immer das schwierige Deutsch zu benutzen. Dass geht dann in die Hose und die Kinder koennen am Ende kein Deutsch..

Eir haben es bei unsere Tochter genau wie ihr gemacht.

Deutscher Kiga
Bis zur 6. Klasse TWN Grundschule (dann ist das Mandaein gut genug)
Dann raus aus dem TWN Schulsystem: entweder auf die deutsche Schule oder - wie bei uns - Heimschule.

Somit ist sie jetzt (15 Jahre alt) 3 sprachig. Sie kann zwar nicht alle Chinesischen Flüße, deren Geruch in Gedichten der Fong Dynastie im Rombus-Stil rezitiert wurden, rückwärts aufsagen, aber damit kann sie leben.....

"Ludigel" hat gesagt…

" Sie kann zwar nicht alle Chinesischen Flüße, deren Geruch in Gedichten der Fong Dynastie im Rombus-Stil rezitiert wurden, rückwärts aufsagen, aber damit kann sie leben....."

;-) Hihi