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Mittwoch, November 12, 2014

Schuheinlagen statt Herz-OP

Der Abschluss einer verwirrenden Medizingeschichte in Taipei

Hinsichtlich Taiwans Ärzten bin ich ein gebranntes Kind - die haben schnell eine Fehldiagnose bei der Hand die oft zur baldigen OP führen soll. Ob das Unfähigkeit oder Oberflächlichkeit ist, die natürlich nur manche der Medizyniker hier an den Tag legen überlasse ich gerne der Diskussion, sicher ein Grund für den geneigten Leser, sich heftig aufzuregen oder wenigstens "Aber in Deutschland haben sie doch neulich auch einem den Kopf abgeschnitten statt den Blinddarm" zu erwähnen. Kann ja auch mal passieren.

Ich jedenfalls hatte bei der 2-jähirgen gesetzlich vorgeschriebenen betrieblichen Personaluntersuchung schon vor über zwei Jahren die Diagnose bekommen, leichte Herzrythmusstörungen gehabt zu haben, was aber weiter kein Grund zur Besorgnis wäre. Dieses Jahr dann schlug die Ärztin Alarm, meine Pumpe wäre so aus dem Tritt, dass ich zur Nachbehandlung müsste. In der Tat meinte ich einfach nur eine leichte Verspannung linksseitig zu bemerken, manchmal jedenfalls - und wollte das Thema auf sich beruhen lassen.

Die werte Gattin war jedoch besorgt und schleppte ihren unwilligen Teutonen zum Herzspezialisten in das einschlägig von mir bekannte Tri-Service-Hospital in NeiHu, das tatsächlich ein (für die Allgemeinheit offenes) Militärhospital ist. Der Doc dort horchte kurz an Ludigels Pumpe und meinte, das Ding sei völlig in Ordnung. Tuckerte eben brav und gleichmäßig vor sich hin. Und wenn es denn manchmal doch ein bisschen springen würde, das sei normal und käme bei fast allen Menschen mal vor. Ich kenne das ja wirklich, Frau das erste Mal gesehen, neues Auto rollt aus der Halle beim Händler, Junior wird geboren oder man sieht ein frisches Graubrot beim deutschen Bäcker in Taipei, solche Sachen halt.
Doch weil ich Ausländer sei, sagte er, wolle er ganz sicher gehen und verschrieb mir eine gruselige große schwarze Box, die unter Kichern der Krankenschwester wie viele Haare ich am Oberkörper hätte, x-mal verdrahtet wurde bei mir und die ich nervige 24-Stunden tragen musste.

Während ich mit der Box von Philips genervt auf dem Sofa saß, musterte mein dreijähriger Sohn die Box interessiert und drückte dann auch noch den Alarmknopf. Der sollte Momente des Unwohlseins für den Doc hervorheben.

Prompt passierte es, Doc sah die Skala auf seinem Monitor und diagnostizierte, ich hätte zu große Aussetzer und würde ein Herzmedikament benötigen. Mit einer dicken Packung herrlich bunter Pillen ausgestattet reiste ich dann verdattert nach Hause. Erstens Mal hätte ich gedacht man müsse erst mal ein Belastungs-EKG machen. Schließlich rase ich bei uns in der Firma immer die 6 Stockwerke zu meinem Cubical zu Fuß hoch der Körperertüchtigung halber und fühle mich dabei kein bisschen unwohl. Und zweitens konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, nun Herzkrank zu sein um von nun an wie einst mein Großvater immer meine Herzpillen schlucken zu müssen.

Die genommenen Pillen hatten dann auch eine merkwürdige Wirkung. Vor der Einnahme ging es mir glänzend, nach der Einnahme hatte ich ein merkwürdiges Ziehen in der Herzgegend. Na das war ja ein prima Zeug. Das übrigens in Deutschland und den USA längst vom Markt genommen war, der heftigen Nebenwirkungen halber. Sofort setzte ich das Medikament ab, sehr zum Ärger meiner Frau, die von der guten Fürsorge der taiwanischen Ärzte und meiner arroganten Widerborstigkeit redete, da ich wohl nur deutschen Ärzten zutrauen würde mich richtig zu behandeln und nicht den taiwanischen. Mehrere Tage lang hing der Haussegen schief, HIER beschrieben und am Ende redete meine Frau schon von einer Herzoperation. Die Vorstellung einen der leichtfertigen Taiwanärzte mit dem Messer an meinen vitalen Teilen herumschnippeln zu haben war so grauenhaft, dass sie heftigste Gegenwehr bei mir - will sagen sarkastische Bemerkungen über den werten Herrn Doktor - auslöste. Prompt sagte meine Frau den nächsten Termin ab und ich bemerkte, dass es mir nach einigen Tagen wieder prächtig ging. Als das Medikament aus dem Körper war, funktionierte die Pumpe wieder wie sie sollte.

Trotzdem war da diese leise Befürchtung, es könne doch etwas dran gewesen sein an den Diagnosen, auch wenn das Medikament offensichtlich völlig ungeeignet war. Ich wollte schon einen Termin bei einem Kardiologen in  Deutschland machen, da fiel es mir wie Schuppen aus den Haaren, Stinky Tofu vom Garküchenwagen oder wie auch immer:

Ich war auf der ganzen linken Seite verspannt!
Besonders im linken Bein.
****** in sich rein horch ****
Besonders im linken Fuß
****** grübel ******
Ich hatte seit geschlagenen 4 Jahren die selben orthopädischen Schuheinlagen, die insbesondere für den ... räusper ... Plattfuß linksseitig waren. Und die Schuheinlagen muss man eigentlich alle halbe Jahre spätestens wechseln.

Also schnell im Schuhschrank gesucht, einst bei Karstadt gekaufte BERGAL PERFECT PLUS Schuheinlagen gefunden. Nicht vom Orthopäden aber immerhin. Sofort in den Schuh getan und losgelaufen. Ein Erlebnis wie .... wie eine Komplettmassage. Mit jedem Schritt entkrampfte sich die linke Seite, ich bemerkte richtig, wie sich ein Verspannungsknoten im Rücken links auf Herzhöhe löste. Meine mich seit Wochen quälenden Kopfschmerzen verschwanden und .... ich sprang wie ein junger Spring-ins-Feld durch die grauen Gassen meines taiwanischen Schlichtwohnviertels, sehr zur Verwunderung der graugesichtigen älteren Leute dort, die gerade dabei waren schwermütig in dem alten Soldatenviertel dem Exdikatatur Chiang-Kai-Shek nachzutrauern. Und jedes Ziehen linksseitig erledigte sich dann im Laufe der folgenden Tage.

Bergal sei Dank ist auch meine Frau mit der Erklärung zu frieden, ich habe gleich eine Massenbestellung Schuheinlagen bei Ebay aufgegeben und der Haussegen ist wieder hergestellt. Gibt es irgendwo im Internet einen Bergalfanclub?  10.99 Euro sind jedenfalls besser als jede Herz-OP durch einen Taiwan-Doc. Ich frage mich erschreckt, was die da wohl hätten herumschnippeln wollen am gesunden Herzen? Und was die Medikamente angerichtet hätten.   

Eine merkwürdige Geschichte, was einem wohl nur passieren kann, wenn man aus gewohnten Versorgungszirkeln herausgelöst wird als Expat.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wie hier die TWN Ärzte heruntergemacht werden, unfair!

"Ludigel" hat gesagt…

Alles eine medizynische Frage.