Weiter in der Serie über merkwürdige Ausländer
Schon seit 2003 frequentiere ich ein Forum für Ausländer in Taiwan. Nur der Googletransitivität halber will ich es hier nicht mehr verlinken, denn wenn sich Accounts hier und dort zu einem Ganzen zusammen fügen liegt schnell die gesamte Privatsphäre über den Googlebrowser vertreilt. Dort gab es ein Mitglied, das sich selbst nach einer Cartoonfigur mit Geheimagentenfunktion benannt hatte und eigentlich immer glaubwürdige und interessante Postings schrieb. Ex-Polizist aus England sei er, schrieb er und hatte einmal eine Story, wie er eine mit dem Moped verunglückte Frau in die stabile Seitenlage brachte, der den Unfall verursachende Autofahrer ihn aber angegriffen haben. Weil man hier in Taiwan ja nicht hilft beim Unfall und daher als sich einmischender Helfer leicht missverstanden wird. Die Eintreffende Polizei habe die arme Frau dann einfach hinten auf die Rückbank des Streifenwagens geworfen, so dass ihr Kopf mit dem Helm an die Seitenscheibe schlug beim Losfahren. Mehrfach von mir zitiert, weil diese Story so schön den wilden Verkehr, das Nichthelfen beim Unfall, die konfuzianische Logik dahinter und die auch nicht so professionell agierende Polizei in Taiwan so herrlich zusammen fasste.
In einer anderen Geschichte war er von einem aus einer Seitenstraße kommenden Moped gerammt worden, hatte dem erstickenden Verunfallten sachkundig die Zunge aus dem Munde gestreckt, an der er sonst erstickt wäre. War dann aber von unfairen taiwanischen Polizisten als Unfallverursacher angegeben worden und hatte daraufhin für ein paar Jahre Taiwan verlassen müssen, schrieb er. Auch diese Geschichte beeindruckte mich sehr, war das Forumsmitglied doch irgendwie glaubwürdig mit seinen immer vernünftigen Postings.
Als er Taiwan verließ vor ein paar Jahren hatte er einen dramatischen Abgang, outete sich selbst im Forum als Drogenfahnder, der für die britische Polizei hier im Ausländermilieu ermittelt habe, was einige empörte Resonanz im Forum gab und auch hier im Blog habe ich das wohl kopfschüttelnd in einem Nebensatz erwähnt. Räusper.
Seit einiger Zeit gibt es ein zweites und ein drittes Ausländerforum, alle durch Streitigkeiten hervorgegangen. In einem, das sich als Antithese zum originalen definiert, bin ich jetzt auch Mitglied. Dort werden viele Mitglieder des Originalforums durch ähnliche oder gleiche Usernamen veralbert. Schnell habe ich mir selbst dort einen erzeugt. Wer sich selbst parodiert, ist immer auf der sicheren Seite. Obwohl ich ja eh keiner der Streithähne aus der Englischlehrerszene im Forum bin. Und dort im Forum erfährt man die ganzen Hintergrundgeschichten, die einem im Originalforum fehlen.
Etwa: Der Drogenfahnder-Polizist von oben war weder Drogenfahnder noch Polizist, noch hat er jemals für die britische Polizei gearbeitet. Aber bei den Expatdamen hat die Masche gezogen und quasi die Segelohren kompensiert. Und das langjährige Forumsmitglied, das neulich von der Polizei in beide Beine angeschossen wurde nach Durchbrechen einer Polizeisperre mit dem Moped und anschließender Rangelei (nicht ganz korrekter Bericht hier: http://osttellerrand.blogspot.tw/2013/08/betrunkener-auslander-vom-moped.html) ist ein Poster, der im Forum einen Usernamen anspielend auf zwei Schusswaffen hatte und immer den harten Mann gab, komplett mit Avatar eines bewaffneten US-Kinohelden.
Der tollste Vogel war natürlich mal dieser Konzertpianist, Olympia-Zehnkämpfer und Gehirnchirurg, der sich Simon Templar nannte und Haare wie Richard Clayderman (der Pianist aus dem Fernsehen) hatte. Den irgendwann die Polizei verhaftet hatte, weil er taiwanische Damen um ihr Geld geschwindelt hatte und dann auch im Originalforum als Südafrikaner ohne irgendeine der obigen Referenzen geoutet wurde.
Gott sei Dank, über den Atom-Ubootskommandanten der amerikanischen Navy, bei dem ich immer mein US-Tex-Mex-Essen am Wochenende esse, habe sie keine Stories. Der ist echt.
7 Kommentare:
Prof. Herakles Miller, PhD wrote:
Heh, what lies are you posting about my friend the secret agent here? I happen to be the English teacher of President Ma's sons here in Taiwan and a person not without influence. On the weekend I am working with the special forces here on the island so be careful. Be seeing ya!
Herakles Miller
(pssst, don't tell anybody I told you that)
Witzig. Allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass eine Menge US-Amerikaner und Japaner hier in TW tatsächlich professionell oder hobbyistisch für irgendeinen Geheimdienst tätig sind. Vielleicht auch der ein oder andere "Ingenieur" oder "Auslandsreporter" aus der deutschen Szene? Mein Lieblingsgerücht ist ja, dass viele Lehrer der amerikanischen Schulen in Wirklichkeit Agenten seien. Das würde nämlich erklären, warum die teilweise extrem gut ausgebildet sind und - entgegen allen Medienberichten - offensichtlich keinerlei Geldsorgen haben.
Nicht der K. Der hat keine Omega und keinen Aston Martin. Ich bin mir also völlig sicher.
Und wir verdächtigen hier auch keine anderen Blogleser ;-)
Gut, da wäre der eine, der...
äh ... never mind.
Ich bin natürlich jederzeit anwerbbar. Räusper.
Das erinnert mich an den Türken der bei mir um die Ecke wohnt und allen Taiwanern erzählt, er sei türkischer Ex-Kickboxweltmeister... mit 25 Jahren, 180cm Körpergröße und maximal 65kg...
Oder den Deutschen, der mit 19 Jahren zum ersten Mal in Taiwan direkt mal in einer relativ bekannten Bar behauptet hat, er sei ein professioneller DJ in Deutschland und dann für ein Honorar von 1000NT$ pro Stunde dort tatsächlich auflegen durfte...
Die Taiwaner sind manchmal tatsächlich ein wenig leichtgläubig könnte man meinen... aber gut, dass wir Ausländer uns in der Regel ziemlich schnell gegenseitig entlarven :P
Alle falsch, alle bis auf meinen Atom-U-Boot-Kommandanten. Der ist natürlich echt!
Für wer mal einen Spiegel Film dazu ansehen will: http://www.spiegel.tv/filme/hochstapler/
Interessant fand ich dass manche einfach lügen müssen, auch wenn es ihnen nichts bringt. Etwa so wie manche einen Kaufzwang haben und Dinge kaufen die sie niemals brauchen, so lügen manche etwas zusammen weil sie einfach lügen müssen, ohne dass ein Sinn sichtbar wird.
Viele Grüße
Martin
Kommentar veröffentlichen