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Donnerstag, März 24, 2011

Haarschnitt mit Autoschau

Bei uns im Dorf sind mehrere kleine Friseurstuben, von der offiziellen Art, wo man reingucken kann. Es soll ja auch andere geben, die als getarnte Bordelle fungieren, wohlgemerkt an einheimisches Publikum gerichtet und nicht an die wenigen Ausländer im Lande, aber die kenne ich nun wirklich nicht. Viele der Friseurläden lassen durch die Fensterscheibe schicke junge Friseusen erkennen, Frau und ich gehen jedoch immer in einen Friseurladen der unscheinbaren Sorte. Steht wohl nicht mal draußen dran. Das Haus ist eines der üblichen grauen Schlicht-Reihenhäuser aus Betonfertigplatten, die niemals gestrichen werden, der Laden mit Metallrolltor gesichert, das des abends runter gelassen wird. Drinnen ist ein großer Raum, der u.a. auch als Parkplatz für den Familienwagen dient, hier steht eine kleine silberne Ford-Stufenhecklimusine, die immer frisch poliert ist, so dass der Salon von innen ein bisschen wie ein Mini-Autosalon wirkt, so hübsch glänzt der Wagen. Ist allerdings schon ein älterer, ein Äquivalent zu einem älteren Mazda 323. Sonst ist es innen ein bisschen schäbig, mit leicht schmutzigen Wänden wie so oft in Taiwan, eine schicke westliche Blondine lächelt von einem verblichenen Poster, das noch an drei Ecken gehalten wird und von einer leicht gammligen Trockenhaube, die nie bewegt wird, an die Wand gedrückt wird.

Anderes Auto, andere Straße, sonst ähnlich

Ein paar Plakate mit chinesischen Schriftzeichen und ein freundlicher dicker pudelgroßer Buddha runden das Bild ab, aus Kunststoff ist er und schreiend bunt, hält einen der eigentümlich leicht kelchförmig abgerundeten chinesischen Goldbarren in der Hand, der den Geschäftsbetreibern Wohlstand bringen soll. Hinten im Zimmer gibt es einen halbwegs professionellen Tresen mit ein paar Friseurartikeln im Verkauf und sonst einen Fernseher, Hocker, Regale mit privaten Schreibtischen und Kinderspielzeug. Eine Frau um die Sechzig und eine Endvierzigerin, wohl Mutter und Tochter nebst (Enkel-)kind sind da immer zu finden, manchmal (sehr selten) inklusive dem Papa, springen freundlich lächelnd auf, wenn man reinkommt um Frau und mich zu frisieren. Nun wäre es ja logisch, wenn die beiden sich selbst gut frisieren würden, so als Werbemaßname, aber das wäre irgendwie viel zu logisch für Taiwan. Beide sehen daher immer so aus, als wenn sie mal dringend zum Friseur müssten.
Mir schneiden sie die Haare militärisch kurz, meiner Frau machen sie immer so eine leidliche Frisur (sie hat es nicht so damit), damit sind wir bei den beiden gut aufgehoben. Mein Harrschnitt kostet 150 Taiwandollar, durch 40 in Euro, ratz fatz wird mit dem Hundehaartrimmer die Mähne abgeschurrt.

Die hohe Friseurkunst bleibt da auf der Strecke, aber wenn ich in Taipei zum richtigen Friseur gehe, sehe ich genauso aus und zahle 1000 oder 1500. Nur dass alle gut frisiert sind, inklusive 10 miniberockter Hilfsfriseusen und einem Oberfriseur mit Makeup. Dann doch lieber die beiden bei uns an der Ecke.

Viel haben die beiden Damen in "unserem" Dorffriseur jedenfalls nicht. Nur 600 Taiwandollar verdienen sie oft am Tag, sagen sie. 15 Euro also umgerechnet. Deswegen steht wohl der alte glänzende Ford auch immer im Laden, statt teures Benzin zu verfahren.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Lu Er Fu:
Meine Haarschneiderin arbeitet nebenher noch als Kleiderschneiderin. Da passt gerade noch der Friseurstuhl zwischen die Stoffballenberge. Sie verlangt 300 NTD. Ist aber halt auch direkt unten an der Ecke. Das mit den Bordellen kenne ich von früher. Aber soweit ich das nun beurteilen kann sind die verschwunden. Alle Läden mit der rot-weiss-blauen Drehsäule sind mit 'richtigen' Friseusen belegt. Nächstes Mal werde ich mal einen Discountfriseur probieren. 100 NTD am Ausgang der U-Bahnstation.
Gefallen hat mir in Japan der Minutenfriseur. Pro Minute im Sessel zahlte man damals 1 DM.