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Mittwoch, November 28, 2007

Fledderbeerdigung letzter Teil

sorry, this post is only German !!!
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Schwiegervater, Heimgang, letzter Teil
Auch die Endlossaga um eine Taiwanbestattung muss einmal ein Ende haben.

WARNUNG: wird manchermal ein bisschen leichenfledderisch.
Sanfte Gemüter lesen es vielleicht besser nicht.

ERSTER TEIL
vorheriger Teil



Also näherte sich der Reigen schlussendlich dem Finale zu. Alle seine Sachen waren gepackt, in der Vorbereitung des endgültigen Übertritts und die ganze Familie wirkte in dieser Zeit tatsächlich ehr, als wenn sie eine längere Reise für Schwiegervater vorbereitet und nicht seine Bestattung. Paketeweise wurden seine Kleidungsstücke in den Wagen geladen, darunter massenhaft originalverpackte Oberhemden der Marke "London" (ich vermute, die sitzen in Taiwan) und Krawatten etc. Die Fahrt ging auf ein Gelände am Fuße eines Bestattungstempels, jetzt fernab der Einäscherungsfabrikanlage.
Auto und Stereoanlage für das Jenseits
Vorher hatten wir in der Einäscherungsanlage noch einen Abschiedsgottesdienst gehabt, bei dem neben einem kleinen Opferaltar eine komplette Jenseitsausstattung lag. Darunter ein schwarzer Mercedes aus Pappe in Go-Cart-Größe, ein Papp-TV und eine Stereoanlage aus Pappe, alles in Originalgröße. Wieder auch massenhaft Papierschiffchen und Geistergeld für das Fortkommen im Jenseits.
Schön war das zweistöckige Einfamilienhaus, größer als eine Hundehütte, komplett mit Frau und Mannfiguren und Baum im Innenhof. Hmmm... wer ist jetzt die Frauenfigur, wenn Schwiegermama sich doch bester Gesundheit erfreut und auch nicht mitverbrannt wird. Na ja, eine Remniszens and Indien vermutlich.
So hat Schwiegerpapa wohl ersteinmal eine unbelebte Frau im Bett im Jenseits, bis dann, an ihrem Todestage, Schwiegermamas Geist in den Astralkörper im Jenseits fährt. Mann, wird sich ihr Mann da erschrecken, wenn er gerade ...

All das Zeug kam jetzt auf eine Plattform im Freien und die Familie wurde zum schützenden Kreis drumherum aufgestellt, alle eine Wäscheleine als Zaun haltend. Damit kein fremder Geist die Sachen stibizt, schon klar.

Alles wurde verbrannt und damit hatte dann Schwiegerpapa seine komplette Ausrüstung im Jenseits.
Feuer frei... oder lebt er noch?
Er selber wurde auch noch verbrannt, da kannten wir nix. Man steht vor dem Krämatorium, zusammen mit zig anderen Familien. Manche in grünen Kapuzen, wild Baumzweige schwenkend. "Das ist die andere Art einer Taiwanbeerdigung", sagte da meine Frau. Na gottseidank.

Längs am Krematorium ein langes Bord und darauf die Portraits der Feuerkandidaten nebst Opfergaben. Manche der großen gerahmten Fotos zeigen junge Männer und Frauen. Ja ja, "Taiwanesen sind die besten Autofahrer", sagt meine Frau immer und ich schämte mich, dass mir das gerade jetzt in den Sinn kam.

Alle redeten davon (meine Frau erklärte mir soetwas), ob Papa denn jetzt auch alles habe und nichts vergessen worden sei und das wir ihm jetzt eine glatte Reise ermöglichen müssten. Und... nur für einen kurzen Augenblick... schien er tatsächlich ehr ein Abreisender als ein Toter zu sein und .... ich sah ihn da stehen. Neben seinem Portrait, in einem schneeweißen Anzug mit breitkrempigen Hut, tief ins Gespräch mit der hübschen jungen Dame vom Nachbaropferplatz vertieft. Sah gut aus, die Dame. "Doch halt, beide sind doch tot", meldete mein langweiliges Großhirn. Ich stutze, zwinkerte, und das Bild war wieder verschwunden. Aber es war so real für einen kleinen Moment...

Kurzum, wir sahen bei der Einäscherung des Sarges zu, denn sonst verkaufen sie den am Ende noch zweimal... Heiß ist sowas ja schon.
Essenspause....... würg
Danach erstmal Ruhe, alle gehen zum Abendessen... und wir müssen "nachher nur noch seine Urne abholen", sagt meine Frau. Naja, ich denke mir "gut, dass bald Feierabend ist" und so gehen wir dann um sieben Uhr abends in einen kleinen Nebeneingang der Feuerfabrik. Eine schwere Metalltür öffnet sich und ich sehe so viel weißgrauen Sand auf dem gefließten Boden. "Die werden doch nicht..." denke ich. Der Anblick von blanken Metalltabletts und großen Zangen an Schalter sechs läßt mir dann doch den Schweiß auf der Stirne stehen.

Wähle ein gutes Stückel aus.....
Und richtig, da kommt ein mit Blaukittel bekleideter mürrischer Herr Taiwanese und bringt ein großes Metalltablett. Drauf liegt ein großer Haufen Asche und ein Stapel weißer Knochen. Mir endging nicht, dass darunter auch ein geplatzter Schädel war und ich hatte Gelegenheit, Grossvaters innere Struktur intensiv zu ergründen. Ganz massiv weiß ist so ein Schädelknochen innen nicht, sondern an manchen Stellen sogar noch ein bisschen rot.
Da kommt der Witz in den Sinn, "Herr Ober, er ist noch nicht gar", aber .....
Alle kreischen und heulen, darunter auch der kleine Neunjährige. Als sei es das normalste von der Welt, reicht uns der Blaumannherr jetzt ein überdimensioniertes Paar Stäbchen, genau wie die zum Essen, und alle fangen an, einige Knochenstücke in die bereitgehaltene Urne zu legen, elegant wie beim ChopSuey. Die Stäbchen dabei mit einer Hand bedient, ganz wie beim Chinesen um die Ecke.
Ich bin an der Reihe und meistere mühelos die Stabbedienung. Ein luftiges Stück vom Oberschenkelknochen wähle ich aus und meine Frau beglückwünscht mich zu der Wahl. So ein luftblasenversehenes Stück zu nehmen, läßt Papa gut laufen, sagt sie, und ermöglicht einen schnellen Heimgang ins Jenseits.
Alle kommen dran, nur die Kinder nicht, die heulen auch so schon genug (und zittern und sind weiß) und schwupps, schaufelt der Blaumann den Rest Knochen und Asche in die Urne.
Oranges Hakenkreuztuch obendrauf auf die Knochen, Urne zu, noch ein Hakenkreuztuch drumgewickelt, noch ein Banderl drum, noch ein Tuch drumerhum und .... fertig ist die Schose.

Nächster Tag, hoch in den Bergtempel, Urne auswickeln, auf den Opertisch und beten beten Singsang, Speisen opfern, 30 Minuten warten, denn Papa muss ja Zeit zum Essen haben, weiter beten und Singsang und dann ...
fragt ihn Schwiegermama, ob er jetzt bereit sei.
Er sagt nein, gewürfelterweise (mit Kopf oder Zahl als Doppel) und sie würfelt und redet beruhigend auf ihn ein. Doch er will nicht allen bleiben, wir sollen bei der Urne sein, sagt er, den ätherischen Tränen nah.
Ab in den Schrank
Nach zig Verischerungen, wir kämen ihn oft besuchen, stimmt er endlich zu und wird unter heulen und zähneklappern in eine große Halle gestellt, in der zig Schränke mit kleinen Fächern stehen. Urne rein, Passfoto draußen dran und so steht er da noch heute.

Oft wird er von uns besucht, ich drücke mich oft, doch steht und steht er da noch heute. Totensonntage gibt es oft und irgendwo geht die Beerdigung immer noch weiter, denn wir opern und opfern ihm immer wieder. Nicht nur Reisspeisen und nackertes Huhn, sondern auch viele Sonntage.

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