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Montag, Dezember 09, 2013

Fröhlicher Roller (UPDATE)

Neues Auto kommt morgen. 

Zu Autos baue ich immer eine emotionale Beziehung auf, weil man sie eben so lange und so eng um sich hat, dass sie zu einem gefühlten Familienmitglied werden. Nur einmal habe ich meinen fahrbaren Untersatz abgrundtief gehasst. Das war ein kleiner Suzuki "LJ", also ein Mininachbau des alten US-Jeeps. Ich hatte ihn nach einem gescheiterten Investment in jugendlichen Jahren von einem dubiosen Autohandelsding bekommen. Das "Autohandelsding" bestand also aus mir und einem guten Freund damals, ein früher unternehmerischer Versuch, der völlig aus dem Ruder lief, als mein Compagnon den Garagenhandel mit Teppichboden, Vorzimmer und Sekretärin ausstatten wollte. Bei genau einem verkauften Auto und einem Profit von 500 Euro oder so eine abenteuerliche Perspektive. Hätte er ja auch ins Café gehen können und vielleicht dort eine Sekretärin kennengelernt. Ich drückte den Notaus, hatte am Ende diesen kleinen roten Jeep, den ich dann sogar verkauft habe. Und mir geschworen habe, nie wieder etwas in dieser Branche zu machen. Gut für mein Gewissen war, dass der Käufer sich mir gegenüber als (freilich sehr junger) Kfz-Mensch zu erkennen gab. Obwohl es wahrscheinlich nur ein rethorischer Kunstgriff seinerseits war, hat er doch das furchtbare Auto tatsächlich gekauft, trotz Probefahrt. Mein Gott, dass ein Auto so klappern und scheppern kann beim Fahren, das hätte ich nicht gedacht.

 Wie chinesisch ist ein Volvo heutzutage?


Never mind, um den Eljot soll es hier nicht gehen. Unser alter Nissan X-Trail hingegen war mir u.a. wegen einer jahrelangen Zuverlässigkeit ans Herz gewachsen; Qualität made in Taiwan (http://osttellerrand.blogspot.tw/2013/11/abschied-von-einem-freund.html).

In der engeren Wahl standen nun nur Fahrzeuge mit ISOFIX-Kindersitz und hervorragendem Abschneiden beim Crashtest - die Mutter meines Sohnes war hier die Schirmherrin der Kaufaktion. Schnell hatten wir zwei Fahrzeuge in der Wahl, beides SUVs, weil uns beim Probesitzen in Limusinen und Kombis grundsätzlich immer die Platzangst überfiel - der Nissan X-Trail hatte uns raumverwöhnt, keine Frage. Einmal ein Subaru Forrester und dann ein Volvo XC60. Der Subaru eher hemdsärmelig daherkommend, ein klassiches Försterauto mit Allrad, merkwürdig aufgepeppt durch blitzende Plastik"metall"beschläge am Kühlergrill. Die Basisversion hätte 150 PS gehabt, aber hier erfolgte gleich die Ablehnung durch meine Gattin, die fasziniert auf die nächste 240 PS-Version guckte. Sehr zu meinem Schrecken, wo soll man denn hin mit so viel Pferden, dachte ich mir. Bei der kleinen Insel. Dank mehr oder minder zugelaufenem Fremdbudget zogen wir das Autochen dann in die engere Wahl. Bei der Probefahrt um den Block in Taipei hing der Geländewagen dann wie ein Sportwagen am Gas, der Förster wollte geschwind wie ein Fuchs durch die Gassen von Taipei rasen, keine Frage. Einen Diesel hätte es auch noch gegeben, aber Foreneinträge über jährlichen Batteriewechsel in Taiwan ließen uns Abstand nehmen vom Schwerölverbraucher.

Wenn man unten drunter guckt...

Im Vergleich der Volvo mit gleich starkem Motor, beide Autos haben einen 2-Liter-Turbo mit 240 PS - da schreiben die Hersteller voneinander ab. Der nur frontgetriebene Volvo fuhr sich vergleichsweise moderat, man merkte ihm die vielen PS kaum an, was wohl am Antschlupf und fehlender zweiter Antriebsachse lag. Tritt man beim Frontantrieb wie ein Irrer aufs Gas, geht der Wagen vorne hoch und kann nicht so viel Kraft auf die Straße bringen. Statt durchdrehender Reifen gab es im Volvo nur das souveräne Fehlen der Antriebskraft dank Antischlupf und er fuhr sich wie mein alter 150-PS-Nissan. Nur wenn man, einmal in Fahrt, das Gas stärker drückte, bemerkte man die üppigen Pferdchen im Hintergrund. Von der Anmutung des Innenraums machte der Volvo auf vornehm, die Materialanmutung verhieß ganz klar Premiumklasse. Auch äußerlich verzichtete der Volvo auf billig wirkenden metallfarbenen Kunststoff. Will sagen, sein metall farbener Kunststoff wirkte nicht so billig, wenn er auch sicher vorhanden war. Ach ja, gegen deutlich Aufpreis hätte es noch eine Dieselversion gegeben, aber die war wegen Budgetüberschreitung dann auch gleich ausgeschieden von Anfang an.

... steht "Made in China" drunter. Und dass man keine Kleinteile verschlucken soll. Jedenfalls bei der 1:48-Version

Trotzdem war es ein hartes Rennen bei der Kaufentscheidung der um Juniors Sicherheit besorgten Ehefrau und Ludigel. Ausschlag gaben dann Horrormeldungen in Taiwanforen über öltropfende Subaru-Benzinmotoren. Offenbar ist es eine typische Eigenschaft eines Boxermotors, wie im Forrester verbaut, ständig etwas Öl abzutropfen. Wogegen Subaru eine Auffangpfanne mit einem saugfähigen Material unter dem Motorblock befestigt hat. Fotos von einem sein gesamtes Öl abscheidenden Forrester in Taiwan (da half auch die Ölwindel nicht mehr) gaben dann den Ausschlag für den Volvo.

Erwähnt man einen Volvo sagen alle Leute reflexartig "China". Ein Chinese sei ein Volvo, kein Schwede mehr. Als etwa meine Frau eine Bekannte, die mit einem Schweden verheiratet ist, leichtsinnig damit konfrontierte, wir würden jetzt einen Volvo bekommen, entfuhr es ihr sofort unter abwinkender Geste und rotem Kopf: "Ach, das ist doch ein Chinese!". Grund für die gedankliche Sinofizierung ist der Umstand, dass der chinesische Hersteller "Geely" das Unternehmen Volvo gekauft hat. "Geely" soll auf Mandarin "fröhlich" heißen, womit sich auch schon die Überschrift dieses Artikels erklärt, soll doch "Volvo" wohl für "ich rolle" stehen. Nun, der XC60 basiert auf der Ford Focus-Plattform, die damals in Köln entwickelt worden ist und wird in Belgien aus schwedischen Teilen gebaut. Aber irgendwo sind wir heute alles Chinesen, ich will mich da gar nicht mehr ausnehmen mit Wohnsitz in der Republik China.

Wird der Schwede (unser Auto, nicht der Gatte der oben erwähnten Dame) nun das feuchte taiwanische Klima vertragen? Oder sind seine Hohlräume einer guten Ökobilanz zu liebe mit biologisch abbaubarem Knäckebröd gefüllt, das an der feuchten Luft Taiwans verrotten wird? Das alles wird die Zukunft zeigen, der ich kaum bang (ohne Oluffsen, das wäre dänisch), entgegen sehe. Man kann einen Volvo jedenfalls aus mehreren Metern Höhe fallen lassen, ohne dass er kaputt geht. So sagte uns ein volvobegeistertes Familienmitglied. Jedefalls wenn es ein alter 80er-Jähres-Volvo ist. Mit unserem kölner Chinesen machen wir das lieber nicht. Wer es zu hause ausprobieren will: Man kann für den Volvosturz etwa einen Autoparkplatzlift und ein Erdbeben zu Hilfe nehmen.

UPDATE: Frau hat mal in der Taiwanfamilie herum gefragt was die  Leute so an Erfahrungen mit europäischen Autos hatten. Stand der Dinge wie unten:

Volvo (wohl 80er-Modell in den 90ern): "unkaputtbar", s.o., nie was dran gewesen außer dauerdefekter Klimaanlage, was dann der Abstoßungsgrund war. Eigner sind danach auf Mitsubishi und Ford und jetzt Toyota umgestiegen.
Außerhalb der Familie: Ein XC60 mit Diesel und 4WD läuft seit 3 Jahren ohne Probleme, braucht allerdings jährlich eine neue Batterie und ist im 3. Jahr deutlich am Nageln.

BMW: einer irgendwo bei Onkelchen in der Familie, "immer irgendwas dran gewesen", will keinen mehr haben. Ein weiterer Verwandter (525i, Baureihe E39) hat zwar ein langes Autoleben mit viel Stadtverkehr in Taipei gehabt (bis über 210.000 km), hatte aber auch immer irgendein Wehwehchen und hat die Werkstadt entsprechend oft gesehen. Der Fahrer hat derzeit einen X5 35i, der gerade zum Verkauf steht, weil er einen (nicht genannten) Defekt hat obwohl erst etwa 2 Jahre alt.
Einen BMW 740iL oder dergleichen hatte der X5-Besitzer früher auch noch, der lief wohl ohne Probleme. Allerdings klagte der nicht arme Mann über hohe Wartungs- und Ersatzteilkosten bei BMW, die sich in Taiwan wohl teuer positioniert haben am Markt.

Opel: Der 90er-Jahes Astra meiner Frau hatte immer Temperaturprobleme, Motor drohte zu kochen. Laut Werkstatt ein nicht kurierbares Problem, weil der Opel halt nicht für das Klima gebaut sei. Ein Neuwagen war das, der schnell abgestoßen wurde.

Audi: Der Audi S8 des dreifachen BMW-Besitzers von oben (er hatte den S8 neben dem X5, den 525i oder 740iL hat er nicht mehr) ist gerade durch einen Porsche ersetzt worden. Weil der S8 eine Sportlimusine ist (die Upgradeversion des A8) bin ich mal gespannt, ob er sich den Porsche Panamera geholt hat ;-) Wie dem auch sei, der Audi S8 hatte einen Getriebeschaden (kann auch die -autom.- Schaltung gewesen sein) nach etwa 3 Jahren oder so und wurde deshalb verkauft. Der Wagen hat größtensteils Stadtverkehr in Taipei gesehen.

2 Kommentare:

Karl hat gesagt…

Ich hatte bei einen meiner letzten Deutschlandaufenthalte einen XC60 als Leihwagen bekommen (obwohl BMW gebucht). Fuhr sich ganz gut trotz Automatik und ich konnte nicht meckern.
Im Taiwan jedoch würde ich den Wagen sofort mit Kuhfängern ausstatten denn hier gilt: Vorfahrt hat der, welcher größer oder besser gepanzert ist.

"Ludigel" hat gesagt…

Der Neuwagenkauf in Taiwan ist in der Tat mit unbeschreiblichem Horror verbunden. Der erste unvermeidliche Kratzer, oder die Pai-sai pai-sai - Beule vom Mopedfahrer, der rückwärts aus seiner Parklücke fährt und ins Auto kracht, der unvermeidliche Mopedfahrer, der einem hinten rein kracht und nicht zahlen will. Die vielen Kratzer und Beulen, wenn er irgendwo geparkt ist. Die unzähligen Metallmasten und unsichtbaren Absperrungen unter Grün getarnt die lauern. Die vielen Leute, die ohne jede Versicherung hier herum fahren. Deswegen wollte ich ja auch nie einen neuen, bis mir der Isofix den letzten Fix gab und wir ihn nun haben.
Und wenn ich mir vorstelle, wer nachher unser geliebtes altes Familienauto fährt. Ein Raucher, der Binlang in den Fußraum spuckt und kotverschmierte Hühner im Laderaum transportiert.
Oh Horror!

....

äh... never mind