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Mittwoch, September 19, 2012

Inselstreit: natürlich gehört's zu Taiwan

Wenn dieser Tage von dem Streit Japans und Chinas um die "Sekaku"-Inseln im Norden von Taiwan (200 km entfernt) die Rede ist, wird manchmal am Rande erwähnt, das auch Taiwan Anspruch auf diese Inseln erhebt. Das mag zunächst mit einem Achselzucken abgetan werden, hat doch Taiwan keine große Militärmaschinerie, die diesen Anspruch unterstreichen könnte bzw. tritt ja international eher zurückhaltend auf. Wieso erhebt Taiwan überhaupt Anspruch?
Spiegel-Online erwähnte etwas von einer historischen Verwaltung der Inseln aus dem 19.Jahrhundert, wo sie einer Stadt im nordtaiwanischen Landkreis Ylan (Ilan) zugeordnet gewesen seien. Abgesehen davon kann das Staatsgebilde, das wir gemeinhin "Taiwan" nennen, aber auch Anspruch erheben, weil es nach seiner Verfassung eben nicht Taiwan sondern "China" ist. Schließlich ist der formale Staatsname des Staates, der die Insel Taiwan und einige kleinere Inseln regiert "Republik China", was sich daraus erklärt, dass Diktator Chiang Kai Check im Jahre 1949 auf die damals gerade noch japanisch besetzte Insel Taiwan geflohen ist - gehetzt von den Kommunisten, die in China die Macht übernahmen. Seinen Staat und die Verfassung hatte Chiang gleich mitgenommen, daher der verfassungsmäßige Anspruch "Taiwans" über das chinesische Festland zu herrschen.

 Taiwan hält sich raus... (aka "Kopf in den Sand")

Japan hatte nun die Inselchen, um die sich gestritten wird, Ende des 19. Jahrhunderts (1895 denke ich) besetzt, als es China militärisch einige Gebiete abgetrotzt hatte, darunter auch die Insel Taiwan. Diese historische Besatzung aus der Glanz- und Gloriazeit des japanischen Kaiserreichs inklusive "Comfort Women", Visisektionen, Massenvergewaltigungen von Frauen mit anschließendem bestialischen Töten und sonstige Massaker an der Zivilbevölkerung inklusive lebendigem Begrabens (200.000 tote Zivilisten in Nanking 1937: http://de.wikipedia.org/wiki/Massaker_von_Nanking) dient nun zur Rechtfertigung des japanischen Anspruchs. Faktischer Grund ist, dass die Amerikaner nach 1945 zunächst sowohl Taiwan als auch die umstrittenen Sekaku-Inseln zunächst den Japanern abgenommen haben, die Sekaku-Inseln dann aber wieder zurück gaben und damit den kolonialen Anspruch Japans de facto abgsegneten. Taiwan haben sie bekanntermaßen nicht Tokio zurück gegeben, sondern den japanischen Truppen auf Taiwan 1949 befohlen, sich Chiang Kai Checks Truppen zu ergeben, so dass dieser seine Republik China als Gegenmodell zur Volksrepublik China weiterführen konnte, das ab 1992/1996 zur parlamentarischen Demokratie wurde.

Derzeit spielt in Taiwans Medien der Inselstreit aber keine Rolle, da Taiwans recht prochinesische Regierung (KMT) unter Präsident Ma Ying Jeou die Annäherung an die VR-China sucht und daher in der Angelegenheit keinen deutlich vernehmbaren Piep sagt. Gut, es wäre sowieso sinnlos.

Sympathisch ist mir der Anspruch der Japaner auf die umstrittenen Inseln nicht, der des Folterstaates VR-China auch nicht. Also unser, taiwanisch, klarer Fall. So, wo wir das geklärt haben kann ich weiter frühstücken....


8 Kommentare:

AnDe hat gesagt…

"Kein offizieller Piep" ist zumindsetr in Deutschland nicht ganz so: in der "Taipeh Vertretung" in München liegen Flyer zu allen möglichen Themen aus, auch warum die Inseln definitiv zur Republik China gehören...

PS: Erster Kommentar eines langjährigen aber stillen Lesers - solche existieren also wirklich, und wie Du schon öfters vermutet hast in Anzahlen > 1 :) Eigentlich unheimlich. Wer weiss, wer da noch alles mitliest :D

"Ludigel" hat gesagt…

Ich lehne auch mittlerweile jedwede Werbung für das Blog irgendwo ab. Der Gedanke, dass sich da Taiwaner unruhig im Schlaf hin- und her wälzen und murmeln "der Ludigel hat wieder alles falsch verstanden... die Mopedfahrer fahren gar nicht rücksichtslos, sondern [unverst. Teil in Mandarin]" oder gar Sinologen an ihren Frühstückszerealien ersticken, der treibt mich wirklich um. Also psssssst.... nicht weitersagen ;-)

Interessant, dass es irgendwo was gibt, möglicherweise ja auch in chinesischen Zeitungen. Es scheint aber keine große Rolle zu spielen, anders etwa als das "Sockengate" seinerzeit mit antikoreanischen Ausschreitungen (irgendein sportl. Wettkampf).

"Ludigel" hat gesagt…

Na ja, sagen wir "antikoreanischer Aufregung", das trifft es eher.

Maru hat gesagt…

Also in einigen "Talk Shows" (nicht mit der meist verbreiteten Art von Talk Show in Dland zu vergleichen), z.B. auf 森東, labern die schon die ganze Zeit (und fast jeden Tag) darueber. Allerdings versteh ich nicht so ganz, zu welchen "Schluessen" die ueberwiegend Herren da immer kommen und auch sonst uebersteigt einiges dort Diskutiertes mein Vokabular.

Und langsam nervt es aber wirklich!

Hoffe es wird in Taiwan keine solche Ausschreitungen gegen jap. Firmen etc. geben. (ist auch nicht gut fuers Business!)

Anonym hat gesagt…

"sondern den japanischen Truppen auf Taiwan 1949 befohlen, sich Chiang Kai Checks Truppen zu ergeben"

Das war aber bereits 1945. Ebenso wurde Taiwan schon 1945 teil der Republik China.

Diese beiden Daten werden gerne von Unabhängigkeitsbefüwortern vermengt, aber es ist sehr wichtig klarzustellen, dass Taiwan zumindest zwischen 1945 und 1949 eine Provinz der ganz China regierenden Republik China war.

"Ludigel" hat gesagt…

Ja, die Phase 45-49 wird unterschiedlich dargestellt. Wikipedia (http://en.wikipedia.org/wiki/Republic_China) jedenfalls gibt Dir Recht, dass in der Tat die US-Navy die ROC-Truppen schon 1945 zur Kapitualationsentgegennahme nach Taiwan verschifften. Die 45er-49er Phase wird dann in anderen Quellen als Quasi-Kolonialzeit mit Demontage von Industrieanlagen heim ins Festlandreich geschildert bis sich 49 die ROC-Regierung nach Taiwan verlagerte. Verblüffend: Wikipedia sagt, die USA hätten sich noch bis 1952 als Besatzer von einer zu Japan gehörenden Insel Taiwan gesehen.
Wir klären die Details mit der Videokamera im Anschlag, sowie die Zeitmaschine erfunden wird.;-)

Anonym hat gesagt…

Ganz schön "vaca" von Ma Ying-Jeou sich nur mit einer Kaffeefahrt auf das Pengjia Inselchen 60 km vor Taiwan zu trauen, um den Anspruch der TW-Republik China auf "Diàoyútái lièyǔ" (Der Name ist aus Marketinggründen eine echte Katastrophe. Senkaku ist viel eingänglicher. Kein Wunder, dass die USA die Inseln 1972 den Japanern überlassen haben.) zu untermauern. Ma´s schlappes Verhalten hat auch die DPP so kritisiert. Chen Shui Bien mit seinem Thunfisch-Bauch hätte in den besten Tagen längst die Inseln mit Ubooten aus Deutschland geentert ;-) Beste Grüße, Luo You P.S. Als ordentlicher Taiwaner sollte man wenigstens zu seinen Ex-Kolonialherren stehen und die Maofeis in den Hintern treten.

Anonym hat gesagt…

Der Inselstreit zwischen Japan und China nimmt immer größere Ausmaße an: Auch Taiwan erhebt offenbar Ansprüche – und schickte mehrere Schiffe zur unbewohnten Inselgruppe. Doch gegen Japans Wasserwerfer waren sie machtlos.
Die rund 40 taiwanesischen Fischerboote sowie die acht Wasserfahrzeuge der taiwanesischen Küstenwache hätten daraufhin die Hoheitsgewässer wieder verlassen, teilte die japanische Küstenwache am Dienstag mit. Bildern des Senders NHK zufolge verteidigte sich ein taiwanesisches Patrouillenboot ebenfalls mit Wasserwerfern. Die Regierung in Tokio legte Protest ein.
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Wasserschlacht um unbewohnte Inselgruppe: Inselstreit eskaliert: Japan beschießt Taiwans Schiffe - weiter lesen auf FOCUS Online: http://www.focus.de/politik/ausland/wasserschlacht-um-unbewohnte-inselgruppe-inselstreit-weitet-sich-aus-japan-verscheucht-taiwanesische-schiffe_aid_826100.html+