Taiwan ist schwer in Ordnung. Echt! Hier will meine Frau zwar von hinten den Bären auf der Computermesse schlagen, aber mehr ist das ganze Jahr über nicht passiert 2010. Und sogar Heise traut sich hier her (Hintergrund).
Politisch(geographisch, Bevölkerung): Taiwan heißt mit richtigem Staatsnamen eigentlich "Republik China", erstreckt sich aber nur über die Insel Taiwan/Formosa und ein paar kleinere Inselchen. Hat für seine 23 Millionen Einwohner eine parlamentarische Demokratie mit freien Parlamentswahlen (seit 1992) und freien Präsidentschaftswahlen (seit 1996), weitgehende Gewaltenteilung (auch in Deutschland ist die Gewaltenteilung nicht vollständig) und eine im Wesentlichen unabhängige Justiz (auch in Deutschland ist sie sicher nicht völlig unabhängig von der Politik).
Kann man da noch verbessern? Sicher kann man, in Deutschland auch. Aber politisch gehört Taiwan zu den Vorzeigeländern Asiens.
Wirtschaftlich: In Taiwan gibt es einen breiten Mittelstand, der große Teile der Gesellschaft ausmacht. Florierend sind der Dienstleistungssektor und der Mikroelektroniksektor. Taiwan ist das Ingenieurbüro für die weltweite Computerindustrie. Während die Fabriken in der VR China stehen (weil man in Europa und USA auch keine taiwanischen Löhne mehr zahlen will) sitzen in Taiwan die Ingenieure, die die Computer (im Wesentlichen die Motherboards) entwerfen. Elektronische Komponenten und Computerchips werden auch in Taiwan noch gefertigt. Die in Taiwan entworfenen und in China gefertigten Laptops/PCs/Tablett-Computer/Smartphones haben dann im Laden in Deutschland und anderswo alle möglichen Markennamen draufstehen, meist amerikanische, japanische oder europäische, auch taiwanische (etwa "Acer" und "Asus").
Ist das Zeug aus Taiwan billiger Schrott? Nein, es sind gut gemachte industrielle Massengüter wie fast alles heute, die sich nach den Anforderungen und Preisvorstellungen der Kunden in USA/Europa/Japan richten. Ein Notebook etwa muss billig und leistungsfähig sein und nicht vor 5 Jahren unter den Fingern zerbröseln. Anderes will heute keiner mehr bezahlen (und wer will schon Rechner 20 Jahre lang benutzen?)
Soziales: Kriegen die "armen taiwanischen Arbeiter", von denen man merkwürdigerweise in der Vorstellungswelt der Deutschen (etwa in Foren) immer wieder liest, also einen Hungerlohn bezahlt?
Nein! Fabrikarbeiter gibt es in Taiwan sowieso eher wenig, weil die Produktion aus Kostengründen (und hier diktiert der Kunde aus USA/Europa/Japan die Preise!) längst schon nach China abgewandert ist. Ein in der Computerindustrie arbeitender Taiwaner ist gesetzlich krankenversichert mit sehr niedrigem Beitrag (25 Euro umgerechnet pro Monat oder weniger!), hat eine gesetzliche Altersversorgung (vor ein paar Jahren eingeführt) und verdient vielleicht die Hälfte oder auch nur ein Drittel von dem was ein Deutscher in dem Job bekäme. Aber die Preise sind hier auch viel niedriger, je nach Gütern die Hälfte, ein Drittel oder ein Viertel oder weniger. Auch wenn manche Elektronikprodukte (etwa Kameras) ähnlich viel kosten wie in Deutschland (auch japanische Autos zum Beispiel), so hat man in Taiwan sehr günstige Konditionen (etwa 3 Jahre 0%-Finanzierung) und dafür kriegt der Taiwaner halt Essen, Kleidung und alles mögliche andere billiger. Mieten sind relativ teuer (umgerechnet 400 Euro für eine so-da-la Dreizimmerwohnung in Taipei), daher ziehen Taiwaner erst nach Heirat als Doppelverdiener in eine Wohnung und Großmutter kümmert sich um die Kinder.
Könnte man das verbessern? Sicher, aber den Taiwanern geht es jetzt schon so gut, dass sie neue japanische Mittelklassewagen fahren und auf Haiwaii, in Toronto und Heidelberg Urlaub machen.
Gibt es in Taiwan auch arme Leute/Bettler? Bettler sieht man praktisch nie. Manche meist ältere Leute (die noch keine Rente haben, weil es das damals noch nicht gab) leben scheinbar von der mageren Stütze und verdienen sich durch Aufsammeln und Verkaufen von Recyclingmaterialien etwas dazu.
Könnte man das verbessern? Sicher! Desto besser die Wirtschaft läuft und mit der neuen Rentenversicherung werden diese Leute sicher immer weniger werden. Aber es geht ihnen heute schon besser als ihren "Kollegen" irgendwo sonst in Asien (von Japan und Korea mal abgesehen). Die meisten Leute schaffen es mit einer der unzähligen Garküchen Geld zu machen, wenn sonst nichts geht. Das ist schon ein kleines Wunder in Taiwan, wie man überall Garküchen sieht und alle sind voll (weil das Essen billig ist und nur wenige kochen).
Gibt es Armutsprostitutionszene in Taiwan? Nein, das ist ThaiLAND gottverdammt noch mal. ThaiLAND, früer Siam genannt, das verdammte Ding wo die deutschen Rentner 20jährige Freundinnen haben in Pattaya, wo der greise König residiert und das Militär immer mal wieder putscht. ThaiLAND, nicht TaiWAN/Republik China. Wer hier nach TaiWAN/Formosa/Republik-China als deutscher Tourist herkommt und Sex kaufen will, der muss ganz schön lange suchen und die paar Asphaltschwalben die es gibt, rennen meist schreiend wegen der langen Nase weg.
Gibt es Slums? Was die Deutschen immer mal wieder für Slums halten sind die Mittelklassewohnblocks mit ihren hässlichen grauen Fassaden. Sie haben funktionierend Wasser und Strom, sind wetterdicht und erdbebensicher. Also keine Slums, auch wenn sie im Vergleich zu deutschen Wohnblocks etwas verschmuddelt sind.
Kriminalität: Praktisch keine Straßenkriminalität. U.a. wohl auch weil wegen weitestgehend fehlender harter Drogen die Beschaffungskriminalität im Wesentlichen weg fällt. Einbrüche soll es recht viele geben, aber in Deutschland bin ich diesbezüglich auch schon mehrfach ausgeplündert worden. In Taiwan noch nicht, teu teu teu. Taiwan hat eine große Telefonbetrügerszene. Aber hier kann man einfach auflegen.
Toller Reisebericht über Taiwan: http://www.weltrekordreise.ch/p_asid_tw.html, http://www.weltrekordreise.ch/p_asid_tw2.html und http://www.weltrekordreise.ch/p_asid_tw3.html. Wegen dem Bericht über die Weltreisenden in Erics Kambodschablog bin ich drauf gestoßen.
2 Kommentare:
Feldmarshall Herr Kronenbuich sogt:
Es gibt auch kein FC Gelsenkirchen und keine betrunkene versiffte Fans, die im Biersuff randalieren and das öffentliche Gut zerstören würden. Na ja, auf der anderen Seite gibt es furchtlose Obasans, für die gilt kein Gesetz: Also forsicht wenn die in der Gruppe auf Vormarsch sind.
Das haben Herr Feldmarschall jetzt sehr schön gesagt. Äh... wie war das im Mittelteil....
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