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Montag, April 25, 2011

Ein Wiedersehen und wie ich mich fast gefreut habe

Eine der Schwestern meiner Frau ist die Tage wieder im Lande, nebst philippinischem (aber chinesisch-stämmigen) Ehemann und Sohnemann. Sohnemann konnte früher so schön "rrrrrreproductive organ" sagen, mit spanisch gerolltem R, doch jetzt ist er älter und weiser und tut es nicht mehr. Die Familie verblüffte er mit seinen Chinesisch-Unkenntnissen. Von 10-13 oder so lebt er jetzt in den Philippinen und spricht Englisch und etwas Spanisch nebst etwas der Lokalsprache, aber leider hat er sein fließend beherrschtes Chinesisch sowohl in der Mandarin- wie auch in den Taiwanesisch-Variante verloren. Kein Cartoon interessiert ihn mehr und die Tageszeitung ist ein Buch mit sieben Siegeln geworden. Schade, dass er das verloren hat, im Berufsleben wäre das sicher wertvoll gewesen. Obwohl, wenn er Vaters Druckerei (T-Shirts und Nummernschilder) und Mamas taiwaninspirierten Perlentee-Laden übernimmt, dann braucht er es ja nicht. Wenigstens ein paar Schimpfworte sollte er sich merken.

Bevor am Wochenende die Menschmassen in die 737-Lane in NeiHu, Taipei strömen, sieht es abends manchmal sogar hübsch aus. Problem sind die 500 räuchernden Mopeds, die später kommen.


Ich freute mich über das Wiedersehen, wechselte ein paar Worte mit dem Neffen, der allerdings immer unruhig von einem Bein auf das andere wechselte, der Computer wartete schließlich im Nebenzimmer, sprach kurz mit seinem Vater und genoss dann die Familienidylle. 15 Leute oder so die alle gleichzeitig reden, zwei Fernsehgeräte (Neffenriege guckt Cartoons und Eltern eine koreanische Soap-Opera), da schwoll der Geräuschpegel dermaßen an, dass ich mich still und leise zur Türe schlich. Typisch, kaum steht man an der Wohnungstür, verstummen alle Geräusche.


Blick aus dem Fenster meiner ersten Wohnung auf NeiHu im Jahre 2004. Damals gab es noch den Original-Smog zum schneiden. Heute etwas besser.

Mit einer Ausrede schlich ich mich davon und hatte mal wieder Gelegenheit mir Taipei-NeiHu anzusehen, das enge Stadtviertel, in dem Mopeds, Smog und Menschenmassen neben den Fressbuden und grellen Neonschildern wirklich so eine Art Flair erzeugten. Oder wie nennt man das Zeug, das einem im Hals brennt? "Nie und nimmer ziehe ich hier wieder her", nahm ich mir vor, will doch meine Frau am liebsten hier wieder eine Wohnung suchen. Da fiel mir ein, was ich früher immer getan hatte, wenn ich der lauten Stadtwohnung entfloh. Erst mal einen Ausflug in das Süßwarengeschäft neben dem McDonalds. Aha, keine westlichen Schokoladen mehr, nur die lecker aussehenden japanischen Schokobonbons, die mit irgendeiner Chemie hergestellt sind, die ab dem zehnten Bonbon furchterbares Magendrücken und einen Domestos-Nachgeschmack erzeugen. Sonst alle Cadbury-Schokolade aus dem Programm genommen. Gut, Konfuzius wäre stolz auf euch. Also erst mal rüber zu McDonalds, einen pappigen Cheeseburger und eine riesige Cola bestellt und hingesetzt. Was für eine Oase der Ruhe so ein voller McDoof doch sein kann! Mir fiel allerdings auf, dass ich der einzige Gast über 20 war, abgesehen von einer Endfünfzigerin und ihrer Tochter in den Dreißigern, Mama musterte mich finster. Was die wohl dachte, was ich im Sinn hatte? "Langnase entführt Tochter aus gutem Hause bei McDonalds, nächste Woche schon 12 Mischlinge geboren!" Irgendso eine Schlagzeile, wie sie hier immer im Apple Daily zu lesen ist, hatte sie wohl im Kopf.

Endlich hatte ich mal die Zeit, mit meinem Handy rumzuspielen, das ich seit 5 Jahren habe und kann jetzt endlich den Terminkalender bedienen. Dass die Jugendlichen sowas immer sofort können liegt also nur daran, dass sie ständig bei McDonalds rumsitzen und nichts zu tun haben. Eine Oberprimanerin plinzte immer rüber, mit falschem roten Haar. Aber als Ausländer ist man hier immer interessant und wahrscheinlich hat sie überlegt, wie ich 25 Jahre jünger und mit 10kg weniger aussehen würde. Oder so. Mir doch egal. Gerade will ich noch die Java-Konsole vom Handy verstehen oder das erste mal damit ins Internet, da klingelt schon das Telefon. Ich muss zurück, Schiegermutter hat den Obstteller aufgetragen, nachdem alle mit dem Essen fertig sind. Schnell noch ein Abstecher zu WATSONS, ein Drogerieladen so eng bestückt, dass man kaum durch die Regalgänge gehen kann. Haben die Cadbury-Schokolade auch aus dem Sortiment genommen. Danke sehr. Geschäft an Geschäft und überall gibt es nur was ein ausländischer Mitschüler mit "Scheißendreck" bezeichnet hätte. Stinky Tofu, Oktopus am Spieß. Vielleicht mit Schokoüberzug?

Leseempfehlung: Klaus Bardenhagen, deutscher Journalist in Taipei, hat einen interessanten Artikel über einen Wirtschaftsartikel in Taiwan, der sich mit Deutschland beschäftigt. hhttp://www.intaiwan.de/2011/04/23/taiwan-staunt-uber-deutschland/

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Link geht nicht (h fehlt). Ansonsten: Wo genau in Neihu hast Du denn gewohnt? Ich wohne nähe der MRT Station Gangqian und finde es sehr ruhig, sauber und lebenswert. Das mag daran liegen, dass ich vorher in Xinzhuang gehaust habe :D

"Ludigel" hat gesagt…

WenDe Rd. in der Nähe, ein Mormonentempel ist in der Nähe. Ganz ist der Nähe ist es recht hübsch, an einem See. Aber da ist es teuer.

Danke für die Korrektur (Link)

Anonym hat gesagt…

Lu Er Fu:
Ich hatte mal in Neihu ganz oben auf dem Berg, von wo aus man die Trafostation unten sehen kann eine 'Augenzwincker'-Dings, also das was die McD.Mutti so dachte......und da war es eigentlich relativ sauber. Da war die Sars-Hysterie auf dem Siedepunkt..und ich war erkältet....herrlich...fast die ganze Stadt für mich alleine....allerdings war ich auch alleine, und mit sauviel Glück konnte ich mich in eine Nudelbar retten. Aber es gibt wahrscheinlich mehr Ecken in Neihu die ich nicht gesehen hatte.

"Ludigel" hat gesagt…

Ach ja, auf Berggipfeln habe ich auch manchmal gesessen und mir das 101-Hochhaus durch die Baumwipfel angesehen. Manchmal wollte ich partout nicht wieder runter vom Berg. Frau ruft an, wir müssen zum Familientreffen. Schatz, ich kann dich so schlecht verstehen.... KKRRRRRKKKKKKZZZ