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Montag, Oktober 08, 2012

Hitler im Taiwan-Fernsehen

Taipei auf dem Sofa. Großer Fernsehabend bei Ludigel, Schwiegermutter, Gattin und Junior sitzen auf ihren Plätzen und schauen gebannt auf Schwiegermutters riesigen Plasmafernseher. Da passiert es. Eine Europakarte wird gezeigt und eine rote Fläche breitet sich in Windeseile aus, mit Hakenkreuz versehen. "Das ist bei uns ein Glückssymbol", sagt meine Frau. Das buddhistische Hakenkreuz also, das irgendwie spiegelverkehrt war. "Bei uns ein Sonnensymbol gewesen", sage ich, "bis die Nazis es umfunktioniert haben...", erkläre ich. "Schsch!", zischt meine Frau. Und erklärt mir dann, wie das Taiwan-TV die Sache mit Hitler erklärt hat. Zunächst fragt sie mich aber, warum Hitler "die Juden" so gehasst hat, denn das Taiwan-TV zeigt die Bilder vom Holocaust und erwähnt auch, dass auch Säuglinge umgebracht worden sind. Nicht unwichtig sowas, wo doch Hitler hier in Taiwan immer noch recht populär ist, jedenfalls in der Hauptstadt Taipei, wohl auch wegen der Zusammenarbeit mit Taiwans Exdiktator Chiang Kai Check. Meine Frau ist entsetzt wegen der KZ-Szenen.
Und ich muss erklären, wieso Hitler die Juden so gehasst hat. Fassen Sie mal eben den Irsinn eines toten uniformierten Wahnsinnigen zusammen in einem Satz, denn gleich sagt Frau wieder "Schsch!".

"Hitler wollte Kunst studieren wegen seiner Malerei, ein jüdischer Professor hat ihn abgelehnt an der Uni und dann gab es eh in Österreich und Deutschland etwas Judenhass, weil die ein wenig anders zu Gott gebeten haben als die Christen... und den hat er hochgekocht."

Zu platt? Aber wie soll man das sonst so schnell rüberbringen? Frau nickte und fragte, ob denn die Juden auch Deutschland hassen.

"Nein, sagte ich, im Allgemeinen nicht. So sind die ganz und gar nicht...". Ich wollte das noch weiter ausführen, aber wieder nur ein "Schsch!"

Hitler hatte Freundinnen, wurde dann gezeigt. Die Geli. Die Eva. Eine hochgeborene Engländerin. Und war schwul. Und seine Leiche ist nie gefunden worden, weil er wohl mit dem Flugzeug und dem Goldschatz nach Argentinien verschwunden ist aus dem Führerbunker.

"Unsinn!", schimpfe ich.

"Schsch!", zischt meine Frau.

Das Taiwanfernsehen malt einen Pfeil von Berlin nach Argentinien. Na, das muss der Beweis sein. Und sie präsentieren ein Foto aus dem Internet, das vor ein paar Jahren auf Witzseiten auftauchte, ein neues Farbfoto das offensichtlich aus der Neuzeit stammt und einen Österreicher mit Hitlerbart beim Biertrinken in einem Biergarten zeigt. Der Mann ist ca. Anfang Fünfzig (Foto hier: http://farm3.static.flickr.com/2336/1760596204_d14a90d925.jpg)!

"Sieh doch das Beweisfoto", sagt meine Frau.

"Aber das ist doch aus der Neuzeit!", sage ich. Meine Frau nickt. "Ja eben!". Also gut, lebt der Kerl also noch, ist schwul und rennt in Argentinien in Lederstrapsen rum und brüllt "Heil Hintern!", von mir aus.

Dann haben wir verloren, hatten sofort die Mauer und die Leute haben Tunnel drunter gegraben. Das war ganz hübsch gezeigt. Dann habe ich wieder mit Junior gespielt.


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