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Donnerstag, März 31, 2016

Ganz schlimm: Mischehen (sagt da einer...)

Das Leben in der Fremde kann manchmal nerven. Siehe hier. Aber wie schlimm ist das eigentlich, was ich da gerade tue?

Ein Blog, in dem schon mal Hitlerbilder und auch die vom Göbbels auftauchen, versteigt sich heute zu einer kruden These: Mischehen seien etwas schlechtes, weil sie zur "Nivellierung auf niedrigstem Niveau" führen würden. Der Autor will auch darauf abheben, dass Kulturen bei der Vermischung hinten herunterfallen. Ich will nicht auf den Artikel verlinken, da der Autor selbst schreibt, dass er schon mal als "verfassungsfeindlich" eingestuft wurde per Briefpost. Nur kurz nachvollzogen, welches Modell der Autor - offenbar ein in Deutschland lebender Koreaner, wenn ich das richtig verstehe - aufstellt:

Ein Deutscher heiratet eine Chinesin, die nach Deutschland zieht. Das Kind spricht beide Sprachen in Wort und Schrift. Hier zieht der Autor schon in Zweifel, dass das geht.
Dann zieht das Kind nach Finnland und heiratet einen Finnen oder eine Finnin. Jetzt kommen drei Kulturen zusammen: China, Deutschland und Finnland. Auch wenn wir annehmen, dass das Kind der neuen Ehe China/Deutschland-Finnland jetzt alle drei Sprachen in Wort und Schrift erlernt, wird es spätestens schwierig, wenn das Kind dieser Ehe nach Indien zieht und eine Inderin oder einen Inder heiratet. Denn wer kann schon Deutsch, Chinesisch, Finnisch und Indisch in Wort und Schrift. Auf Feinheiten wie verschiedene "Chinesisch" und vielleicht auch "Indisch" wollen wir hier gar nicht eingehen.

Erstmal hat er natürlich Recht. Es würden bei diesem Modell Sprachen und Kulturaspekte verloren gegen. Was zu beweisen war. Also ist Multikulti schlecht und Mischehen also auch, folgert der Autor, der in einem anderen Artikel erklärt, Adolf Hitler sei ein netter Kerl gewesen, weil er Jesse Owens bei der Olympiade zugewunken habe.

Auch bei Familie Ludigel ist ja schon was hinten herunter gefallen. Junior (4) lernt nicht mehr Hoklo aka Taiwanisch, was seine Mutter noch kann. Er lernt Englisch, Deutsch und Mandarin (Chinesisch). Sind Leute wie Herr und Frau Ludigel nun böse Kulturvernichter und Junior der Beginn einer Degeneration?  Werden seine Urgroßkinder am Ende nur noch ein Mini-Esperanto sprechen? Und einen IQ von 33,33 haben? Oder gar von 18? Nun, wir wollen es nicht hoffen.

Über den Sinn und Unsinn des Happy-Peppi-Linksbegriffes "Multikulti" will ich nun wirklich nicht sprechen. Aber dieser Angriff auf "Mischehen" scheint mir doch reichlich primitiv. Anstatt davon auszugehen, dass die Kinder von Mischehen ihr Leben grundsätzlich mit dem Weiterziehen in andere Länder verbringen, sollte man sich lieber ein Land herauspicken und gucken, wie dort die Integration klappt. Theorie aka rechtsradikales Zerrbild von Mischehen und Wirklichkeit liegen doch reichlich auseinander.

Der Normalfall wäre sicherlich, dass eine nach Deutschland lebende einheiratende Chinesin beschließt, in Deutschland zu bleiben und dann würden die mit Deutsch und Chinesisch aufwachsenden Kinder (evtl. wachsen sie auch nur mit Deutsch auf) wieder Kinder und Kindeskinder haben, die irgendwann vermutlich nur noch Deutsch sprechen würden. Jedenfalls als Muttersprache. Am Ende hätten wir dann irgendeine deutsche Familie mit einer ausländischen Herkunft vor ein paar Generationen.

So wie der Autor dieses Artikels hier Deutscher ist und einen Vorfahren hat, der eine französische Köchin geheiratet hat. Und polnische Vorfahren hat neben diversen Deutschen. Und weil ich aus einer sich als Deutsch definierenden Familie (ohne tiefere politische Bedeutung) stamme, bin ich eben nur mit der Muttersprache Deutsch aufgewachsen, wie meine Vorfahren auch. Das Zielland hat also die Kultur definiert.

Und unser englischer Familienzweig? Der bewahrt das Deutsch nur bedingt, das mit in die Familie gebracht wurde und ist im Wesentlichen schon in der 2. Generation zu einer normalen englischen Familie geworden.

Sicher würde der Autor und Fan von Heini Hitler jetzt mit rassisch rein oder so etwas argumentieren. Da kann man als normaler Mensch nicht mehr folgen.

Noch komplizierter wird es bei der Familie Ludigel wenn wir tatsächlich nach Manila ziehen, wie meiner Frau das manchmal vorschwebt. Aber wirklich kompliziert ist es auch nicht. Als Angehörige einer mehrheitlich sino-philippinischen Familie würden die Kindeskinder und deren Kinder dann vermutlich nur Englisch, Tagalog und Mandarin sprechen. Deutsch wäre hinten runtergefallen nach einer oder zwei Generationen vermutlich. Weil die Familie dort nicht lebt. Entlockt mir keine Begeisterungstürme aber so ist das Leben.

Eigentlich ist es ganz einfach: Eine Familie die in Land X "hängen bleibt" wird vermutlich irgendwann aus Leuten bestehen, die die im Land X üblichen Muttersprachen hat. Punkt und Ende. Ganz einfach, kann eigentlich jeder verstehen. Die ursprüngliche Herkunft ist dann egal.
Manchmal bilden sich Subkulturen wie die Sino-Philippinische. Die bewahren dann das Erbe beider Länder. Auch ganz einfach. Oder es geht schief wie in Belgien. Aber "Mischehen" haben damit recht wenig zu tun. Hätten die islamistischen Araber in Belgien alle belgische Frauen, es sähe wohl anders aus als "Allah Akbar und kawumm" so wie es derzeit leider läuft.

Hmmm... mit wem lebt eigentlich der Koreaner zusammen? Einer Koreanerin? Einer Deutschen? Einer Stehlampe? Seine Sache, denke ich.

Nachtrag: Ich fürchte, dass die derzeitige Einwanderungsdebatte auch dazu führt, dass das erstarkende rechte Lager auch irgendwann auf Leute gemischter Herkunft oder eben "Mischehen" losgehen will. Auch gemäßigt-rechte Kräfte haben da sicher Vorurteile. Persönlich denke ich, dass ein großer qualitativer Unterschied zwischen einer Debatte um die millionenfache Zuwanderung von Kultur X -vermutet- in die Sozialkassen Deutschlands und der internationalen Wahl von Ehepartnern von Deutschen besteht. Aber der wird oft nicht gesehen. Und gegen Zuwanderung ohne Eheschließung bin ich auch nicht grundsätzlich. Aber die Politik Deutschlands will ich hier nicht mehr diskutieren - hier geht es mir auch mehr um binationale Ehen bzw. die Kritik an ihnen. Sonst halte ich es neuerdings mit einem Zitat das mir von einer in Deutschland lebenden Kasachin im Gedächtnis geblieben ist: "Natürlich lieben wir alle unseren Präsidenten (bei ihr in Kasachstan)". Und wir Deutschen die Kanzlerin. Klarer Fall.

2 Kommentare:

Xinxi hat gesagt…

"Mischehen" sind eigentlich recht normal. Selbst Tolkien (Herr der Ringe) UND das britische Königshaus sind deutsch-englische "Mischlinge". Oder auch Steve Jobs (anglo-amerikanische Mutter und syrischer Vater) und Obama.
Abgesehen davon, dass Koreaner gerne viel reden, wenn der Tag lang ist, haben Kinder mit internationalem Hintergrund potentiell mehr Chancen UND mehr Probleme.

"Ludigel" hat gesagt…

Genau, die Windsors heißen eigentlich Sachse-Gotha. Und GB wurde schon immer (von sehr weit zurückliegenden Zeiten abgesehen) von Ausländern regiert. Sachsen->Dänen/Vikinger->Franzosen und Deutsche. Sicher ist das historisch höchst erfolgreiche und die Weltkultur entscheidend prägende Großbritannien kein Beispiel für "niedrigstes Niveau".