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Donnerstag, Januar 07, 2010

Sylvester. Taipei Prison. Deutsche Gefangene.

Bereits Anfang Dezember hatten meine Frau und ich einen Besuch bei einem deutschen Staatsbürger gemacht, der im Taipei Prison (das in Taoyuan liegt) inhaftiert ist wegen Heroinschmuggels***. Anlass war der Kontakt seitens der Familie zu mir durch dieses Blog und der Hinweis auf die harschen Haftbedingungen, die sich durch Überbelegung des Gefängnisses erklären und natürlich durch den Umstand, das die Häftlinge im Gegensatz zu taiwanesischen Häftlingen keine Familienbesuche erhalten und auch nicht das Essen u.a. von den Familien einmal im Monat (oder gar einmal die Woche) erhalten können, sondern auf die schlichte Gefängniskost angewiesen sind. Unser Vorweihnachtsbesuch hat den Gefangenen sehr gefreut und überrascht und am 31.12 waren wir jetzt noch einmal da. Siehe mein vorheriger Bericht für eine ausführliche Schilderung der Haftbedingungen: http://bobhonest.blogspot.com/2009/12/besuch-bei-deutschem-gefangenen-in.html


Taiwan. Betoniert und gastfreundlich. Dringend sei aber empfohlen, sich an die (wenigen) Regeln zu halten. Die Justiz arbeit hier mit harten Bandagen.

Diesmal waren wir wochentags da und es war deutlich mehr Zeit mal in Ruhe zu reden. Wir sprachen noch einmal über das Essen und die Sache mit dem angeblichen "Upgrade-Essen", das im Schaukasten im Besucherwarteraum ausgestellt wird klärte sich auf: Es handelt sich um das normale Gefängnisessen, allerdings sieht es drinnen nicht so appetitlich aus wie das Schauessen im Glaskasten, weil es für sehr viele Häftlinge zubereitet werden muss und daher schon früh morgens in riesigen Kesseln zubereitet wird und entsprechend übergart ist. Am 30.12 hatte es Dumplings, also Teigtaschen gegeben, eine reichliche Portion scheinbar und der Gefangene sagte dazu, diese seinen sehr gut gewesen. Teigtaschen überstehen eben auch lange Garung. Anderes Essen ist weniger schmackhaft, allerdings gibt es manchmal Leckeres, sagte der Häftling, dann aber aus Kostengründen nur winzige Portionen. Meist sei das Essen aus den herstellungstechnischen Gründen und wegen des knappen Budgets so verkocht, das es fast unkenntlich und geschmacklos ist, sagt er.


Hauptknackpunkt bei der Gefangenunterbringung sind die folgenden Probleme, um das noch einmal zusammenzufassen:

1. Keine Sport- oder Grünanlagen für Häftlinge
2. Die große Parkanlage vor dem Gefängnis ist NICHT für die Häftlinge
3. Wochenende muss in der Zelle verbracht werden, dort sind 20 Häftlinge auf 16qm.
D.h. generell können sie nicht die Zelle verlassen, sondern pendeln wochentags nur zwischen Zelle und "Fabrik" zum Arbeiten.
4. Toilettenartikel und Pantoffeln, Bettzeug muss gekauft werden (teilweise gab es Spenden durch kirchliche Organisationen)
5. Die extreme Haftdauer (oft wird bei den Drogenkurieren lebenslang verhängt)
6. Keine Überstellmöglichkeit nach Deutschland, da Deutschland Taiwan nicht als Staat anerkennt und keine Abkommen unterzeichnen will (Stichwort: "Ein-China-Politik" Deutschlands)

Persönlich bemerkt hat es mir Freunde gemacht, hier ein bisschen Freude spenden zu können durch Besuch und ein paar im Gefängnisladen besorgte Kleinigkeiten. Für die chaotische Autofahrt und die chinesischen Formulare brauche ich meine Frau, dankenswerter Weise war sie dazu bereit.

Es sei bemerkt, hier geht es nicht um Relativierung der Tat oder den Umstand, ob die Gefangenen "selber schuld" sind oder nicht, die Schuld hat das Gericht bereits festgestellt. Hier ging es darum einem Gefangenen etwas zu helfen, da die deutschen Häftlinge eben durch Heimat-, Zusatzessen- und Verwandtenbesuchsentzug doppelt und dreifach gestraft sind im Vergleich zu taiwanesischen Häftlingen.
Leider macht man sich mit Häftlingsbesuchen nicht nur Freunde, so hatte mich gleich die Familie des Häftlings gewarnt. In der Familie meiner Frau sind die Besuche nun in der tat mit entsprechender Kritik aufgenommen worden, so dass sie erstmal auf größere Ferne vertagt sind, um des lieben Friedens mit der taiwanesischen Großfamilie willen. Denn auch wenn meine Frau und ich und in der Sache einig waren: Asiaten sind Gruppenwesen und die Meinung des Umfeldes zählt hier sehr viel. Und "Umfeld" heißt oft Schwiegermama, sei halb scherzhaft hinzugefügt. Das ist einer dieser Halbscherze mit schmerzhaft verzogenen Mundwinkeln.

***Deutsche, die in Thailand in finanziellen Problemen o.ä. stecken, werden oft von Banden angesprochen, für vergleichsweise wenig Geld Heroin nach Taiwan zu schmuggeln. Taiwan hat nur wenige harte Drogen auf dem Markt, deshalb ist es ein interessantes Hochpreisgebiet für den Drogenhandel.

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