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Dienstag, März 10, 2009

Unfall sehen ... und flüchten


Liebe Hörerinnen und Hörer,

wir lassen die Taiwankollerwoche mit sanften Klängen von Paul Kuhn und seiner Bigband ausklingen, wie immer hier im Nachtprogramm auf F.UKW, präsentiert von ihrem Adolf Pankraz, hier kommt ein letzter Beitrag zum Taiwahnsinn....
Wir wissen nicht, was freundliche Polizisten empfiehlen, doch Radio F.UKW empfiehlt..

Unfall sehen ... und wegrennen!

Was macht man, wenn man einen Verkehrsunfall sieht? Man kümmert sich um die Opfer. Hingegen rennen Ausländer in Taiwan fast grundsätzlich weg, wenn sie einen Unfall sehen. Auch ich bin schon um die ausgebreiteten Arme eines auf dem Rücken mitten auf der Straße liegenden herumgefahren, genau wie all die Taiwanesen vor und hinter mir. Ich habe gesehen, wie nach einem Mopedzusammenstoß Taiwanese A den Taiwanesen B, der bewusstlos war, aber noch einen Helm trug, mit dem Kopf wiederholt auf den Bordstein schlug. Das war vor einem Jahr. Ich bin einach vorbei gegangen, mein Essen kaufen. Zig Nesen standen auch noch drum herum.
Hier (LINK) ist ein ganzer Thread, in dem Ausländer ihre gruseligen Unfallerlebnisse schildern. In fast allen gehen sie einfach vorbei, bleiben nicht stehen. Die Rede ist von einer leblos daliegenden Mopedfahrerin, damals noch ohne Helm, die Blutlache wird immer größer, die Ausländer gehen in die Kneipe. Man wird hier schnell zynisch, das mag ich auch an mir und dem Land nicht.



(Bild: der Dame im Bild hilft man natürlich, wenn ihr der Bus über die Füße fährt)

Warum also geht man weiter?

Man wird auf zig Webseiten gewarnt, dass einem bei Eingreifen in taiwanesische Unfälle Ungemach droht. Denn Konfuzius wird hier so interpretiert, dass nur Freunde und Familie wichtig sind, denn dessen Bedeutung stellt Konfuzius heraus; das "nur" ist wohl später hinzu gekommen. Wer also in einen Unfall eingreift, hat ein spezielles Interesse; will er eine Unfallpartei verklagen? Etwas stehlen? Kennt er einen der Beteiligten?
Im erwähnten Forum (an anderer Stelle) erwähnte ein Ausländer, der eine bewusstlose Mopedfahrerin in die stabile Seitenlage brachte, er sei vom Unfallfahrer angegriffen worden. Ein anderes Mitglied erzählte, sein früherer Chef habe ihm erzählt, sein Vater sei nach Hilfeleistung fälschlich als Unfallpartei vom Opfer bezeichnet worden.
Mehr direkte Fälle habe ich nicht, aber ich kenne die Taiwanesen gut genug um zu wissen, wie geschäftstüchtig sie sind, wie sehr hier Geld das ein und alles ist und wie sehr Ausländer immer als reich angesehen werden.
Hier ist ein Fall vom kulturell ähnlichen chinesischen Festland: LINK

Dann kann man oft nicht mit der Polizei hier vernünftig reden und Verdächtige werden auf den Wachen erstmal richtig zusammengeknüppelt und das wird live im TV übertragen. Nein danke, ohne Gage trete ich im Taiwanfernsehen nicht auf...

Trotzdem lastet das auf mir und ich habe offenkundig das Bedürfnis, mich zu rechtfertigen...

EDIT: Seit 2006 zeigen sie das Zusammenknüppeln im TV nicht mehr. Bessere PR.
Und die Ferengi-Erwerbsregel zum Thema lautet: Keine gute Tat bleibt ungestraft

EDIT: Verkehr in Taiwan kann auch witzig sein. Heute morgen hat meine Frau die Beifahrertür geöffnet, um auf der falschen Seite an uns vorbei rasende Mopeds aus dem (seelischen) Gleichgewicht zu bringen...

2 Kommentare:

Dezhong hat gesagt…

"Ein anderes Mitglied erzählte, sein früherer Chef habe ihm erzählt, sein Vater sei nach Hilfeleistung fälschlich als Unfallpartei vom Opfer bezeichnet worden."

Das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Vor zwei oder drei Jahren auf der Zhongshan-Straße in Kaohsiung: Wenn man von der Brücke beim Bahnhof Richtung Department Stores fährt, geht es immer weiter schnurstracks geradeaus, so dass der Fahrfluss lediglich von den Ampelphasen unterbrochen wird. Als es auf eine Ampel zuging, schaltete sie gerade von Grün auf Orange, wo in 99,99 % aller Fälle die vor einem fahrenden Mopedfahrer noch mal richtig Gas geben. Nicht so in diesem Falle. Der Typ vor mir macht ne Vollbremsung. Ich reagiere Gott sei Dank noch schnell genug (wollte selbst ja eh anhalten ;)), der Typ hinter mir, ebenfalls. Die etwa 80jährige Obasan hinter ihm hatte weniger Glück. Sie bekommt ihr Gefährt durch das harte Bremsmanöver nicht mehr rechtzeitig unter Kontrolle und liegt kurz darauf mit blutendem Mund auf der Straße.

Da dieser Streckenabschnitt an einer der Hauptverkehrsadern im innerstädtischen Kaohsiung liegt, kümmern sich in diesem Moment schätzungsweise hunderte von Menschen (Passanten, Moped-, Auto-, Radfahrer) einen feuchten Kericht um die arme Frau und als die Ampel auf Grün umschlägt, fahren alle anderen weiter als sei nichts gewesen.

Mir sind daraufhin auch alle möglichen Geschichten in den Sinn geschossen, von wegen nicht helfen und am besten weg hier. Aber in diesem Moment einfach weg fahren, schien falsch.

Darum bin ich an den Rand gefahren, habe ihr aufgeholfen und meine Freundin, die bei mir hinten mit draufsaß fragte auf Taiwanisch ob alles in Ordnung sei. Als sich die Frau gesammelt hatte und sich alle anderen "Beteiligten" längst aus dem Staub gemacht hatten fing sie an uns zu beschimpfen, alles sei unsere Schuld gewesen pipapo. Während ich ziemlich ungläubig angesichts soviel "Dankbarkeit" sicherlich mit keinem allzu intelligenten Gesichtsausdruck daneben stand, hat meine Freundin versucht, noch ein wenig auf sie einzureden, bis sie dann irgendwann meinte: "Los jetzt, hat keinen Sinn."

Da war es fast vorhersehbar, dass als sie davon später ihrem Vater ezählte, der beinahe ausgerastet ist, weil wir nicht wie die anderen einfach weiter gefahren sind...

Das Problem ist, dass ich mir jetzt wirklich "überlegen" muss, wie ich das nächste Mal reagieren soll. Zumal diese Sache ja noch glimpflich ausging.

(Sorry für den lang geratenen Kommentar.)


PS: Schönes Blog!

"Ludigel" hat gesagt…

Toller Kommentar! Er bestätigt leider meine Erfahrungen. Seufz, mir fällt auch nichts recht Gescheites dazu ein außer Abzuhauen.