Taipei European School, Johann Taipei, VIS Taipei, HAND Taipei und 5in Taipei
TES. Vom Kindergarten an hatten wir Junior auf der Taipei European School, TES, in der Deutschen Sektion. Nun war er ein Frühchen und hatte einen etwas schwereren Start als andere, hat in der 1. Klasse, die damals noch modisch gestylt irgendwie anders hieß, ein Jahr länger zugebracht. Danach ging dann alles normal, er verbesserte sich ständig, bis er am Schluss eine 2 in Mathe in der 5. Klasse hatte. Trotzdem gab es einige Dinge, die mich ständig genervt haben. Erstens war er den Stempel der anfänglichen Lernprobleme nie losgeworden. Die Lernprobleme waren weg, oder vielleicht auch nur fast weg. Trotzdem hatte man hatte ihn einschlägig eingestuft. Ein Gespräch zwischenzeitlich mit wohlmeinenden abstempelnden Lehrern und dem Schulleiter war nah am Schreiduell, als meiner Frau der Kragen platze. Auch ich kam bei den selbstgefälligen Pädagogen nicht durch. Ich erklärte, selbst einst eine Hauptschulempfehlung gehabt zu haben, hätte mich aber ständig verbessert und am Ende Informatik studiert. Doch nein, Änderungen waren in den deutschen Lehrerkortexen nicht vorgesehen, den celebralen. Am Ende löste sich das Problem durch wegwandernde Lehrer und auch der bärtige Schulleiter war auch wieder von dannen gezogen und mit ihm seine pädagogische Stempelerfahrung. Es ging dann gut in Klasse 4, bis, ja bis, ein Lehrer aus dem Süden Deutschlands kam. Wir verschweigen hier das Bundesland. Junior war damals trotz ständigem Deutschlernens Zuhause nicht gleich gut wie die anderen deutschen Klassenkameraden, die alle zwei deutsche Elternteile hatten. Aber er wurde ständig besser und hatte ja in Klasse 4 noch eine 2 in Deutsch gehabt. Mit dem neuen Lehrer ging es schnell über eine 4 Richtung 6 in den Klassenarbeiten. Das war z.B. so, dass in Deutsch moderne Gedichte aus den 50ern und 60ern durchgenommen worden waren, aber in der Klassenarbeit dann ein Gedicht von Hoffmann von Fallersleben drankam, ein Geseiere aus romantischen Rosenblüten und Lavedelduft, mit dem ich auch nichts anzufangen weiß. Sicher eine pädagogische Meisterleistung, das so zu machen. Nun, wir entschlossen uns die TES zu verlassen. Wie ich damals dem Deutschlehrer sagte: Er wird immer besser in Deutsch, aber bei Ihnen geht es Richtung 6. Da müssen wir Deutsch schulisch zurückstellen und wechseln die Schule. Außerdem hatte Junior Klassenkameraden aus reichen taiwanischen Familien, die nur gebrochen Deutsch sprachen, aber 2en hatten. Gut, das mag auch so in Ordnung gewesen sein, ebenso wie dass die deutschen Lehrkräfte ihre eigenen Kinder unterrichteten. Das ging organisatorisch nicht anders. Aber es war toll, nach Klasse 5 der TES den Rücken zu kehren. Im Zeugnis stand eine Gymnasialempfehlung.
Damit ging ein Zwischenspiel los, wo wir uns andere internationale Schulen suchten. Das taiwanische Schulgesetz erlaubt sie als "experimentelle Schulen" und erlaubt bei diesen "Experimentals" so ziemlich alles. So gab es eine, wo die Kids im Hintergebäude einer richtigen Schule nur zum Essen und Sport kamen, drei Tage die Woche oder zwei. Und die Eltern selbst lehren und Zeugnisse schreiben sollten. Andere Schulen nannten sich zwar "englischsprachig" und "international", waren aber nur normale taiwanische Highschools, bei denen man perfekt Chinesisch in Wort und Schrift hätte können müssen. Also waren das gar keine englischsprachigen Schulen, wenn man mal genau hinsieht. Und wir landeten fast bei einer anderen Experimental, der... Johannschule Taipei, die grade in Vorbereitung war.
Johann Taipei
Da sind wir nicht gelandet, weil die Schule schneller pleite war, als wir uns einschreiben konnte. Auch hatte ich gemauert, weil mir alle Instinkte sagten, da stimmt etwas nicht. Die Johann-Episode kann man hier im Blog nachlesen: https://osttellerrand.blogspot.com/2022/06/die-fake-schule.html
Das großzügige Angebot des öligen Schulleiters der geplanten neuen Schule in einer leeren Kaufhausetage mit einem Balkonschulhof, wo die Kinder prima hätten zu Tode stürzen zu können, mir gegen 10.000 USD einen Platz zu sichern, lehnte ich ab. Der Typ war kaum zu bändigen am Telefon, so sehr wollte er das Geld haben. Kurz darauf waren beide Schulen, die "Johann" und die "Karl", beide pleite. Ach so, merkwürdige Namen zu haben scheint ein Charakteristikum der Experimentals zu sein. Karl war eine schon existierende Schwesterschule, die gleich mit zugemacht hat, als der kanadische Gründer (Karl Johann?) den Verschwindibus gemacht hat.
VIS Taipei
VIS bedeutet "Very Interesting School", ein Name wie aus einer Satire, aber das ist wohl bei allen Experimentals so. Laut Elternerfahrungen eine Schule, die ein individuell angepasstes Lernumfeld mit wenigen Tests und Klassenarbeiten bot. Harmonisches, auf das Kind abgestimmtes Lernen. Allerdings...
Allerdings waren all die Lehrer und der Schulleiter schon weitergezogen zur sog. HAND-Schule. Insofern kamen wir an und alles war anders. Der Schulleister war ein schlanker Taiwaner in maßgeschneiderten, zwei Nummern zu klein wirkenden eleganten Anzügen. Da ist außer dem modischen Faktor nicht viel gegen zu sagen. Die Lehrer waren alles US-Schulabgänger. In den 20ern und wirkten wie Soziologiestudenten. Außer Herrn Hackerman (Name geändert), ein Südtexaner mexikanischer Herkunft oder etwas in der Art. Er wirkte deutlich souveräner als seine studentischen Kollegen, was mir positiv auffiel. Merkwürdig fand ich, dass er sich "Doktor" nannte. Dr. Hackerman folgte also nicht der US-Praxis, dass man akademische Titel (einen PhD) nicht vorm Namen führt. Nun, alles war anders, es war eine Paukerschule, wohl auf Wunsch reicher taiwanischer Familien, die ihre Kids in die Ivy League in den USA und GB bekommen wollten. Es war Stress und die "Lehrer" saßen die ganze Klassenstunde nur am Pult und lasen auf ihren Handys, wie Junior sagte. Fragen hätten sie auch nicht beantwortet, sagte Junior. Gelernt wurde mit irgendwelchen Webseiten im Selbststudium während des Unterrichts. Es gab Englisch, Mathe, Science und Sport, nur Mathe war etwas hart ohne echte Lehrkraft, ließ sich aber bewältigen. Juniors Englisch wurde sehr viel besser und das rechnen wir bis heute der VIS hoch an. Es wäre wohl alles gut geworden, wenn nicht...
Wenn nicht Dr. Hackerman ständig gesagt hätte, Junior hätte seine Hausaufgaben nicht abgegeben und deswegen ständig in Science, wo es keine Klassenarbeiten gab, ein F (ein FAIL) bekommen hätte. Nun kam es zu langwierigen Verhandlungen, extremen "Hast du deine Hausarbeit abgegeben?" - Monitoring von mir und Frau bei Junior. Doch immer wieder verschwanden die Hausübungen. Von mir höflich deswegen angeschrieben, bekam ich eine ziemlich stinkige Antwort vom US-Doc Hackerman. Am Ende führten Beschwerden dazu, dass der gute Doc alle Hausarbeiten bis auf eine fand in seinem Stack, den er daheim wahrscheinlich zwischen Pizzakartons hatte. Wie dem auch sei, eine blieb trotz hartnäckiger Nachfragen verschwunden. Und dann präsentierte der Doc seinen Notenschlüssel. Der hätte die EINE FEHLENDE Hausübung so bewertet, dass Junor trotz sonstiger As und einem B oder ein F wie FAIL als Endnote bekomme hätte. Wieder gingen wir zum Schulleiter, reichten eine Beschwerde bei der taiwanischen Schulbehörde ein und erklärten unseren Weggang von der Schule. Am Ende bekam Junior ein A und die Schule und der Doc hatten ihre Ruhe. Pizzakartons und Hausübungen konnten ab sofort so verwaltet werden, wie es ihm lieb war. Am Ende war alles vielleicht nur ein Problem aus TexMex meets German Guy, der sich aufregt, wenn irgendjemand auf Kosten von Junior seine Arbeit nicht ordentlich macht. Und vielleicht war der Notenschlüssel ja Zufall. Junior war das einzige Kind dort mit westlichem Namen, alle anderen waren Taiwaner oder mal Taiwan/Lateinamerika und Taiwan/Pakistan, die kamen alle sehr taiwanisch rüber. Und recht viel fließendes Chinesisch für die Chinesischklasse hätte man auch können müssen. Wer alles schon gekonnt hat als Taiwaner, kam da bestens mit. Der Doc und der Chinesischunterricht waren ein Grund, hier Auf "Wiedersehen" zu sagen. Was immer da intrakulturell zwischen Junoior und mir, sowie dem Doc, auch im Busche gewesen ist.
HAND
Hand und Fuß in der schulischen Ausbildung suchend landeten wir bei der Schule namens HAND. Die tat auf Deutsch und war in der Tat von der Handwerkskammer Bielefeld und einer deutschen Baumfirma gefördert, hatte Deutschunterricht, war angeblich englischsprachig und hier waren Lehrer gelandet, die von der VIS geflohen (worden) waren. Schulleiter war ein Taiwaner, der lange in Bielefeld gearbeitet hatte und fließend Deutsch sprach. Auch war er kulturell sehr Deutsch geworden. Ökologie bedeutete ihm sehr viel, wie wir im folgenden merkten. Bauingenieur war er und das Problem der HAND für uns war, dass alles berufsschulmäßig auf eine Vorbereitung für das Baugewerbe ausgelegt war. Auch wenn man uns gesagt hatte, dass Junior der Erste mit einem allgemeinbildenden Ausbildungsweg hätte sein sollen in dieser Junior High ab Klasse 7. Allerdings mussten wir uns mit Hand und Fuß wehren, dass Junior nicht Scheunen etc. auf dem Lande bauen musste. Keine Ahnung, wer da die Kohle eingestrichen hat, wenn der Landwirt endlich bezahlt hat. Klohäuschen sollte er zwischendurch auch bauen, weil kurz eine weiße Südafrikanerin dort Klohäuschenbau aka Sustainable Irgendwas lehrte und selbst eine Klohäuschenverkaufsfirma hatte. Ökologische wasserfreie Spülung glaube ich. Ökologie war groß geschrieben, es wurde eigentlich alles mit Schwerpunkt Ökologie gelehrt, außer Mathe. Aber das wäre alles gegangen, warum nicht Englisch über ökologische Klos lehren. Und Science, und was auch immer. Der Schulleiter und die extrem "grünen" Lehrer gerieten mit mir manchmal aneinander, wenn Junior Essen vom Bringdienst Uber Eat in Plastik hatte und weil er mit dem Auto vorgefahren wurde. Aber alles war okay. Allerdings...
Allerdings gab es am Schluss gar kein Englisch mehr sondern alles war auf Chinesisch und die anfangs nur 6 Schüler wurden weniger und dafür kamen Neue. Die Neuen sprachen kein oder kaum ein Wort Englisch und waren Kinds, die auf normalen Schulen Probleme hatten. Teils unbehandeltes AHDS nach meiner Laiendiagnose, teils Opfer von Bullie-Attacken wegen Transgender und anderen Dingen. Alles nette Kids, aber die Schule wandelte sich und nun kam Junior nicht mehr mit. Weil plötzlich fließend Chinesisch und Wort und Schrift gefordert war. Oder man saß einfach rum und machte was man wollte. Also kam der hilfreiche Agent, der uns schon die letzten zwei Schulen empfohlen hatte und wir zogen weiter. Ach so, das A im Namen HAND stand für Architecture, den Rest habe ich vergessen und es schien schon ein sehr gekünzelter Name zu sein, wahrscheinlich um das hübsche deutsche Wort Hand zu bilden. Ach so, der Deutschunterricht fing bei Null an, so dass Junior teils den Unterricht geben konnte und als Assistenzlehrer tatsächlich gegeben hatte. Das war ganz nett.
5in
Derzeit ist er bei "5in". Die Zahl 5 wird immer wie ein S geschrieben, so dass ich über den Namen SIN gestutzt hatte. Gemeint sind nicht die fleischliche Lust oder Völlerei und Ehebruch, sondern 5 integrierte Dinge, wie... äh... Lassen wir das Thema, ich habe es vergessen. "Integriert" war eines der Worte. Die Schule ist um einen Schulleiter herum geschaffen, der wohl Soziologe ist. Man kooperiert mit einer US-Highschool und alles läuft gut. Soziologische Hausaufgaben sind manchmal länger, aber es gibt guten Matheunterricht, Science nach US-Vorbild, alle Hausübungen werden immer gefunden und die Lehrer sind teils US-Amerikaner (der Englischlehrer jedenfalls) und sonst gut Englisch sprechende Taiwaner. Nur bei Außerhaus-Aktivitäten wie Interviews von Leuten muss man Chinesisch können, aber das ließe sich wohl umgehen. Junior kann ja recht gut sprechen und verstehen, daher geht das alles. Auch die 5in hat wie die VIS Klassenräume an einer staatlichen Highschool gemietet. Nur die HAND war da etwas besonderes und saß im Obergeschoss einer von der deutschen Sponsor-Baufirma gebauten Bibliothek in einem Park in Taipei. Nett eigentlich.
So, ich kann die VIS empfehlen, wenn man eine normale Schule mit vielen Tests sucht und mit dem Herrn Doktor klarkommt, sollte er noch da sein. Aber da wird viel gewechselt. Vielleicht kann man ja das Hausübungsproblem auch lösen, etwa mit einem elektronischen Tracker an den Hausaufgabenzetteln nebst Suchgerät wie im Agentenfilm. Die 5in macht den besten Eindruck, eine richtig gute Schule, würde ich sagen, und durch die Kooperation mit der US-Schule bekommen die Kids noch ein US-Highschool-Diplom. Bei der HAND war übrigens dieselbe Kooperation, alles durch den Agenten zum Laufen gebracht.
Eine interessante Reise quer durch die taiwanischen experimentellen Schulen. Hoffentlich hat es für Kurzweil gesorgt oder für zukünftige Expatfamilien einen Hinweis, was einen da erwarten kann. Im Nachhinein war der schnelle Wandel der HAND-Schule etwas wunderlich, ist aber sicher durch die mangelnde Zahl von Standardschülern zu erklären gewesen, so dass sich die Schule in eine praktisch orientierte Bau-Föderschule gewandelt hat. Was für Junior nicht mehr das Richtige war.

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