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Montag, Juni 15, 2015

Taiwanerinnen, schlaft nicht mit Ausländern...

... sondern lieber mit Taiwanern

So krass und kalt würden es die Taiwaner nie sagen, aber seit einiger Zeit gibt es eine Diskussion um ein Musikvideo, das offensichtlich Ausländer - repräsentiert durch die in der öffentlichen Meinung dominierenden recht jungen Weißen - im negativen Licht darstellt und Taiwanerinnen dazu auffordert "lieber das einheimische Produkt schätzen zu lernen" statt den (weißen) Ausländermann. Die ganze Diskussion, die ich nicht im Detail führen will hier beispielsweise im hervorragenden Blog vom Taiwanexplorer: http://taiwanexplorer.blogspot.tw/2015/06/racist-music-video-against-foreigners-in-taiwan.html
Warum es da "Blackface is bad" im Video heißt, ich will es nicht wirklich wissen. Ich bin schlichtweg zu lange hier um mich so sehr um die Meinung irgendwelcher Einheimischer über mein Ausländeraussehen zu kümmern. Kurz gesagt habe ich in Taiwan folgende Phasen erlebt in der Öffentlichkeit:

2004-2011 etwa:
Oft Glorifizierung auf der Straße, Fragen ob man den Kindern Englisch beibringt. Kichernde junge Frauen und Kinder. Auch gestandene Männer die aufgeregt auf einen zeigen und dabei "Waiguroen! (Ausländer)" rufen. Oft habe ich mich über das "Adogah" geärgert, was wohl "Großnase" heißt, aber von Taiwanern als normales Wort für Ausländer gebraucht wird. Das "Laowai" (etwa: Ausländerhäuptling/Ausländerchef) habe ich in ironischen und positiven Konnotationen kennengelernt. Ich hatte Kinder, die auf der Straße hinter mir her tanzten und "Laowai! Laowai!" und einen Reim aus der Fernsehwerbung riefen, weil ein TV-Spot für gesunden Multivitaminsaft veritable schwarze Höhlenmenschen als Laowai bezeichnete und die Kinder dazu aufforderte nicht bei Laowai zu essen und in dem Spot so getanzt wurde. Irgendwann fing ich an die Leute zu ignorieren und habe es bis heute so belassen.

2011-heute:
Wohl die endlose Medienberichterstattung um den vmtl. englisch/pakistanischen Todesfahrer Zain D. (einer der Berichte hier: http://osttellerrand.blogspot.tw/2013/04/endlosgeschichte-um-fluchtigen-briten.html) hat nicht nur meiner Meinung nach ein Umschwenken in der öffentlichen Wahrnehmung von westlichen Ausländern gebracht. Mir ist bewusst, dass man Zain D. nicht unbedingt als westlichen Ausländer sehen muss, aber im smarten Businessanzug und unter Erwähnung seiner britischen Staatsbürgerschaft kam er in den Medien so rüber. Seither war die oft alberne Freundlichkeit weg und ich habe seither stattdessen eher einen gelegentlichen bösen Blick irgendeines Passanten und manchmal etwas Anpöbeln festgestellt. Aber das gab es vorher eigentlich auch schon. So dass im Ergebnis die Zain D. - Berichterstattung vielleicht einfach nur die alberne Überfreundlichkeit der Taiwan "weggehoben" hat. Im Ergebnis werde ich heute mehr in Ruhe gelassen als früher, in so fern ist es eigentlich angenehmer.

Meine These vor 2011 war immer, dass die oft überbordene Berichterstattung über Fehltritte oder Schlimmeres (oder Nichtigeres) von Ausländern in der oft übertriebenen Beliebtheit des ausländischen "Gastes" fußten und die Taiwanpresse eben Einschaltquote und Auflage damit machte, die eigentlich beliebten Ausländer "vom Sockel zu stoßen", auf den die Taiwaner sie gestellt hatten. Ähnlich wie wir alle ja auch Spaß daran haben Nachrichten von Filmstars oder bekannten Sängern zu lesen, die auf öffentlichen Toiletten oder mit Prostituierten oder mit Alkohol und Drogen in Schwierigkeiten geraten. Was man auf den Sockel hebt, lässt man auch mal gern wieder herunter krachen. Da die negativen Ausländerstories zumindest zeitweise das positive Bild des Ausländers ins negative kehrten war immer meine Theorie, dass sie die Zustände in Taiwan damit normalisieren. Sprich ist der Ausländer hinreichend und permanent vom positiven Sockel geholt, wird er damit mehr zum Normalo und die Pressehetzstories gegen einzelne Ausländer (als unverschämte Vertreter ihrer Gattung) würden sich auch nicht mehr so sehr verkaufen.

Ist das nun eingetreten oder geht es weiter Richtung Südkorea? Wie Expats von dort berichten, ist es üblich, das in der Öffentlichkeit Kampagnen gegen Weiße pauschal gefahren wurden, etwa Busse mit den englischen Hinweisen, privat Englischunterricht zu geben sei illegal oder eine TV-Show, die die Leute dazu aufforderte weißen Männern auf der Straße zu sagen sie sollten die Hände von einheimischen Frauen lassen - was dann auch geschah.

Das obige Musikvideo geht sicher in die Richtung. Taiwan, willst du nun südkoreanisch werden? Und lieber Mitsteuerzahler in Taiwan, wenn ihr mich an der Hand von meiner Frau anquasseln wollt in dieser Hinsicht mit eurem Buxibanenglisch, dann erwischt nicht gerade einen Tag, an dem ich wegen Smog, Verkehr und 14-Stunden - Arbeitstag schlechte Laune habe. Und überlegt euch vorher, was euch das eigentlich anginge. Aber solche Geschichten werdet ihr mit eurer fernöstlichen Weisheit doch nicht machen wollen, oder? Würde ja auch schwierig meiner Frau etwa beim Tragen der Tasche zu helfen, wenn ich sie nicht anfassen dürfte, gell?

P.S: In dem Musikvideo selbst hat sich einer der Sänger die Haare blond gefärbt und tritt im Porsche als missionierender Englischlehrer auf, der offenbar von den einheimischen Damen nur das eine will. Alles recht niedlich und naiv - eben wie Taiwaner oft mit Ausländern umgehen. Es wird sich viel über die schlechte Aussprache und Grammatikfehler von chinesischsprechenden Ausländern lustig gemacht. Ich erinnere mich noch gut, dass mir mein Anfangselan zum Chinesischsprechen durch das ständige offene Auslachen genommen wurde. Aber so ist es nun mal hier. Mir fehlt die Lust mich wirklich damit zu beschäftigen. Dieser Artikel soll keine Beschwerde sein, drückt nur ein bisschen Sorge aus ob der Anti-Ausländerwirbel von Presse und bisweilen Facebook nun noch weiter geht...


5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Die Taiwaner sind einfach nur neidisch und hoffnungslos.

Man stelle sich vor, eine bekannte Musikgruppe in D wuerde ein solches Musikvideo veroeffentlichen, in dem man sich ueber Tuerken, Schwarze und andere Auslaender lustig machen wuerde. Das wuerde weltweite Empoerung hervorrufen und auf dem Index landen.

Aber die Taiwaner sind ja so freundlich zu den Auslaender...
(wie lustig, das man diesen Satz immer nur aus dem Mund der Taiwaner hoert)

Vielleich sollten die wirklichen Eingeborenen in den Bergen hier ein Musikvideo ueber die Gier und Materialismus der Han/Hakka Chinesen machen, die hier die Umwelt und das Essen verpesten und Geld ueber alles lieben?

"Ludigel" hat gesagt…

Taiwaner sind ein bisschen sehr naiv und denken oft, ihre Vorurteile über Ausländer seinen okay und normal. Irgendwo in dem Artikel über den "Sonnekollektor", der auf Taipei stürzt in einer SF-Serienfolge ist auch ein Link wo ein Bürgermeister sagt, seine Leute hätten nichts gegen südostasiatische Ausländer, sie würden nur nicht wollen, dass Leute mit dunkler Hautfarbe in ihren öffentl. Gebäuden ein und ausgehen.

Da liegt man vor Lachen am Boden oder könnte das Heulen anfangen. "Ich hasse Weiße und Rassisten" sagte Eddie Murphy irgendwo in einem 80er-Jahres Film. "Nur 48h hieß der glaube ich".

Rassismus bleibt aber Rassismus und wenn man ihn nicht mal für solchen hält ist es schon absonderlich. Im internationalen Vergleich lebt sich trotzdem ganz gut hier als Weißer. Nur richtig Mensch ist man nie, immer nur Ausländer.

Ja, Newbies halten das über den Ausländer lachen für Freundlichkeit. Gut, es hat ja auch eine lustig-freundliche Komponente, das will ich nicht abstreiten.

Ein Taiwaneze hat gesagt…

Ich denken, dass Musikvideo is nicht rassistisch, aber auch die Dutschen sind Rassismus gegen Asiat und Kinese! Warum keiner aufregen >_< Ich lebe in Frankfurt am Main seit 2015, und I'm Puff die Deutse Promistudte immer lachen auf mich. Wieso!!??? ~_~

"Ludigel" hat gesagt…

Ick sehe das Musikvideo schon richtig vor mir, dass Du davon machen solltest...

Martin hat gesagt…

Hmmm??
Hat der "Taiwaneze" das ernst gemeint oder war es Ironie? Ludigel, hast Du das verstanden??

Martin